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DIN 77230

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Die DIN-Norm 77230 „Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte“[1] ist die erste in Deutschland entwickelte Norm in der Finanzbranche.

Die Norm beschreibt einen objektivierbaren, reproduzierbaren und transparenten Analyseprozess, der eine ganzheitliche Betrachtung der finanziellen Situation von Privathaushalten ermöglicht.

Ausgangslage[Bearbeiten]

Seit dem Beginn der 2000er Jahre häuften sich Berichte über Vermögensschäden, die Privathaushalten durch Finanzberatung entstanden sind. Die Ursachen für Fehlberatung waren und sind nach wie vor vielfältig. Sie reichen von mangelnder Ausbildung der Berater über die Vermittlung von für den Kundenbedarf ungeeigneten Produkten bis zu intransparenten bzw. von Unternehmensinteressen geleiteten Beratungsprozessen.

Gleichzeitig steigt, bedingt durch sinkende Leistungen der gesetzlichen Versorgungssysteme, der Beratungsbedarf  für die  eigenverantwortliche Vorsorge, z.B.  für die Deckung des Langlebigkeitsrisikos.

Diese Situation erfordert verstärkte Anstrengungen zum Schutz der Verbraucher. Der Gesetzgeber ergriff eine Reihe regulatorischer Maßnahmen (bspw. MiFID), wobei bisher der ganzheitliche Blick auf die finanzielle Situation von Privathaushalten fehlte.

Entwicklung der DIN-Norm 77230[Bearbeiten]

Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2014 vom DEFINO Institut für Finanznorm die DIN-Norm 77230 initiiert. Der nach öffentlicher Ausschreibung durch das Deutsche Institut für Normung zusammen gekommene Ausschuss nahm im November 2014 seine Arbeit auf.

DIN-Normen werden grundsätzlich von Gruppen erarbeitet, die die betroffene Branche repräsentieren.[2] Entsprechend setzte sich auch der Ausschuss für die DIN 77230 aus Vertretern des Verbraucherschutzes, der Wissenschaft und der gesamten Finanzbranche zusammen, darunter bedeutende Banken, Versicherer, Vertriebe und Verbände. Obmann des Ausschusses war DEFINO-Vorstand Dr. Klaus Möller.

Nach 4-jähriger intensiver Arbeit wurde die Norm am 27. November 2018 im Konsens aller Vertreter, d.h. einstimmig verabschiedet und am 18. Januar 2019[3][4] veröffentlicht.

Ziele[Bearbeiten]

Ziel der DIN-Norm 77230 ist die Festlegung eines objektivierbaren, reproduzierbaren und transparenten Analyseprozesses.  Die Norm trennt bewusst die Finanzanalyse von der eventuell nachgelagerten Finanzberatung.

Aufgrund der Budgetrestriktion von Privathaushalten kommt – gerade bei einer nachgelagerten Finanzberatung – der nachvollziehbaren Visualisierung der möglichen Risiken und Notwendigkeiten eines Privathaushaltes und der empfohlenen Absicherungshöhe als Orientierungshilfe zentrale Bedeutung zu.

Nur auf dieser Basis kann in der Finanzberatung im Sinne der Suche nach kundenindividuellen Lösungen für die vom Kunden als wichtig erachteten Finanzthemen

  1. eine bestmögliche Absicherung gegen Lebensrisiken auf Basis der privaten Finanzen,
  2. eine vorausschauende Gestaltung der finanziellen Zukunft durch entsprechende Vermögensplanung und
  3. eine Orientierung an Bedürfnissen und Zielvorstellungen des Privathaushalts

gewährleistet werden.

DIN 77230 im Detail[Bearbeiten]

Methodischer Ansatz[Bearbeiten]

Die Basis-Finanzanalyse der DIN-Norm 77230 ist für alle Privathaushalte im Sinne der Norm anwendbar. Im Rahmen der Analyse werden aus insgesamt 42 Finanzthemen die individuell für den Haushalt relevanten Finanzthemen ermittelt. Die Finanzthemen haben dabei eine feste Rangfolge und werden über drei Bedarfsstufen dargestellt.

  • Bedarfsstufe 1: Sicherung des finanziellen Grundbedarfe --> die wichtigsten Finanzthemen und eine erste Absicherung bzw. Vorsorge
  • Bedarfsstufe 2: Erhaltung des Lebensstandards --> weitere wichtige Finanzthemen und eine am aktuellen Lebensstandard ausgerichtete Absicherung und Vorsorge
  • Bedarfsstufe 3: Verbesserung des Lebensstandards --> Sparziele, bspw. Schaffung von Eigentum, um den aktuellen Lebensstandard zu verbessern

Rahmenparameter und Datenaufnahme[Bearbeiten]

Für die Basis-Finanzanalyse sind feste Rahmenparameter (bspw. Inflationsrate) für Berechnungen zu verwenden, die in der Norm festgelegt sind und regelmäßig aktualisiert werden oder von den Anwendern selbst anhand der in der Norm bezeichneten Quellen ermittelt werden können.

