Andreas Darsow
Andreas Darsow (* 8. September 1969) wurde am 19. Juli 2011 im sog. Doppelmord von Babenhausen-Fall durch das Landgericht Darmstadt wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das Urteil wurde rechtskräftig. Darsow bestreitet weiter die Tat. Ein Wiederaufnahmeverfahren ist in Vorbereitung.[1][2][3][4][5][6][7][8] Dazu hat sich 2011 eine Bürgerinitiative namens „Monte Christo“ gegründet.[9][10]
Tathergang[Bearbeiten]
Am 17. April 2009 wurde in Babenhausen (Hessen) das Ehepaar Klaus und Petra T. in seiner Wohnung erschossen. Auch auf die behinderte Tochter Astrid T. (37) feuerte der Täter zweimal, sie überlebte jedoch schwer verletzt. Etwa ein Jahr später wurde der Nachbar, Andreas Darsow, festgenommen. Familie Darsow und die Tatopfer haben in direkt nebeneinander liegenden Reihenhäusern gewohnt.
Wichtig waren für die Ermittler angeschmauchte Bauschaumteilchen, die sie am Tatort und an den Leichen fanden. Daraus leiteten sie ab, dass der Täter einen selbst gebastelten Schalldämpfer verwendete, nämlich eine mit Bauschaum gefüllte Plastikflasche. Auf einer Schweizer Internetseite war damals eine Anleitung zum Bau eines solchen Dämpfers abrufbar. Wenige Wochen vor der Tat soll Andreas Darsow sie von einem Computer an seinem Arbeitsplatz aus aufgerufen und ausgedruckt haben. Außerdem entdeckten die Ermittler bei einer Hausdurchsuchung an einer alten Bundeswehr-Hose Darsows Schmauchpartikel, deren Elementkombination laut Urteil mit den Spuren am Tatort übereinstimmt. Auch an einem Pulsmesser und einem Gartenhandschuh fanden sich einige Partikel.
Die Opfer lebten laut Urteilsbegründung sehr zurückgezogen. Mutter Petra T. verließ in den Jahren vor ihrem Tod kaum das Haus und soll an Depressionen gelitten haben. Ihr Mann Klaus T. (62) wird in dem Urteil des Landgerichts Darmstadt als kauzig und eigenbrötlerisch beschrieben. Er betrieb im Souterrain seines Reihenhauses ein Immobilienbüro, dessen Geschäfte offenbar schlecht liefen. Zudem soll Klaus T. viel Alkohol getrunken haben. Die Tochter Astrid arbeitete in einer Behindertenwerkstatt. Sie war die einzige der drei, mit der die Leute in der Straße gelegentlich ein paar freundliche Worte wechselten.[3]
Wegen finanzieller und persönlicher Probleme kam es laut Gericht immer öfter, auch nachts, zu Geschrei, Türenknallen und Gepolter. Außerdem gaben Mutter und Tochter laut Gericht „undefinierbare, fast tierische Laute von sich“. Die Lebensqualität der Darsows, die Wand an Wand wohnten, sei dadurch beeinträchtigt gewesen, meinten die Richter. Andreas Darsow habe die Lärmverursacher getötet, als seine Frau mit den Kindern bei einem mehrtägigen Verwandtenbesuch war. Er soll die Familie wegen andauernder Lärmbelästigungen „ausgelöscht“ haben.[3]
Das Landgericht hat in seinem Urteil die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Die Revision zum Bundesgerichtshof als auch eine Petition an den Hessischen Landtag scheiterten.[6]
Kritik am Urteil und Zweifel an der Schuld[Bearbeiten]
Die Bürgerinitiative „Monte Christo“ wirft der Sonderkommission der Polizei einseitige Ermittlungen vor.[5] Es wurden am Tatort keine DNA-Spuren von Darsow gefunden, es gibt keine Augenzeugen der Tat und die Tatwaffe wurde nie gefunden. Darsow wurde in einem reinen Indizienprozess verurteilt. Den andauernden Nachbarschaftsstreit, auf den das Gericht sein Urteil stützte, hat es laut der Aussage anderer Nachbarn gar nicht gegeben.[7] Überdies hat ein Spürhund der Polizei auf Geruchsproben von Andreas Darsow hin nicht reagiert. Die überlebende Tochter Astrid T. sprach im Krankenhaus nicht von einem Täter, sondern von „den Tätern“ und reagierte nicht auf das Foto von Andreas Darsow.[10]
