Nationalsozialismus in Woltersdorf
Der Nationalsozialismus in Woltersdorf ist schon 1930 nachweisbar.[1] Ab 1933 wurden Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftler von den Nationalsozialisten drangsaliert und verfolgt. Die demokratisch gewählte Gemeindevertretung wurde schrittweise entmachtet. Spuren des Nationalsozialismus gibt es heute noch in der Gemeinde.
Vorgeschichte[Bearbeiten]
NSDAP[Bearbeiten]
Am 8. Mai 1930 wurde im Restaurant Seidler in Woltersdorf-Schönblick die Woltersdorfer Ortsgruppe der NSDAP gegründet. Die Partei zählte sieben Gründungsmitglieder.[2] 1939 erfolgte eine Teilung der Ortsgruppe in die Ortsgruppen Woltersdorf-Dorf-Schönblick und Woltersdorf-Schleuse.[3]
Führung[Bearbeiten]
Bei der Gründung 1930 wurde Hubert Schumacher vorläufig Ortsgruppenleiter, Kurt Lehmann war Kassenwart und Schriftführer.[4] Durch die Teilung der Ortsgruppe ab 1939 entstand eine Doppelstruktur. In der Ortsgruppe Schleuse wurde Franz Körper Ortsgruppenleiter, in der Ortsgruppe Woltersdorf-Schönblick war es anfangs Arthur Lahn und ab September 1939 Hans Hannig.[5]
SA[Bearbeiten]
Die SA in Woltersdorf bestand anfangs aus rund 40 Personen. Sie wurde von Rudolf Schulze geleitet. Bis 1937 wuchs ihre Mitgliederzahl auf 80 bis 90 Mann an.[6]
SS[Bearbeiten]
In den ersten Kriegsjahren waren die beiden ehemaligen Straßenbahner Walter Pöthe und Bruno Niemsch als Dienststellenleiter der SS in Woltersdorf eingesetzt.[7]
Gemeindevertretung bis 1933[Bearbeiten]
Die NSDAP hatte vor 1933 keine Abgeordneten in der Woltersdorfer Gemeindevertretung. Die Gemeindevertretung bestand während der Weimarer Republik aus vier großen Fraktionen. Neben der SPD und der KPD saßen ein Gewerbebund und eine "Unpolitische bürgerliche Liste" im Ortsparlament.
Machtergreifung[Bearbeiten]
Gemeindevertretung ab 1933[Bearbeiten]
Nach der Wahl zur Gemeindevertretung 1933 wurden schrittweise die Abgeordneten der linken Parteien aus dem Parlament gedrängt. Bereits zur Eröffnungssitzung forderte die NSDAP neben einem Gottesdienst, einer Rede des Fraktionsvorsitzenden der NSDAP auch die "Kommunisten auszuschließen".[8] In den nächsten Wochen wurden die Abgeordneten von KPD und SPD an der Ausübung ihres Mandats gehindert. Am 29. Januar 1934 wurde beschlossen, dass die Gemeindevertretung nur noch aus neun Abgeordneten bestehen sollte. Von den 1933 gewählten wurden lediglich zwei NSDAP-Abgeordnete übernommen. Die sieben neuen Gemeindevertreter wurden am 1. August 1934 berufen und nicht mehr gewählt. Sie alle gehörten der NSDAP oder gleichgeschalteten Institutionen an.[9]
Bürgermeister[Bearbeiten]
Der amtierende Bürgermeister Gustav Schünke wurde auch nach 1933 im Amt belassen, da er sich den Nationalsozialisten nicht in den Weg stellte, sondern mit ihnen kooperierte.
Straßen[Bearbeiten]
Zweiter Weltkrieg[Bearbeiten]
Lazarette[Bearbeiten]
Während des Krieges wurde das ehemalige Kurhaus Woltersdorfer Schleuse als Reservelazarett genutzt.[10]
Kriegsende in Woltersdorf[Bearbeiten]
Kurz vor dem Einrücken der Roten Armee in Woltersdorf flohen die Ortsgruppenleiter und der Bürgermeister mit dem letzten Feuerwehrwagen nach Westen. Die SS steckte den Aussichtsturm an, um ihn unbrauchbar zu machen. Da keine Feuerwehrwagen mehr vorhanden waren, konnte der Turm nicht gelöscht werden. Außerdem versuchte die SS die Schleuse zu sprengen, was jedoch durch einen Woltersdorfer verhindert wurde. Am 21. April 1945 rückte die Rote Armee in Woltersdorf ein.
Opfer des Nationalsozialimus[Bearbeiten]
Linke[Bearbeiten]
Am 17. Februar kam es zu mehreren Zusammenstößen zwischen SA und Kommunisten. Sowohl zwei SA-Männer als auch ein Kommunist wurden verhaftet. Am 27. Februar 1933 wurde der "ortsbekannte Kommunist" Franz Gericke und seine Frau Frieda kurz vor den Reichstagswahlen verhaftet und in der ehemaligen KPD-Parteischule in Klein Schönebeck gefoltert.[11]
Kriegsgefangene[Bearbeiten]
Während des Krieges wurden in einigen Woltersdorfer Betrieben Kriegsgefangene beschäftigt. Einer dieser Betriebe war die Konservenfabrik Lach in der Interlakenstraße, wo 30 Kriegsgefangene arbeiteten.[12]
Liste der NSDAP-Mitglieder[Bearbeiten]
Nach der Mitgliederliste im Brandenburgischen Landeshauptarchiv hatte die NSDAP in Woltersdorf rund 550 bis 600 Mitglieder.
Name | Vorname | Eintritt | Rolle im NS | Verbleib nach 1945 |
---|---|---|---|---|
Grothe | Walter | 01.03.1933 | Bürgermeister | geflüchtet |
Körper | Franz | 10.04.1930 | Ortsgruppenleiter | geflüchtet |
Schulze | Rudolf | 11.07.1930 | SA-Leiter | - |
Siebenhaar | Willy | 01.01.1932 | Schöffe | Lagerhaft |
Literatur[Bearbeiten]
- Lothar Löbel, Anny Przyklenk, Siegfried Thielsch: Spurensuch : Schicksale jüdischer Mitbürger in Woltersdorf. Neuenhagen 2011.
- Gerald Ramm: Woltersdorf : Ein Ort im "Dritten Reich" : Chronik der Jahre des Nationalsozialismus. Velten 2016.
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Eine Ortsgruppe der NSDAP wurde am 8. Mai 1930 gegründet.
- ↑ Gerald Ramm: Woltersdorf : Ein Ort im "Dritten Reich". 2016, S. 20.
- ↑ Ramm 2016, S. 24
- ↑ Ramm 2016, S. 21
- ↑ Ramm 2016, S. 24ff.
- ↑ Ramm 2016, S. 29
- ↑ Ramm 2016, S. 30
- ↑ Brief des Fraktionsvorsitzenden der NSDAP Siebenhaar an Bürgermeister Schünke.
- ↑ Ramm 2016, S. 13f.
- ↑ Ramm 2016, S. 90
- ↑ Ramm 2016, S. 38
- ↑ Ramm 2016, S. 278
- ↑ Ramm 2016, S. 332 ff.
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