Beziehungen zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten
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Seit 1980 bestehen keine diplomatischen Beziehungen zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten von Amerika mehr. Als Reaktion auf die Geiselnahme von Teheran brachen die USA 1980 diese ab;[1] stattdessen unterhalten sie eine „Virtuelle Botschaft“.[2]
Seit 1981 vertritt die Schweiz als Schutzmacht die Vertretung amerikanischer Interessen in Teheran. Umgekehrt wird Iran in Washington, D.C. durch Pakistan vertreten.
Entwicklung[Bearbeiten]
Die Anfänge der Beziehungen zwischen Amerika und dem Iran reichen zurück ins 19. Jh.,[3] als der Iran den Vereinigten Staaten mehr Vertrauen schenkte als den kolonialen Ambitionen Russlands und Großbritanniens (→ „The Great Game“).
Schahzeit[Bearbeiten]
Tatsächlich fielen Großbritannien und Russland 1941 in den Iran ein und erzwangen den Rücktritt des Reza Schah Pahlavi, der im Zweiten Weltkrieg neutral hatte bleiben wollen. 1943 kam es zur Teheran-Konferenz der Alliierten.
Nachdem der Iran 1951 die nationale Ölindustrie verstaatlicht hatte (-> "Abadan-Krise"), beteiligte sich die US-amerikanische CIA (Central Intelligence Agency) am Sturz des Premierministers Mohammad Mossadegh (-> „Operation Ajax“). Ursprünglich als Erfolg betrachtet, bewerten die USA ihre Rolle bei diesem Staatsstreich mittlerweile kritisch.[4]
Während der Schahzeit waren der Iran und die USA befreundete Staaten, speziell unter Mohammad Reza Pahlavi.
1979: Islamische Revolution[Bearbeiten]
Mit der Islamischen Revolution von 1979 wurde der amerikafreundliche Thronerbe Mohammad Reza Pahlavi jedoch abgesetzt und vertrieben; die USA wurden durch die Ereignisse überrascht. Der Schah, der an Krebs im Endstadium litt, bat darum, sich in den Vereinigten Staaten behandeln zu lassen. Entgegen den Warnungen der US-Botschaftsmitarbeiter vor Ort, die das neue Regime unter der Führung von Ayatollah Chomeini nicht provozieren wollten, entschied der damalige US-Präsident Jimmy Carter, dem Schah die Einreise in die USA zu gestatten.[5]
Etwa zwei Wochen später stürmte eine Gruppe radikaler Anhänger Chomeinis das Botschaftsgebäude und nahm die amerikanischen Diplomaten und Botschaftsangehörigen als Geiseln. Die von Chomeini gestützte Geiselnahme dauerte mehr als ein Jahr an und verhalf ihm zum Ausbau seiner Macht.[6] Am 4. April 1980 brachen die USA ihre diplomatischen Beziehungen zum Iran ab.[7] Nach einem gescheiterten Befreiungsversuch gelang es erst 1981, durch Vermittlung Algeriens die Krise zu beenden: Die 52 Amerikaner durften den Iran unversehrt verlassen, Iran verpflichtete sich, seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber amerikanischen Gläubigern nachzukommen, die USA gaben eingefrorene iranische Vermögen frei und hoben Sanktionen auf, und für Streitfälle wurde ein eigenes Schiedsgericht geschaffen, das Iran-United States Claims Tribunal. Jimmy Carter war durch die Geiselnahme geschwächt und unterlag im Wahlkampf Ronald Reagan.
1980: Erster Golfkrieg[Bearbeiten]
1980 brach der Iran-Irak-Krieg aus. Die USA nahmen den Irak 1982 von ihrer Liste der Terrorstaaten, damit US-Firmen Waffen an die irakische Seite verkaufen durften. Offizielle Begründung für die Unterstützung des Irak war die Freiheit der Schifffahrt. Allerdings lieferten die USA 1985 und 1986 im Geheimen auch Waffen an den Iran, der seit 1984 auf der Liste der Terrorstaaten und damit unter Embargo stand. Ursprünglich sollte mit dieser Waffenlieferung der Iran zur Freilassung amerikanischer Geiseln im Libanon bewegt werden; letztlich weitete sich der Skandal aus und ging als Iran-Contra-Affäre in die Geschichtsbücher ein.
Die Hisbollah stand in Verbindung mit dem Bombenanschlag auf die US-Botschaft in Beirut 1983, dem Anschlag auf den US-Stützpunkt in Beirut 1983 und das Sprengstoff-Attentat in Khobar 1996.
Nachdem die amerikanische Fregatte USS Samuel B. Roberts (FFG-58) im April 1988 während ihrer Patrouillentätigkeit nordöstlich von Katar auf eine iranische Seemine gelaufen und schwer beschädigt worden war, schlug die United States Navy mit Operation Praying Mantis zurück. Am 3. Juli 1988 hatte das neuartige elektronische Aegis-Kampfsystem der USS Vincennes (CG-49) einen zivilen Airbus A300B2 der Iran Air irrtümlich als eine angreifende, feindliche F-14 Tomcat identifiziert. Nachdem die iranische Besatzung auf Kontaktversuche nicht reagiert hatte, ließ der amerikanische Kommandant das Flugzeug abschießen. 290 Menschen starben, darunter 254 Iraner. Im Februar 1996 stimmten die Vereinigten Staaten einer Schlichtung zu, in der sie sich verpflichteten, dem Iran 131,8 Millionen US$ Schadensersatz zu zahlen.
