Eberhard Cold
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Eberhard Cold (* 29. September 1921 in Pinneberg; † 24. Dezember 1988 in Nidda) war ein deutscher Religionswissenschaftler und Historiker nordschleswigscher Abstammung, der als Gymnasiallehrer, Wissenschaftler, Schriftsteller und Büchermacher künstlerisch tätig war.
Biografie[Bearbeiten]
Eberhard Cold wurde als der ältere von zwei Söhnen des späteren Landesbaurats der Provinz Schleswig-Holstein für Straßen- und Brückenbau, Otto Cold, geboren.
Schulzeit[Bearbeiten]
Cold besuchte ab 1928 die Grundschule Pinneberg, ab 1932 das Humanistische Gymnasium Christianeum in Altona, ab 1935 das Matthias-Claudius-Gymnasium in Wandsbek und ab 1938 die Kieler Gelehrtenschule, wo er 1942 das Kriegs-Abitur erlangte.
Hitlerjugend[Bearbeiten]
Cold wurde 1932 Mitglied der bündischen „Nordmark-Jugend“ unter Hubert Koch-Etz,[1] die 1933 in die Hitler-Jugend überführt wurde. Dort wurde er 1934 zunächst Pimpfenführer im Deutschen Jungvolk, 1937 Gefolgschaftsführer in der HJ in Kiel. 1940 trat er aus der Hitler-Jugend aus, weil für ihn „nach Schirach das organisierte Proletentum unerträglich geworden war“.[2] Als Jugendlicher unternahm Cold zwischen 1933 und 1940 verschiedene Fahrradtouren durcht Ostpreußen, das Baltikum und Teschen.[3]
Studium[Bearbeiten]
1938 lernte Cold durch einen Schmiedegesellen der Howaldtswerke, mit dem zusammen er eine Zeitlang die Kieler Fliegergefolgschaft geführt hatte, die Reclam-Übersetzung des Tao Te King kennen. Nach Kriegsdienst und schwerer Verwundung nahm er 1943 das Studium der Geschichte (u. a. bei Karl Brandi), Germanistik, Philosophie und der Vergleichenden Religionswissenschaften in Göttingen auf. Er studierte ab 1945 in Schleswig (Auslagerung Uni Kiel), ab 1946 in Kiel und Bonn (bei Gustav Mensching) sowie ab 1947 in Marburg (u. a. bei Friedrich Heiler, Edmund Ernst Stengel, Max zu Solms). In Marburg wurde er mit einer Arbeit über die Bedeutung von Götterkampf-Mythen zum Dr. phil. promoviert. 1949 erhielt er ein Forschungsstipendium der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft. 1951 begann er ein erneutes Studium an der Universität Kiel und belegte nun die Fächer Evangelische Theologie, Germanistik, Vorgeschichte und Indologie. 1954 legte er sein Erstes Staatsexamen für das Lehramt an höheren Schulen ab.
Berufstätigkeit[Bearbeiten]
1947 arbeitete Cold zunächst als Schriftsetzer-Volontär in einer Druckerei in Holzminden. Ab 1949 hielt er religionswissenschaftliche und literarische Vorlesungen an der dortigen Volkshochschule. Von 1952 bis 1954 beteiligte er sich an Ausgrabungen steinzeitlicher Siedlungen im Auftrag des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseums für Ur- und Frühgeschichte unter der Leitung von Hermann Schwabedissen.
1953 wurde er Hilfslehrer an der Volks-Oberschule in Preetz und 1954 zunächst Studienreferendar an der Kieler Gelehrtenschule, ab Herbst am Staatlichen Gymnasium Wyk auf Föhr. Seine Assessor-Arbeit „Über den Unterricht der Allgemeinen Religionsgeschichte in den Oberklassen der höheren Schulen“ wurde abgelehnt.[4] Angesichts des nun drohenden Scheiterns im Zweiten Staatsexamen wurde Cold an das Katharineum zu Lübeck versetzt und schrieb dort seine zweite Assessor-Arbeit über die Mystik des Ackermann aus Böhmen – mit buddhistischen Parallelen. Er bestand sein Zweites Staatsexamen in Lübeck und wurde als Studienassessor zunächst an die Kieler Gelehrtenschule versetzt.
Von 1958 bis 1962 unterrichtete er der Reihe nach an der Frauen-Fachschule Kiel, am Alten Gymnasium Flensburg und an der Holstenschule Neumünster.
