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HAVE-Modell

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HAVE-Modell

Bei dem HAVE-Modell handelt es sich um ein Modell der Personalpsychologie. Die Bezeichnung beruht auf den Anfangsbuchstaben der englischen Bezeichnungen Humility, Adaptability, Visionary und Engagement. Das Modell beschreibt Kernkompetenzen und Verhaltensweisen einer agilen Führungskraft: eine Führungskraft, die fähig ist, in disruptiven, digitalen Zeiten zu navigieren.

Die vier Kernkompetenzen sind

  • Bescheidenheit,
  • Anpassungsfähigkeit,
  • die Fähigkeit eine klare Vision zu entwickeln und
  • Engagement (sinngemäß engagement im Englischen).

Die drei Verhaltensweisen, die Agilität bestärken, sind

  • hyper-bewusst nach Chancen und Risiken Ausschau zu halten,
  • sachkundige Entscheidungen zu treffen und
  • schnell zu handeln.

Das HAVE-Modell wurde 2017 von dem Unternehmen metaBeratung GmbH in Zusammenarbeit mit dem International Institute for Management Development (IMD) entwickelt. Es beruht auf einer gemeinsam durchgeführten Studie, bei der weltweit mehr als 1.000 Führungskräfte befragt wurden, um die Bedingungen zu verstehen, unter denen Organisationen in einer zunehmend digitalen Welt geleitet werden. Dabei wurden die vier Kompetenzen und die drei Verhaltensweisen identifiziert und unter dem Begriff „agile Führungskraft“ zusammengefasst.

Kernkompetenzen[Bearbeiten]

Die Kompetenzen und Verhaltensweisen des HAVE-Modells werden anhand der Höhe ihrer Ausprägungen interpretiert.

Bescheidenheit[Bearbeiten]

Diese Kompetenz beschreibt die Fähigkeit zur Annahme von Feedback und die Einsicht und Akzeptanz, dass andere gegebenenfalls mehr wissen als man selbst. Personen mit hohen Werten lassen sich auf die Erkenntnisse anderer ein, sind jedoch bereit, diese gegebenenfalls zu entkräften, sollten sie eine andere Sichtweise begründet vertreten können. Sie sind offen gegenüber Feedback und haben erkannt, dass sie nicht allwissend sind. Personen mit niedrigen Werten vermitteln den Eindruck, dass Feedback einfach von ihnen abperlt. Sie interessieren sich nicht für die Meinungen anderer und sind der Überzeugung selbst das meiste Wissen zu haben. 

Anpassungsfähigkeit[Bearbeiten]

Anpassungsfähig ist jemand, der akzeptiert, dass der Wandel allgegenwärtig ist. Eine Meinungsänderung aufgrund neuer Fakten ist kein Ausdruck von Schwäche, sondern zeugt vielmehr von Stärke. Personen mit hohen Werten überprüfen ihre Entscheidungen bei geänderter Datengrundlage und revidieren gegebenenfalls ihre Meinung. Sie können sich kurzfristig neuen Situationen anpassen und neue Trends einbeziehen ohne, dass die langfristige Strategie aus den Augen gerät. Personen mit niedrigen Werten geben sich mit dem Status Quo zufrieden. Sie ändern ihre Meinung auch bei sich ändernder Faktenlage nicht und bleiben ihren Handlungsweisen treu.

Visionär[Bearbeiten]

Visionär zu sein bedeutet, ein deutliches Gespür für die langfristige Ausrichtung, auch bei kurzfristiger Verunsicherung zu haben. Eine klare Vision ist wichtiger als ein detaillierter Plan. Personen mit hohen Werten entwickeln eine genaue Vorstellung davon, welche Richtung ihr Unternehmen einschlagen muss, auch wenn der Weg zum Ziel zunächst noch unklar ist. Sie erkennen den Unterschied zwischen echten Möglichkeiten und bloßen Modeerscheinungen. Personen mit niedrigen Werten lassen sich von Kritikern oder Gegnern davon abbringen, neuen Ideen nachzugehen. Bei dem Versuch alle Probleme zu lösen, verlieren sie den Blick auf die Langzeitstrategie.

Engagement[Bearbeiten]

Diese Kompetenz beschreibt die Bereitschaft zum Zuhören, zur Interaktion und Kommunikation mit internen und externen Stakeholdern, gepaart mit Aufgeschlossenheit sowie Interesse an neuen Trends. Personen mit hohen Werten erweitern ihr persönliches Netzwerk ständig innerhalb sowie außerhalb ihrer Organisation. Sie betrachten jede Interaktion als eine Möglichkeit, Sachkenntnisse und Verbündete für ihre Sache zu gewinnen. Personen mit niedrigen Werten gehen mit Informationen und Feedback immer auf dieselben Leute zu. Sie messen Konzentration auf ihre Aufgaben mehr Wert bei als der Interaktion mit Menschen.

