Studentenverbindungen nicht-deutscher Tradition
In vielen Ländern existieren Verbindungen mit nicht-deutscher Tradition. Im Folgenden soll eine kurze Zusammenstellung einiger der existierenden Verbindungsarten erfolgen.
Belgien[Bearbeiten]
Bei Belgien muss man zwischen Studentenverbindungen im flämischen und wallonischen Teil unterscheiden.
Im flämischen Teil gibt es (seit 1874) zahlreiche couleurtragende katholische Studentenverbindungen (Studentenclubs), meistens organisiert in Ortsverbänden des Katholiek Vlaams Hoogstudenten Verbond. Diese Studentenclubs haben – auf Grundlage der Bräuche der katholischen Verbindungen des Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) in Deutschland und Österreich – eigene studentische Traditionen entwickelt. Es werden Farben (Band und Biertonne) getragen und regelmäßige, gemeinsame Veranstaltungen abgehalten. Zusätzlich zu den Clubfarben werden bei offiziellen Anlässen die weinrote Mütze des KVHV und das Band des jeweiligen KVHV-Ortsverbandes[1] getragen.
Der korporationsstudentischen Kneipe entspricht der Cantus und das Zangfeest ist dem Kommers ähnlich. Im Studentencodex, ist neben den beim Cantus gesungenen Liedern (darunter auch zahlreiche deutsche Studentenlieder), auch der dem Comment der deutschsprachigen Verbindungen ähnliche Clubcodex niedergeschrieben. Der Schachtenmeester (Fuchsmajor) unterweist die Schachten (Füchse). Die Burschen heißen Ouderejaars bzw. Oud Studenten. Ist das Studium beendet, wird man mit dem Zwanenzang zum Filister. Man wird Oud-lid oder unterstützt als Ereleden durch finanzielle Zuwendungen seinen ehemaligen Club. Altherrenverbände wie bei den deutschsprachigen Korporationen sind allerdings nur rudimentär vorhanden. Die als Bestuur bezeichneten Chargen tragen als Amtszeichen eine Schärpe in den Clubfarben bzw. als Funktionäre des KVHV in den Farben des jeweiligen Ortsverbandes. Seit 1888 gibt es eine gemeinsame Zeitschrift Ons Leven.
Daneben gibt die Nationalistische Studentenvereniging (NSV!) mit mehreren Ortsverbänden, Die Angehörigen des NSV tragen taubengraue Mützen und die Farben schwarz-weiß-rot.
Es gibt liberale Studentenverbindungen in Brüssel an der VUB.
Im französischsprachigen Teil (Wallonie und französischsprachige Unis in Bruessel) gibt es so genannte Cercle, die meist Studentinnen und Studenten einer Fachrichtung oder Fakultät vereinigen. Daneben gibt es Régionales, landmannschaftliche Vereine, und studentische Orden.
Sie sind von der Tradition nur von weitem mit den deutschen Studentenverbindungen verwandt. Zum Beispiel es gibt einen Fuxenstatus ('bleu') und Burschenstatus ('poil' -männlich- und 'plume' -weiblich-). Außerdem gibt es so etwas wie einen Leibbursch, der dort Pate genannt wird. Das Lebensbundprinzip existiert bei den Cercles nicht.
Fast alle Vereine haben eine Art von Studentenmütze. Man unterscheidet zwei Formen: die calotte ohne Schirm, die vorwiegend von Studenten an katholischen Universitäten getragen wird und die penne der Studenten der freien und staatlichen Unis. Diese haben im Vergleich zu den üblichen Studentenmützen im deutschsprachigen Raum einen überlangen Mützenschirm. In manchen Verbindungen werden zumindest vom Vorstand auch Bänder getragen. Einige pflegen eine art von inoffizielle Kneipe, corona genannt. Ein informelles Studentenfeier wird guindaille genannt.
Frankreich[Bearbeiten]
Es gibt eine spezifisch französische Art von Studentenverbindungen. Dieser Verbindungstyp heißt Corpo und existiert etwa in Paris (Corpo Pharma Paris).
