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Esther-Stern-Platz

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Gießener Bahnhof mit Vorplatz

Esther-Stern-Platz ist ein inoffizieller Name für den Platz unmittelbar vor dem Bahnhofsgebäude in Gießen, der am 22. April 2015 durch die ‚Initiative gegen das Vergessen‘ symbolisch vergeben wurde.[1] Die Stadt Gießen hat diese Benennung bisher nicht anerkannt oder offiziell bestätigt.[2] Somit wird der Platz formell weiterhin ohne gesonderten Namen „Bahnhofsvorplatz“ genannt.

Benennung[Bearbeiten]

Das Straßenschild, das während der Benennung aufgehängt wurde

Nach der Umgestaltung des Bahnhofsbereichs anlässlich der Landesgartenschau 2014 in Gießen entstand vor dem Gießener Bahnhof ein Vorplatz. Dieser trägt keinen eigenen Namen. Die ‚Initiative gegen das Vergessen‘ wollte diesem den Namen von Esther Stern verleihen und brachte anlässlich der Benennung ein Straßenschild an. Zu den Motiven der Benennung und der Auswahl des Namens heißt es in einer Veröffentlichung anlässlich der Platzbenennung:

„Bei der Suche nach einem geeigneten Namen war ein Bezug zur Stadt Gießen sowie zum Bahnhof ausschlaggebend. Eine der ersten Assoziationen war die vom Güterbahnhof ausgehende Deportation der in Gießen lebenden jüdischen Bevölkerung.“[1]

Familie Stern[Bearbeiten]

Helmut und Sonja waren die Kinder von Julius aus erster Ehe mit Hannah Kaminka. Nur wenige Jahre nach der Hochzeit starb Hanna Stern 1923 an Krebs. Nach ihrem Tod heiratete Julius Stern Claire Thalheimer und bekam mit ihr ein weiteres Kind: Esther Stern.[3]

Esther Stern[Bearbeiten]

Esther Stern wurde am 1. April 1926 in Gießen geboren. Am 12. April 1932 wurde sie in der Schillerschule (heute Ricarda Huch-Schule) eingeschult.[4] Sie wurde als eine aufgeweckte Schülerin mit guten Leistungen beschrieben. Ihre überlebenden Geschwister erinnern sich an Esther als ein kleines fröhliches, aufgeschlossenes und glückliches Mädchen.

Im Oktober 1933 musste die Familie aus dem Haus am Marktplatz 11 (heute 15) ausziehen und fand eine Wohnung in der Löberstraße 20 bei Familie Rosenberger. Diese jüdische Familie nahm Familie Stern auf, um mit den Mieteinnahmen eine Einnahme zum Lebensunterhalt zu haben. Am 1. Februar 1935 musste die Familie auch diese Wohnung verlassen und in das Ghettohaus in der Walltorstraße 48 ziehen.[5]

Am 24. März 1938 musste Esther, wie viele andere jüdische Schüler in Gießen, die Schule nach Verfügung des Stadtschulamtes, verlassen. Bemerkung im Klassenbuch: "Am 24.III. laut Verfügung des Stadtschulamtes entlassen."[5] Zunächst wurde von der jüdischen Gemeinde eine Behelfsschule im Gemeindehaus der Synagoge in der Südanlage eingerichtet. Hier wurden die jüngeren jüdischen Kinder unterrichtet. Bei der Zerstörung der Synagoge in der Reichspogromnacht wurde auch das Gemeindehaus zerstört, sodass Unterrichtsräume nicht mehr zur Verfügung standen. Der Schülerin wurde somit jegliche Möglichkeit genommen, ihre Schulausbildung mit einem Abschluss zu beenden. Aus der Steuerkarte vom 30. November 1940 geht hervor, dass Esther anschließend als (Zwangs-) Arbeiterin in einer Gummifabrik eingesetzt war. Sie war zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt. Eine Ausreise von Esther mit einem Kindertransport wurde in Erwägung gezogen, die Möglichkeit einer Schülereinwanderung nach Frankreich ließ sich jedoch nicht realisieren.

Stolperstein am Marktplatz 15 in Gießen

Am 14. September 1942 wurde Esther mit ihren Eltern und allen anderen Juden, die zu dieser Zeit noch in Gießen lebten, in die Goetheschule gebracht. Unter Aufsicht konnte die Familie nur das Nötigste in einen Rucksack und einen Koffer packen. Zwei Tage später wurde die Gruppe nach Darmstadt deportiert und am 30. September wurde Esther mit ihren Eltern von hier aus in das Generalgouvernement (Polen) deportiert und letztendlich im Vernichtungslager Treblinka ermordet.[6]

Auf ihrer Steuerkarte findet sich der Vermerk: "verzogen am 1.11.42 nach unbekannt". Der Tag und der Ort ihrer Ermordung sind nicht bekannt. Am 8. Mai 1945 wurde Esther für tot erklärt.[5] Am Marktplatz liegen drei Stolpersteine, die an Esther Stern und Ihre Eltern Julius und Claire Stern erinnern sollen.[7]

Geschehen seit der Benennung[Bearbeiten]

