Recht Polens
Das Recht Polens gehört zum kontinentalen Rechtskreis. Die wesentlichsten Einflüsse ergeben sich aus dem deutschen und dem französischen Rechtssystem.
Grundlagen[Bearbeiten]
In der Verfassung der Republik Polen (Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej) von 1997 ist das Prinzip der hierarchischen Struktur des Systems der Rechtsquellen verankert. In Artikel 8 der Verfassung heißt es: „Die Verfassung ist das oberste Recht der Republik Polen“. Durch die Verfassungsbestimmungen der Art. 87, Art. 91, Art. 188 I-III, Art. 234 lässt sich folgende Reihenfolge der Rechtsquellen ableiten:
- die Verfassung der Republik Polen (Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej)
- völkerrechtliche Verträge
- das von einer internationalen Organisation geschaffene Recht
- Gesetze und Rechtsverordnungen mit Gesetzeskraft
- einfache Rechtsverordnungen
- Akte des öffentlichen Rechts
Strukturen[Bearbeiten]
Die Gerichtsbarkeit in Polen teilt sich in eine ordentliche und eine Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Gerichtsbarkeiten verfügen über jeweils vier bzw. drei Instanzen und einen dreistufigen Instanzenzug. Das oberste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist das Oberste Gericht und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit das Oberste Verwaltungsgericht, beide mit Sitz in Warschau. Ebenfalls in Warschau befinden sich der Verfassungsgerichtshof, der in verfassungsrechtlichen Fragen Recht spricht, und der Staatsgerichtshof.
Geschichte[Bearbeiten]
Das erste polnische Gesetz, das man als Verfassung oder Konstitution bezeichnen kann, ist das Statut von Kaschau im Jahr 1374, in dem der polnisch-ungarische König Ludwig von Anjou für die Wahl seiner Tochter Jadwiga der Heiligen zur Königin von Polen dem wahlberechtigten Adel Privilegien zugestand. In den folgenden Jahrhunderten wurden dem Adel immer weitere Zugeständnisse gemacht, um deren Zustimmung zu den jeweiligen Wahlen zu erhalten.
Nach der Ersten Teilung Polens wurde im verbliebenen Königreich am 3. Mai 1791 eine Verfassung verabschiedet, die als die zweite moderne Verfassung der Welt nach der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung gilt. Diese wurde nach der Dritten Teilung Polens 1795 durch die Nachbarmächte wieder aufgehoben. In den aufgeteilten Gebieten herrschte das Recht der Mächte Russland, Preußen oder Österreich.
Nach der französischen Besetzung Kongresspolens erhielt dieses am 22. Juli 1807 eine neue Verfassung und den Code Napoléon. Mit der Einführung dieser beiden Gesetze wurden die Ständegesellschaft aufgehoben, alle Bewohner rechtliche gleichgestellt und eine einheitliche Gerichtsordnung eingeführt. Mit der Niederlage Napoleons wurde diese Rechtsverfassung 1814/15 wieder aufgehoben.
Die Zweite Polnische Republik erhielt 1919 eine provisorische Verfassung und 1921 eine demokratische Verfassung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1947 eine provisorische Verfassung erlassen, die 1952 durch eine umfassende sozialistische Gesetzgebung ersetzt wurde. Nach einigen Veränderungen in den Artikeln im Jahr 1989 wurde 1992 eine kleine Verfassung und 1997 die bis heute geltende Rechtsordnung verabschiedet.
Im April 2017 verabschiedete das Parlament ein neues Gesetz, das dem Präsidenten der Republik weitgehende Einflussmöglichkeiten bei der Einsetzung neuer Mitglieder im Obersten Gericht einräumte. Das Höchstalter wurde von 70 auf 65 Jahre gesenkt und in der Folge 27 Richter in den Ruhestand versetzt und durch neue Mitglieder ersetzt, die von der Regierungspartei PiS ausgewählt wurden. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, dass diese Verordnungen rechtswidrig seien und rückgängig gemacht werden müssten, wurde von der polnischen Regierung nicht anerkannt.[1]
Rechtsgebiete[Bearbeiten]
Öffentliches Recht
- Staatsrecht
- Gesetzgebungsverfahren
Verwaltungsrecht
- Staatsangehörigkeitsrecht
- Steuerrecht
Wirtschaftsrecht
Gesellschaftsrecht
Literatur[Bearbeiten]
- Marc Liebscher und Fryderik Zoll: Einführung in das polnische Recht. 1. Auflage. C.H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52587-3.
Weblinks[Bearbeiten]
- Commons: Recht in Polen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Gesetze in Polen mit Links zu Gesetzestexten, teilweise in englischer Übersetzung
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Polen lehnt Entscheidung des EuGH ab Süddeutsche Zeitung vom 19. Oktober 2018
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