Im Jahr 1962 wurde Cold aus Kirchenrechtsgründen aufgrund seiner eher religionswissenschaftlichen Wissensvermittlung im Fach Religion aus dem Schuldienst entlassen.[5] Cold klagte dagegen erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht,[6] wurde aber nicht wieder eingestellt.
Cold gründete 1965 in Kronshagen einen eigenen Buchverlag und veröffentlichte sein erstes Widerstandsbuch unter dem Titel Der Dienst der Kirche im freiheitlichen Rechtsstaat, weil für den vorgesehenen Titel Ich protestiere! Ich klage an! Widerstand gegen den Missbrauch der Staatsgewalt in der Bundesrepublik die Zeit noch nicht reif war. Dieser Titel wurde erst möglich nach den Studenten-Revolten von 1968/69.
In den Jahren 1969 und 1970 unternahm Cold mehrere Versuche, wieder als Gymnasiallehrer angestellt zu werden, jedoch ohne Erfolg.
1969 erschien das Buch Christus oder Was ist Auferstehung. Die großen Symbole der Evangelien religionsvergleichend erklärt, mit 85 Abbildungen und 2 Falttafeln unter Wiederholung zweier Aufsätze von Friedrich Pfister[7] und Arnold Ehrhardt.[8]
In den Jahren 1970 bis 1972 erhielt Cold (bis zum Einspruch der Kieler Kirchenleitung) einen Lehrauftrag an der Pädagogischen Hochschule Kiel für Religionswissenschaften. Cold ging daraufhin als „Pfarrer“ an die „Unitarische Freie Religionsgemeinde, Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Frankfurt“, und siedelte mit seiner Familie in den Taunus um.
In den Jahren 1981–1983 schrieb er den Entwurf einer „Deutschen Reichsverfassung“ mit ausführlicher geistesgeschichtlicher Begründung. Dabei fällt die Nähe seiner Vorstellungen zu dem Blüherschen „Modell einer spezifisch männerbündischen Adelsaristokratie“ auf.
1982 installierte Cold eine komplette Druckerei-Werkstatt als Handpresse (Sophia-Presse) mit der Jessen-Fraktur als einzigem Schrifttyp. Dort stellte er in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern wie einer Papierherstellerin (Susan Hostetler), einem Buchbinder und einer Einbandherstellerin (Angela Ringer) zwei besondere bibliophile Werke her (s. Veröffentlichungen: Bert Brecht; Basil McFarlane), die er auf der Frankfurter Buchmesse präsentierte. Sie wurden von bibliophilen Abteilungen niederländischer Museen erstanden.
In den Jahren 1984 und 1985 erschienen die Beiträge „Das schöne Buch. Einige Bemerkungen zur heutigen Buchkultur“ in der Zeitschrift Illustration 63.
Im Frühjahr 1986 schrieb Cold „Die Realdistinktion in der Quantenphysik“.[9] Darin erbrachte er den von ihm seit 1945 erstrebten „Konvergenz-Beweis“ bzw. „Identitäts-Beweis“ durch die Einführung des Wortes „Dynamis“ (aus der hellenistischen und christlichen Mysteriensprache) als Oberbegriff für alle physikalischen, biologischen, psychischen Energien.
Am 24. Dezember 1988 verstarb Cold in Nidda. Den wissenschaftlichen Nachlass von Eberhard Cold verwahrt die Bibliothek Religionswissenschaft, eine Bereichsbibliothek der Universitätsbibliothek Marburg, als Depositum.[10]
Familie[Bearbeiten]
1949 heiratete er Annelise Friederike Eleonore Martha Medem, die älteste Tochter des ehemaligen Generalleutnants der Pioniere der Heeresgruppe Kurland, Gerhard Hans Medem (1893–1953), nach dem von 1964 bis 2013 die Pionierkaserne in Holzminden benannt war.[11]
Hobbys[Bearbeiten]
Cold machte 1965 den B-Schein für „küstennahe Seeschifffahrt“ und erwarb 1966 den dänischen Spitzgatter „Hela“ mit 2 Kojen, mit dem segelnd die dänische Südsee durchkreuzt und im Winter von Bord aus gejagt wurde. Er besaß Kenntnisse in historischen Kunsthandwerken wie Keramik, Kalligrafie, Bucheinband, Buchdruck und Archäologie.
