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Entschädigungsforderungen der Hohenzollern und Verhalten in der NS-Zeit

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Das Adelsgeschlecht Hohenzollern steht in Verhandlungen mit dem deutschen Staat über Entschädigung für Enteignungen, die während der Zeit der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland erfolgten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurde noch kein Konsens erzielt. Die Verhandlungen über Immobilien und Kunstgegenstände waren der Öffentlichkeit kaum bekannt, werden aber aktuell in den Medien stark thematisiert.

Initiative durch Louis Ferdinand[Bearbeiten]

Louis Ferdinand von Preußen stellte als damaliges Oberhaupt des Hauses Hohenzollern 1991 einen Antrag auf Entschädigung für erfolgte Enteignungen.[1] Im Jahr 1948 hatte die Sowjetische Militäradministration in Deutschland Immobilien der Familie beschlagnahmt und verstaatlicht. Die Rückgabeansprüche von Schlössern scheiterten vor Gerichten, wie es damals hieß, an der klaren Rechtslage.[2] Zur Regelung der vermögensrechtlichen Fragen wurde 1994 das Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) verabschiedet. Keine Entschädigung ist möglich, wenn die Enteigneten dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet haben.

Verhandlungen unter Georg Friedrich[Bearbeiten]

Georg Friedrich von Preußen folgte 1994 seinem Großvater als Chef der Hohenzollern. Die Forderungen auf Entschädigung beziehen sich neben enteigneten Immobilien auch auf Kunstgegenstände. Seit etwa 2014 stand Georg Friedrich von Preußen nach Presserecherchen in diskreten Verhandlungen mit dem Bund um Rückgabe oder Entschädigung für bedeutende Kunstwerke, die einst seinen Vorfahren gehörten und sich nun in Museen befinden. Die Auseinandersetzung eskalierte 2019, als Teile der Forderungen des Hauses Hohenzollern sowie deren Einstufung durch eine gemeinsame Stellungnahme der Stiftungen Preußische Schlösser und Gärten und Preußischer Kulturbesitz sowie des Deutschen Historischen Museums als „weitgehend überzogen und inakzeptabel“ der Öffentlichkeit bekannt wurden. Unter den Forderungen befinden sich mehrere Zehntausend Kunstobjekte und ein Wohnrecht im Schloss Cecilienhof. Dies sorgte für weitreichende Kritik.[3][4][5]

Dabei wurde weniger die juristische Seite der Forderung der Hohenzollern kritisiert als vielmehr die ethische Bewertung. Bernd Stegemann bezeichnete die Hohenzollern in diesem Zusammenhang in einem Beitrag des Magazins Cicero als „Familien-Clan“, der „über tausend Jahre die mitteleuropäische Geschichte mit Kriegen, Vetternwirtschaft und Katastrophen heimgesucht“ habe und „nach den letzten beiden totalen Niederlagen wieder angelaufen komme“ und nun „auf die Aushändigung seines kriminell zusammengerafften Reichtums“ klage.[6] Stefan Kuzmany sprach davon, dass Familien, die Unrechtssystemen wie dem Naziregime allzu nahe standen, keinen Anspruch auf Entschädigungen haben, und nannte die Forderung „eine Beleidigung der Republik“.[7] Katja Kipping bezeichnete die Forderungen als „maßlos und geschichtsvergessen“.[8][9] Laut dem Historiker Sven Felix Kellerhoff würden diese Forderungen „das Fundament der demokratischen Gesellschaft [unterminieren]“.[10] Der Historiker und Experte für die Hohenzollern, Stephan Malinowski, bezeichnete die Forderungen als „sprachlos machende Maßlosigkeit“.[11]

