You can edit almost every page by Creating an account. Otherwise, see the FAQ.

Jan Eeckhout

Aus EverybodyWiki Bios & Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche


Werk und Rezeption[Bearbeiten]

Trash Comics[Bearbeiten]

Werkreihe Trash Comics, 2000–2013 Früher hießen seine Bildserien „True Comics“ oder „Short Cuts“, heute heißen sie „Trash Comics“. Der Künstler recycelt seine Titel ebenso wie seine Werke. Was heißt, dass hinter den neuen wie den alten Titeln ähnliche Inhalte stehen und dass sie sich oft auch auf ein und derselben Leinwand entfalten. In diesem Sinne sind Jan Eeckhouts Gemälde wahrhaft Palimpseste. Sie speichern das alte Malgeschehen, das – wenn auch von neuen Farben und Formen überdeckt – immer noch da ist und mit seinem Geist Temperament und Charakter der neuen Bilder mitbestimmt. Dass die alten Bilder auf diese Weise nie ganz ausgelöscht werden bezeugt auch die fortlaufende Nummerierung der Werke, in der kein Bild, das der Künstler je gemalt hat, wirklich für immer verloren geht. Diese ganz am Selbstzweck des Malens orientierte Haltung Eeckhouts bezieht nicht nur konsequent Stellung gegen die Fetischisierung des Einzelbildes durch den Markt oder die Kunstgeschichte, sie bezeugt auch konsequent, wovon die Bilder des Künstlers künden. Vom Ende der Avantgarden und des Zwangs zur Innovation. In unpathetischer und gänzlich unprätentiöser Weise kreist der Maler um einen Nullpunkt der Malerei, der diese in historischer Perspektive ebenso sehr in Frage stellt, wie sie in persönlicher Hinsicht von existenzieller Bedeutung für ihn bleibt. Jan Eeckhout betreibt seine sinnliche und analytische Malerei mit nicht nachlassender Lust, aber ohne jeden Zukunftsglauben. Er schaut ihr ins Auge wie die Fürsten von Mantua dem Leben: Nec spe, nec metu, ohne Furcht und ohne Hoffnung. Dabei haben seine Bilder durchaus auch diagnostische Kraft. Wie ein Seismograph zeigen sie unsere Wirklichkeit. Wenn der Künstler in ihnen in scheinbar disparater Weise unterschiedliche Zeiten und Orte, Dinge und Protagonisten, Malsprachen und Stile vereint, wenn er in einem Gemälde ganz viele Bilder zeigt, dann sind seine Werke durchaus auch Ausdruck eines grundlegenden „pictorial turn“ in der Moderne, in der wir von Bildern unterschiedlicher Art überflutet werden und wie der Rilkesche Panther, der hinter tausend Stäben keine Welt mehr sieht, am Ende vor lauter Bildern kein Bild mehr sehen. Michael Stoeber[1], Hannover, Zur Werkreihe trash comics, 2012

Nur, dass der Künstler das Chaos der Bilder eben auch bannt, das er beschwört. Lasierende und alla prima Malerei, monochrom flächige und vielfarbig llusionistische Darstellung, Comic und Hochkunst, Zitat und Original, Gegenwart und Vergangenheit verbinden sich in seinen Gemälden in harmonischer Weise. Eeckhout strukturiert und komponiert. Seine Montagen sind von exquisiter Raffinesse. Anspielungen und Echos, Kontraste und Spiegelungen bestimmen sie. In dem Diptychon „# 522“ hält Humphrey Bogart, in fotorealistischer Grisaille gemalt, seine beiden Revolver so wie der Ingenieur mit der orangefarbenen Schürze in dem Bild daneben sein Messgerät. Außerdem spielen in beiden Bildteilen abstrakte Ornamente sowie zwei gegenständlich aufgefasste Frauenköpfe zusammen. Der eine von ihnen ist in einer Sprechblase in monochromer Kontur gemalt, der andere farbig und voll plastisch. Beide haben sie halboffene, lächelnde Münder.

