Freizeitkrankheit
Der Begriff Freizeitkrankheit beschreibt in der Medizin akute oder chronische Gesundheitsschäden, die durch die verschiedensten freizeittypischen Tätigkeiten verursacht werden.[1] Freizeitkrankheiten lassen sich von den Zivilisationskrankheiten und den Berufskrankheiten nach Ursachen und Inhalt abgrenzen. Die krankhaften Veränderungen können bei Freizeitkrankheiten sehr unterschiedlich sein. Oft handelt es sich um Überlastungsschäden oder Unfallschäden.
Voraussetzungen[Bearbeiten]
Die Intensivierung des Freizeitkonsums durch aktives und passives Verhalten über die Regeneration hinaus enthält auch neue Gefährdungspotentiale. Bei sportlicher Betätigung mit technischen Geräten lassen sich hohe Geschwindigkeiten und Beschleunigungen erreichen. Mannschafts- und Kampfsportarten fördern durch Emotionalisierung den Drang zur Leistungssteigerung. Modetrends beeinflussen das Freizeitverhalten und es hat sich eine Freizeitindustrie etabliert, die ein breites Angebot an Freizeitbetätigung kommerziell bereit stellt.
Häufigkeit[Bearbeiten]
Im Jahr 2017 gab es in Deutschland 175 Todesfälle durch einen Sport- oder Spielunfall sowie 11.000 Todesfälle durch Unfälle im häuslichen Bereich, die nicht näher kategorisiert wurden.[2] Im Jahr 2000 gab es in Deutschland 5,36 Millionen Unfälle im Heim- und Freizeitbereich. Davon entfielen 27% (1,45 Millionen) auf Sportunfälle und weitere 22% (1,18 Millionen) auf Freizeitunfälle.[3]
Liste der Freizeitkrankheiten[Bearbeiten]
Eine größere Zahl von freizeitbedingten Gesundheitsschäden hat bereits Eingang in die medizinische Terminologie gefunden. Die folgende Liste führt einige Beispiele auf, ist aber nicht vollständig.
- Boxer-Syndrom
- Boxernase
- Blumenkohlohr
- Entlastungssyndrom
- Hirn-Traumata beim Fußball
- Holiday Heart Syndrome
- Honeymoon Zystitis
- Jeanskrankheit
- Mallorca-Akne
- Pensionierter Ehemann Syndrom
- Radfahrerlähmung
- Reisethrombose
- Surfer's ear
- Taucherkrankheit
- Tennisarm
- Vogelhalterlunge
- Wochenendmigräne
Prävention der Schäden durch Freizeitkrankheiten[Bearbeiten]
Eine sinnvolle Prävention muss zunächst die verschiedenen Wirkungsweisen der Freizeitkrankheiten ins Auge fassen: mechanisch-reizend, chemisch-irritativ, toxisch, biologisch-pharmakologisch aktiv, allergisierend oder kanzerogen. Im Bereich des beruflichen Arbeitsschutzes besteht für diese Wirkungen bereits ein System von Vorsorgemaßnahmen und Schutzeinrichtungen. Es wird empfohlen, diese Erfahrungen auch für den Freizeitbereich nutzbar zu machen („Handle wie ein Profi!“).
Empfehlungen zur Unfallverhütung[Bearbeiten]
- Vermeiden von ungewohnten Bewegungsintensitäten
- Vermeiden von räumlich/zeitlich ungeordneten Tätigkeitsabläufen
- Einsatz von effektiven Schutzmaßnahmen
- Beachten von Gebrauchsanweisungen und technischen Regeln
- Vornahme einer aufmerksamen, sicheren Bedienung
- Beachten von persönlichen Belastungsgrenzen
- Vermeiden von Störfaktoren, Fehlverhalten, Ermüdung
Freizeitbedingte Gesundheitsschäden sind in der Regel verhaltensbedingt und damit grundsätzlich beeinflussbar. Ein Gespräch mit einem Mediziner kann helfen, die individuelle Beanspruchung und Leistungsgrenzen besser zu erkennen, um so eine gesundheitsschädigende Überforderung zu vermeiden.