1998: Wahl von Mohammad Chātami[Bearbeiten]
Mit der Wahl von Mohammad Chātami entspannten sich die Beziehungen ab 1998; es kam zu Reiseerleichterungen und Lockerungen von Embargos. Die Annäherung kam jedoch bald zum Erliegen wegen des Widerstands iranischer Konservativer einerseits und andererseits wegen amerikanischer Vorbedingungen für weitere Gespräche, darunter die Forderung nach Änderung der iranischen Politik bezüglich Israels, des Atomprogramms und der Unterstützung des Terrorismus.[8]
2001: Terroranschläge des IS[Bearbeiten]
Unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September hatten sich Amerikaner um US-Botschafter Ryan Crocker mehrfach heimlich mit Iranern getroffen, um gemeinsam die Taliban zu bekämpfen.[9] Diese Zusammenarbeit geriet ins Stocken, nachdem Präsident George W. Bush im Januar 2002 den Iran als Teil der Achse des Bösen bezeichnete.[10]
Im Juni 2005 rief die frisch ernannte Außenministerin Condoleezza Rice den IAEO-Chef Mohammed el-Baradei dazu auf, schärfer gegen den Iran vorzugehen.[11]
Im März 2006 töteten Anhänger der angeblich von den USA unterstützen[12] Partei für ein Freies Leben in Kurdistan 24 iranische Sicherheitskräfte.
Im September 2006 bewilligte der US-Kongress 10 Millionen US$ für oppositionelle Gruppen im Iran (Iran Freedom and Support Act).
Im April 2007 berichtete ABC News, die USA unterstützten seit 2005 die sunnitische Terror-Organisation Dschundollah im Iran.[13] Im Februar 2010 fing Iran den Dschundollah-Führer Abdolmalek Rigi ab und ließ ihn im Juni hängen.[14]
Im Januar 2007 durchsuchten US-Militärs in Erbil das iranische Verbindungsbüro, kurz bevor es offiziell als Konsulat anerkannt wurde und damit unter dem Schutz der Wiener Konvention gestanden hätte. Die USA nahmen iranische Diplomaten gefangen und ließen diese im Juli 2009 wieder frei.[15]
Zuvor war im April 2009 die iranisch-amerikanische Journalistin Roxana Saberi im Iran wegen Spionage zunächst zu acht Jahren Haft verurteilt, im Mai dann jedoch von einem Berufungsgericht auf Bewährung freigelassen worden.
Als Fortschritt in den Beziehungen beider Staaten wurde der Besuch des frisch gewählten Präsidenten Hassan Rohani 2013 in New York City betrachtet. Allerdings schlug er das Angebot aus, sich mit Präsident Obama zu treffen. Stattdessen kam es lediglich zu einem Telefonat zwischen den beiden, wofür Rohani bei seiner Rückkehr in Teheran mit Protesten empfangen wurde.[16]
2014: Atomabkommen[Bearbeiten]
Zu einer Annäherung zwischen Iran und des USA kam es mit dem Abschluss des Vertrags über das Iranische Atomprogramm am 14. Juli 2015 mit den UN-Vetomächten und Deutschland, mit dem die iranische Führung den Austritt Irans aus seiner internationalen Isolation erreichte (Joint Comprehensive Plan of Action, "Gemeinsamer umfassender Aktionsplan", JCPOA).[17] Mit dem Abkommen von Wien vom 16. Januar 2016 wurde zusätzlich eine kurzfristige Aufhebung der internationalen Sanktionen erreicht.[18] Wegen des iranischen Raketenprogramms verhängten die USA jedoch bereits am Folgetag neue Sanktionen.[19]
Am 8. Mai 2018 verkündete der amtierende US-Präsident Donald Trump den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran,[20] was international Besorgnis auslöste; die Europäische Union (EU), Russland sowie die Volksrepublik China z. B. wollten daran festhalten bzw. ein entsprechendes neues Abkommen verhandeln.[21] Die EU reaktivierte ein 1996 eingeführtes Gesetz (Blocking Statute) zum Schutz in der EU ansässiger Unternehmen vor US-Sanktionen gegen Iran, Kuba und Libyen: EU-Unternehmen wäre es nach dessen Wiederinkrafttreten unter Strafe verboten, amerikanische Sanktionen umzusetzen.[22]
Wirtschaftsbeziehungen[Bearbeiten]
Vor der Islamischen Revolution waren die USA der wichtigste wirtschaftliche und militärische Partner des Iran. 1995 verhängte Präsident Bill Clinton neue Wirtschaftssanktionen, die von Präsident Bush verlängert wurden.