Auch werden in der Norm die mindestens aufzunehmenden Haushaltsdaten definiert, die benötigt werden, um

  1. die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und die Vermögensbilanz
  2. die relevanten Finanzthemen
  3. die Orientierungsgrößen (empfohlenes Absicherungs- und Vorsorgeniveau bzw. notwendige Vermögenswerte / Sparvorgänge)
  4. die Istwerte (vorhandenes Absicherungs- und Vorsorgeniveau bzw. vorhandene Vermögenswerte / Sparvorgänge)

zu ermitteln.

Ergebnisübersicht[Bearbeiten]

Zentrales Element der Ergebnisdarstellung ist neben der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und der Vermögensbilanz die Übersicht der für den Privathaushalt relevanten Finanzthemen.

Die Darstellung dieser Finanzthemen muss vollständig sein, hat entsprechend den Bedarfsstufen und der Rangfolge zu erfolgen und muss mindestens die Orientierungsgröße umfassen.

Relevanz der Norm[Bearbeiten]

Durch die Standardisierung des Finanzanalyse-Prozesses wird das Analyse-Ergebnis unabhängig gemacht von dem Berater, der sie durchführt, bzw. dem Institut, in dem sie durchgeführt wird. Eine nach der Norm durchgeführte Finanzanalyse kommt zu vollständig und ausschließlich kundenindividuellen Ergebnissen.

Durch die Basis-Finanzanalyse nach Norm werden die Privathaushalte befähigt, die auf der Analyse aufsetzende Finanzberatung bewusster und informierter in Anspruch zu nehmen. Insbesondere die festgelegte Rangfolge der Finanzthemen und die mithilfe festgelegter Rahmenparameter und Rechenwege ermittelten Orientierungswerte sind geeignet, Fehlanreizen bei Beratern entgegenzuwirken.

Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler kritisierte die Norm, weil sie nur die Erfassung der finanziellen Ausgangssituation zum Gegenstand habe, aber nicht genauer genauer bestimmen würde, welche Empfehlung zu welchem Haushaltsziel bei Haushalten mit niedrigem Einkommen sachgerecht wäre.[5] Ein Mitarbeiter des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz erklärte bereits vorher die Analyse auf Grundlage der Norm sei nur ein Baustein und Falschberatung könne nicht durch die Norm verhindert werden.[6]

Die Anwendung der Norm ist freiwillig.[7]

Zertifizierung[Bearbeiten]

In allen Branchen, in denen DIN-Normen Relevanz haben, ist es gängige Praxis, dass Unternehmen sich, ihre Prozesse oder Produkte und die Mitarbeiter, die mit den Prozessen oder Produkten umgehen, auf Norm-konformes Arbeiten zertifizieren lassen. Auch bezogen auf die DIN-Norm 77230 kann für Anbieter von Analysesoftware oder Finanzberater und -unternehmen eine Zertifizierung auf vollständige DIN-Konformität durch eine Zertifizierungsorganisation erfolgen.

Die Zertifizierung hat den Vorteil, dass der Softwarehersteller die Gewissheit über die DIN-Konformität der Analysesoftware bzw. der Finanzberater die Gewissheit über die DIN-Konformität seiner Analyse (u.a. durch Nutzung einer DIN-konformen Software und Fachwissen um die DIN-Norm) bekommt. Zudem hilft sie die Außendarstellung zu verbessern, indem man sich klar zur vollständigen Umsetzung der Norm bekennt und damit Transparenz und Verlässlichkeit in der Analyse demonstriert.

Die positiven Auswirkungen der DIN-Norm auf die Qualität der nachgelagerten Finanzberatung werden von einigen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherern dadurch honoriert, dass sie zertifizierten, also verbindlich nach der DIN-Norm 77230 arbeitenden Vermittlern Vergünstigungen, z.B. Prämienrabatte, einräumen.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. DIN 77230 - 2019-02 - Beuth.de. Abgerufen am 21. Mai 2019.
  2. Entstehung einer Norm. DIN e.V., abgerufen am 21. Mai 2019.
  3. Erste deutsche Norm für die Finanzdienstleistung. DIN e. V., 9. Januar 2019, abgerufen am 21. Mai 2019.
  4. n-tv NACHRICHTEN: Norm sorgt für Transparenz in der Vermögensberatung. Abgerufen am 23. Mai 2019.
  5. Provisionsdeckel: Scharfe Kritik des BDVM gegenüber Finanzministerium. In: AssCompact. 6. Mai 2019, abgerufen am 25. Mai 2019.
  6. Was die DIN 77230 bei der Finanzberatung bringt. In: Hamburger Abendblatt. 7. Februar 2019, abgerufen am 25. Mai 2019.
  7. Elke Pohl: DIN-Arbeitsausschuss verabschiedet Norm 77230. In: Versicherungsmagazin. 30. November 2018, abgerufen am 25. Mai 2019.


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