Freizeitkrankheit in der Psychosomatik[Bearbeiten]
Als eine spezielle Form der allgemeinen Definition bezeichnet man in der Psychosomatik mit dem Begriff Freizeitkrankheit (engl.: Leisure Sickness) ein in der Fachwelt umstrittenes Phänomen, bei dem der Betroffene kurz vor oder am Wochenende bzw. im Urlaub eine harmlose Krankheit erleidet oder anderweitige gesundheitliche Probleme bekommt.[4][5]
Krankheitsbild der psychosomatischen Freizeitkrankheit[Bearbeiten]
Betroffen sind vorwiegend Arbeitnehmer, die in ihrem Beruf unter Dauerstress stehen. Die dabei ausgeschütteten Stresshormone schützen den Körper dabei zwar vor Krankheiten, indem sie das Immunsystem und alle Kraftreserven des Körpers mobilisieren. Sinkt nun aber der Hormonspiegel im Blut, bspw. am letzten Arbeitstag, gehen auch Körper und Immunsystem in eine Regenerationsphase und machen sich somit anfälliger für Krankheitserreger und körperliche Beschwerden. Schätzungsweise leiden drei Prozent der Deutschen unter diesem Phänomen.[6] In einer anderen Studie ist von 22 % die Rede; betroffen seien alle Berufsgruppen.[7] Die Symptome reichen dabei von Muskel- und Gelenkschmerzen über Kopfschmerzen oder Migräne bis hin zu Erkältungen oder Grippe.[8] Zur Vorbeugung wird eine Entspannungsphase bereits vor dem Urlaub empfohlen.[9]
Beschreibungsgeschichte der psychosomatischen Freizeitkrankheit[Bearbeiten]
Die Erstbeschreibung von Leisure sickness als psychosomatisches Phänomen geht auf die niederländischen Psychologen Adrian Vingerhoets und Maaike van Huijgevoort zurück, die im Jahre 2001 auf einem Kongress der American Psychosomatic Society eine Studie mit dem Titel Leisure sickness: An explorative study vorstellten.[10] Dafür wurden 1894 Niederländer interviewt.[11] Vingerhoets litt angeblich selbst unter der Freizeitkrankheit.[6]
Literatur[Bearbeiten]
- Jobst Thürauf: Freizeit-Krankheiten und freizeittypische Unfälle: Ausmaß und Bedeutung. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 92, Nr. 9, 1985, S. A 588–591 (aerzteblatt.de [PDF]).
- Horst W. Opaschowski: Gesundheitsgefährdung. In: Einführung in die Freizeitwissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Musterstadt 2008, ISBN 978-3-531-16169-3, S. 256–269.
- Peter Buchenau, Birte Balsereit: Chefsache Leisure Sickness, Springer, 2015, ISBN 978-3658057824
- van Huijgevoort, M., & Vingerhoets, A. J. J. M.: Leisure sickness: An explorative study. Abstract. Psychosomatic Medicine, 63(1), 2001, S. 140
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Jobst Thürauf: Freizeit-Krankheiten und freizeittypische Unfälle: Ausmaß und Bedeutung. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 92, Nr. 9, 1985, S. A 588–591 (aerzteblatt.de [PDF]).
- ↑ Sterbefälle durch Unfälle nach äußeren Ursachen und Unfallkategorien. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Abgerufen am 24. Dezember 2019
- ↑ Unfälle in Heim und Freizeit in Deutschland. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Abgerufen am 24. Dezember 2019
- ↑ Lindsay Minnema: Downtime: It's Enough to Make Some People Sick. Washington Post, 25. Dezember 2007, abgerufen am 15. August 2014.
- ↑ Freizeit macht krank. In: Der Spiegel. vom 25. November 2002, abgerufen am 25 Dezember 2019
- ↑ 6,0 6,1 Sybille Möckl: Krankenbett statt Skipiste: Die „Freizeitkrankheit“: Warum wir ausgerechnet im Urlaub krank werden, focus.de, 3. Juli 2013
- ↑ Aktivitäten in Freizeit schützen vor Krankheit. ORF Tirol, 24. Juli 2018, abgerufen am 24. Dezember 2019.
- ↑ Wenn Urlaub krank macht: Die Freizeit-Krankheit, apotheken.de, 22. Juni 2012
- ↑ Freizeit-Krankheit: Leisure Sickness vorbeugen. In: Süddeutsche Zeitung vom 16. Juni 2017, abgerufen am 24. Dezember 2019
- ↑ leisure sickness, wordspy.com
- ↑ Freizeitkrankheit: Phänomen "Krank im Urlaub" ist Problem, volksstimme.de, 1. Juli 2018
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