Der Computer-Administrator der Firma, in der Darsow gearbeitet hatte, interessiert sich privat für Waffentechnik. Er bestätigte vor Gericht, dass es durchaus möglich sei, dass er es war, der die betreffende Schalldämpfer-Seite im Internet aufgesucht hatte. Nach Ansicht von Urteilskritikern ist es nicht erwiesen, dass ein aus einer Plastikflasche gebastelter Schalldämpfer bei der Tat verwendet wurde. Es könne durchaus ein anderer mit Bauschaum gefüllter Dämpfer gewesen sein, so dass die betreffende Bauanleitung gar keinen Bezug zur Tat hätte. Die gefundenen Schmauchspuren seien ferner so winzig, dass sie nicht relevant sein können, zumal sie keinen Tatbezug hätten und schon jahrelang an der Hose aus der Bundeswehrzeit gehaftet haben können. Zudem seien Polizeibeamte, die zuvor Schusstests durchgeführt hätten, in der Wohnung der Darsows gewesen und hätten damit Schmauch in die Wohnung verschleppen können. Ansonsten gäbe es keinerlei Beweise für die Schuld des Verurteilten. Darüber hinaus hatten mehrere Zeugen ausgesagt, dass sich das spätere Opfer Klaus T. von jemandem massiv bedroht gefühlt habe. Wer jene Unbekannten waren, konnten die Zeugen nicht angeben. Einem Zeugen waren von Klaus T. Monate vor dem Mordfall 10 000 Euro dafür angeboten worden, dass er dem späteren Opfer Schutz bietet. Klaus T. wollte zudem von einem anderen Zeugen eine Waffe kaufen, weil er sich bedroht fühlte.[11]
Die anwaltliche Vertretung für den Wiederaufnahmeantrag hat der Hamburger Strafverteidiger Gerhard Strate übernommen.[12][13]
Der Verlag der Zeitschrift Tatzeit (ChessMo GmbH, Seevetal) hat eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro für den ersten Hinweis ausgeschrieben, der zur Freilassung von Andreas Darsow führt oder für einen Hinweis, der „zu dem oder den wahren Tätern führt“.[12]
Wiederaufnahmeverfahren[Bearbeiten]
Am 11. Mai 2018 hat Rechtsanwalt Strate bei der 11. Großen Strafkammer des Landgerichtes Darmstadt einen Wiederaufnahmeantrag eingereicht. Dieser führt an, dass neue, von der Verteidigung in Auftrag gegebene Gutachten beweisen würden, dass am Tatort nicht, wie im Urteil behauptet, ein aus einer PET-Flasche selbst gebauter Schalldämpfer zum Einsatz gekommen sein kann und ein solcher auch völlig ungeeignet gewesen sei. Um die am Tatort ganz offensichtlich dennoch erreichte Dämpfung des Geschossknalles zu bewirken, hätte es umfangreichere Modifikationen an der verwendeten Tatwaffe geben müssen, die ein Laie, wie der Angeklagte, niemals hätte ausführen können. Der angebliche Zugriff auf die Seite "silencer.ch", bei der eine Bauanleitung für einen PET-Flaschen-Dämpfer zu sehen war, sei damit ohne jede Relevanz. Dieser Zugriff sei aber die zentrale Argumentation und Beweisführung der Anklage, bzw. des angefochtenen Urteils gewesen. [14]
Weblinks[Bearbeiten]
- Website der Familie Darsow
- Dokumente aus dem Wiederaufnahmeverfahren von RA Dr. Gerhard Strate
- Mein Mann ist kein Mörder – Eine Ehefrau kämpft um die Unschuld ihres Mannes in: ZDF-Fernsehen, Sendereihe 37 Grad vom 13. Juni 2014
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Mein Mann ist kein Mörder – Eine Ehefrau kämpft um die Unschuld ihres Mannes; in: ZDF-Fernsehen, Sendereihe 37 Grad vom 13. Juni 2014
- ↑ Opfer oder Täter? Der Fall Andreas Darsow; in: 3sat.de
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Ein Doppelmord, ein Urteil, ein Kampf; in: Augsburger Allgemeine Zeitung vom 30. März 2014
- ↑ Unschuldig im Gefängnis: Ist dieser Mann wirklich ein Doppelmörder?; in: RTL Television vom 24. Juni 2013
- ↑ 5,0 5,1 Frau des Doppelmörders überzeugt von Unschuld; in: Offenbach Post Online vom 18. August 2012
- ↑ 6,0 6,1 Mysteriöser Mordfall in Babenhausen - Der letzte Strohhalm ; in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27. Mai 2014
- ↑ 7,0 7,1 Mein Mann ist unschuldig; in: Frankfurter Rundschau vom 4. Juni 2013
- ↑ Tatort Gerichtsaal: Wie unberechenbar ist unsere Justiz?; in: ARD, Menschen bei Maischberger vom 5. Mai 2015
- ↑ Portal "Doppelmord Babenhausen"
- ↑ 10,0 10,1 Portal der Bürgerinitiative Monte Christo
- ↑ Unschuldig hinter Gittern - weggesperrt und abgehakt; in: 3sat TV-Dokumentation vom 2. Juni 2015
- ↑ 12,0 12,1 Doppelmord-Fall: Anwalt sieht gute Chancen; in: Offenbach Post Online vom 8. Februar 2014
- ↑ Doppelmord Babenhausen: Verteidiger will Wiederaufnahme des Verfahrens; in: Darmstädter Echo Online vom 20. Februar 2014
- ↑ Strate reicht Wiederaufnahmeantrag ein; in: op-online.de vom 12. Mai 2018
Personendaten | |
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NAME | Darsow, Andreas |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Mörder, vermeintliches Justizopfer |
GEBURTSDATUM | 8. September 1969 |
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