Oder der 50er Jahre Boxer und die blauen Aliens in der linken Bildtafel des Diptychon „# 544“. Zwei Welten, zwei Malweisen. In der dazu gehörigen, rechten Bildtafel sehen wir eine schuhverliebte Hausfrau und einen erschöpfte Comicheld. In beiden erkennen wir Anspielungen auf die ästhetische Moderne, das Bauhaus und den Bildhauer Brancusi. Der Satz „Konsum ist gut“ zieht sich, in einem blauen Oval untergebracht, ebenfalls durch beide Bilder. Überhaupt ist die Komposition des Werkes von Kreisen und Ovalen bestimmt. In dem Dreitafelbild „# 541“ mehren sich die Anspielungen. Hinter einem sich im Sessel räkelnden Pin Up Girl erinnern Bildzitate an Pablo Picasso, Andy Warhol und Olav Christopher Jenssen. Zur High Art setzen Comichelden, unterschiedlich in Stil, Form und Auftritt, einen Kontrapunkt aus der Low Sparte. Ungefähr in der Mitte des Triptychon kämpft eine Frau in einer Sprechblase mit sich verheddernden Telefonkabeln. „I wanted the bank, not the bakery“, ruft sie verzweifelt. Die Konfusion, in die der Künstler den Betrachter stürzt, ist indes nur scheinbar. Jan Eeckhout versteht es wie kein anderer, die tausend Fäden seiner Bilder in wohl geordneten Choreographien unterzubringen. Michael Stoeber zur Werkreihe Trash Comics, 2012

Wonderful World[Bearbeiten]

Werkreihe Wonderful World, ab 2014 Gegenüber den vorausgegangenen Trash Comics fällt rein formal auf, dass hier neben einer Reihe von Diptychen Einzelbilder im Zentrum stehen. Sie zeigen Porträts junger, schöner Menschen, vom Künstler mehr oder weniger veristisch in Öl gemalt. Wenn es auch bis auf ganz wenige Ausnahmen in dieser Werkserie so gut wie keine Comic-Motive gibt, zieht der Künstler durch die zeichenhafte Ausgestaltung seiner Hintergründe doch eine zweite Wirklichkeitsebene in die Bilder ein. Auf ihr sehen wir gesellschaftliche Statussymbole wie schnelle Autos, teure Uhren und komfortable Häuser, die vom wirtschaftlichen Erfolg der Protagonisten Zeugnis ablegen. Wenn es sich um weibliche Akte handelt, wird die Attraktivität der jungen Frauen häufig durch Blumen und Blüten betont und dekoriert. Eine Bildtafel in dem Diptychon # 586 weist durch ein in orangefarbenen Versalien geschriebenes „IDYLL“ auf das hin, worum es in der Bildserie „Wonderful World“ ganz offensichtlich geht, um die Darstellung einer wunderbaren Welt.

Ein näherer Blick auf die Bilder lässt indes Zweifel an diesem Eindruck aufkommen, der durch das Nachsinnen über den Titel bestärkt wird. „Wonderful World“, das klingt schon sehr ähnlich wie „Brave New World“. Es ist der Titel eines zum Kultbuch gewordenen Romans von Aldous Huxley aus dem Jahre 1932. Und auch „Schöne neue Welt“ – so die deutsche Übersetzung – war von Anfang an ein sehr ironischer Titel, denn die in diesem Buch geschilderte Welt ist alles andere als schön und eher eine Dystopie denn eine Utopie. Mit Menschen, die in der Retorte für bestimmte Kasten und Zwecke geschaffen werden. Sie reichen von den privilegierten Alpha-Menschen bis hin zu Arbeitssklaven, den verachteten Epsilon-Menschen. Und sie alle bilden das Personal einer totalitären Diktatur. In ihr sind Freiheit und Selbstbestimmung völlig unbekannt und Manipulation und Indoktrinierung von der Wiege bis zur Bahre an der Tagesordnung.

