Open Champion
Als Open Champion werden Unternehmen bezeichnet, die die Stärken eines Hidden Champion (eines „heimlichen“ Gewinners oder unbekannten Weltmarktführers) mit Entwicklungen der modernen Geschäftswelt, Digitalisierung und Open Innovation vereinen. Geprägt wurde der Begriff 2020 von der Marantec Company Group als Leitbild für einen neuen deutschen Mittelstand.[1] Open Champions agieren offen, transparent, innovativ und kundenzentriert. Sie setzen auf Kooperationen, eine nicht hierarchische Führungskultur und folgen dem Open-Innovation-Ansatz. Damit reagiere sie auf die wachsenden Herausforderungen des Mittelstandes und gesellschaftlichen Veränderungen und treiben ihren Transformationsprozess voran.
Begriffsursprung und Geschichte[Bearbeiten]
Als weiterentwickelte Form des Hidden Champion zahlt die Open-Champion-Methode auf die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen ein, denen Unternehmen in den Bereichen Technik, Digitalisierung, Nachhaltigkeit sowie Unternehmenskultur und -führung künftig begegnen werden.[2]
Grundlage ist die Arbeit von Hermann Simon, der den Begriff Hidden Champion 1990 erstmals erwähnte.[3] Simon analysierte deutsche Mittelstandsunternehmen und Weltmarktführer daraufhin, was sie auszeichnet. Daraus entwickelte er die Definition eines Hidden Champion.[4] Demnach sind Hidden Champions in ihrer Branche führend, ihr Jahresumsatz liegt in der Regel unter drei Milliarden Euro, in der Öffentlichkeit sind sie kaum bekannt und sie bedienen häufig einen Nischenmarkt. Für die Wirtschaft spielen Hidden Champions eine bedeutende Rolle. Simon geht davon aus, dass der Exporterfolg nicht auf deutsche Großunternehmen, sondern auf die vielen mittelständischen Unternehmen – klassischer Hidden Champions – zurückzuführen ist. Als Datenbasis dienten ihm die Zahlen von gut 1.000 Unternehmen. Christian Rammer und Alfred Spielkamp legten ihrer Studie sogar Daten von gut 1.500 Firmen zugrunde.[5]
Diese enorme Wirtschaftskraft möchte der Open-Champion-Ansatz nutzen und erhalten. Allerdings hat sich der Ansatz des Hidden Champion in all den Jahren kaum weiterentwickelt. Hier setzt das Open-Champion-Modell an und integriert aktuelle Themen in die Methode. Anders als beim Hidden Champion wird zudem keine bloße Definition vorgelegt, sondern eine Blaupause, wie es traditionelle Mittelstandsunternehmen schaffen können, den digitalen und nachhaltigen Wandel voranzutreiben und von vorne zu gestalten.[6] Denn der Erfolg des Modells lebt auch von der Nachahmung und dem Mitarbeiten möglichst vieler anderer Unternehmen.
Hintergründe und Merkmale von Open Champions[Bearbeiten]
Initiator der Open-Champion-Methode ist die Marantec Company Group, ein international agierender Spezialist für Antriebssysteme für alle Arten von Toren mit Hauptsitz im ostwestfälischen Marienfeld[7], insbesondere die beiden CEOs Kerstin Hochmüller und Andreas Schiemann. Mit ihrem Leitbild für einen neuen deutschen Mittelstand reagieren sie auf die sich rasant wandelnden Bedingungen, denen sich KMU vor dem Hintergrund von Globalisierung und Digitalisierung stellen müssen, um im globalen Wettbewerb künftig wettbewerbsfähig zu bleiben. Open Champion ist Teil der Wachstumsstrategie der Unternehmensgruppe, die sich auf dem Weg vom Industrie- zum Digitalunternehmen befindet.[8] Es ist aber auch eine Methode, wie es gerade traditionelle Mittelstandsunternehmen schaffen können, im sich stark und schnell wandelnden Umfeld erfolgreich zu sein und den digitalen und nachhaltigen Wandel mitzugestalten und voranzutreiben.
Der Open-Champion-Ansatz verbindet die wesentlichen Themen der Zeit – Purpose, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Innovation – miteinander. Die Methodik ruht auf den vier Säulen “Best of Hidden Champion”, ”Open Innovation”, “Kooperationen” und “Leadership”.[1] Mit welchem Thema und wie ein Unternehmen die Transformation angeht, ist jeweils individuell gestaltbar.
Ein Unternehmen ist dann ein Open Champion, wenn es auf Basis eines Hidden Champion agiert, Open-Innovation-Prozesse nutzt, intern wie extern ein Netzwerk aufgebaut hat und mindestens eine externe Kooperation am Leben hält. Zudem muss es offen agieren sowie internes Wissen und Informationen, die über das Branchenübliche hinausgehen, teilen. Insgesamt muss die Transformation messbar sein und sich nach innen und außen auszahlen. Nicht alle diese Merkmale müssen direkt vollständig erfüllt sein. Der Wandel zum Open Champion ist ein Prozess.