Das Handelsvolumen 2008 betrug 623 Millionen US$; während amerikanische Exporte in den Iran im Vergleich zum Vorjahr auf $537 Mio. gestiegen waren, sanken US-Importe aus dem Iran auf $86 Mio. In diesen Zahlen nicht erfasst ist der indirekte Handel über Drittländer, mit dem Embargos umgangen werden. 2010 hatten sich die US-Ausfuhren praktisch halbiert auf $281,8 Mio.
Der National Iranian American Council schätzt, dass den USA durch die Sanktionen seit 1995 mindestens 135 Mrd. US$ entgangen sind.[23]
Humanitäre Hilfslieferungen sind bis heute von den Sanktionen ausgenommen.[24]
Interessensvertretungen[Bearbeiten]
Beide Staaten brachen am 4. April 1980 ihre Beziehungen zueinander ab. Die iranischen diplomatischen Interessen wurden fortan durch die Botschaft Algeriens vertreten.[7] Im Zuge des Algerischen Bürgerkrieges beschuldigte die algerische Regierung den Iran, die Groupe Islamique Armé zu unterstützen und brach ihrerseits seine Beziehungen zum Iran ab.[25] Seit März 1992 vertritt deshalb die Botschaft Pakistans die iranischen Interessen in Washington.[7]
Die Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika in Iran werden von der schweizerischen Botschaft vertreten.[7]
Siehe auch[Bearbeiten]
Weblinks[Bearbeiten]
- Paul von Maltzahn im DGAP-Interview (2013): Iran – USA: Ende der Eiszeit?
- BBC: US-Iran relations: A brief guide
- Archivar des US-Außenministeriums: History of Iran – U.S. relations
- Zeitstrahl: Iran, the United States and a Political Seesaw (New York Times)
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Fact Sheet: U.S. Relations With Iran - US-Außenministerium 2013
- ↑ Archivlink (Memento des Originals vom 4. Oktober 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Den ersten Vertrag unterzeichneten beide Staaten 1856
- ↑ transcripts.cnn.com: U.S. Comes Clean About The Coup In Iran: "U.S. secretary of state Madeleine Albright made an apology to the people of Iran" ("US-Außenministerin Madeleine Albright entschuldigte sich beim iranischen Volk")
- ↑ Wm. Daugherty: Jimmy Carter and the 1979 Decision to Admit the Shah into the United States - April 2003
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung: Geiselnahme in Teheran – bpb. In: bpb.de. 20. Januar 2016, abgerufen am 5. Februar 2017.
- ↑ 7,0 7,1 7,2 7,3 Tom Lansford (Hrsg.): Political Handbook of the World 2015. SAGE Publications, Inc., Thousand Oaks, ISBN 978-1-4833-7157-3, S. 679.
- ↑ Nikki Keddie: Modern Iran: Roots and Results of Revolution, Yale University Press, 2003, S. 272.
- ↑ http://www.newyorker.com/magazine/2013/09/30/the-shadow-commander
- ↑ Iran And The Axis Of Evil - Analysis - The Long Reach Of A Speech
- ↑ http://news.bbc.co.uk/2/hi/americas/4075496.stm
- ↑ http://www.newyorker.com/fact/content/articles/061127fa_fact
- ↑ Archivlink (Memento des Originals vom 30. April 2012 auf WebCite) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ http://www.presstv.ir/detail.aspx?id=126963§ionid=351020101
- ↑ http://edition.cnn.com/2009/WORLD/meast/07/09/iraq.iranians.released/
- ↑ http://www.reuters.com/article/2013/09/28/us-iran-usa-idUSBRE98R06720130928
- ↑ Henner Fürtig: Der Atomvertrag mit Iran: erfolgreiche Beilegung einer internationalen Krise GIGA Focus 2015 Nr. 4; abgerufen am 19. Januar 2016.
- ↑ Atomabkommen: USA und EU heben Sanktionen gegen Iran auf ZEIT online 16. Januar 2016; abgerufen am 18. Januar 2016.
- ↑ Umstrittenes Raketenprogramm: USA verhängen neue Sanktionen gegen Iran Spiegel online 17. Januar 2016; abgerufen am 19. Januar 2016.
- ↑ ntv
- ↑ Brüssel: Europa und der Iran: Neuer Atomdeal nach Trumps Ausstieg? In: DIE WELT. 20. Mai 2018 (welt.de [abgerufen am 20. Mai 2018]).
- ↑ Markus Becker: Neues Gesetz: So will die EU Trumps Iran-Sanktionen ausbremsen. In: Spiegel Online. 18. Mai 2018 (spiegel.de [abgerufen am 20. Mai 2018]).
- ↑ Archivlink (Memento des Originals vom 26. Juli 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ U.S. Iran Sanctions Exempt Food, Medicine, Remittances - US-Außenministerium 2013
- ↑ Bernard Hourcade: Géopolitique de l'Iran. 1. Auflage. Armand Colin, Paris 2010, ISBN 978-2-200-35116-8, S. 231.
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