Kritische Beurteilung[Bearbeiten]
Colds jugendliche Ideale wurden in der Zeit des Nationalsozialismus in Anspruch genommen, strapaziert und verletzt. Er hielt auf preußische Tugenden, glaubte an Recht und Gerechtigkeit und wurde bitter enttäuscht. Sein umfassendes Interesse an der Komplexität der Zusammenhänge von Geist und Physis waren während der Studienzeit geweckt worden. Er suchte den Kontakt zu den Physikern seiner Zeit, um die Konvergenz zwischen wissenschaftlichem Denken und mystischer Erleuchtung beim Entdecken des „theoretischen Ortes in der Transzendenz“ zu beweisen.[12]
Veröffentlichungen[Bearbeiten]
Monographien[Bearbeiten]
- Der Götterkampf. Ein Beitrag zur Religionsphänomenologie. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg/Lahn, – maschinenschriftlich, 118 Seiten
- Lao Tse: Das Buch von Tao und Te. Nach einem unveröffentlichten Manuskript aus dem Jahr 1949. Übersetzt und erklärt von Eberhard Cold, Weinheim: Verlag Das klassische China, Manufakturausgabe 2011, 548 Seiten, ISBN 978-3-9811148-5-0
- Der Dienst der Kirche im freiheitlichen Rechtsstaat, dargestellt anhand von Prozeßakten, Kronshagen: Daimon-Verlag März 1965. Weitere Titel desselben Buches: a) Widerstand und Neuordnung. Prozeßschriften zur zweiten Reformation, Kronshagen: Christus-Verlag Mai 1965. b) Ich protestiere! Ich klage an! Widerstand gegen den Mißbrauch der Staatsgewalt in der Bundesrepublik, Kronshagen: Morgenland Verlag 1969.
- Christus oder Was ist Auferstehung. Die großen Symbole der Evangelien religionsvergleichend erklärt ... mit 85 Abbildungen und zwei Falttafeln, unter Wiederholung zweier Aufsätze von Friedrich Pfister und Arnold Ehrhardt, Kronshagen 1969, 202 Seiten
- Basil McFarlane: Jacob and the Angel/ Jacob und der Engel. Textkritik, Übersetzung, Handsatz und Handpressendruck von E.C. in der Sophia-Presse zu Königstein im Taunus, 55 Exemplare. ISBN 978-3-923570-03-4.
Herausgeberschaft[Bearbeiten]
- Herausgeber von Hisamatsu, Hoseki Shinichi: Die Fülle des Nichts. Vom Wesen des Zen. Günther Neske Verlag Pfullingen, 68 Seiten
Literatur[Bearbeiten]
- Peter Godzik: Ein ungewöhnlicher Lehrer, in: WeiterGehen 2020. Thema: Spuren. Texte zum Nachdenken für jeden Tag, Lahr: Kaufmann 2019 (Nachdenktext für Mittwoch, den 17. Juni 2020).
Quellen[Bearbeiten]
- Otto Voß (Pseudonym): Die Sophia-Presse Dr. Eberhard Cold, in: Illustration 63. Zeitschrift für die Buchillustration, 21. Jahrgang, Heft 2, August 1984, Seiten 65–67
- Eberhard Cold: Curriculum vitae, 1988 (unveröffentlichtes Manuskript im Familienbesitz)
- Eberhard Cold: Scripta, 1988 (unveröffentlichtes Manuskript im Familienbesitz)
- Eberhard Cold: Lebenslauf, in: Lao Tse: Das Buch von Tao und Te. Nach einem unveröffentlichten Manuskript aus dem Jahr 1949. Übersetzt und erklärt von Eberhard Cold, Weinheim: Verlag Das klassische China, Manufakturausgabe 2011, 548 Seiten, ISBN 978-3-9811148-5-0
- Eberhard Cold: Verzeichnis der Schriften und Vorträge, in: Lao Tse: Das Buch von Tao und Te. Nach einem unveröffentlichten Manuskript aus dem Jahr 1949. Übersetzt und erklärt von Eberhard Cold, Weinheim: Verlag Das klassische China, Manufakturausgabe 2011, 548 Seiten, ISBN 978-3-9811148-5-0
Weblinks[Bearbeiten]
- Literatur von und über Eberhard Cold im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nicht ganz bibelfest? Artikel in der ZEIT vom 7. Dezember 1962 (online auf zeit.de)
- Lehren des Lehrers. Artikel in der ZEIT vom 25. März 1966 (online auf zeit.de)
- Nachlass Eberhard Cold im Landesarchiv Schleswig-Holstein
- Eintrag im Kalliope-Verbund
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Der Etzer Bund ist 1920 von 28 schulentlassenen und unverheirateten jungen Etzern unter der Leitung vom Etzer Dorfschullehrer Hubert Koch gegründet worden: http://www.etzer-bund.de/
- ↑ Eberhard Cold, Curriculum vitae, 1988, S. 2.
