Local Fist
Die Local Fist (engl. „lokale Faust“) ist ein Zusammenschluss bildender Künstler und Musiker aus dem deutschsprachigen Raum. Die Gruppe bezeichnet sich selbst als „Organisation mit kulturrevolutionärer Ausrichtung“.
Local Fist Shops[Bearbeiten]
Vor dem Hintergrund der Finanzkrise ab 2007 entstanden in Berlin (2009) und Hannover (2008) Local Fist Shops, die eine „postkapitalistische Alltagskultur“ propagierten. Die bildenden Künstler Christian Riebe und Marius Albrecht gestalteten acht Ladenlokale in der hannoverschen Passerelle (einer teilweise stillgelegten Einkaufsmeile unter dem Hauptbahnhof) um und betrieben dort einen Local Fist Shop. Sie verzichteten weitgehend auf die Präsentation bildender Kunst und eröffneten statt dessen eine „LF-Frisierstube“, eine Möbelhalle, einen Souvenirladen mit Kleiderkammer und ein „LF-Kinderparadies“. [1]
Bis zur Schließung im Februar 2010 fanden dort Lesungen, Filmvorführungen, Informations- und Konzertveranstaltungen statt.[2] Den Absichten der Initiatoren entsprechend wurde die Local Fist Hannover durch Besucher überwiegend nicht als Kunstwerk wahrgenommen.[3][4]
Ein „Kultur- und Erholungspark der Local Fist“ in Berlin Pankow musste Mitte 2009 kurz nach seiner Eröffnung schließen. Ebenso misslang die Gründung eines zweiten Local Fist Shops in Hamburg durch dort ansässige Künstler.
Gleichzeitig entstand die Website der Local Fist in Form eines ausgedehnten virtuellen Gebäudekomplexes, der seitdem laufend erweitert wird und in den auch Ansichten der realen Local Fist- Niederlassungen integriert werden.
Programmatik[Bearbeiten]
Von Anfang an äußerten sich die Initiatoren ausführlich zu den Motiven und Zielen der Local Fist. Das geschah in Form von Pressemitteilungen, Informationstafeln und Veranstaltungen. Die Finanzkrise wurde ausdrücklich begrüßt und als Anlass gewertet, die „Kunst und Kultur der Wohlstandsgesellschaft einer radikalen Neubewertung zu unterziehen“.
Die Kritik galt nicht in erster Linie den ökonomischen Bedingungen künstlerischer Arbeit, sondern der zeitgenössischen Kunst allgemein, die zu einem "unterhaltungspflichtigen Beiwerk der Massengesellschaft" geworden sei. [5]
Zensurabteilung (LF-Z)[Bearbeiten]
Anfang 2010 eröffnete die Local Fist eine „Abteilung für restriktive Kulturarbeit“ (LF-Z) in der Berliner Chausseestraße. Die Kritik der zeitgenössischen Kunst wird von der LF-Z in Form von Zensurverfahren und Arbeitsverboten gegen exponierte Künstler, Galeriebetriebe und Ausstellungshäuser fortgeführt. Die LF-Z, die sich hierfür die Struktur einer Behörde gegeben hat, rechtfertigt ihre Maßnahmen mit dem Hinweis auf einen- ihrer Meinung nach herrschenden- „kulturellen Notstand“.
Die Urteilsfindungen berufen sich auf den vermeintlichen Tatbestand „fingierter Prominenz“, auf „unberechtigte Hochpositionierung“ oder die „fortgesetzte Vernachlässigung künstlerischer Berufspflichten“. Alle Verfahren werden auf der Internetseite der Local Fist, auf der die LF-Z virtuelle Arbeitsräume unterhält, ausführlich dokumentiert. Die LF-Z war in mehreren Ausstellungen mit Informationsständen vertreten.
Die Verfahren und die anschließenden Konfiskationsversuche bezeichnet die LF-Z als „Direkte Aktion im Sektor Kultur“[6].
Politische Positionierung[Bearbeiten]
Besonders die Arbeit der „Abteilung für Zensur“, aber auch die betont anti-moderne Gestaltung der Local Fist- Niederlassungen (Verwendung von Frakturschriften, schulmeisternde Informationstafeln, uniformiertes Auftreten der LF- Aktivisten etc.) setzte die Local Fist wiederholt dem Verdacht aus, ein rechter Kulturverein zu sein. Teile des Local Fist Shops in Hannover wurden 2009 durch die Antifa zerstört, wobei es gleichzeitig auch Übergriffe durch die rechtsradikale Szene gab.[7]
In den temporären Shops der Local Fist liegt anarchistische Literatur (Kropotkin, Rocker, Mühsam) aus. Die Website ist mit einer Seite über den ukrainischen Anarchisten Nestor Machno verlinkt.
Weitere Aktivitäten[Bearbeiten]
Seit 2009 vergibt die Local Fist ein jährliches Arbeitsstipendium. Als Stipendienstätte fungieren dabei Räumlichkeiten, die im Rahmen einer temporären Niederlassung der Local Fist genutzt werden.
Erster Stipendiat war 2009 der Filmemacher Wolfgang Höpfner („Der ewige Tag“, 1982, „Zwei Protokolle“, 1978).
2010 erhielt der Berliner Maler Malte Hückstädt das Stipendium, der mittlerweile in den Vorstand der LF-Z gewählt worden ist. Stipendienstätte war ein leerstehender Ziegelbau des expressionistischen Architekten Hans Poelzig in Hannover Vinnhorst.
Seit 2010 widmet sich die Local Fist zunehmend dem Vertrieb und der Präsentation unabhängiger Kulturproduktionen. Die Musikgruppen Kap Wlodek (vorher bei Trikont/ Indigo) und Poch vertreiben ihre Tonträger über die Website der Local Fist. Ebenso vertreibt die Local Fist literarische Texte und programmatische Publikationen ihrer Mitglieder über eine „LF Bestell-Buch Abteilung“.
Seit 2011 zeigt die Local Fist Arbeiten ihrer Künstler in „Regionalen Leistungsschauen“ (2011 im Kunstverein Wolfenbüttel, 2012 in der Städtischen Galerie Hannover).
Weblinks[Bearbeiten]
- Website der Local Fist
- Die Räume der LF-Z auf local-fist.com
- Der ewige Tag Review eines Local Fist Shops auf Tlasila Blog, L.A. (englisch)
- Kunst gegen Lifestyle Artikel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung über den Local Fist Shop in Hannover 2009
- Infomappe der Local Fist Dokumentation der Local Fist (Pdf)
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Ankündigungen der Local Fist 2008 http://local-fist.com/seite111.lf.html
- ↑ Karin Vera Schmidt: Asphalt Magazin. Hrsg.: Heiko Geiling, Hanna Legatis, Rainer Müller-Brandes. September 2009. Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH, Hannover September 2009.
- ↑ Ankündigungen der Local Fist im März 2009 http://local-fist.com/seite111.lf.html
- ↑ Hannoversche Allgemeine Zeitung 25.02.2009
- ↑ Michael Stoeber: Lieblingsfarben der Niedersachsen. Hrsg.: VGH Hannover. Wienand, Köln 2012, ISBN 978-3-86832-103-6.
- ↑ Esch; Bulcke; Hückstädt; Riebe: Zeitschrift Kulturwolf. Abgerufen Format invalid.
- ↑ Michael Stoeber / Christian Riebe: Das Gute für Alle. Hrsg.: Falkenberg Galerie für Neue Kunst. Hannover 2014, S. 8 - 13.
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