So liegt beim Blick auf die jungen Menschen in Eeckhouts Werkserie, die in ihren Hintergründen von der schönen Warenwelt unserer kapitalistischen Gesellschaft umgeben sind, der Gedanke nahe, der Künstler wolle mit seinen Werken in subtiler Weise Kritik an unserem Konsumverhalten üben. Vielleicht auch das. Eher aber zielen Eeckhouts Bilder auf eine, in überzeitlicher Weise gültige condition humaine des Menschen. Hilfreich für diese Perspektive ist die à première vue überraschende Aussage des Künstlers, bei der Fertigung der Gemälde der „Wonderful World“ von dem Gedanken an barocke Stillleben geleitet worden zu sein. Für ihn seien die Porträts seiner jungen Protagonisten, zu denen er sich durch Medienbilder wie eigene Fotografien hat inspirieren lassen, ein wenig so „wie Schnittblumen“.

Eine ebenso stimmige wie ungewöhnliche Metapher. Schnittblumen sind Blumen, die am Meisten leuchten und am Wenigsten dauern. Sie sind schnell verblüht. Und im Grunde geht es so auch mit den Menschen. Im Angesicht der Ewigkeit währt ihr Leben nur einen Augenblick. Kaum begonnen, ist es schon wieder vorbei. Oder in der unübertrefflichen Diktion von Samuel Beckett: „Sie gebären rittlings über dem Grabe. Der Tag erglänzt einen Augenblick und dann von neuem die Nacht.“ Der Hinweis auf Schnittblumen ist auch in einem weiteren Kontext stimmig. Der Tod, der in vielen Gemälden der „Wonderful World“ (WW) in der Ikonografie der Hintergrundzeichnungen als Totenkopf auftaucht, wird in der Literatur nicht selten als Schnitter bezeichnet und als Mann mit einer Sense dargestellt. Einmal für diesen Gedanken sensibilisiert, mehren sich die Hinweise in den WW-Werken, die unsere Vergänglichkeit symbolisieren, allen voran natürlich die vielen Uhren in den Bildern. Sie sehen wir z. B. in WW #606, in WW # 650, in WW #616, in WW # 638 oder in WW # 646.

Neben dem Motiv des Totenkopfs sind sie ein Vanitassymbol par excellence. Ihr Zeichencharakter ist klassisch grundiert, während das Symbol für Atomkraft, wie es nicht anders sein kann, ganz und gar aus unserer Zeit ist. „De notre temps“, wie Arthur Rimbaud es als unerlässlich für gute Kunst gefordert und beschrieben hat. Im Reich der Zeichen wirft es einen dunkeln und bedrohlichen, ja apokalyptischen Schatten auf die scheinbar helle Welt dieser Bilder. Nicht anders als die Panzer, die in ihnen auftauchen und die ebenfalls, wenn auch im geringeren Ausmaß, für Krieg und Zerstörung stehen.

