Cornelius Schott
Cornelius Schott (* 1961) ist ein deutscher Biologe und Anthropologe. Er ist als Gutachter in Strafsachen in der Öffentlichkeit deutschlandweit bekannt geworden.
Leben[Bearbeiten]
Nach dem Studium der Biologie mit Schwerpunkt Anthropologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main promovierte er 1992 über das Thema „Anthropologische Vergleichsgutachten“. Seit 1988 ist er hauptberuflich als Sachverständiger für anthropologische Vergleichsgutachten tätig. Er betreibt dazu ein Gutachterbüro in der hessischen Kleinstadt Langenselbold. Wegen einiger zweifelhafter Gutachten wurde Cornelius Schott 2001 vom Magazin Focus als „Fachmann für Fehlurteile“ bezeichnet.[1]
Fall Donald Stellwag[Bearbeiten]
Donald Stellwag wurde auf Grundlage eines von Cornelius Schott erstellten Gutachtens wegen eines Bankraubes im Dezember 1991 zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt, die er vollständig verbüßte. Erst durch das Geständnis des wahren Täters, das dieser nach der Festname wegen eines weiteren Bankraubes ablegte, wurde Stellwag rehabilitiert.[2] Cornelius Schott wurde 2007 vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main wegen dieses grob fahrlässig falschen Gutachtens zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 150.000 € an Donald Stellwag verurteilt[3][4].
Fall Monika Reimann[Bearbeiten]
Das Bayerische Fernsehen berichtete in der Erstausstrahlung seines Politmagazins Kontrovers am 10. Oktober 2007, unter der Überschrift „Gutachter im Zwielicht“, von den umstrittenen Gutachten Schotts.[4] Dabei kam neben Donald Stellwag auch eine weitere Geschädigte, die ehemalige Krankenschwester Monika Reimann, zu Wort. 1994 soll Reimann während ihres Nachtdienstes in einem Dortmunder Krankenhaus einem Patienten dessen Scheckkarte samt PIN gestohlen und damit bei mehreren Banken insgesamt 14.400 DM aus Geldautomaten abgehoben haben. Schott wollte die Frau auf dem Foto einer Überwachungskamera erkannt haben. In seinem Gutachten kam er zu dem Schluss, dass Reimann „mit sehr großer Wahrscheinlichkeit“ die Täterin sei. Das Amtsgericht Dortmund verurteilte sie deshalb 1996 zu einem Jahr Haft, ausgesetzt auf 3 Jahre auf Bewährung. Die Krankenschwester beteuerte weiter ihre Unschuld und beauftragte andere Gutachter zur Klärung der Identität der Person in dem Mitschnitt der Überwachungskamera. Diese kamen zu dem Ergebnis, dass Reimann praktisch erwiesenermaßen nicht mit der Täterin identisch ist. An Schotts Bildurteil seien „schwerwiegende Zweifel angebracht“. Im August 2000 stellte die Staatsanwaltschaft Dortmund daraufhin das Verfahren gegen Reimann ein, nach sechs Jahre andauernden Ermittlungen.[1]
Fall Rudolf Pooch[Bearbeiten]
Dem Hotelier Rudolf Pooch aus Warburg wurde vorgeworfen, mit einer gestohlenen EC-Karte 4.800 DM aus Geldautomaten der Warburger Volksbank abgehoben zu haben. Pooch beteuerte immer wieder seine Unschuld, wurde aber infolge eines Gutachtens von Cornelius Schott vom Landgericht Paderbornzu einer Geldstrafe verurteilt. Der von Pooch nach seiner Verurteilung beauftragte Gutachter Jochen Wilske, Leiter des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes, kam zu dem Ergebnis, dass sich der Täter auf dem Überwachungsfoto des Geldautomaten in insgesamt acht morphologischen Merkmalen von Rudolf Pooch unterscheidet. Diese Unterschiede erlauben laut Wilske die Feststellung auf Nichtidentität. Wilskes vernichtendes Urteil über Cornelius Schott lautete: „Ihm fehlen wissenschaftliches Fundament und Sorgfalt“[1] und „Kein seriöses Vorgehen“.[4]