- ↑ Cold: „Mit Hubert Koch 1936 durch Estland, Livland und Kurland. Von allen baltischen Adeligen akzeptiert, bin ich selbstverständlich auch ‚Deutscher Herr’ – mit estnischen Freunden bis heute. Ein anderes Erziehungsmuster als das des preußischen Deutschherren bietet sich gar nicht an.“ (Cold, Curriculum vitae, 1988, S. 2.)
- ↑ Das führte zu dem Urteil des damaligen Fachleiters für Religion am Staatlichen Studienseminar Kiel, „meine Prüfungsarbeit sei ‚glatt fünf‘ und ich brauche mir keine Mühe zu machen, etwa eine neue Arbeit anzufertigen, denn selbst wenn ich sie in einem anderen Fach liefern würde, müsse ich im Mündlichen doch immer von ihm geprüft werden. Er aber würde mich in keinem Falle bestehen lassen, – und indem er einen Vorfall in Württemberg zitierte, erklärte er mir, Gott wolle meinen Dienst nicht, da ich den Schülern Steine vorsetze statt Brot.“ (Cold, Der Dienst der Kirche ..., 1965, S. 35 ff.)
- ↑ Urteil des zuständigen Bischofs der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schleswig-Holstein über den Religionsunterricht Colds in seinem Schreiben vom 24. Juli 1962: „Der ‚Impersonalismus‘, den Sie vertreten, das angeblich ‚einheitliche energetische Weltbild‘, die Auffassung des Menschen als ‚progressiven Sünder‘, der sich zunehmend verinnerlichen soll, sind Elemente, die dem evangelischen Glauben fremd sind. Insgesamt können wir den Gehalt Ihrer Ausführungen über den Religionsunterricht nicht als in Übereinstimmung mit der evangelischen Lehre ansehen.“ (Zitiert bei: Cold, Der Dienst der Kirche ..., 1965, S. 198)
- ↑ Siehe dazu: Lehren des Lehrers. Artikel in der ZEIT vom 25. März 1966 (online auf zeit.de)
- ↑ Pfister: „Daß der Verfasser des Urevangeliums, das in verschiedenen Fassungen den drei Synoptikern bekannt war, eine kynisch-stoische Heraklesbiographie vor Augen hatte und in enger Abhängigkeit von dieser das Leben Jesu gestaltete, wird man wohl mit Sicherheit behaupten dürfen.“ (Fr. Pfister: Herakles und Christus, in: Archiv für Religionswissenschaft 1937, S. 42–60, zitiert bei E. Cold: Christus oder Was ist Auferstehung, 1969, S. 35)
- ↑ Arnold Ehrhardt: Ein antikes Herrscherideal, in: Evangelische Theologie 1948/49, S. 102–109.
- ↑ Cold, Zur Umkehr des Denkens: Die Realdistinktion in der Quantenphysik, 15. April/ 25. Mai 1986. Revidiert im Oktober 1987 und im Juni 1988. Als Nachschlag: Der Zel’dovich-Brief vom 28. Juli 1986 (unveröffentlichtes Manuskript).
- ↑ Nachlässe in der Bibliothek Religionswissenschaft. Abgerufen am 11. Januar 2024.
- ↑ Medem war im Zweiten Weltkrieg u. a. Kommandeur der Pionierschule Dessau-Roßlau und zeitweise ehrenamtlicher Richter am Volksgerichtshof. Er geriet am 10. Mai 1945 in russische Kriegsgefangenschaft und wurde am 29. Juni 1950 zu 25 Jahren Arbeitsbesserungslager durch das Militärtribunal im Distrikt Moskau verurteilt. Er starb am 16. November 1953 an einem Herzinfarkt, verursacht durch medizinische Unterversorgung seiner Herzkrankheit.
- ↑ Cold, Der Dienst der Kirche ..., 1965, S. 21.
Personendaten | |
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NAME | Cold, Eberhard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Historiker, Orientalist und Religionswissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 29. September 1921 |
GEBURTSORT | Pinneberg |
STERBEDATUM | 24. Dezember 1988 |
STERBEORT | Nidda |
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