Georg (Satellitensystem)
Georg ist der Projektname für Aufklärungssatelliten des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND). Das im Aufbau befindliches System soll zur weltweiten Aufklärung und Fernerkundung durch den Auslandsgeheimdienst genutzt werden. 2017 erteilte die Bundesregierung den Auftrag, für rund 400 Millionen Euro zwei Satelliten mit optoelektronischen Sensoren zu bauen. Details über das von OHB gebaute System sind nicht öffentlich. Nach dem geplanten Start 2022 würde erstmals ein ziviler deutscher Nachrichtendienst über eigene Spionagesatelliten verfügen.
Ausgangslage[Bearbeiten]
Die Aufklärung der Bundeswehr verfügt mit den fünf identischen Kleinsatelliten des Systems SAR-Lupe seit 2008 über eigene Aufklärungssatelliten. Die Satelliten nutzen die Synthetic-Aperture-Radartechnik (SAR), mit der unabhängig von Wetter und Tageszeit hochauflösende Bilder von der Erde generiert werden können. Für optische Satellitenaufnahmen stehen dem BND 20 Prozent der Kapazität des französischen System Composante Spatiale Optique Systems (CSO) zur Verfügung, an dem sich Bundesregierung mit 210 Millionen Euro beteiligt hatte. Auch an dem Vorgängersystem HiROS war die damalige Bundesgregierung (Kohl) beteiligt.[1][2] Satellitenkommunikation betreibt die Bundeswehr über ihre beiden Kommunikationssatelliten COMSATBw-1 und COMSATBw-2.
Vor dem Start des Georg-Projekts existierten Überlegungen, der BND könne sich an dem von DLR entwickelten Erdbeobachtungssatelliten HiROS (High Resolution Optical System) beteiligen, bei dem der Dienst 30 Prozent der Kapazitäten hätte nutzen dürfen.[3]
Mit Georg verfolgt das Bundeskanzleramt laut Pressberichten das Ziel, die Abhängigkeit des BND von den amerikanischen Geheimdiensten zu reduzieren.[3] Bundeskanzlerin Angela Merkel sei davon überzeugt, dass Deutschland nicht mehr allein auf seinen wichtigsten Bündnispartner USA bauen könne und die jahrzehntelange Arbeitsteilung – militärischer und nachrichtendienstlicher Schutz durch die USA, die moralisch unbedenkliche Rolle eines Vermittlers durch Deutschland – nicht mehr funktioniere. Merkel und ihre Regierung habe nach der NSA-Affäre begonnen, mehr Eigenständigkeit anzustreben und eine europäischere Verteidigungspolitik zu favorisieren.[4]
Vergabe[Bearbeiten]
Für das vom BND geplante System mit dem Projektnamen „Georg“ lagen laut Tagesspiegel mindestens zwei Angebote vor: vom Airbus-Konzern sowie vom Raumfahrtkonzern OHB. Auch soll ein mögliches Angebot des israelischen Rüstungskonzerns IAI im Raum gestanden haben.[5] 2017 durchlief das Projekt das Genehmigungsverfahren und OHB bekam den Zuschlag. Das Projekt fand die Zustimmung durch das Vertrauensgremium des Haushaltsausschusses des Bundestages. Das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) zitierte aus einem Papier des Bundeskanzleramtes, worin argumentiert wird, der Bundesnachrichtendienst müsse in der Lage sein, „Informationen schnell und eigenständig beschaffen zu können, um möglichst unabhängige und aktuelle Lageeinschätzungen abgeben zu können. ...Es reicht mitunter nicht aus, Informationen in Abhängigkeit von Dritten zu generieren, und Bildmaterial auf dem kommerziellen Markt anzukaufen oder bei internationalen Partnern anzufragen.“[6]
2017 schloss der Bund einen Vertrag mit dem Satellitenhersteller OHB über die Realisierung eines Satellitensystems mit zwei Satelliten zur weltweiten elektro-optischen Aufklärung für den BND. Eine Kontroll- und Empfangsstation ist im Auftrag nicht enthalten; die Satelliten sollen von einer der beiden Satelliten-Bodenstationen der Bundeswehr gesteuert werden.[4] Der Geschäftsführer von OHB bezeichnete den Auftrag 2018 als „Highlight im Orderbuch des Jahres 2017. ... Wir sind stolz darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland uns das Vertrauen geschenkt hat, nach SAR-Lupe und SARah nun ein weiteres satellitengestütztes Aufklärungssystem zu liefern.“[6]
Die politische Opposition hinterfragte Notwendigkeit und Kosten des Projekts. Schließlich verfüge die Bundesrepublik mit SAR-Lupe der Bundeswehr bereits über Aufklärungssatelliten, die möglicherweise noch optimiert werden könnten. „Ich würde mich nicht wundern, wenn am Ende das Doppelte herauskommt.“ sagte André Hahn von der Linken 2017 zu dem Kostenrahmen von 400 Millionen Euro.[7] In den geheimen Antragsunterlagen räumte der BND laut Zeit ein, dass die Kosten für das Projekt um bis zu ein Viertel des vereinbarten Gesamtvolumens überschritten werden könnten (100 Millionen mehr).
Namensgebung[Bearbeiten]
Der Name des Systems ist eine Anspielung auf den Schutzpatron des BND, den Heiligen Georg.[4][8] Laut Zeit steht "Georg" für den denglischen Begriff "Geheimes Elektro-Optisches Reconnaissance System Germany".[4]
Weblinks[Bearbeiten]
- Merkels fliegende Augen. In: zeit.de. 15. Februar 2018 .
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Thorsten Jungholt: Bundeswehr: Für den Weltraum-Einsatz verkündet AKK eine Maxime. In: DIE WELT. 13. Juli 2021 (welt.de [abgerufen am 23. August 2021]).
- ↑ Thorsten Jungholt: Bundeswehr: Von der Leyens „katastrophaler“ Satelliten-Deal. In: DIE WELT. 5. April 2015 (welt.de [abgerufen am 23. August 2021]).
- ↑ 3,0 3,1 Süddeutsche Zeitung: BND bekommt eigene Spionage-Satelliten. Abgerufen am 23. August 2021.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 Merkels fliegende Augen. Abgerufen am 23. August 2021.
- ↑ BND bekommt eigenen Spionage-Satelliten. Abgerufen am 21. August 2021.
- ↑ 6,0 6,1 Raumfahrtkonzern OHB gründet neue Tochtergesellschaft -... In: bundeswehr-journal. 23. Februar 2018, abgerufen am 21. August 2021 (english).
- ↑ BND plant eigene Überwachungs-Satelliten. Abgerufen am 21. August 2021.
- ↑ Astrid Geisler: Grundsteinlegung der Berliner Zentrale: Der Umzug des BND. In: Die Tageszeitung: taz. 8. Mai 2008, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 23. August 2021]).
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