Aufstand der letzten Generation
Der Aufstand der letzten Generation ist ein Bündnis von Aktivisten aus der Umweltschutzbewegung mit dem erklärten Ziel, durch Mittel des zivilen Ungehorsams Maßnahmen der deutschen und der österreichischen Bundesregierung gegen die Klimakrise zu erzwingen.
Ziele und Themenschwerpunkte[Bearbeiten]
Als erste Aktionsreihe führten die Aktivisten die Kampagne Essen Retten Leben Retten durch. Dabei wird gefordert, dass die neue deutsche Bundesregierung gesetzliche Maßnahmen für eine Agrarwende bis 2030 festlegt und als erste Sofortmaßnahme gegen Lebensmittelverschwendung vorgeht. Große Lebensmittelhändler sollen so verpflichtet werden, noch genießbares Essen zu spenden, was ein Beitrag gegen den Hunger sei und den CO₂-Ausstoß sofort reduzieren würde. Damit dies passiere, müsse die Bundesregierung ein Essen-Retten-Gesetz nach dem Vorbild Frankreichs einbringen. Um eine umfassende Agrarwende einzuleiten, solle sich die Bundesregierung an den Vorschlägen des Bürgerrat Klima orientieren. So solle sichergestellt werden, dass nachhaltig wirtschaftende Landwirtschaftsbetriebe besser entlohnt würden und eine „gute Ernährung“ für alle Menschen erschwinglich werde.[1]
Um darauf aufmerksam zu machen, dass ein großer Teil der heute produzierten Lebensmittel direkt weggeworfen wird - nach Ansicht der Gruppe sind dies bis zu einem Drittel aller erzeugten Lebensmittel - führt die Gruppe deutschlandweit Container-Aktionen durch. Dabei entnehmen Aktivisten weggeworfene Lebensmittel aus Supermarktmülltonnen und verschenken diese öffentlich mit dem Hinweis auf deren illegale Herkunft. Einige Aktivisten zeigten sich aus Protest gegen die rechtliche Einordnung des Containerns als Diebstahl selbst an.[2][3] Somit soll mediale Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt werden.[4] Wie in einem Gespräch der Aktivisten Henning Jeschke und Lea Bonasera mit Bundeskanzler Olaf Scholz im November 2021 angekündigt, sperren die Aktivisten seit Beginn des Jahres 2022 Autobahnzufahrten mittels Sitzblockaden.[5][6][7]
Ein Teil der Aktiven rekrutiert sich aus Teilnehmern des „Hungerstreiks der letzten Generation“, die vor der Bundestagswahl 2021 im Berliner Regierungsviertel in den Hungerstreik getreten waren, um auf den Klimawandel, dessen Auswirkungen und die Verantwortung der kommenden Bundesregierung aufmerksam zu machen.[8]
In Österreich fordert die Gruppe von der Bundesregierung Maßnahmen gegen eine weitere Bodenversiegelung zu treffen. Es bestehen Überschneidungen mit der Umweltaktionsgruppe Extinction Rebellion sowie der Protestbewegung gegen die Stadtstraße Aspern.[9]
Aktionsformen[Bearbeiten]
Bei ihren Aktionen, wie landesweiten Straßenblockaden, orientiert sich die Gruppe am Vorbild der britischen Klimaschutz-Aktionsgruppe Insulate Britain[10]. Um die Räumung von Straßenblockaden durch die Polizei zu erschweren, kleben sich, wie auch in Großbritannien, immer wieder einzelne Aktivisten mit ihren Hand- oder Fußflächen auf den Straßenbelag. Dabei wird meist Sekundenkleber benutzt.
