Hans Weidel
Hans Karl Weidel (* 19. Juli 1903 in Leobschütz, Oberschlesien; † September 1985 in Verl) war ein deutscher Jurist und nationalsozialistischer Funktionär.
Leben[Bearbeiten]
Bis 1945[Bearbeiten]
Er war der Sohn des Fleischermeisters Paul Weidel und dessen Ehefrau Hedwig Weidel geborene Kotzian aus Leobschütz.[1] Hans Weidel studierte Rechtswissenschaft in München und Breslau. 1931 promovierte er an der Universität Breslau mit der Dissertation Die Einwendungen aus dem Recht zum Besitz nach § 986 B.G.B. zum Doktor der Rechte (Dr. iur.).[2] Ende 1932 trat Weidel in die NSDAP und am 15. Januar 1933 in die SS ein, im Rang eines SS-Oberscharführers im SS-Sturmbann II/45[3]. Dieser Sturmbann unter Leitung von Walter Seifert hat 1934 im eine politischen Säuberungsaktion mit Exekution von zwei jugendlichen SA-Männern auf dem Hof des Gerichtsgefängnisses von Leobschütz durchgeführt.
Weidel gründete in der Stadtmitte von Leobschütz eine Anwaltskanzlei mit Notariat und erwarb einen Anteil an der Brauerei Weberbauer sowie ein stillgelegtes Zementwerk von 25.000 Quadratmetern. Dort richtete er 14 Wohnungen ein und verpachtete die Lagerhallen. In der Zeitung Die Welt wurde vermutet, dass Weidel miterlebte, wie ein jüdischer Anwalt Walther Zweig, der Vater der Schriftstellerin Stefanie Zweig, schikaniert und mit Berufsverbot belegt wurde, worauf er 1938 mit seiner Familie nach Kenia flüchtete. 1933 wurde er Fraktionsführer der NSDAP im Stadtrat von Leobschütz. Im Oktober 1936 heiratete er Lucie geb. Plümpe (1904–1987), gebürtig aus Gütersloh und Leiterin der Mädchenklasse der Landwirtschaftsschule Neustadt/O.S.[4] Insgesamt gehörte er zehn verschiedenen NS-Organisationen an, darunter auch dem NS-Luftschutzbund, dem Bund Deutscher Osten, dem Reichskolonialbund, dem NS-Reichskriegerbund, dem NS-Altherrenbund und dem Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand, in dem er die Fachgruppe Freie Berufe leitete.[5] Eine enge Zusammenarbeit pflegte Weidel in diesen Jahren mit Konrad Büchs, Stadtrat in Leobschütz, als Kreisleiter Weidels unmittelbarer Vorgesetzter in der Partei und ebenfalls SS-Mitglied.
Zwischen 1939 und 1941 betätigte sich Hans Weidel als Kreisgruppenführer im Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund.[6] Nach dem Überfall auf Polen wurde er im September 1939 mobilisiert und an einem Sondereinsatz beteiligt. Ab Februar 1941 wurde er für die Sicherung des Generalgouvernements eingesetzt. Er machte eine Ausbildung zum Heeresrichter und übte dieses Amt ab 1942 aus als Feldkriegsgerichtsrat, später Kriegsgerichtsrat bei der Kommandantur Warschau. 1944 wurde Weidel zum Oberstabsrichter ernannt.
Im Februar 1945, ist seine Frau Lucie Weidel mit ihren beiden Kindern aus Leobschütz vor der anrückenden Sowjetarmee im Zuge der Flucht- und Vertreibung Deutscher aus Mittel- und Osteuropa Leobschütz verlassen und in die zu 25% von Alliierten zerbombten Heimatstadt Gütersloh in Ostwestfalen eingezogen. Am 16. März 1945 wurde Leobschütz eingekesselt und von der sowjetischen Luftwaffe bombardiert. Am 24. März marschierte die Rote Armee in die Stadt ein[7].