Best of Hidden Champion[Bearbeiten]
Als die Wurzel ihres Unternehmertums bewahren Open Champions die Stärken eines Hidden Champion und entwickeln sie weiter. Dazu zählen Erfolgswille und Selbstbewusstsein. Hidden Champions sind extrem gut in dem, was sie tun. Sie sind (Welt-)Marktführer mit ihren Produkten. Das streben Open Champions ebenfalls an. Hidden Champions zeichnen sich des Weiteren durch ihr Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmer:in und Mitarbeitenden aus sowie in das Vertrauen in die eigenen Stärken. Zudem übernehmen sie als oft Inhabergeführtes Unternehmen Verantwortung für Mitarbeiter:innen und Gesellschaft.[9]
Durch die Öffnung stärken Open Champions das Beste des Hidden Champion. Unternehmertum bedeutet in diesem Modell buchstäblich unternehmen und gestalten, nicht Bewährtes verwalten. Verantwortung zu übernehmen für Mitarbeiter:innen und Gesellschaft bedeutet nicht nur, Arbeitsplätze zu sichern und damit die Region/ das Land zu stärken. Für einen Open Champion bedeutet es auch, einen Rahmen zu schaffen, in dem sich jede:r einzelne gesehen, geschätzt und wohl fühlt. Vertrauen aufeinander und in die eigenen Stärken sowie die Identifikation mit dem Unternehmen werden durch weitestgehenden Abbau von Hierarchien und ein offenes Führungsmindset gestärkt.[9] Entsprechend dem Open-Innovation-Ansatz werden neue Entwicklungen, anders als bei einem Hidden Champion, jedoch nicht zwangsläufig alleine oder hinter verschlossenen Türen vorangetrieben, sondern auch durch Kooperationen.
Open Innovation[Bearbeiten]
Open Innovation bezeichnet Innovationsprozesse, die nicht an den Grenzen von Unternehmen oder deren Innovationsabteilungen enden, sondern Akteure unabhängig von deren institutioneller Zugehörigkeit einbinden.[10] Damit steht diese Methode für die Öffnung von Innovationsprozessen für andere Stakeholder. Dies können Kund:innen, Hochschulen oder Forschungsinstitute sein. Open Innovation integriert allerdings nicht nur Externe in die internen Innovationsprozesse. Innovationen, die nicht zum Unternehmen passen, werden auch nach außen gegeben, etwa durch Spin-Offs, Lizenzierung oder Open-Source-Initiativen. Ziel ist die Vergrößerung des Innovationspotenzials durch Kombination interner und externer Kompetenzen.[11] Geprägt wurde der Begriff 2003 von dem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Henry Chesbrough.
Die Open-Champion-Methode beinhaltet als eine wichtige Säule den Open-Innovation-Ansatz. Durch ihn ist es ihnen möglich, die eigenen Kompetenzen und Erfahrungen zu reflektieren, externe Expertise zuzulassen, um gemeinsam auf Augenhöhe mit Start-ups, Expert:innen, Mittelständlern und Netzwerken zu kooperieren, und schließlich sinnstiftende, innovative Lösungen für selektierte Märkte und Nischen zu finden.[6] Innovationen werden dazu offen vorangetrieben von Teams, die bei Bedarf auch mit externen Partner:innen besetzt sind. Grundvoraussetzung dafür ist eine Netzwerkstruktur mit offener Kommunikation und transparentem Informationsfluss. Budgets sind offengelegt, alle relevanten Informationen, Ziele und Gedanken werden geteilt.[1]
Kooperation[Bearbeiten]
Open Champions bauen intern wie extern auf Kooperation auf Augenhöhe. Zusammenhänge werden immer komplexer und Entwicklungen geschehen immer schneller.[12] Um dem zu begegnen, nutzen Open Champions die Kompetenzen vieler, um Entwicklungsprozesse zu beschleunigen und innovative, nachhaltige und kundenzentrierte Lösungen für Produkte oder Dienstleistungen anbieten zu können. So bleiben sie Marktführer in ihrer Nische, gleichzeitig erschließen sie immer neue Nischen. Das macht sie schneller, robuster und zukunftsfähig.[13]
Folgende Merkmale zeichnen eine Kooperation im Sinne des Open-Champion-Ansatzes aus: Sie ist eine Win-Win-Situation für alle Partner:innen, findet abteilungs-, bereichs- und unternehmensübergreifend auf allen Ebenen statt, ist offen, ehrlich und transparent (alle relevanten Informationen werden offengelegt).