Georg Friedrich von Preußen wies die Vorwürfe zurück und kritisierte eine seiner Meinung nach „selektive Weitergabe“ von vertraulichen Dokumenten aus den Verhandlungen. Er verteidigte die Eigentumsansprüche seiner Familie, die auf Anträgen seines Großvaters Louis Ferdinand von Preußen nach der Wiedervereinigung aufbauen würden. Was das Wohnrecht in diversen Schlössern betreffe, greife der Vertragsentwurf nur das auf, was die öffentliche Hand der Familie schon seit den 1990er-Jahren wiederholt angeboten hätte.[12] Berlins ehemaliger Senatskanzleichef André Schmitz (SPD) hält die Ansprüche der Hohenzollern für berechtigt und rief in der Debatte zur Mäßigung auf. Er habe Georg Friedrich Prinz von Preußen „immer als fairen Vertragspartner erlebt“.[13]

Die Hohenzollern fordern ebenfalls die Burg Rheinfels zurück, die sich oberhalb von Sankt Goar am Rhein befindet und bis 1924 im Familienbesitz war. Im Juni 2019 wies das Landgericht Koblenz die Klage der Hohenzollern in der ersten Instanz ab.[14]

Die Linke-Fraktion im Bundestag hat sich für ein Ende der Gespräche über mögliche Entschädigungen für die Hohenzollern ausgesprochen. Mit einem Antrag im Januar 2020 fordert die Linke, per Gesetz künftig etwaige Forderungen zu unterbinden. Vertreter der Union und SPD, sowie der Grünen, FDP und AfD sprachen sich gegen den Antrag aus.[15]

Vorwurf der Nähe zum NS-Regime[Bearbeiten]

Beurteilung durch Historiker[Bearbeiten]

Im November 2019 wurden durch Jan Böhmermann vier vertrauliche Gutachten von Christopher Clark, Wolfram Pyta, Peter Brandt und Stephan Malinowski veröffentlicht, welche sich mit der Rolle der Hohenzollern in der NS-Zeit beschäftigen und für die juristische Bewertung mit Blick auf eine mögliche Entschädigung für Enteignungen von großer Bedeutung sind. Brandt und Malinowski wurden vom damaligen brandenburgischen Finanzminister Christian Görke (Die Linke)[16] beauftragt; die Hohenzollern haben Clark und Pyta hinzugezogen. Ein Gutachter widerspricht der Stärkung des NS-Regimes seitens des Kronprinzen Wilhelm von Preußen, ein weiterer gibt ihm eine unbewusste, zwei eine sehr bewusste Verantwortung daran.[17][18][19][20]

Vorgehen gegen kritische Wissenschaftler[Bearbeiten]

Im Dezember 2019 wurde bekannt, dass die Hohenzollern rechtlich gegen Wissenschaftler vorgehen, welche sich kritisch mit der Geschichte der Hohenzollern auseinandergesetzt hatten. Darunter befindet sich auch Stephan Malinowski, welcher Gutachter für das Land Brandenburg ist und die Entschädigungsansprüche der Familie bestreitet. Der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD) kritisierte dieses Vorgehen. Wissenschaft beruhe „auf einem offenen Austausch von Argumenten“, so der stellvertretende Vorsitzende des Verbands. Der VHD verurteile „nachdrücklich, dass die Hohenzollern mit rechtlichen Mitteln gegen Historiker vorgehen“.[21]

Der Historiker und Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF), Martin Sabrow, bezeichnete dieses Vorgehen als „Unkultur der Einschüchterung“ und „Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit“. Er forderte in einem offenen Brief, die „einstweilige Verfügung gegen einen Mitarbeiter des ZZF umgehend zurückziehen und fachhistorische Stellungnahmen zum Umgang mit dem Hohenzollernerbe nicht länger mit juristischen Mitteln angreifen“.[22][23][24]

Der Anwalt der Hohenzollern wies die Vorwürfe zurück und bezeichnete die Debatte als „von einer Menge Falschinformationen geprägt“.[25]

