Flugzeugabschuss über Altwarmbüchen
Während des Zweiten Weltkriegs kam es am 26. November 1944 zu einem Flugzeugabschuss über Altwarmbüchen. Dabei stürzte ein Bomber vom Typ B-24 „Liberator“ der United States Army Air Forces nach deutschem Beschuss in Altwarmbüchen bei Hannover im heutigen Niedersachsen ab. Sechs Angehörige der zehnköpfigen Flugzeugbesatzung kamen dabei ums Leben.
Ereignis[Bearbeiten]
Am 26. November 1944 starteten in England über 1000 alliierte Bomber und etwa 700 begleitende Jagdflugzeuge, die in zwei Bomberströmen nach Deutschland einflogen. Etwa 300 Maschinen hatten Misburg mit der kriegswichtigen Erdölraffinerie Deurag-Nerag als Ziel und warfen ca. 3300 Bomben der Größe 250 kg und 500 kg ab.[1] Eine deutsche Flak-Stellung in der Nähe von Isernhagen fügte zur Mittagszeit bei klarer Sicht einem auf dem Anflug nach Misburg befindlichen US-amerikanischen Bomber Treffer zu. Laut dem amerikanischen Abschussbericht wurden Teile des Hecks und der rechte Flügel des Flugzeugs abgerissen. Das Flugzeug stürzte bei Altwarmbüchen ab. Von den 10 Besatzungsmitgliedern konnten sich vier Crew-Mitglieder mit dem Fallschirm retten. Sie kamen in Kriegsgefangenschaft. Die Eighth Air Force verlor bei dem Einsatz 36 Bomber und einige Jagdflugzeuge,[2]darunter 20 Bomber bei dem Angriff auf Misburg.[3]
Flugzeug[Bearbeiten]
Der Bomber gehörte zur 566. Bomb Squadron, 389. Bomb Group, 2. Air Division der Eighth Air Force. Er kam 1944 fabrikneu in den Einsatz und war auf dem Hethel Airfield in England stationiert. Das Flugzeug hatte von der ersten Crew den Spitznamen Pugnacious Princess Pat (deutsch: Kampflustige Prinzessin Pat) erhalten, der zusammen mit einem Pin-up auf der Maschine aufgemalt war. Pat war der Vorname der Ehefrau des Piloten. Von Juli bis November 1944 flog die erste Besatzung des Bombers über 35 Angriffe auf Ziele in Frankreich und Deutschland, u. a. in Braunschweig, Bremen, Hamburg, Kassel und Osnabrück. Die erste Crew wurde im November 1944 von einer zweiten Besatzung abgelöst, die dann abstürzte.[4]
Rezeption[Bearbeiten]
Ernst Jünger, der seit 1939 im Pfarrhaus des benachbarten Kirchhorst lebte, beschrieb diesen Absturz in drei Tagebucheintragungen seiner „Kirchhorster Blätter“ als Augenzeuge und verbindet sie mit eigenen philosophischen Betrachtungen: Er habe das brennende Flugzeug gesehen, dessen niederstürzenden abgerissenen Flügel sowie zwei Fallschirme, die über den Garten trieben - einer davon „ganz niedrig, so daß man den Menschen daran hängen sah“. Die Rauchwolken des weiter westlich erfolgten Aufschlags hätten danach sein Haus in Kirchhorst umhüllt. Über dem östlich benachbarten Ortsteil Stelle sei ein weiteres Besatzungsmitglied mit einem Fallschirm gelandet und beim westlichen Ortsteil Großhorst habe man die zerschmetterten Leichen von zwei Amerikanern gefunden, deren Fallschirme sich verheddert haben sollen. Im Vergleich zum hautnahen „stark berauschenden“ und „an der Vernunft zerrenden Schauspiel“ des Absturzes registrierte er die Nebensächlichkeit seiner eigenen Sicherheit und „nicht einmal die Furcht“.[5]
Erinnerung[Bearbeiten]
Zur Erinnerung an den Flugzeugabschuss und als Zeichen der Versöhnung mit den früheren deutschen Kriegsgegnern stifteten die Familienangehörigen der Besatzungsmitglieder, unterstützt vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, einen Gedenkstein in deutscher und englischer Sprache. Er liegt auf dem Alten Friedhof von Altwarmbüchen beim Ehrenmal für die Gefallenen der Weltkriege und wurde im September 2014 von einer 12-köpfigen Delegation aus den USA mit einer Gedenkfeier eingeweiht. Danach widmeten die Familien der „tapferen Männer an Bord der United States Army Air Forces B-24 Pugnacious Princess Pat“ diesen Gedenkstein den Bürgern von Altwarmbüchen. Sie haben damals die Verstorbenen begraben und sich um den verwundeten Navigator gekümmert. Besonderer Dank gilt einem damals sieben Jahre alten deutschen Mädchen aus dem benachbarten Stelle bei Kirchhorst, das dem Verwundeten Wasser gereicht hat.[6]
Die Delegation aus den USA mit der Witwe eines Besatzungsmitglieds und Angehörigen der damaligen Fliegerstaffel besuchte auch Hannover, wo Bürgermeister Thomas Hermann die von den Luftangriffen auf Hannover verursachten Kriegszerstörungen anhand des Stadtmodells von Hannover erläuterte.[7]
Literatur[Bearbeiten]
- Ernst Jünger: Strahlungen III. Kirchhorster Blätter. Jahre der Okkupation. DeutscherTaschenbuchverlag, 1966.
- John Meurs: Not Home for Christmas. A Day in the Life of the Mighty Eigth. Brandon , MS (USA): Quail Ridge Press, 2. Aufl. 2010, S. 525-536. ISBN 1934193313
- Jörn Kießler: Der Gefangene mit den roten Haaren in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 16.September 2014, S. 15
- Stan D. Bishop, John A. Hey: Losses of the US 8th an 9th Air Forces, Volume 5 (October-December 1944). Cambridge (GB) 2016, S. 177.
Weblinks[Bearbeiten]
- Amerikanischer Abschussbericht
- Individuelle Beschreibung des Flugzeugs
- Foto der Besatzung bei Combat Flight Center vom 23. April 2020
- Lewis M. Ruddick: WWII history: Remembering flight crew of Pugnacious Princess Pat in The Ukia Daily Journal vom 24. Mai 2014
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Der Angriff am 26. November 1944 und die Katastrophe auf der Teutonia in: Siegfried Engelhardt: 5 Jahre im Hagel der Bomben - Die Chronik der Luftangriffe auf Misburg 1940 - 1945, Hannover, 1994, S. 80ff.
- ↑ Kriegstagebuch für Sonntag den 26. November 1944
- ↑ 1944-11-26 Target: Misburg bei schatzsucher.de
- ↑ Return to Hethel (FR B-24) bei Combat Flight Center vom 23. April 2020
- ↑ Ernst Jünger: Strahlungen III. Kirchhorster Blätter. Jahre der Okkupation, Deutscher Taschenbuchverlag, 1966, S. 42-43, Tagebucheinträge vom 26. bis 28. November 1944.
- ↑ Eine Gedenktafel in Altwarmbüchen dankt couragierten Menschen bei kirche-burgwedel-langenhagen.de
- ↑ D. Lochte, H. Scheffen: Bewegender Besuch einer amerikanischen Flieger-Witwe: Mein Mann hat Hannover bombardiert in Bild-Zeitung vom 16. September 2014
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