Vereinigtes Königreich[Bearbeiten]
Bekannte studentische Geheimgesellschaften in Großbritannien sind die Cambridge Apostles an der Universität Cambridge und der Bullingdon Club in Oxford.[2]
Italien[Bearbeiten]
In Italien gibt es die goliardischen Orden.
Niederlande[Bearbeiten]
In den Niederlanden ist ein sehr großer Anteil der Studenten in Studentenverbindungen (Studentenvereniging, oft auch Dispuut) organisiert. Das Verbindungswesen ist eher mit dem angelsächsischen als mit dem deutschen vergleichbar. Hohes Ansehen genießen aber die Corps, zum Beispiel LSV Minerva Leiden. Die Corpora (Corps) werden durch die Algemene Senaten Vergadering verbunden.
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Typen, von der straff organisierten Verbindung bis zum lockeren Gesellschaftsverein. Manchmal als Wertegemeinschaft im Nahbereich einer Kirche oder Partei, meistens nicht. Der Übergang zu studentischen Chören, Fach- oder Sportvereinen ist fließend. Es gibt auch zahlreiche Damen- und gemischte Verbindungen. Disputen sind selten in Dachverbänden organisiert. Sie verstehen sich selten als Lebensbund. Dementsprechend tragen die Reunionisten (Alten Herren, Hohen Damen) die Kosten nur zu einem kleinen Teil. Das Initiationsritual (Ontgroening) kann, je nach Verbindung, sehr streng sein. Es besteht selten aus einer Herausforderung, meist aus einer Erniedrigung.
Schweden und Finnland[Bearbeiten]
An den schwedischen Traditionsuniversitäten Uppsala und Lund, aber auch in Linköping und Norrköping findet man sogenannte Nationer.
Vergleiche dazu die
Studentnationen sind nach den schwedischen Landschaften benannt und führen an diese angelehnte Wappen. Ihre Gründungsgeschichte ist ähnlich wie unter Geschichte der Studentenverbindungen beschrieben und geht auf das 17. Jahrhundert zurück. An den genannten Universitäten spielen die Nationen auch heute noch eine wichtige Rolle – vor allem wird über sie der Studienbeitrag abgeführt. Aber auch soziale und gesellschaftliche Aufgaben werden von den Nationen wahrgenommen. Viele Nationen verfügen über Häuser für Veranstaltungen und Freizeitaktivitäten, in denen oft auch Cafés, Bars und Bibliotheken untergebracht sind, sowie über zahlreiche Studentenheime. Im "Seniorskollegiet" bleiben die Mitglieder auch nach dem Studium ihrer Nation als fördernde Mitglieder verbunden.
Couleur wird nur zu Festanlässen getragen, wie etwas bei den zahlreichen Gasque – einer Art Festbankett vergleichbar dem Kommers. Üblicherweise trägt jedoch nur das Präsidium Couleur in Form des Couleurbandes und den Amtsinsignien. Zur Couleur gehört auch die weiße schwedische Studentenmütze, welche jedoch keinen Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nation gibt. Deren Unterschiede im Aussehen ergeben sich aufgrund der Studienrichtung. Die Trikolore Bänder werden getragen von Rechtshändern über der rechten Schulter und von Linkshändern entsprechend über der linken Schulter getragen, da es das Degengehänge symbolisieren soll.
Es gibt einen historischen Austausch zwischen den schwedischen und deutschen Studentenverbindungen. So finden sich in den Gesangbüchern schwedischer Verbindungen das traditionelle Lied der deutschen Verbindungen O alte Burschenherrlichkeit. Weiterhin finden jährliche Austausche mit deutschen Verbindungen statt. Seit über 50 Jahren besteht beispielsweise ein Austausch zwischen einer der größten Verbindung in Uppsala, Södermanlands Nerikes-Nation und der Burschenschaft Arminia Marburg.
In Finnland heißen die Studentnationen auch Osakunta. Manche von ihnen unterhalten Kontakt zu den estnischen Korporationen.
Slowenien[Bearbeiten]
In Slowenien gibt es katholische Verbindungen, darunter die Akademische katholische Vereinigung Amos mit Sektionen in Maribor und Ljubljana. Sie folgt dem Comment nur rudimentär, ist indes Mitglied im EKV.