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. https://www.maz-online.de/Brandenburg/Entschaedigung-fuer-Hohenzollern-1-2-Millionen-Euro
  2. https://www.tagesspiegel.de/berlin/ansprueche-auf-tausende-bedeutsame-kunstwerke-wie-der-streit-zwischen-kaiser-ururenkel-und-bund-eskalieren-konnte/24588740.html
  3. https://www.tagesschau.de/kultur/hohenzollern-forderungen-101.html
  4. https://www.rbb24.de/kultur/beitrag/2019/08/hohernzollern-forderung-kunstwerke-stiftung-preussischer-kulturb.html
  5. https://www.fr.de/kultur/hohenzollern-wollen-abkassieren-hinter-kulissen-herrscht-blanke-gier-12818276.html
  6. https://www.cicero.de/kultur/hohenzollern-forderung-cecilienhof-zweiter-weltkrieg
  7. Stefan Kuzmany: Hohenzollern-Entschädigung: Seine Königliche Hoheit hat noch nicht genug. In: www.sueddeutsche.de. 14. Oktober 2019, abgerufen am 15. Oktober 2019.
  8. https://www.fr.de/politik/hohenzollern-linke-mobilisiert-gegen-entschaedigung-nazi-schergen-12908752.html
  9. https://www.tagesspiegel.de/berlin/streit-um-kunstwerke-und-schloesser-linke-startet-unterschriftensammlung-gegen-die-hohenzollern/24882190.html
  10. https://www.welt.de/kultur/article196840021/Georg-Friedrich-von-Preussen-Die-unbescheidenen-Forderungen-der-Hohenzollern.html
  11. https://www.maz-online.de/Brandenburg/So-urteilt-ein-Historiker-ueber-die-Forderungen-des-Hauses-Hohenzollern-nach-einem-Wohnrecht-in-Schloessern-wie-Cecilienhof
  12. „Selektive Weitergabe“ von Papieren bedauert. Abgerufen am 10. November 2019.
  13. "Der Prinz war immer ein fairer Verhandlungspartner". Abgerufen am 10. November 2019.
  14. https://www.morgenpost.de/politik/article222337803/Burg-Rheinfels-Preussen-Prinz-streitet-um-alten-Familiensitz.html
  15. https://www.shz.de/27029942
  16. Südwest Presse Online-Dienste GmbH: Die Familie Hohenzollern beantwortet ausführlich Fragen über Rückgaben und Entschädigungen: Preußen-Prinz geht in die Offensive. 27. Dezember 2019, abgerufen am 12. Januar 2020.
  17. Neo Magazin Royale: Offizielle Website der btf GmbH in Zusammenarbeit mit der Show Neo Magazin Royale zum Fall Hohenzollern vs. Bundesregierung; abgerufen am 23. November 2019
  18. https://www.morgenpost.de/kultur/tv/article227692655/Jan-Boehmermann-veroeffentlicht-brisante-Geheim-Dokumente-und-sorgt-fuer-Wirbel.html
  19. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/jan-boehmermanns-coup-gegen-die-hohenzollern-16491683.html
  20. https://www.sueddeutsche.de/kultur/boehmermann-hohenzollern-debatte-1.4687884
  21. https://www.spiegel.de/geschichte/hohenzollern-historiker-wehren-sich-gegen-juristischen-feldzug-a-1301166.html
  22. https://www.tagesspiegel.de/berlin/historiker-reagiert-im-hohenzollern-streit-ihr-vorgehen-greift-die-freiheit-der-wissenschaft-an/25357654.html
  23. https://www.cicero.de/kultur/hohenzollern-enteignung-nationalsozialismus-historiker-martin-sabrow
  24. https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/2019-und-die-hohenzollern-was-wir-dem-adel-verdanken--li.3994
  25. Hohenzollern-Anwalt kontert Vorwürfe von Historikern - Ist die Freiheit der Wissenschaft in Gefahr? Abgerufen am 12. Januar 2020 (deutsch).


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