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Deutsche Heimatvertriebene nach dem Zweiten Weltkrieg

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Schätzungen des US-amerikanischen State Department über die Zahl der Umzusiedelnden von Anfang 1945 gehen für den Gebietsstand vom 31. Dezember 1937 von 9.677.562 Deutschen aus.

Als Heimatvertriebene werden Deutsche bezeichnet, die in Folge der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs aus ihrer angestammten Heimat vertrieben wurden. In mehreren Bundesgesetzen wurden genauere Definitionen getroffen. Die Heimatvertriebenen mussten ihr gesamtes immobiles Vermögen entschädigungslos zurücklassen und konnten zumeist nur einige lebensnotwendige Habseligkeiten retten. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der mengenbezogenen Einwanderung der Deutschen aus Ost- und Südosteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg (1945–1953) nach West- und Ostdeutschland. Gründe und Ursachen des Exodus werden im Artikel Flucht und Vertreibung Deutscher aus Mittel- und Osteuropa 1945–1950 beschrieben.

Definition der deutschen Heimatvertriebenen[Bearbeiten]

Als Heimatvertriebene werden gemäß Bundesvertriebenengesetz jene Personen nach Artikel 116 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bezeichnet, die am 1. September 1939 in den bis 1990 unter polnischer bzw. sowjetischer Verwaltung stehenden Reichsgebieten (Gebietsstand 31. Dezember 1937) oder im Ausland gelebt haben, letztere nur mit deutscher Muttersprache. Der Begriff des Heimatvertriebenen umfasst daher sowohl die Gruppe der

  • Flüchtlinge, also Deutsche, die vor der anrückenden Front geflohen sind, oder weil sie den erwarteten Repressalien ausweichen wollten, als auch die Gruppe der
  • Vertriebenen, also die Gruppe der Deutschen, die aufgrund der Beneš-Dekrete, Bierut-Dekrete oder sonstiger Dekrete, aus ihrer angestammten Heimat ausgewiesen worden sind. Mitunter werden in den Statistiken diese beiden Gruppen getrennt, was problematisch ist, weil die zu zählenden Personen zu beiden Gruppen gehören können. So ist eine nicht bezifferbare Zahl von Personen, die anfänglich geflohen, um dann unmittelbar nach den Kriegsereignissen zurückzukehren, letztlich vertrieben worden. Manche politisch motivierte Statistik trennen beide Gruppen voneinander, weil die Gruppe der Flüchtlinge eine unmittelbare Kriegsfolge darstellt und daher nicht dem Eigentümer oder Besitzer des Gebietes zur Last gelegt werden kann. Im Allgemeinen geht man davon aus, das sich nach dem Abschluss der Potsdamer Konferenz noch ca. 5 Millionen Deutsche in den deutschen Vertreibungsgebieten (Gebietsstand 31. Dezember 1937) befunden haben, so dass man grob gesehen von 4,6 Millionen Flüchtlingen und 5 Millionen Vertriebenen ausgehen muss. Dabei muss ebenfalls berücksichtigt werden, dass es bereits vor der Potsdamer Konferenz zu sogenannten wilden Vertreibungen gekommen war. Das betraf Deutsche, die von Milizen, Ordnungskräften, Polizeieinheiten oder von Soldaten im Auftrag der örtlichen Militärverwaltungen ausgewiesen worden waren.

Erfassung der Daten[Bearbeiten]

Die erste Volkszählung wurde am 29. Oktober 1946 unternommen, um einen Überblick über die Bevölkerungsverschiebung zu erhalten. Bei der zweiten Volkszählung am 13. September 1950 wurde die Zahl der Inhaber eines Flüchtlingsausweises ermittelt. Ebenfalls wurde die Migration der Vertriebenen durch die Meldeämter erfasst.

Todesopferzahlen[Bearbeiten]

Hans Lukaschek bezifferte die Zahl der Opfer, die Flucht und Vertreibung nicht überlebt haben, auf etwa 2,5 Millionen.[1] Das Statistische Bundesamt bezifferte die Todesopfer aufgrund von Flucht und Vertreibung nach der negativen Bevölkerungsbilanz auf 2,2 Millionen.[2] Theodor Schieder bezifferte die Anzahl der Toten in seinem von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten auf 2.340.600.[3] Der Kirchliche Suchdienst und das Deutsche Rote Kreuz versuchte, diejenigen aufzuspüren und zu identifizieren, die als vermisst bzw. die als tot gemeldet wurden. Bis 1964 konnte der Kirchliche Suchdienst 367.392 zivile Todesfälle aus dem Gebiet des heutigen Polen bestätigen:

