Artillerieregiment 5 (NVA)
Das Artillerieregiment 5 (AR-5) war ein Artillerie-Verband der Nationalen Volksarmee, der Ehrenname lautete ab 1975 „Artillerieregiment 5 Paul Sasnowski“.[1] Während einer Mobilmachung wäre aus dem Regiment die 5. Artilleriebrigade gebildet worden, welche direkt der 5. Armee unterstellt worden wäre. Die 5. Artilleriebrigade verfügte dann über 90 Systeme der gezogenen Rohrartillerie. Das AR-5 war die einzige militärische Verband der Artillerie im Militärbezirk V, der diesem direkt unterstand. Ihm gleichgestellt war das Artillerieregiment 3 im Militärbezirk III. Das Regiment besaß eigene Aufklärungs- und Führungsmittel sowie Mittel der Logistik.
Geschichte[Bearbeiten]
Das Regiment wurde Mitte Juli 1956 durch den Befehl Nr. 47/56 aus dem B-Kommando des Militärbezirks V in Stallberg aufgestellt.[2] Mitte Juni 1962 zog das Regiment nach Drögeheide um, zeitgleich wurde im Verband eine Raketeneinheit aufgestellt. Diese wurde als selbständige Einheit die 5. Raketenbrigade mit Standort Demen.
Zum 10. September 1973 zog das Artillerieregiment 5 nach Dabel bei Sternberg, wo am Südrand des Dorfes eine neugebaute Kaserne bezogen wurde. Neben der Kaserne entstand auch ein Neubaugebiet für die Unterbringung der Berufssoldaten und ihrer Familien („Dabel 2“ oder „Dabel-Siedlung“). Zur neuen Plattenbausiedlung gehörten sechs fünfgeschossige Wohnblöcke (einer davon das „Ledigenheim“), eine Kinderkrippe, ein Kindergarten, die POS „Hans Beimler“ samt Turnhalle und eine Kaufhalle. Dadurch verdoppelte sich die Einwohnerzahl von Dabel. Durch ihre getrennte Versorgung und Unterbringung galten die Berufssoldaten während des Bestehens der DDR und ihres Regimentes im Dorf als „fremde Macht“.[3] Die Siedlung war für die Berufssoldaten und Zivilbeschäftigten direkt mit dem Kasernengelände durch einen Fußweg und ein Alarmtor verbunden.
In der Kaserne war neben dem Artillerieregiment noch die Panzerjägerabteilung 5 (PJA-5) und die Geschoßwerferabteilung 5 (GeWA-5) untergebracht, letztere Ende 1987 aufgestellt.[4] Diese beiden Truppenteile waren ebenfalls direkt der 5. Armee (bzw. dem MB-V) unterstellt. Am 1. März 1975 („Tag der NVA“, übliches Datum für Beförderungen und Ehrentitel) wurde das Regiment nach dem Kommunisten und Widerstandskämpfer Paul Sasnowski benannt.
Im April 1989 nahm das Artillerieregiment 5 zusammen mit der 8. MSD und Teilen der 1. MSD an der Übung „Zyklus-89“ teil, die im Nordwesten der DDR abgehalten wurde. Übungen mit scharfem Schießen fanden auf den Truppenübungsplätzen Klietz und Letzlinger Heide statt. Bei dieser Übung kamen erstmals Beobachter der NATO im Rahmen des KSZE-Prozesses zum Einsatz.[5]
Am 2. und 3. Januar 1990 traten die Soldaten des Artillerieregiments und der benachbarten, kleineren Einheiten in einen Streik und bildeten einen Soldatenrat, ähnlich wie das zeitgleich in anderen Kasernen der NVA geschah. Nachdem die Führung der NVA dem Großteil der Forderungen entsprochen hatte, wurde der Dienstbetrieb wieder aufgenommen. Am 2. Oktober 1990 wurde das Regiment zusammen mit der NVA aufgelöst. 1991 wurden die letzten 16 Kanonen M-46 mit der Bahn aus Dabel nach Doberlug-Kirchhain abtransportiert, wo sie im Bundeswehr-Sammellager für Artilleriewaffen der NVA (heute Werk der Heeresinstandsetzungslogistik) instandgesetzt und zur Weiterverwertung vorbereitet wurden.[6] Die Kanonen M-46 gingen 1993 fast vollständig an Finnland zum Einsatz in der Küstenverteidigung.[7]
Der Standort in Dabel wurde zur Moltke-Kaserne der Bundeswehr umbenannt. 1991 wurde dort das Panzerartilleriebataillon 405 (PzArtBtl 405) aufgestellt, wodurch sich der Personalbestand im Vergleich zur Zeit vor 1989 von 1.000 auf 300 Soldaten reduzierte.[6] Das Panzerartilleriebataillon 405 wurde 2006 aufgelöst. Die Moltke-Kaserne mit ihrem Gelände von 42 ha stand zum Verkauf.[8] Die Plattenbauten von „Dabel 2“ längs der Straße der DSF wurden überwiegend abgerissen.
Gliederung und Unterstellung[Bearbeiten]
Das Artillerieregiment 5 unterstand direkt dem Kommando des MB V (Feldführung/5. Armee) und hier dem Chef Raketentruppen/Artillerie. Es wuchs im Falle der Mobilmachung zur 5. Artilleriebrigade in der 5. Armee des Warschauer Vertrages auf.