Aktionen[Bearbeiten]
Am 14. Dezember 2021 verübten sechs Aktivistinnen der Gruppe einen Farbanschlag auf das Bundeskanzleramt in Berlin. Die Polizei schritt ein und ließ den Schriftzug „Essen Retten Agrarwende Gesetz jetzt! 2030“ von der Fassade entfernen. [11]
Am 24. Januar 2022 blockierten Aktivisten erstmals die Ausfahrten der Autobahnen A103 und A114 in Berlin. Seit dem gab es ähnliche Aktionen auf der Berliner Stadtautobahn A100 sowie in Frankfurt am Main, Freiburg, Hamburg, München und Stuttgart.[12]
Am 7. Februar 2022 blockierten Vertreter der Initiative mit dem Wiener Gürtel erstmals auch in Österreich eine Hauptstraße. Am 8. Februar wurde mit dem Verteilerkreis Favoriten auch eine Autobahnzufahrt behindert.[13][14]
Rezeption[Bearbeiten]
In den Medien wird immer wieder die Meinung vertreten, die Störung des Straßenverkehrs würde die „arbeitende Bevölkerung“ gegen die Gruppe und ihre Ziele aufbringen. Die gewählte Aktionsform sei daher kontraproduktiv zum Erreichen von mehr Klimaschutz und einer Agrarwende.[15]
Die Co-Vorsitzende der Partei Bündnis 90/Die Grünen Ricarda Lang verteidigte Anfang Februar 2022, mit Blick auf die Aktionen der Gruppe, zivilen Ungehorsam solange er niemanden gefährde. Die Gesellschaft müsse sich fragen, „warum junge Menschen zu solchen Mitteln greifen“.[16]. Lang distanzierte sich jedoch wenige Tage später von den Aktionen der Gruppe, nachdem von den Blockaden auch ein Rettungsfahrzeug betroffen war.[17]
Bundesminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte die Straßenblockaden als schädlich für das gemeinsame Ziel eines Gesetzes gegen Lebensmittelverschwendung. Man könne keine Mehrheiten gewinnen, wenn man Krankenwägen, Polizei oder Erzieherinnen auf dem Weg zur Arbeit blockiere.[18]
Weblinks[Bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Forderungen. In: Aufstand der letzten Generation. Abgerufen am 26. Januar 2022.
- ↑ Enno Schöningh: Umweltaktivistin über ihre Selbstanzeige: „Wir fordern ein Essen-retten-Gesetz". In: Die Tageszeitung: taz. 22. Januar 2022, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 26. Januar 2022]).
- ↑ Heidelberg: Lebensmittel-Retter wühlen im Müll und zeigen sich selbst an. Rhein-Neckar-Zeitung, 24. Januar 2022, abgerufen am 26. Januar 2022.
- ↑ Tom Schneider: Rewe: Mann zeigt sich selbst bei Polizei an – DAS ist beim Supermarkt tatsächlich strafbar. In: Der Westen. Funke Digital, 23. Januar 2022, abgerufen am 26. Januar 2022.
- ↑ Nach Gespräch mit Scholz: Klimaaktivisten drohen mit Autobahn-Blockade. Norddeutscher Rundfunk, 13. November 2021, abgerufen am 8. Februar 2022.
- ↑ Arte Journal. (Nicht mehr online verfügbar.) Arte, 24. Januar 2022, ehemals im Original; abgerufen am 26. Januar 2022. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- ↑ Klimaschützer blockieren Straßen: 24 Menschen in Gewahrsam. In: RTL news. RTL interactive, 24. Januar 2022, abgerufen am 26. Januar 2022.
- ↑ Ingo Salmen: Klimaaktivisten versperren Zufahrten zu Berliner Autobahnen – 24 Festnahmen. In: Der Tagesspiegel Online. 24. Januar 2022, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 26. Januar 2022]).
- ↑ Teresa Wirth: Aktivisten blockieren Wiener Gürtel: "Möglichst viel stören". In: Die Presse. 7. Februar 2022, abgerufen am 10. Februar 2022.
- ↑ Bettina Schulz: Insulate Britain: Sie glauben nicht ans Reden. Zeit Online, 4. November 2021, abgerufen am 8. Februar 2022.
- ↑ Klimaaktivisten pinseln Forderungen ans Kanzleramt. In: Der Tagesspiegel. 14. Dezember 2021, abgerufen am 8. Februar 2022.
- ↑ Pressemitteilungen 2022. In: Webauftritt: Aufstand der Letzten Generation. Abgerufen am 10. Februar 2022.
- ↑ „Letzte Generation“ sorgte für Stauchaos in Wien. In: Neue Kronen Zeitung. 8. Februar 2022.
- ↑ Aktivisten blockieren Verteilerkreis in Favoriten. In: Die Presse. 8. Februar 2022, abgerufen am 10. Februar 2022.
- ↑ Martin Niewendick: Klimaproteste: Die „Letzte Generation“ droht den Kampf um die Herzen der Menschen zu verlieren. Watson, 4. Februar 2022, abgerufen am 8. Februar 2022.
- ↑ Grünenchefin zu Straßenblockaden durch Klimaaktivisten »Dahinter steckt eine große Sorge um die Zukunft«. In: Der Spiegel. 6. Februar 2022, abgerufen am 8. Januar 2022.
- ↑ Koalitionszoff wegen Autobahnprotesten in Berlin Justizminister maßregelt Umweltministerin, auch Grünen-Chefin geht auf Distanz. In: Der Tagesspiegel. 10. Februar 2022, abgerufen am 10. Januar 2022.
- ↑ Özdemir kritisiert Straßenblockade für "Essen-Retten-Gesetz", Zeit Online 10. Februar 2022
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