Prozess um Persönlichkeitsrechte bei Facebook 2017
Bei dem Anfang Februar 2017 eröffneten Prozess um Persönlichkeitsrechte bei Facebook 2017 verklagte ein Syrer den Konzern weil er sich auf der Plattform mit einer Hetzkampagne aus vorsätzlichen Lügen und Verleumdungen konfrontiert sah, aufgrund der er unter anderem mit dem Tode bedroht wurde. Facebook erklärte, es könne die Einträge nicht vollständig löschen und sei redaktionell nicht für eine entsprechende lückenlose Überwachung zuständig.
Der junge Syrer M. kam als Flüchtling 2015 nach Deutschland. In einem Berliner Flüchtlingsheim nahm er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Selfie auf. Das Bild wurde medial weltweit verbreitet und ging vielfach durch die sozialen Medien. Dort wurde es bewusst verfremdet, in andere Zusammenhängen gestellt und für fremdenfeindliche Hasspostings genutzt. Da seine Bemühungen, diese löschen zu lassen scheiterten, verklagte er 2017 Facebook. Der Fall erregte weltweit Aufmerksamkeit.[1][2][3][4][5]
Hintergrund[Bearbeiten]
M. wuchs in Daraja im Gouvernement Rif Dimaschq in Syrien[6] auf und floh 2015 vor dem Syrischen Bürgerkrieg nach Deutschland.[7] Er wohnte in einem Flüchtlingsheim in Berlin-Spandau, welches am 10. September 2015 von Bundeskanzlerin Angela Merkel besucht wurde. Dabei entstand das erwähnte Selfie. Sein eigenes Bild und die von Agenturfotografen festgehalten Szenerie von der freundschaftlichen Begegnung des Flüchtlings mit der Politikerin ging durch viele Medien und wurde weltweit verbreitet. Er wurde u.a. in die ZDF-Talkshow Maybrit Illner eingeladen.[8]
Das Bild wurde von fremdenfeindlichen Personen verfremdet und in hetzerischer Weise für Propaganda gegen Flüchtlinge genutzt. M. wurde u. a. als Krimineller dargestellt, der Obdachlose anzündet. In anderen Postings wurde behauptete, er sei ein gesuchter Terrorist. In Fotomontagen wurde er mit den Attentaten in Brüssel und Berlin in Verbindung gebracht. Auf rund hundert Profilen erschienen die Montagen. Daraufhin wurde Herr M. nachgestellt und ihm wurde seine Ermordung angedroht.[9]
Seine Versuche, die Hasspostings mit seinem Bild auf Facebook löschen zu lassen, scheiterten allesamt. Facebook reagierte nicht.
Klage gegen Facebook[Bearbeiten]
Herr M. verklagte Anfang 2017 Facebook. Sein Anwalt J. U. Chun argumentiert, Facebook entscheide letztendlich anhand der Nutzerdaten, wer welche Informationen in seiner Timeline angezeigt bekommt. Da eine Redaktion nichts anderes machen würde, könne sich das Unternehmen nicht darauf zurückziehen, dass nur Algorithmen über Inhalte entschieden. Insofern sei Facebook auch in der Verantwortung und haftbar.[10]
Facebook deklariert sich nicht in der Lage, alle Postings mit der Hetze gegen M. zu löschen, da jeder Beitrag einzeln gemeldet werden müsste. Die Timeline wird gespeichert, so dass die Beiträge nicht aus dem Netz gelöscht sind.
Das Gericht betrete Neuland, sagte der Vorsitzende Richter bei der Eröffnung des Prozesses.[11]
Kommentare[Bearbeiten]
In der Frankfurter Rundschau schrieb Melanie Reinsch zur Prozessbeginn, dass dieser "wegweisend für Facebook und all seine Nutzer sein könnte. Es könnte die erste gerichtliche Feststellung werden, ob das Geschäftsmodell von Facebook rechtswidrigen Inhalten und Rechtsverletzungen Vorschub leistet. Dabei geht es auch um die Frage, ob und wann Facebook für strafbare fremde Inhalte haftet. Und um den Spagat zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten."[11]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ New Zealand Herald: Syrian migrant falsely linked to terrorism sues Facebook. Abgerufen am 13. Februar 2017.
- ↑ Syrian selfie refugee Anas Modamani sues Facebook. Abgerufen am 13. Februar 2017.
- ↑ Facebook sued by Syrian migrant over 'fake news' after being falsely accused of terrorism on social media. In: The Telegraph. (telegraph.co.uk [abgerufen am 13. Februar 2017]).
- ↑ German court delays ruling in refugee's Facebook lawsuit. (cbs8.com [abgerufen am 13. Februar 2017]).
- ↑ Atika Shubert and Nadine Schmidt: Syrian refugee takes Facebook to court over fake news. 6. Februar 2017, abgerufen am 13. Februar 2017.
- ↑ http://www.rbb-online.de/politik/thema/fluechtlinge/berlin/2017/01/syrischer-fluechtling-verklagt-facebook-selfie-mit-merkel.html
- ↑ Selfie mit Angela Merkel: Wie sich das Leben von Anas Modamani veränderte - WELT. Abgerufen am 13. Februar 2017.
- ↑ Berliner Morgenpost - Berlin: Flüchtling vs. Facebook: Um diese Fragen geht es im Prozess. Abgerufen am 13. Februar 2017 (deutsch).
- ↑ SPIEGEL ONLINE, Hamburg Germany: Merkel-Selfie mit Folgen: Hallo Facebook, dieser Mann ist kein Terrorist - SPIEGEL ONLINE - Netzwelt. Abgerufen am 14. Februar 2017.
- ↑ NDR: Klage gegen Facebook: Entscheidung vertagt. Abgerufen am 13. Februar 2017.
- ↑ 11,0 11,1 Melanie Reinsch: Klage von Anas Modamani: Facebook ist kein Neuland. In: fr-online.de. 7. Februar 2017 (fr-online.de [abgerufen am 13. Februar 2017]).
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