Nachkriegszeit[Bearbeiten]
Nach Kriegsende zog Hans Weidel zu seiner Familie nach Ostwestfalen; in die britische Besatzungszone. Im November 1948 wurde gegen ihn, im Rahmen der Entnazifizierung, beim Spruchgericht Bielefeld in der damaligen britischen Besatzungszone ein Verfahren wegen „Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation“ eröffnet, das jedoch aus Mangel an Beweisen nach einem Monat eingestellt wurde, so dass er weiter juristisch tätig sein konnte. Familie Weidel beantragte eine Entschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz, das im August 1952 in Kraft trat.
In Gütersloh gründete Hans Weidel nach dem für ihn vorteilhaften Gerichtsurteil eine Anwaltskanzlei und ein Notariat. Er betätigte sich aktiv im Bund der Vertriebenen und bemühte sich um Rückerstattung seines verlorenen Besitzes in Oberschlesien. Jahrzehnte später, gegen Ende der 1970er Jahre, befassten sich Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen und Hamburg wiederum mit seiner Rolle im Zweiten Weltkrieg. Zudem wurde diesbezüglich in der DDR ein Antrag auf Zusendung von Dokumenten gestellt, doch in beiden Fällen verliefen auch diese Verfahren im Sand. In der damaligen Bundesrepublik wurde kein einziger nationalsozialistischer Vertreter der Militärgerichtsbarkeit wegen der Verhängung willkürlicher Todesurteile jemals vor Gericht gestellt. Am 2. November 2024 veröffentlichten Journalisten der Welt am Sonntag Dokumente des Bundesarchivs und des polnischen Staatsarchivs.[8][9]
Hans Weidel ist der Großvater der Politikerin Alice Weidel (AfD).[5]
Veröffentlichungen (Auswahl)[Bearbeiten]
- Die Einwendungen aus dem Recht zum Besitz nach § 986 B.G.B. (Dissertation). Verlag Ohlau in Schlesien: Breslau, 1931 DNB 361853807
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Geburtsregister Standesamt Leobschütz, Krs. Leobschütz, 1909, Nr. 199.
- ↑ Hans Weidel: Die Einwendungen aus dem Recht zum Besitz nach § 986 B.G.B. Ohlau i. Schl 1931 (dnb.de [abgerufen am 3. November 2024]).
- ↑ Fragebogen zum Verlobungs- und Heiratsgesucht, vgl. Verstrickungen von Alice Weidels Großvater – „Sie verharmlost die NS-Zeit“. In: Die Welt vom 2. November 2024
- ↑ Die Glocke, Ausgabe A vom 20. August 1936, S. 12.
- ↑ 5,0 5,1 Alice Weidel: Großvater war Mitglied bei NSDAP und SS. Augsburger Allgemeine, 2. November 2024
- ↑ Michael Rademacher: Handbuch der NSDAP-Gaue 1928–1945. Die Amtsträger der NSDAP und ihrer Organisationen auf Gau- und Kreisebene in Deutschland und Österreich sowie in den Reichsgauen Danzig-Westpreußen, Sudetenland und Wartheland. Selbstverlag des Verfassers, Vechta 2000, ISBN 3-8311-0216-3, S. 179.
- ↑ Leobschütz / Oberschlesien. Abgerufen am 5. November 2024.
- ↑ Dirk Banse, Uwe Müller: Die unbekannte Geschichte von Alice Weidels Großvater. Die Welt, 2. November 2024
- ↑ Dirk Banse, Uwe Müller, Nette Nöstlinger: The hidden Nazi heritage of Germany’s far-right leader. Politico, 2. November 2024
Personendaten | |
---|---|
NAME | Weidel, Hans |
ALTERNATIVNAMEN | Weidel, Hans Karl (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Jurist |
GEBURTSDATUM | 19. Juli 1903 |
GEBURTSORT | Leobschütz, Oberschlesien |
STERBEDATUM | September 1985 |
STERBEORT | Verl |
Diese artikel "Hans Weidel" ist von Wikipedia The list of its authors can be seen in its historical and/or the page Edithistory:Hans Weidel.