Verhaltensweisen[Bearbeiten]

Hyper-bewusst[Bearbeiten]

Diese Verhaltensweise zeigt sich in dem ständigen Absuchen der inneren und äußeren Umgebung nach Möglichkeiten und Bedrohungen. Personen mit hohen Werten scannen ihr Umfeld stetig auf der Suche nach neuen Chancen und Risiken. Sie erweitern ihren Fokus und sind auf der Suche nach neuen Informationen. Personen mit niedrigen Werten sind in ihrem Sichtfeld teilweise eingeschränkt. Sie unterschätzen das Potenzial, das von neunen Technologien und Geschäftsmodellen ausgeht, branchenübergreifende Umwälzungen zu bewirken.

Sachkundige Entscheidungsfindung[Bearbeiten]

Bei diesem Verhalten werden Daten und Informationen eingesetzt, um evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen. Personen mit hohen Werten stützen sich bei ihren Entscheidungen auf Zahlen, Daten und Fakten. Sie nutzen Analyseinstrumente, um ihre Entscheidungen zu untermauern. Personen mit niedrigen Werten verlassen sich zu oft auf ihr Bauchgefühl und ihre Intuition. Diese spielen durchaus eine Rolle, ihnen sollte bei anderslautender Datengrundlage jedoch nicht zu viel Beachtung geschenkt werden.

Schnelles Agieren[Bearbeiten]

Diese Verhaltensweise zeigt sich in der Bereitschaft zu schnellem Handeln. Personen mit hohen Werten sind entschlossen und tolerant gegenüber Fehlern. Tempo geht bei ihnen vor Perfektion. Personen mit niedrigen Werten verlieren sich oft in Details. Sie arbeiten sehr perfektionistisch, was jedoch das tatsächliche Handeln verzögert.

Agile Führung als Balanceakt[Bearbeiten]

Das HAVE-Modell enthält drei Warnungen in Bezug auf ein Ungleichgewicht zwischen den Verhaltensweisen. Sind zwei der drei Verhaltensweisen signifikant stärker ausgeprägt als die dritte, wird ein Warnsignal mit Entwicklungspotenzial angezeigt. Sind die Verhaltensweisen hyper-bewusst und sachkundige Entscheidungsfindung hoch ausgeprägt, schnelles agieren jedoch nicht, resultiert dies in Schleichen. Die Führungskraft ist sich möglicher Chancen und Risiken zwar bewusst und trifft ihre Entscheidungen auch auf einer analysierten Datengrundlage, sie läuft jedoch Gefahr einen langen Zeitraum für ihre Entscheidungen zu benötigen. Mögliche Chancen können sich in diesem Zeitraum bereits aufgelöst haben. Wird in Bezug auf eine erkannte Chance oder ein Risiko so schnell wie möglich gehandelt, Entscheidungen jedoch nicht auf einer fundierten Datengrundlage getroffen, setzt dies gleich mit unachtsamem Fahren. Unbedachte Entscheidungen können weitreichende Folgen mit sich ziehen. Werden sachkundige Entscheidungen getroffen, die auch schnell umgesetzt werden, jedoch nicht durch eine hyper-bewusste Suche eingeleitet wurden, resultiert daraus eine falsche Richtung. Die Führungskraft läuft somit Gefahr in die falsche Richtung zu steuern, da sie die Gegebenheiten des Umfelds nicht wahrnimmt.

Diagnostik[Bearbeiten]

Die Kompetenzen und Verhaltensweisen des HAVE-Modells werden anhand objektiver Persönlichkeitstests im Agile Leader Assessment von metaBeratung erfasst. Dieses basiert auf den Persönlichkeitsverfahren von Hogan Assessments in Form von Fragebögen. Die eingesetzten Tests sind der Hogan Personality Inventory (HPI), Hogan Development Survey (HDS), und Motives, Values, Preferences Inventory (MVPI). Diese drei Verfahren messen mit insgesamt 474 Fragen, die der/die Teilnehmer/in beantwortet, wie der/die Teilnehmer/in von anderen im Arbeitskontext wahrscheinlich wahrgenommen wird. Dabei werden mögliche Stärken, Schwächen und Normen und Werte des/der Teilnehmer/in beleuchtet. Die Reliabilität des HPI liegt für die interne Konsistenz der Skalen bei Cronbachs Alpha zwischen α=0,78 und α=0,83. Die des HDS liegt zwischen α=0,63 und α=0,77 und die des MVPI zwischen α=0,68 und α=0,83. Die Ergebnisse des Agile Leader Assessments werden auf einer 100-Punkte-Skala dargestellt. Höhere Werte stehen dabei für eine unterstützendere Wirkung der Persönlichkeit dieses Verhalten zu zeigen.

