Tan Tien Tschüan
Tan Tien Tschüan ist eine Kampfkunst und zählt zu den inneren Stilen.[1] Unter „innen“ versteht man im TTT die technische, taktische und strategische Konzentration auf das Erlernen von Selbstkontrolle und Selbstbeherrschung mit allen dafür geeigneten Methoden.
TTT wurde von Helmut Barthel (Stelle-Wittenwurth in Heide Holstein) in den 1970er Jahren entwickelt und 1980 in einen eigenständigen Verein TAN TIEN TSCHÜAN VERBAND DEUTSCHLAND e.V. überführt.
Dieser Kampfkunststil wurde – obwohl in Deutschland entwickelt – bewusst mit einem chinesischen Namen versehen, denn das TTT bedient sich weitgehend der Didaktik und der Bewegungsformen chinesischer Boxstile, vornehmlich, wenn auch modifiziert, solcher, die in unserem Kulturkreis schon relativ früh bekannt wurden (z. B. Yang-Stil des Tai-Chi-Chuan).
Der Name setzt sich aus den Schriftzeichen (Tan), (Tien) und (Tschüan) zusammen, wobei jedem Aktiven geläufig ist, dass der „Tan Tien“ in aller Regel als das Feld ca. 3 Finger breit unterhalb des Bauchnabels im Körper des Menschen lokalisiert wird. Es heißt auch „das zinnoberrote Feld“ und bedeutet so viel wie „lebendiger Mittelpunkt“. Den "Tan Tien" als diesen vitalen Mittelpunkt zu interpretieren, ist eine von vielen Möglichkeiten, diese Zeichen und ihre Aussagekraft zu benutzen. Ebenso gut kann die Verbindung zwischen "tief", "rot" und "Feld" auch "Herz" oder einfach "innen" bedeuten. Im Falle des Tan Tien Tschüan lautet die Übersetzung auch schlicht "inneres Boxen" (Boxen wie in vielen anderen chinesischen Kampfkünsten hergeleitet von der gekrümmten Hand bzw. Faust).
Die Lern- und Lehrformen und der damit verbundene Anspruch wirksame Ergebnisse zu erzielen, wurzeln in den klassischen Grundideen und weit verzweigten Traditionen des Tai-Chi-Chuan. Ferner werden im TTT moderne und aktuelle sportwissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt (z. B. Theorien zum Körperbau, Funktionen der Muskeln, Statik und Gewichtskonzepte). Die traditionell aus China stammenden und auf Jahrhunderte zurückgehenden Theoriemodelle werden im TTT gezielt hinterfragt und auf wissenschaftlich erklärbare Erkenntnisse zurückgeführt, so dass diese auch für Europäer unserer Zeit verständlich erklärbar, erlernbar und anwendbar werden.
Ein Kernsatz des TTT stammt aus einer klassischen Abhandlung über Tai-Chi-Chuan von Wang Chuang Yueh. Das folgende Zitat verdeutlicht die grundlegende Frage, die sich ein Schüler des Tan Tien Tschüan während seiner Ausbildung stellt: „Im Boxen gibt es unzählige Schulen. Wie verschieden sie auch sein mögen, alle verlassen sich darauf, daß der Starke das Schwache und das Schnelle das Langsame besiegt. Das aber sind Fähigkeiten, die von natürlicher körperlicher Begabung und Stärke abhängen und nicht gelernt und verfeinert zu werden brauchen. Das Sprichwort: ‚Eine Kraft von tausend Pfund mit einer auslösenden Kraft von vier Unzen besiegen‘, zeigt, daß das mit reiner Körperkraft nicht getan werden kann. Und wenn ein alter Mann viele Angreifer bewegt - kann er sich dabei vielleicht auf seine Schnelligkeit verlassen?“[2]
Ausgangspunkt des Tan Tien Tschüan ist demnach die Problematik des konstitutionell und konditionell benachteiligten Menschen, der aus Alters-, Geschlechts- oder Gesundheitsgründen in einer körperlichen Auseinandersetzung selbst bei größter Anstrengung und unter Einsatz jener Kräfte (Körpergewicht und Körperstatik), die ein geübter Kampfsportler ebenso wie ein geübter Straßenkämpfer leicht ins Feld führen kann, nichts anderes als überlegenes Wissen und Technik entgegenzusetzen hat.
„Wissen“ wird im TTT nicht als das Repertoire auswendig gelernter Inhalte verstanden, sondern bezieht sich auf die unmittelbare und jederzeit vorzeigbare körperliche Anwendung. TTT verkörpert keinen sportlichen, athletischen oder gar artistischen Weg eines Kampfkunststiles, sondern bedient sich vielmehr Techniken und Methoden, die Faktoren wie Kondition und Konstitution von vornherein zur Nebensache werden lassen. Das ist das ausgesprochene Ziel des Tan Tien Tschüan.
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Helmut Barthel: Tan Tien Tschüan - Inneres Boxen. In: Tan Tien Tschüan - Inneres Boxen. Tan Tien Tschüan Verband Deutschland e.V., 2006, abgerufen am 23. März 2023.
- ↑ Lee N. Scheele: DIE ABHANDLUNG ÜBER T'AI CHI CH'UAN Wang Tsung-yueh [Wang Zongyue] (18. Jahrhundert). Hrsg.: Wang Tsung-yueh.
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