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Risikogerechte Projektbewertung

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Die risikogerechte Projektbewertung ist ein Teilgebiet des Corporate Finance und beschreibt Methoden zur Wertermittlung eines Projektes im Unternehmen mit Hilfe seines fundamentalen Ertragswerts.
Im Gegensatz zu einer „traditionellen“ Projektbewertung mittels Capital Asset Pricing Model (CAPM) werden sämtliche vorhandenen Informationen und relevante Risiken in die Bewertung miteinbezogen.
Die dadurch entstehende Vergleichsmöglichkeit von verschiedenen Projekten gewährleistet eine optimale Vorbereitung von unternehmerischen Entscheidungen im Hinblick auf eine effiziente und risikogerechte Verteilung knapper Ressourcen im Unternehmen (wertorientierte Unternehmensführung).

Kritik an der „traditionellen“ Projektbewertung mittels CAPM[Bearbeiten]

Zur Finanzierung eines Projektes muss das Unternehmen häufig Kapital am Markt aufnehmen, wobei die Finanzierungskonditionen in Beziehung zur Unternehmensbewertung stehen. Da ein Projekt laut Definition einmalig stattfindet und eine Neuartigkeit aufweist, besitzt der Kapitalmarkt keinerlei bewertungsrelevante Daten zu den Projektinformationen und Projektrisiken. Um trotzdem eine Projektbewertung durchführen zu können, greifen Manager häufig auf das Capital Asset Pricing Model (CAPM) zurück, um die Kapitalkosten zu bestimmen.
Die erwartete Rendite wird also auf Basis der Aktienrenditeschwankungen des Unternehmens errechnet. Das Risiko wird allgemein im Betafaktor, der die Standardabweichung der erwarteten Rendite darstellt, abgebildet. Die eigentliche Projektbewertung erfolgt über die Discounted Cashflow-Methode, die den Kapitalwert (net present value, NPV) des Projektes ermittelt. Er berechnet sich durch die Abzinsung der erwarteten Zahlungen mit Hilfe des mittels CAPM errechneten Diskontierungszinssatzes und dem anschließenden Aufsummieren.
Dieser Ansatz stellt heute die gängige Praxis zur Bestimmung des Kapitalwerts eines Projektes dar[1].
Allerdings führt die Anwendung des CAPM aufgrund der engen Prämissen zu Schwächen bei der Anwendbarkeit[2]:

  • Zur Berechnung des Betafaktors (Risikomaß) unterstellt das CAPM einen vollkommenden Kapitalmarkt, der in der Realität nie existent ist
  • Das Modell schließt anhand historischer Aktienrenditen auf die erwartete, zukünftige Rendite des Unternehmens bzw. des Projektes
  • Der Kapitalmarkt hat zu jedem Zeitpunkt weniger Informationen zu den Projektrisiken als die Unternehmensführung (Informationsasymmetrie)
  • Es herrschen Unklarheiten bei der Bewertung, sobald keine Kapitalmarktdaten vorhanden sind (z.B. bei nicht börsennotierten Unternehmen)
  • CAPM berücksichtigt nur die im Betafaktor determinierten, systematischen Risiken (z.B. Konjunktur)
  • Der Ansatz erlaubt Bewertungs- und Manipulationsspielraum[3]

Die Anwendung des CAPM führt daher zu einer kapitalmarktorientierten Projektbewertung, in der die Projektrisiken nur in sehr geringem Umfang einfließen. Empirische Studien haben belegt, dass der CAPM-Ansatz nur zufällig zu einer risikogerechten Bewertung führt und daher ungeeignet ist.
Um alle Projektrisiken in eine Bewertung miteinfließen zu lassen, ist eine wertorientierte und risikogerechte Projektbewertung nötig. Sie verarbeitet sämtliche vorhandenen Informationen und insbesondere systematische und unsystematische Risiken. Die Grundidee einer risikogerechten Projektbewertung ist es, den Projektwert nicht anhand historischer Kapitalmarktdaten zu ermitteln, sondern vielmehr aus dem aggregierten Ertragsrisiko abzuleiten.