Anwendung[Bearbeiten]

Das Modell findet in dem Persönlichkeitsverfahren Agile Leader Assessment der Firma metaBeratung Anwendung, das dem Teilnehmer einen Überblick über die eigenen Fähigkeiten als agile Führungskraft vermittelt.

Der Bericht „Die agile Führungskraft“ soll Führungskräfte aller Unternehmensebenen dabei unterstützen, Führung im Kontext einer digitalen Geschäftsumgebung zu begreifen. Obgleich es weder gute noch schlechte Ergebnisse gibt, soll dieser Bericht dabei helfen, Stärken und Schwächen auszuloten, die Einfluss auf die Führungsfähigkeit haben. Führungskräfte und Anwärter auf Führungspositionen sollen auf diese Weise dazu gebracht werden, sich auf Kompetenzen und Verhalten zu konzentrieren, mit deren Hilfe sie ihre Erfolgsaussichten in einem unbeständigen Geschäftsumfeld maximieren können.

Entwicklung und zugrunde liegende Studie'[Bearbeiten]

2017 führten die Management und HR-Beratung metaBeratung und die IMD Business School Lausanne eine Studie zu erfolgreichen Führungskräften in disruptiven Märkten durch. Anhand von Online-Fragebögen wurden 1.042 Führungskräfte aus 17 Branchen in 78 Ländern befragt. Ziel dieser Untersuchung war es festzustellen, welche Kompetenzen eine Führungskraft im digitalen Zeitalter erfolgreich machen. Im Anschluss an die quantitative Umfrage wurden 19 teilstrukturierte qualitative Interviews durchgeführt, um die Themen weiter zu vertiefen. Aus den gesammelten Daten wurden die vier Kernkompetenzen und die drei Verhaltensweisen abgeleitet und in die Modellstruktur überführt. Die Ergebnisse wurden daraufhin von Hogan Assessments Systems, Oklahoma, USA, mit Hilfe eines wissenschaftlichen Job Evaluation Verfahrens validiert und in die Hogan Assessments überführt. Fachexperten für die Anforderungen agiler Führung (N = 12), bestätigten die Relevanz und Anwendbarkeit des Modells im Hinblick auf agile Führung. Hogan sammelte Daten der Fachexperten über ein Job Evaluation Tool (JET). Hierbei wurden anhand von Fragebögen persönlichkeits-, motivations- und kompetenzbasierte Anforderungen von an agile Führung aufgedeckt. Die verschiedenen Fragebogen-Antworten ergaben Inter-Rater-Reliabilitäts Koeffizienten von .75 und .93. Hogan integrierte sowohl empirische als auch qualitative Erkenntnisse, um eine Skalenauswahl für jede Kompetenz zu entwickeln. Den vier Kernkompetenzen und den drei Verhaltensweisen gemäß HAVE-Modell unterliegen im Agile Leader Assessments jeweils mindestens vier verschiedene Hogan Skalen.

Literatur[Bearbeiten]

  • Stefanie Puckett, Rainer Neubauer: Agiles Führen – Führungskompetenzen für die agile Transformation. Business Village, 2018, ISBN 978-3-86980-433-0.
  • Neubauer, R., Tarling, A. & Wade,M.(2017).Reddefining Leadership for a Digital Age.
  • metaBeratung GmbH: Agile Führung. [online] verfügbar unter: https://www.metaberatung.com/digitalisierung/agile-fuehrung/
  • Hogan, J., & Hogan, R. (2010). Motives, Values, Preferences Inventory manual. Tulsa, OK: Hogan Press.
  • Hogan, R., & Hogan, J. (2007). Hogan Personality Inventory manual (3rd ed.). Tulsa, OK: Hogan Assessment Systems.
  • Hogan, R., & Hogan, J. (2009). Hogan Development Survey manual (2nd ed.). Tulsa, OK: Hogan Press.
  • Hogan Assessments Systems (2019). Technical Report. Validity of the Hogan Personality Inventory, Hogan Development Survey, and the Motives, Values, Preferences Inventory for Developing Agile Leaders based on the International Institute for Management Development Agile Leader Model


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