Beim Open-Champion-Ansatz bestimmt der Kooperations- und Netzwerkgedanke auch die interne Zusammenarbeit. Die einzelnen Teams organisieren sich um das jeweilige Kundenproblem herum, denken nicht zuerst in Abteilungen. So können die einzelnen Arbeitsschritte unmittelbar ineinander greifen und Entscheidungen auf einer breiten Basis effektiv und schnell getroffen werden. Damit wird Verantwortung an eine Gruppe von Menschen übergeben, sie arbeiten eigeninitiativ. Dieses Vertrauen motiviert.[13]
Leadership[Bearbeiten]
Der weitestgehende Abbau von Hierarchien ist eine wichtige Voraussetzung für die mit dem Open-Champion-Ansatz verbundene Öffnung auf allen Ebenen. So geschieht der Wandel von innen heraus und entwickelt eine enorme Dynamik. Gearbeitet und entschieden wird in Teams. Statt klassischer Hierarchien gibt es Leitplanken und werteorientierte Verhaltensregel, die die tägliche Zusammenarbeit bestimmen. Innerhalb dieses Rahmens organisieren sich die Mitarbeitenden um das jeweilige Problem herum.[2] Übergeordnet spricht man hier von einer Netzwerkorganisation.
Statt Positionen gibt es Rollen und Aufgaben, für die sich die:der Einzelne verantwortlich zeigt.[14] Damit wird gewährleistet, dass jede:r so arbeiten kann, wie er:sie es den Unternehmenszielen entsprechend richtig findet. In der Folge steigen Motivation, Identifikation mit den Unternehmenszielen und -grundsätzen sowie Produktivität. Statt starrer Hierarchien ergeben sich Entscheidungsebenen.
Entscheidungen können prinzipiell von allen Mitarbeitenden getroffen werden. Voraussetzung ist, dass sie dazu bereit sind und die entsprechende Expertise mitbringen.[15] Diese Expertise ist es auch, die die Kolleg:innen anerkennen und so freiwillig folgen, nicht aufgrund einer Position.[14][16]
Bewusst wird die kollektive Intelligenz genutzt, in der Überzeugung, dass Entscheidungen von vielen (Expert:innen) besser sein müssen als die einer einzelnen Person.
Aufgabe derjenigen, die gemäß dem Open-Champion-Ansatz führen, ist es zu motivieren und Talente zu entdecken. So werden Engagement und Eigenverantwortung gefördert, im Gegenzug werden diese Eigenschaften von den Mitarbeitenden auch gefordert.[15] Führungspersonen agieren eher als Mentor. Es geht um die Förderung von Spaß an der Arbeit und persönlicher Entwicklung und dazu die passende Umgebung zu schaffen, etwa durch flexibel Arbeitszeitmodelle.[2]
Einzelnachweis[Bearbeiten]
- ↑ 1,0 1,1 1,2 OPEN CHAMPION. Abgerufen am 7. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Leadership. In: Open Champion. Abgerufen am 7. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ Simon, Hermann: Die heimlichen Gewinner: Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer. Campus, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-593-35460-8.
- ↑ Simon, Hermann: Hidden Champions des 21. Jahrhunderts: Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer. Camous, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-593-38380-4.
- ↑ Rammer, Christian und Alfred Spielkamp: Hidden Champions – Driven by Innovation: Empirische Befunde auf Basis des Mannheimer Innovationspanels. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, April 2015, ISSN 1611-681X.
- ↑ 6,0 6,1 Burger, Claudia: Ohne Wandel ist der Mittelstand nicht zukunftsfähig. In: https://www.vdi-nachrichten.com/. VDI, 25. November 2021, abgerufen am 3. Januar 2022 (deutsch).
- ↑ Marantec Company Group. Abgerufen am 7. Februar 2022.
- ↑ Kerstin Hochmüller: Vom Industrie- zum Digitalunternehmen – so werden Hidden zu Open Champions. In: Xing.com. Marantec Company Group, 13. September 2021, abgerufen am 7. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ 9,0 9,1 Best of Hidden Champion. In: Open Champion. Abgerufen am 7. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ Dr. Tanja Jovanovic, Dr. Benedikt Höckmayr: Open Innovation – Das ABC der Offenheit?! In: bayern-innovativ.de. Bayern Innovativ, 2020, abgerufen am 7. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ Markgraf, Daniel: Open Innovation. In: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/. 16. Februar 2018, abgerufen am 7. Februar 2022.
- ↑ Kerstin Hochmüller: Warum Hierarchien lähmen - Mit echter Teamarbeit zum Open Champion. In: xing.com. 28. Juni 2021, abgerufen am 7. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ 13,0 13,1 Kooperationen. In: Open Champion. Abgerufen am 7. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ 14,0 14,1 Kerstin Hochmüller: Hierarchien abschaffen – und was passiert dann? In: xing.com. 13. Dezember 2021, abgerufen am 7. Februar 2022 (deutsch).
- ↑ 15,0 15,1 Rau, Kristin: Eigenverantwortung: Allein verantwortlich? Bloß nicht! In: WitschaftsWoche. Nr. 48. Handelsblatt GmbH, Düsseldorf 2021, S. 90 ff.
- ↑ Hays-Studie: Anpassung an eine neue Normalität. Abgerufen am 7. Februar 2022 (deutsch).
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