Dortmunder Bankräuberfall[Bearbeiten]
Das Landgericht Dortmund verurteilte 2001 einen voll geständigen 33-Jährigen zu zwölf Jahren Haft, wegen insgesamt 15 bewaffneten Banküberfällen mit 800.000 DM Beute. Beim siebten Überfall war der Verurteilte von einer Überwachungskamera gefilmt und infolge der Ermittlungen tatverdächtig. Schott fertigte ein Gutachten an und kam zu dem Ergebnis, dass der Täter „unschuldig“ sei[1]
Monopolstellung als Gutachter der Bayerischen Polizei[Bearbeiten]
Laut der Antwort des Bayerischen Innenministers Joachim Herrmann vom 5. Dezember 2014, auf eine schriftliche Anfrage der Landtagsabgeordneten Katharina Schulze, wurde Cornelius Schott von der Bayerischen Polizei in den Jahren 2010 bis 2013 in insgesamt 91 % aller Fälle beauftragt. Schott genießt damit seitens der Bayerischen Polizei ein Quasimonopol. In dieser Zeit gingen pro Jahr zwischen 250 und 333 Gutachteraufträge der Bayerischen Polizei an Cornelius Schott.[4][5]
Rheinland-Pfalz[Bearbeiten]
Die zentrale Bußgeldstelle für Rheinland-Pfalz in Speyer gab im Kalenderjahr 2017 bei Cornelius Schott rund 350 Gutachten in Auftrag, um anhand von Fotovergleichen die Fahrer bei Verkehrsordnungswidrigkeits-Verfahren zu identifizieren.[6] Dabei war in einem Fall ein Fahrzeug mit zu hoher Geschwindigkeit auf der A6 bei Landstuhl gemessen worden. Das Amtsgericht Landstuhl verurteilte den Fahrzeughalter zu einer Geldbuße von 160 Euro und einem Monat Fahrverbot, auf Grundlage eines von Schott mündlich in der Hauptverhandlung erstellten Vergleichsgutachtens. Als Vergleichsfoto diente dabei das grob verpixelte Foto der Geschwindigkeitsmessung. Das OLG Zweibrücken hob das Urteil des Amtsgerichts am 22. Januar 2018 auf und kritisierte das Gutachten.[6][7]
Weitere Irrtumsfälle[Bearbeiten]
In der Sendung Kontrovers vom 18. März 2015 berichtete der BR, dass Cornelius Schott sich in zwei weiteren Fällen in München in seinen Gutachten geirrt hatte, in denen es jeweils um die Identifizierung eines Fahrers bei Rotlichtverstoß ging.[8]
Weblinks[Bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Fachmann für Fehlurteile; in: Focus vom 6. August 2001
- ↑ Der war's! Oder?; in: Der Spiegel 23/2001 vom 2. Juni 2001
- ↑ Urteil des OLG Frankfurt vom 2. Oktober 2007, Az. 19 U 8/07
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 Polizei setzt umstrittenen Gutachter weiter ein; in: Merkur-Online vom 9. März 2015
- ↑ Antwort auf die Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze vom 2. Oktober 2014 betreffend Gerichtsgutachter Cornelius Schott
- ↑ 6,0 6,1 Rheinland-Pfalz: Umstrittener Gutachter in Bußgeldstelle; in: Die Rheinpfalz vom 6. Juni 2018
- ↑ Volltext der Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 22. Januar 2018, Az. 1 OWi 2 Ss Bs 92/17; in: Burhoff Online
- ↑ Stream der Kontrovers-Sendung im Bayerischen Fernsehen vom 18. März 2015 (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive); in: Mediathek des Bayerischen Rundfunks
Personendaten | |
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NAME | Schott, Cornelius |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Biologe |
GEBURTSDATUM | 1961 |
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