Nach der Benennung wurde das angebrachte Schild von der Stadt durch die Feuerwehr entfernt. Begründet wurde dies durch die Magistratssprecherin Boje damit, dass diese Form der Schaffung von Erinnerungsorten leider nicht zulässig sei. Außerdem berge diese Benennung eine Verwechslungsgefahr, da laut Boje, der Platz vor dem Bahnhof zur Bahnhofstraße gehöre und die Häuser und Adressen dort auch eindeutig zuzuordnen und auffindbar sein müssten.[2] Des Weiteren wurde darauf verwiesen, dass solch ein Vorschlag von der Straßenbenennungskommission beschlossen werden müsse und dieser nichts vorliege.[8] Die Initiative gegen das Vergessen befand diese Gründe als vorgeschoben. Der Stadt warf sie vor, sich mit dem Thema nicht politisch auseinandersetzen zu wollen.[9]

Darüber hinaus kritisierte sie das Desinteresse der Stadt, auf sie zuzugehen, und den gewählten Ton der Magistratssprecherin Boje. In einem Interview heißt es dazu:

„Zunächst hat uns dieser arrogante Ton sehr verärgert. Unterschwellig wird dabei vermittelt, dass uns die Magistratssprecherin nicht ernst nimmt und stattdessen vorzuschreiben versucht, mit welchen sinnvolleren Aktionen weniger Zeit und Geld verschwendet würde. Diese Ansicht teilen wir allerdings nicht. Außerdem ist das Stolpersteinprojekt als Gedenkform umstritten.“[10]

Ein knappes Jahr später, anlässlich des 90. Geburtstags von Ester Stern, versuchte die Initiative, das Thema erneut aufzugreifen. Auch nachdem es Bemühungen gab, den Vorschlag an die Straßenbenennungskommission einzubringen, tat sich nichts. Die Gründe hierfür blieben unklar.[11]

Wenige Monate später zeigte die Initiative gegen das Vergessen Orte in Gießen auf, die mit Esther Stern verwoben sind. Im Rahmen eines Stadtrundgangs, anlässlich des Jahrestages der Befreiung der Verfolgten des Nationalsozialismus am 8. Mai 2016, wurden unter anderem der letzte Wohnort und die Schule von Esther Stern besucht. [12]

Im Gegensatz zur Stadt wurde die Benennung von der jüdischen Gemeinde gutgehießen und auch ohne formelle Anerkennung in die Chronik aufgenommen.[13]

Initiative gegen das Vergessen[Bearbeiten]

Die Initiative hat sich gegründet, um die Platzbenennung zu realisieren und eine offizielle Anerkennung zu erreichen.[10] Es ist ihr darüber hinaus von besonderer Wichtigkeit, das Schicksal der Verfolgten des Nationalsozialismus nicht bei einer Anzahl von Menschen zu belassen, sondern die individuellen Schicksale sichtbar im Stadtbild zu verankern.[14]

Josef „Helmut“ Stern[Bearbeiten]

Josef Stern ist Esthers älterer Stiefbruder aus der ersten Ehe seines Vaters Julius Stern mit Johanna Kaminka.[3] Josef Stern wurde 1921 in Gießen geboren. 1936 flüchtete er im Alter von 15 Jahren nach Palästina, seine Schwester Sonja folgte ihm zwei Jahre später. Bereits kurz nach seiner Flucht schloss er sich als Freiwilliger der Jüdischen Brigade der Britischen Armee an und diente als Funker auf Schlachtfeldern in Italien, Belgien, Holland und Frankreich. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zog er nach Haifa und wurde schließlich Leiter der dortigen Universitätsbibliothek.[15]

Im Sommer 1963 gründete er mit weiteren ehemaligen Gießener Juden den »Verein ehemaliger Gießener«[16] in Haifa. Der Verein ermöglicht die regelmäßig stattfindende Begegnungswoche, während der die ehemaligen, aus Gießen geflüchteten, jüdische Menschen ihre alte Heimat besuchen.[16] Auch das Zustandekommen der Städtepartnerschaft Gießens mit Natanya, die Ende der siebziger Jahre besiegelt wurde, ist nicht zuletzt dem Verein der Ehemaligen zu verdanken, dessen Mitglieder Kontakte knüpften und halfen Vorbehalte auszuräumen.[17] Der Verein von Juden, die aus Gießen stammen, hat sich vor allem bei der Aufarbeitung der Geschichte der Gießener Juden im 20. Jahrhundert hervorgetan und umfangreiche Archive mit einer Vielzahl von Dokumenten wie Korrespondenzen, Lebenserinnerungen und Nachlässen aufgebaut. Die erste umfassende Dokumentation der früheren jüdischen Mitbürger Gießens und ihrer Schicksale, die der damalige Gießener Stadtarchivar Erwin Knauß Mitte der siebziger Jahre herausgab, ließ sich nur mit Hilfe der Erinnerungsarbeit des Vereins realisieren. Dieser pflegt auch Kontakte zu Gießener Überlebenden des Holocaust und ihren Nachkommen, die sich nicht in Israel neue Existenzen aufbauten, sondern verstreut in aller Welt leben.[17] Im Rahmen der 13. Begegnungswoche 2008 erhielt Joseph Stern, als Vorsitzender des »Verein ehemaliger Gießener« die Hedwig-Burgheim-Medaille als Anerkennung seines steten Bemühens um Versöhnung und Verständigung zwischen Israel und Deutschland.[15]

Josef Stern hat das Buch „Stark wie ein Spiegel“ veröffentlicht, in dem er unter anderem seine Zeit in Gießen und seine Flucht beschreibt.[18]

Einzelnachweise[Bearbeiten]


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