Heber-Konzept
Das Heber Konzept[1] ist ein Konzept für einen Senkrechtstart unterstützt durch luftatmende Triebwerkssysteme von Mathias Herrmann. Es wurde 2020 entworfen und erstmals als deutsches Patent angemeldet. Die Patentschrift lautet DE 10 2021 004 807 A1.
Einschränkungen luftatmender Triebwerkssysteme (Staustrahltriebwerke) für Senkrechtstarts[Bearbeiten]
Grundsätzlich benötigen luftatmende Triebwerke einen anströmenden Luftmassenstrom mit bestimmter Geschwindigkeit und Dichte. Dies erschwert insbesondere den Start von Staustrahltriebwerken (z.B. Ramjets). Bereits 1957 hat die Sowjetunion mit der Burja ein System aus Erststufe mit konventionellen Raketentriebwerken als Starthilfe und Zweitstufe aus Staustrahltriebwerken erfolgreich erprobt. Diese luftatmenden Triebwerke sind für Horizontal-Flüge verwendungsfähig. Weiterentwicklungen werden z.B. für Seezielflugkörper verwendet. Für Orbitalflüge ist auch das Sänger-Konzept aufgrund angestrebter Horizontalflüge von luftatmenden Triebwerken mit entsprechender Starthilfe relevant.
Gegenüber einem Horizontalflug schwanken bei Senkrechtstarts jedoch Anschrömgeschwindigkeit und Dichte in extremer Weise. Um Staustrahltriebwerke für einen Senkrechtstart verwenden zu können sind in jedem Falle entsprechende Weiterentwicklungen nötig. Grundsätzlich gibt es Unterschall-Staustrahltriebwerke ("Lorin-Strahlrohr") für geringere Geschwindigkeiten und "Ramjets" mit entsprechendem Einlauf für höhere Geschwindigkeiten. Bisher war die erforderliche Regelbarkeit von Triebwerken (z.B. Hydrauliken) mit hohem Gewicht und Aufwand verbunden und somit ungeeignet. Fortschritte im Bereich im Bereich praxistauglicher Werkstoffe (z.B. flexible Faser, pneumatische Strukturen) und Verbrennungskonzepten (z.B. zusätzliche Einspritzung von Oxidatoren) erlauben jedoch Weiterentwicklungen.
So hat beispielsweise die NASA im Jahr 2022 mit dem "Hypersonic Inflatable Aerodynamic Decelerators" (HIAD) ein pneumatisches Hitzeschild für anspruchsvolle Wiedereintritte in die Erdatmosphäre erfolgreich getestet.
Heber Konzept[Bearbeiten]
Die Benennung „Hebung“ beschreibt einerseits den Vorgang eines Senkrechtstartes gegenüber einem Horizontalstart (z. B. Sänger). Andererseits leitet sich das Vorhaben zur „Hebung“ bzw. Steigerung des möglichen Nutzlastanteiles ab. Der Nutzlastanteil für einen Transport in den niedrigen Erdorbit ist begrenzt. Bei konventionellen Raketentriebwerkssystemen sind nach Stand der Technik 2022 maximal ca. 4 % der Gesamtstartmasse als Nutzlast in den niedrigen Erdorbit verbringbar. Die Gesamtstartmasse besteht überwiegend aus Treibstoffen, insbesondere dem Oxidator (Sauerstoff). Daher sind luftatmende Triebwerkssysteme für alternative Forschungen relevant (z. B. Ramjets oder Scramjets). Ein ähnliches Konzept für einen Senkrechtstart mittels luftatmender Triebwerkssysteme wurde von der NASA als „RAM BOOSTER Concept“[2] aufgestellt. Diese ist als US-Patent angemeldet (Patentschrift US 8,047,472 B1).
Für Senkrechtstarts bestehen insbesondere durch die stark abnehmende Dichte der Atmosphäre mit größeren Höhen sowie der veränderlichen Geschwindigkeit große Herausforderungen an luftatmende Triebwerkssysteme. Diese Regelung ist zugleich bei relativ kurzer Brenndauer zu leisten.
Das Heber Konzept nutzt insbesondere Einlaufsysteme als „Leitsystem“ ggf. steuerbar mittels „Regelsystem“. Die Einlaufsysteme bzw. „Anströmklappen“ können zur Vermeidung von Umspülungen bzw. Strömungsabrissen teildurchlässig sein. So soll einerseits eine zusätzliche Anströmung eines Luftmassenstromes genutzt werden. Anderseits sollen so die veränderlichen Randbedingungen technisch besser angeglichen werden können. Die Teildurchlässigkeit wird bereits bei Gitterflossen der Falcon9 Raketen von SpaceX realisiert. Gemäß Entwicklungen zur „NEW GLENN“ von BLUE ORIGIN sind jedoch auch geschlossene Anströmklappen technisch relevant. Bei den Entwicklungen zur „NEW GLENN“ sind diese in Strömungsrichtung geschlossen zur Rückholung nach Brennschluss. Vorteilhaft ist ein Betrieb mit seitlichen Hilfstriebwerkssystemen bzw. Hilfsraketen („Boostern“). Dies ermöglicht eine Vergrößerung der Anstromfläche und den variablen Parallelbetrieb zu den konventionellen Raketentriebwerkssystemen der Unterstufe. Bei Hilfsraketen wird darüber hinaus die vorzeitige Abtrennung erleichtert.