In der Ambivalenz der Gemälde der WW-Serie von Jan Eeckhout lebt der Geist barocker Stillleben als eine Art Subtext. Stillleben, in anderen Sprachen „nature morte“ oder „natura morta“ genannt und so den Tod bereits in der Bezeichnung tragend, meint genau dies: das Leben still stellen, es zur Ruhe zwingen, zum Schweigen bringen. Darin wird der Tod sichtbar. „Der Rest ist Schweigen“, heißt es am Ende von Shakespeares „Hamlet“, und da sind alle Protagonisten tot. In Eeckhouts Bildserie leben sie zwar noch, sogar in äußerst blühender Weise, aber im Hintergrund oder in der zweiten Bildtafel der Diptychen lauert in der einen oder anderen Form stets schon die Vergänglichkeit: In der erschreckten Miene des Mädchens mit der Maske in der linken Bildtafel von WW # 587 und in der blau getönten Ikonografie des Hintergrundes seiner rechten Bildtafel. Blau ist in vorzüglicher Weise die Farbe der Melancholie und damit der Einsicht in die eigene Sterblichkeit. In nicht wenigen Bildtafeln taucht dieses Blau auf, z. B. in WW # 608, WW # 606, WW # 650, WW # 618, WW # 615, WW # 607, WW # 610 und in vielen anderen. In dem Diptychon WW # 559 ist der linken Bildtafel in markanten, lindgrünen Versalien auf rot getöntem Bildgrund das Wort „MELANCHOLIE“ wie einem Banner eingeschrieben. Auch der Porsche und die Rolex darin schaffen keine Erlösung von diesem Gemütszustand, dessen Entstehung Mephisto in Goethes „Faust“ lakonisch in der Vergänglichkeit alles Irdischen ausmacht: „Denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht.“ Nicht weniger lakonisch färbt Jan Eeckhout seinen Fahrzeugpark in WW # 613 braun ein und überschreibt ihn mit dem Wort „ROST“, solcherart sein endgültiges Schicksal vorwegnehmend, während der junge Mann in der dazugehörigen rechten Bildtafel noch recht frisch und optimistisch in die Zukunft schaut. Warum auch nicht? Zu den Untergangszenarien, die in den barocken Stillleben als Vanitas-Erleben, als Hinweise auf die eigene Vergänglichkeit in Form verschütteten Weins, faulenden Obstes und vertrockneter Blumen beschworen werden, gehören immer auch als Gegenbilder der Reichtum einer aufblühenden, vitalen und üppigen Welt und der Lobgesang des Lebens. Mit dem Rat, es zu genießen, solange es dem Menschen möglich ist. Das Carpe diem und das Memento mori, Ode und Elegie, Eros und Thanatos sind Zwillinge, wie sie unterschiedlicher, aber auch zusammen gehöriger nicht zu denken sind.

Schaut man auf das zeichenhafte Inventar, das sich in den Gemälden der WW-Bilder versammelt, bringt es für sich allein schon diese Ambivalenz zum Ausdruck. Da sind ebenso schöne wie schreckliche Dinge versammelt. Die in sich selbst auch schon wieder ambivalent sind. Da gibt es Waffen, die den Menschen töten, aber ihn vielleicht auch schützen. Konsumartikel, die ihn erfreuen, aber möglicherweise auch verblöden. Kleider, mit denen er sich schmückt, aber vielleicht auch zum Affen macht. Einmal mehr sehen wir Ikonen der Kunst- und Comicgeschichte. Munch und Picasso, Mickey Mouse und Entenhausen, das Erhabene und das Triviale. Natürlich gehören auch sie zum Menschen, nicht anders als Mode, Geld, Technik, Religion und anderes mehr. Es ist, als wolle Eeckhout, indem er sie in seinen Bildern festhält, zum Ausdruck bringen, was es alles gibt, und uns zugleich darüber staunen machen. Über Welt und Wirklichkeit, unser Leben und Sterben.

Den daraus resultierenden Bilderkosmos versammelt er in seinen Gemälden in einem disparaten Neben- und Miteinander. Natürlich sind seine Werke, streng genommen, eher Bildmontagen als Collagen. Sie sind ja reine Malerei. Für die Collage, für das Klebebild, fehlt der Materialmix. Aber sie sind der Idee nach Collagen, weil sie wie diese heterogene Wirklichkeiten miteinander verbinden, die Gesetze linearer und logischer Plausibilität aufkündigen und jeden eindeutigen Sinn sprengen. Damit sind Jan Eeckhouts Werke nicht nur Teil der Moderne, sie sind auch nicht bis ins Letzte auflösbar. Und eine immer neue Herausforderung für den Geist und die Fantasie des Betrachters. Michael Stoeber, Hannover, Zur Werkreihe wonderful world, 2016

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Michael Stoeber, Stefan B. Selgburg: [www.eeckhout.de/Katalog-trash-comic.pdf trash comics 2000–2013.] In: www.eeckhout.de. Jan Eeckhout, 2012, abgerufen im Jahr 2016.


Diese artikel "Jan Eeckhout" ist von Wikipedia The list of its authors can be seen in its historical.



Read or create/edit this page in another language[Bearbeiten]