Gesundheitsapostel
Gesundheitsapostel ist in der deutschen Sprache eine der Personenbezeichnungen, die auf Einstellungen und Überzeugungen beruhen, die in der Gesellschaft keine allgemeine Akzeptanz finden und im Sprachgebrauch kritisiert bzw abgewertet werden.[1] Ein sogenannter Gesundheitsapostel (englisch: health freak) ist eine Person, die nahezu besessen von einem gesunden Lebensstil ist, insbesondere gesunde Ernährung,[2] und einem Apostel gleich, in der Öffentlichkeit Menschen von gesunder Lebensweise zu überzeugen versucht. Der Begriff wird meist scherzhaft[3] oder als Abqualifizierung[4] gebraucht.
Geschichte[Bearbeiten]
Mit den Warnungen der Zeitschriftenautoren des 18. Jahrhunderts vor der Schädlichkeit oder Unschädlichkeit von Genussmitteln wie Tee, Kaffee oder Tabak, zeichnete sich der Weg der Gesundheitsapostel des 19. und 20. Jahrhunderts vor, in einer unfreiwilligen Komik, da sich medizinische mit ethischen Argumente mischen.[5] Seit der Entdeckung des Kaffees im 15. Jahrhundert versuchen so genannte Gesundheitsapostel beispielsweise den Kaffeeliebhabern „ihr Laster auszutreiben“ nach dem Motto: „Was den Menschen Spaß macht, kann doch nicht gesund sein.“[6] Als Gesundheitsapostel bezeichnete Personen akzeptieren auch nicht, wenn wissenschaftliche Studien alte Weisheiten widerlegen, etwa dass Grüntee keine krebsheilende Wirkung hat.[6]
Darüber hinaus werden laut dem Autor Matthias Marquardt oft auch Vegetarier oder Veganer, die sich zu dieser Ernährungsweise öffentlich bekennen, als Gesundheitsapostel bezeichnet.[7] „Gesundheitsapostel“ verteilen sich gleichmäßig über alle Altersklassen, Einkommensgruppen und soziale Schichten, sie legen großen Wert auf gesunde, biologische Ernährung und den Schutz der Natur und Umwelt.[8]
Auch Menschen, die bestimmte, mitunter ausgefallene Gesundheitsregeln fanatisch befolgen und auch andere von deren ausschließlicher Richtigkeit überzeugen wollen, gehören zu dieser Kategorie. Im 19. Jahrhundert wurden etwa in der Zeitschrift Das Alumnat „Vegetarier strenger Observanz“, die zwei Mahlzeiten am Tag für ausreichend hielten, so zum Beispiel in den Franckeschen Stiftungen, als „moderne Gesundheitsapostel“ tituliert.[9]
Berühmte Gesundheitsapostel waren John Harvey Kellogg,[10] der mit seinen Cornflakes gegen die Lüsternheit der Jugendlichen kämpfte,[11][12] und vor allem Ernst Mahner.[13]
Über Gesundheitsapostel lustig machten sich Johannes Scherr,[14] und François de La Rochefoucauld, der im 17. Jahrhundert paraphrasierte „Die ständige Sorge um die Gesundheit ist auch eine Krankheit“, was bereits der antike Philosoph Plato erkannt hatte, und auch der Arzt Manfred Lütz (*1954) nimmt die Gesundheitsapostel auf die Schippe.[15]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Peter Braun: Personenbezeichnungen: Der Mensch in der deutschen Sprache. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2019, ISBN 978-3-11-094082-4, S. 100.
- ↑ Ingrid Friedbichler, Michael Friedbichler: Fachwortschatz Medizin Englisch: Sprachtrainer & Fachwörterbuch in einem. Georg Thieme Verlag, 2016, ISBN 978-3-13-240242-3 (E-Book).
- ↑ Gesundheitsapostel. In: Duden. Abgerufen am 20. Dezember 2022.
- ↑ Zum Gegner ausgesucht. In: Sozialer Fortschritt. Band 22, Nr. 11, 1973, S. 245.
- ↑ Johann F. Volrad Deneke: Arzt und Medizin in der Tagespublizistik des 17. und 18. Jahrhunderts. LIT Verlag Münster, 2010, ISBN 978-3-643-10999-6, S. 197–198.
- ↑ 6,0 6,1 Udo Pollmer, Susanne Warmuth: Lexikon der populären Ernährungsirrtümer: Mißverständnisse, Fehlinterpretationen und Halbwahrheiten von Alkohol bis Zucker - Aktualisierte Neuausgabe. Piper ebooks, 2018, ISBN 978-3-492-97441-7 (E-Book).
- ↑ Matthias Marquardt: Warum Laufen erfolgreich macht und Grünkernbratlinge nicht. spomedis, 2007, ISBN 978-3-936376-20-3, S. 96.
- ↑ Manuela Gruber: Die Zukunft is(s)t vegetarisch: Der Wandel von einer fleischdominierten Esskultur zu einer vegetarischen Ern„hrungsweise. Diplomica Verlag, 2013, ISBN 978-3-8428-9984-1, S. 54.
- ↑ Alumnats-Erinnerungen eines alten Lateiners: Zu Franckes Stiftungen (1867–75). R. Oldenbourg, Berlin - München 1913, S. 8.
- ↑ Hans Bonde: The Politics of the Male Body in Global Sport: The Danish Involvement. Routledge, London and New York 2013, ISBN 978-1-317-96602-9, S. 81.
- ↑ Peter Lynch, John Rothchild: Lynch III: Der Weg zum Börsenerfolg. Börsenbuchverlag, 2020, ISBN 978-3-86470-686-8 (E-Book).
- ↑ Jelto Drenth: The Origin of the World: Science and Fiction of the Vagina. Reaktion Books, 2005, ISBN 978-1-86189-210-2, S. 214 (google.de [abgerufen am 6. Januar 2023]).
- ↑ Der Eilbote: Tageblatt für die Stadt und den Bezirk Landau. Nr. 40. Georges, 1855, S. 224.
- ↑ Johannes Scherr: Haidekraut: ein neues Skizzen- und Bilderbuch. K. Prochaska, 1800, S. 219.
- ↑ Anselm Grün: Das kleine Buch vom guten Leben. Verlag Herder GmbH, 2014, ISBN 978-3-451-80435-9 (E-Book).
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