Hilfstriebwerkssysteme mit veränderlichen Anströmklappen sind bereits bei Verkehrsflugzeugen Stand der Technik. Hierzu wurden z. B. die Patentschriften US 9,254,925 B2 und US 2010/0044504 A1 angemeldet.
Zur weiteren Unterstützung bei stark veränderlichen Randbedingungen greift das Heber Konzept mit Stand 2022 optional auf folgende separate Technologien zurück:
- Parallelbetrieb mit konventionellen Raketentriebwerkssystemen der Unterstufe
- zusätzliche Einspeisung eines Oxidators wie Sauerstoff (z. B. in Start- und Brennschlussphase)
- Mischbetrieb aus Einspeisung eines Oxidators und anströmendem Luftsauerstoff
- separates „Wandler-Konzept“[3] für adaptive Triebwerksgeometrien und Triebwerksstrukturen mittels textiler Strukturen z. B. aus Faserverbundmaterial z. B. um möglichst ein Unterschallstaustrahl-Triebwerk in ein Ramjet zu „wandeln“; z. B. Zirkongewebe bis ca. 2.200 °C Einsatztemperatur oder Aluminiumoxidfasern bis ca. 1.300 °C [4]
- zusätzliche Regelung der Triebwerkssysteme über Katalysatoren als gesondertes „Treiber-Konzept“[5] des gleichen Anmelders
- Kontaktlose Zündung mittels elektromagnetischer Wellen (z. B. Mikrowellen) und Absorbern (z. B. Katalysatoren) als gesondertes „Zünd- und Verbrennungskonzept“[6] des gleichen Anmelders
- Veränderliche Frachten homogener Katalysatoren in Verbindung mit veränderlichen Dosisleistungen und weiterer Regelung als gesondertes übergeordnetes „Verfahrenskonzept“ des gleichen Anmelders
- mögliche Anpassung der Flugbahn als Schrägstart ähnlich zum Sänger-Konzept
- Trennung der Hilfstriebwerkssysteme „Booster“ z. B. in ca. 30 km Höhe, bzw. bei geringer Atmosphärendichte
Für die weitere Forschung und Entwicklung wird nach Partnern und Investoren gesucht.[7]
Siehe auch[Bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten]
- Diagramm-Rohdaten: Antonella Ingenito (reference book): Subsonic Combustion Ramjet Design. Springer; 2021, ISBN 978-3-030-66880-8.
- Reinhard Müller: Luftstrahltriebwerke – Grundlagen, Charakteristiken Arbeitsverhalten. ISBN 978-3-322-90325-9.
- Ernst Messerschmid u. a.: Raumfahrtsysteme. ISBN 978-3-642-12816-5.
- THE POCKET RAMJET READER; CHEMICAL SYSTEMS DIVISION; 1978
- Patentschrift US 8,047,472 B1 vom 11. März 2008
- Patentschrift US 9,254,925 B2 vom 4. April 2013
- Patentschrift US 2010/0044504 A1 vom 25. Februar 2010
- Patentschrift DE 10 2021 004 807 A1 mit Priorität vom 23. September 2021 und Offenlegung vom 7. April 2022
- Patentschrift DE 10 2022 000 497 A1 vom 11.08.2022
- Patentschrift DE 10 2022 000 797 A1 vom 15.09.2022
- Patentschrift DE 10 2021 004 141 A1 vom 06.10.2022
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ LASTPROJEKT.DE - HEBER-KONZEPT. Abgerufen am 19. Februar 2022.
- ↑ RAM BOOSTER. (PDF) In: NASA.gov. NASA, abgerufen am 19. Februar 2022 (english).
- ↑ LASTPROJEKT.DE - ADAPTIVES TRIEBWERKS- UND STRUKTURKONZEPT. Abgerufen am 19. Februar 2022.
- ↑ Final Advanced Materials GmbH. Abgerufen am 19. Februar 2022.
- ↑ LASTPROJEKT.DE - TREIBER-KONZEPT. Abgerufen am 19. Februar 2022.
- ↑ LASTPROJEKT.DE - ZÜNDKONZEPT. Abgerufen am 19. Februar 2022.
- ↑ LASTPROJEKT.DE - INVESTIEREN. Abgerufen am 19. Februar 2022.
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