Risikogerechte Projektbewertung[Bearbeiten]

Einführung[Bearbeiten]

Eine Projektentscheidung ist immer eine Entscheidung unter Unsicherheit, da entscheidungsrelevante Projekteigenschaften (z.B. Höhe, Zeitpunkt und Eintreten von Zahlungen) einem gewissen Zufall unterliegen. Um eine qualifizierte Projektentscheidung treffen zu können, muss mit Hilfe einer Projektbewertung ein Vergleichsmaßstab geschaffen werden.
Im Gegensatz zu einer kapitalmarktorientierten Projektbewertung werden aus der Risikoanalyse einer risikogerechten Projektbewertung die Risikomaße aus dem Bewertungsobjekt selbst, also dem Projekt und seinen erwarteten Zahlungen, hergeleitet. Der Hintergrund ist hierbei, dass sämtliche vorhandenen Informationen und relevanten Risiken in die Bewertung miteinfließen. Außerdem kann nicht nur die Standardabweichung (wie im CAPM) als Risikomaß dienen, sondern beispielsweise auch der Value-at-Risk. Dadurch können Besonderheiten der Wahrscheinlichkeitsverteilungen, wie eine Schiefe oder eine Wölbung, in der Bewertung beachtet werden[1].

Vorgehen[Bearbeiten]

Bei einer risikogerechten Projektbewertung werden die erwarteten, aber unsicheren Zahlungsströme (Cashflows) im Rahmen einer Risikoanalyse, in der potentielle Gefahren und Chancen des Projektes identifiziert werden, untersucht. Beide Risikoausprägungen können zu einer Planabweichung in den erwarteten Zahlungsströmen führen (Gefahren mit negativem Einfluss, Chancen mit positivem Einfluss). Da ein Projekt aus vielen Einzelrisiken besteht, ist es sinnvoll, im Rahmen einer Risikoaggregation einen gesamten Projektrisikoumfang zu ermitteln, um eine risikogerechte Gesamtbewertung zu ermöglichen. Die verschiedenen Einzelrisiken eines Projektes stehen häufig untereinander in Relation, wirken sich am Ende jedoch auf die gleiche Größe aus, den Projektertrag (Gewinn). Um diese kombinierte Wirkung in eine Projektbewertung miteinfließen zu lassen, muss eine Aggregation der Risiken erfolgen. Dies erfolgt mit Hilfe einer Monte-Carlo-Simulation.

In ihr werden alle relevanten Projektrisiken mit entsprechenden Eintrittswahrscheinlichkeiten und den Schadenshöhen auf den jeweiligen Plan-GuV- bzw. Plan-Bilanz-Posten erfasst. Oftmals sind einzelne Projektrisiken nur subjektiv schätzbar – daher kann es sinnvoll sein, statt sicherer Schadenshöhen Bandbreiten zu verwenden, um eine Scheingenauigkeit zu vermeiden[4]. Um ein besseres Ergebnis der Simulation zu erhalten, fasst man, soweit möglich, einzelne Projektrisiken über heuristische Regeln zusammen[4] (Risiko-Neustrukturierung).
Den Projektrisiken werden anschließend im Rahmen einer Risikoquantifizierung Wahrscheinlichkeitsverteilungen zugeordnet. Häufig angewandt werden hier beispielsweise die Normalverteilung oder die Dreiecksverteilung, in welcher der Mindestwert, der wahrscheinlichste- sowie der Maximalwert angegeben werden können.
Die Simulation spielt nun eine beliebige Anzahl an möglichen Zukunftsszenarien durch und berechnet das Zusammenspiel der Risiken und ihrer Wirkungen auf die GuV und Bilanz. In jedem simulierten Einzelszenario errechnet sich am Ende der Projektwert (z.B. mit dem Ertrag als Zielgröße) aus den erwarteten Cashflows des Projektes und den Wirkungen der Projektrisiken auf diese Cashflows. Nach einer hinreichend hohen Anzahl an Durchläufen erhält man eine Häufigkeitsverteilung für die Zielgröße.

Zur anschließenden Bewertung werden Risikomaße eingesetzt. So kann der Verteilung ein greifbarer und vergleichbarer Wert des jeweiligen Projektrisikos entnommen werden.

Ergebnisinterpretation[Bearbeiten]