  • 44.603 gewaltsame Todesfälle
  • 10.330 Selbstmorde
  • 32.947 Zwangsarbeitstote
  • 27.847 in den Durchgangslagern, die zuvor vertrieben wurden
  • 86.860 während der Flucht nach Westen
  • 57.814 nach den Vertreibungen
  • 106.991 unbestimmte Ursachen

Es gab weitere 1.404.993 unbestätigte Fälle von Personen, die als tot und vermisst gemeldet wurden.[4] Das Deutsche Rote Kreuz beziffert die Zahl der Todesopfer laut ihrer Veröffentlichung von 1965 bei den Vertreibungen auf 2.251.500 Personen.[5] Rüdiger Overmans stellt in seiner Studie von 1999 fest, dass es 500.000 bestätigte Todesfälle gibt, den demografischen Gesamtverlust veranschlagt er auf 2.000.000 Opfer.[6] Deutsche Aufzeichnungen, die 1987 veröffentlicht wurden, haben den deutschen Historiker Ingo Haar dazu veranlasst, die tatsächliche Gesamtzahl auf der Grundlage der Auflistung der bestätigten Todesfälle auf etwa 500.000 zu schätzen. Den Rest sieht er als politisch motivierte Übertreibung des Kalten Krieges an. Das Deutsche Historische Museum schätzt die Zahl auf 600.000 Opfer; demnach sei die offizielle Zahl von zwei Millionen wissenschaftlich nicht mehr haltbar.[7] Das Rote Kreuz bestätigte 2005 erneut die Zahlen von 1965, die bereits 1995 bestätigt worden waren.[8] Erika Steinbach vom Bund der Vertriebenen widersprach diesen Zahlen und nannte sie in einer Pressemitteilung vom 17. November 2006 „haarsträubend“ und eine „Zahlenklitterung“.[9] Auch Christoph Bergner, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, dementierte die Zahlen von Haar in einem Interview vom 29. November 2006 und bestätigte die Darstellung des Bundes der Vertriebenen. Er nannte als Opferzahlen zwischen 2 und 2,5 Millionen.[10]

Literatur[Bearbeiten]

  • Gerhard Fürst: Statistisches Taschenbuch über die Heimatvertriebenen in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin. Hrsg.: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 1953.
  • Gerhard Fürst: Die deutschen Vertreibungsverluste. Interessenbilanzen für die deutschen Vertreibungsgebiete 1939/1950. Hrsg.: Statistisches Bundesamt, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1958.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Hans Lukaschek im Vorwort des Statistischen Taschenbuches über die Heimatvertriebenen in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin, Hrsg. Statistisches Bundesamt Wiesbaden 1953
  2. Vgl. dazu Die deutschen Vertreibungsverluste. Bevölkerungsbilanzen für die deutschen Vertreibungsgebiete 1939/50. Hrsg. vom Statistischen Bundesamt, Kohlhammer, Stuttgart 1958
  3. Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Hrsg.): Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, 1954–1963.
  4. Dr. Rüdiger Overmans: Personelle Rechte der deutschen Bevölkerung durch Flucht und Vertreibung. (Eine parallele polnische zusammenfassende Übersetzung war ebenfalls enthalten. Dieses Papier war eine Präsentation auf einer akademischen Konferenz in Warschau, Polen, 1994), Dzieje Najnowsze Rocznik XXI-1994
  5. Gesamterhebung zur Klärung des Schicksals der deutschen Bevölkerung in den Vertreibungsgebieten, Bd. 1–3 (eine am 25. März 1955 vom Deutschen Bundestag beschlossene und Ende 1965 von der Zentralstelle des Kirchlichen Suchdienstes in München herausgegebene Studie); vgl. dazu Nadine Eckert: Die Geschichte des Kirchlichen Suchdienstes und ihr Abbild im Bundesarchiv, Bundesarchiv, 22. November 2017.
  6. Deutsche militärische Verluste im Zweiten Weltkrieg (= Beiträge zur Militärgeschichte, Bd. 46). Oldenbourg, München 1999, ISBN 3-486-56332-7 (zugl. Diss., Universität Freiburg im Breisgau, 1996). Studienausgabe, 2000, ISBN 3-486-56531-1; 3. Auflage 2004, ISBN 3-486-20028-3.
  7. Deutsches Museum
  8. Willi Kammerer; Anja Kammerer-Narben bleiben die Arbeit der Suchdienste – 60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg Berlin, Dienststelle 2005.
  9. Pressemitteilung vom 17. November 2006.
  10. Keine Opferarithmetik


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