Mit der Aufstellung gliederte sich das Regiment, wie folgt:[2]
- Artillerie-Instrumental-Aufklärungsabteilung (IV./AR-5)
- 1. Feuerabteilung
- 2. Feuerabteilung
- 3. Feuerabteilung (am 1. Dezember 1956 aufgelöst)
- nach der Auflösung der 3. Feuerabteilung: 3. und 6. Batterie, Vermessungszug und Aufklärungszug
- Artillerie- und Kraftfahrzeugwerkstatt
Mit Wirkung zum 1. Mai 1958 bestand das Regiment aus folgenden Truppenteilen:[2]
- Führung:
- Leitung
- Stab
- Parteipolitscher Apparat
- Technische Stelle
- Dienste
- Bewaffnung
- Versorgung
- Finanzstelle
- Führungsbatterie
- Gefechtseinheiten:
- Artillerie-Instrumental-Aufklärungsabteilung
- Abteilung 152-mm Kanonen-Haubitzen
- Abteilung 152-mm Haubitzen und Kannonen-Haubitzen
- Bedienungseinheiten:
- Instandsetzungs- und Versorgungszug
- Regiments-Medizinischer Punkt
- Klub
- Regimentsschule
Das Artillerieregiment 5 war in fünf Abteilungen mit je drei Batterien gegliedert. Im Frieden (Soll I) waren ab November 1987 nur die I., II. und V. Abteilung mit je zwei Batterien aktiv. Die Aufklärungsabteilung wäre bei der Mobilmachung zum 5. Aufklärungsregiment angewachsen.
Bewaffnung und Ausrüstung[Bearbeiten]
Die I. bis IV. Abteilung war mit der 130-mm-Kanone M-46 ausgerüstet, insgesamt 72 Rohre in 12 Batterien. Die M-46 hatte eine besonders hohe Reichweite, und war primär für die Bekämpfung der feindlichen Artillerie vorgesehen („counter-battery“). Die V. Abteilung war mit der 152-mm-Kanonenhaubitze D-20 ausgerüstet, 18 Rohre in 3 Batterien. Gezogen wurde diese Geschütze von Tatra 813, die ab 1986 vom Tatra 815 abgelöst wurden.[9]
Die Soldaten und Unteroffiziere des Regiments führten als persönliche Bewaffnung die Kalaschnikow mit klappbarer Schulterstütze, erst das Modell AK-47 und ab 1988 dann die AK-74.
Kommandeure[Bearbeiten]
Regimentskommandeure waren:[2]
- 1956–1958: Oberstleutnant Ernst-Wilhelm Schrentzel
- 1958–1962: Major Horst Persike
- 1962–1969: Oberst Johannes Türschmann
- 1969–1974: Oberst Herbert Meyer
- 1974–1978: Oberstleutnant Klaus Horn
- 1978–1980: Major Jürgen Stäudlin
- 1980–1987: Oberst Hans Vierling, vorher Kommandeur der Raketenabteilung 9 im Bestand der 9. Panzerdivision[10]
- 1987–1990: Oberstleutnant Hans-Georg Becker
Bekannte Angehörige des Regiments (Auswahl)[Bearbeiten]
- Roland Großer: von 1959 bis 1961 Zugführer
Literatur[Bearbeiten]
- Wolfram Rothe: Abgefeuert: von Stallberg über Drögeheide nach Dabel. Das Artillerieregiment 5 der NVA. HW-Verlag, Neubrandenburg 2005, ISBN 978-3-9810937-2-8.
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Wolfram Rothe: Abgefeuert: von Stallberg über Drögeheide nach Dabel : das Artillerieregiment 5 der NVA. HW-Verlag, Neubrandenburg 2005, ISBN 978-3-9810937-2-8, S. 70.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Artillerieregiment 5 (1958-1989), Archivbestand im Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv, Signatur BArch DVH 18-2.
- ↑ Jan Palmowski: Die Erfindung der sozialistischen Nation : Heimat und Politik im DDR-Alltag. Ch. Links Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-86153-892-9, S. 281 und S. 301.
- ↑ Standortdatenbank der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen der DDR beim Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam
- ↑ Günter Weiße: Das militärische Nachrichtenwesen im Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) 1985-1989. ibidem Press, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-8382-6563-6 .
- ↑ 6,0 6,1 Ingo Gräber: Kanonen ohne Rückfahrkarte. In: Schweriner Volkszeitung, 1991.
- ↑ Edward J. Laurance, Tracy M. Keith: The United Nations Register of Conventional Arms: On Course in Its Third Year of Reporting. In: The Nonproliferation Review. Jg. 3, Nr. 2 (Winter 1996), ISSN 1746-1766, S. 89 (ANNEX: Reports Submitted to the United Nations Register of Conventional Arms Calendar Year 1994).
- ↑ Konversion der Moltke-Kaserne Dabel, GKU Standortentwicklung GmbH, Berlin
- ↑ Wolfram Rothe: Abgefeuert : von Stallberg über Drögeheide nach Dabel. Neubrandenburg 2005.
- ↑ Raketenabteilung 9 (1962-1985), Archivbestand im Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv, Signatur BArch DVH 24-13.
Koordinaten: 53° 39′ 8″ N, 11° 52′ 35″ O
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