Die Häufigkeitsverteilung (z.B. Ertrag) kann anschließend genutzt werden, um z.B. den Eigenkapitalbedarf des Unternehmens bei Projektdurchführung zu bestimmen. Der Eigenkapitalbedarf repräsentiert nun den aggregierten Gesamtrisikoumfang und wird damit zum Risikomaß. Er und bestimmt die maximale Abdeckung risikobedingter-Projektverluste (Risikodeckungspotential). So kann die Wahrscheinlichkeit für eine Überschuldung oder Illiquidität des Unternehmens hergeleitet werden. Des Weiteren kann bewertet werden, in wie weit bei dem Projekt bestandsgefährdende Entwicklungen für das Unternehmen nach §91 AktG vorliegen könnten. Damit trägt das Bewertungsverfahren der gesetzlichen Anforderung aus dem Kontroll- und Transparenzgesetz (KonTraG) Rechnung und mindert so die Haftungsrisiken der Unternehmensführung[5].
Durch den Eigenkapitalbedarf können weitere Projekteigenschaften definiert werden. So lässt sich z.B. ein risikogerechter Diskontierungszinssatz ableiten, sodass eine abschließende, risikogerechte Projektbewertung mit Hilfe der Discounted Cashflow-Methode erfolgen kann. Zur Bestimmung des Diskontierungszinssatz und der Gesamtkapitalkosten eines Projektes gilt folgernder Zusammenhang: Je größer die Risiken eines Projektes sind, desto größer sind die möglichen aggregierten Planabweichungen. Diese begründen wiederum einen erhöhten Eigenkapitalbedarf, weshalb das Unternehmen mehr Eigenkapital halten muss, um mögliche Verluste decken zu können. Da Fremdkapital aber günstiger zu beschaffen ist als Eigenkapital, führt dies zu einem erhöhten Diskontierungszinssatz bei der risikogerechten Projektbewertung im Vergleich zu einer kapitalmarktorientierten Bewertung.
Die Wahrscheinlichkeit für eine Überschuldung oder Illiquidität des Unternehmens im Rahmen eines Projektes kann auch für ein Rating genutzt werden. Hierbei wird das Projekt durch unabhängige Dritte beurteilt. Die Zielsetzung eines Projektratings ist eine erhöhte Transparenz bezüglich der Projektrisiken gegenüber den investierenden Fremdkapitalgebern. Dieser Vertrauensaufbau ermöglicht in der Regel mehr Fremdkapital bzw. günstigere Konditionen[6].
Ein Projekt kann aus somit zwei verschiedenen Perspektiven bewertet werden:

  • aus der Sicht der Eigentümer bzw. des Unternehmens
  • aus der Sicht der Gläubiger

Ein abschließender Vergleich bewerteter Projekte kann anschließend beispielsweise in einem Rentabilitäts-Risiko-Diagramm erfolgen. Es stellt grafisch die Abwägung zwischen erwartetem Ertrag (Gewinn) und (aggregiertem) Projektrisikoumfang dar. Die Maximalrisikolinie zeigt den maximalen Projektrisikoumfang[7], der vom Unternehmen mit Eigenkapital und Liquiditätsreserven gedeckt werden kann.
Die Grenze zwischen den Felder „Investieren“ sowie „Nicht investieren“ wird durch die Kapitalkostenlinie definiert und stellt einen Benchmark dar. Sie zeigt die mögliche Rendite-Risiko Kombination, die mit einem gemischten Aktienportfolio durchschnittlich erzielt wird, weshalb sich mögliche Projekte mindestens auf dieser Linie befinden sollten. Für ein Projekt stellt es die Mindestrendite bzw. die Kapitalkosten dar und setzt sich aus dem risikolosem Zinssatz und einer projektspezifischem Risikoprämie zusammen.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 Gleißner, W.: Risikoanalyse und Replikation für Unternehmensbewertung und wertorientierte Unternehmenssteuerung, in: WiSt, 7/2011, S. 345–352.
  2. Gleißner, W. & Berger, T.: Einfach lernen! Risikomanagement. Ventus Publishing ApS 2012, ISBN 978-87-7681-977-4, S. 10
  3. Fink, S.: Bewertungsprobleme bei der Verschmelzung von Genossenschaften. Forschungsinstitut für Genossenschaftswesen 2008, ISBN 978-3-924677-36-7, S. 219–220 m.w.N.
  4. 4,0 4,1 Gleißner, W.: Quantifizierung komplexer Risiken – Fallbeispiel Projektrisiken. In: Risiko-Manager. Heft 22, Bank-Verlag, Köln 2014, S. 1, 7–10.
  5. Gleißner, W.: Projektrating: Controlling und Risikoanalyse bei der Vorbereitung von Top-Management-Entscheidungen. In: Controller Magazin. Juli / August 2015, Verlag: Controlling Wissen AG, Wörthsee-Etterschlag 2015, S. 4–12
  6. Gleißner, W.: Projektrating: Fallbeispiel für Investitionen in erneuerbare Energiequellen. In: Kredit & Rating Praxis. Heft 5, Verlag: Rek & Thomas Medien AG, St. Gallen 2012, S. 11–18
  7. Gleißner, W.: Risikobewertung für Investitionen: Bestimmung risikogerechter Finanzierungsstrukturen und Renditeanforderungen durch Simulationen. In: Der Controlling– Berater – Investitions– und Projektcontrolling. Band 30, Haufe-Lexware - Verlag, 2013, S. 213–236.


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