Spanien, Portugal und Lateinamerika[Bearbeiten]
In Spanien, Portugal und mehreren lateinamerikanischen Staaten gibt es mit den Tunas musische Studentenverbindungen.
Die selbstverwalteten Repúblicas in Portugal gehen auf das frühe 13. Jahrhundert zurück, nach Gründung der Universität Coimbra. Seither genießen diese Wohngemeinschaften den Schutz gesetzlicher Regelungen. Sie sind bis heute eine alternative Form studentischer Verbindungen und konnten sich als gesellschaftlicher Freiraum auch im autoritären Estado Novo-Regime halten.
Vereinigte Staaten und Kanada[Bearbeiten]
Die fraternity (englisch für Bruderschaft, Plural fraternities) ist die angloamerikanische Form der Studentenverbindung, während sich Studentinnen in einer sorority (engl. für Schwesternschaft, Plural sororities) organisieren können. Gemischte Verbindungen sind sehr selten. Eine einzelne Verbindung unterhält meist Vertretungen, sogenannte chapters an mehreren, teilweise sogar sehr vielen Hochschulorten. Die Namen der Verbindungen setzen sich gewöhnlich aus zwei griechischen Buchstaben zusammen, zudem hat jedes chapter einen aus meist drei griechischen Buchstaben zusammengesetzten Namen. Diese Form des Verbindungswesens wird daher auch als Greek system bezeichnet. Die Mitgliedsbeiträge werden im Unterschied zu europäischen Verbindungen von den studierenden Mitgliedern erbracht. Viele Verbindungen unterhalten Wohnhäuser für ihre Mitglieder, die sich anders als in Deutschland meist direkt auf dem Campus befinden.
Mitgliedschaften in fraternities oder sororities sind in den USA verbreiteter als in Deutschland. Sie gelten in der Regel nicht als "konservativ", haben stattdessen jedoch den Ruf, viele und zum Teil exzessive Partys zu veranstalten. "Greek life" als üblicher Ausdruck für die Aktivitäten dieser Verbindungen beinhaltet damit ebenfalls die häufige Veranstaltung von (je nach Perspektive: exzessiven) Partys. Es ist wahrscheinlich, dass die amerikanischen fraternities und sororities mit den Studentenorden im 18. Jahrhundert gemeinsame Wurzeln mit den europäischen Studentenverbindungen haben, sie haben jedoch eine andere Entwicklung genommen. Eine nationale Ausrichtung ist die Norm, diese ist aber – wie auch sonst der amerikanische Nationalismus – fast immer stark freiheitlich und prodemokratisch gefärbt. Die meisten amerikanischen Verbindungen sehen sich nicht als elitär, auch wenn einige es de facto sind.
Neben dem Greek life bestehen insbesondere an den „Ivy League“-Universitäten der amerikanischen Ostküste elitäre studentische Geheimgesellschaften wie die Seven Society an der University of Virginia, der Flat Hat Club am College of William & Mary, die Philomathean Society an der University of Pennsylvania, die Final Clubs in Harvard wie Porcellian oder Delphic, die Society of Saint Anthony mit ihrem Gründungschapter an der Columbia University, Quill and Dagger an der Cornell University oder die legendären Bonesmen von Skull & Bones in Yale.[3]
Siehe auch[Bearbeiten]
Studentenverbindungen in nicht-deutschsprachigen Ländern
Weblinks[Bearbeiten]
- Studentenverbindungen in aller Welt
- Virtuelles polnisches Korporationsarchiv
- Spiegel-online (Unispiegel) über geheime Verbindungen an angelsächsischen Universitäten
- Wappenkunde – Deutsche Verbindungen im Ausland (Stand: 1931)
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ KVHV-Ortsverband
- ↑ Benedikt Mandl, DER SPIEGEL: Geheimbünde in Cambridge: Das illustre Dutzend. Abgerufen am 17. Februar 2021.
- ↑ Wordpress-Artikel (Memento vom 15. August 2010 im Internet Archive)
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