Service-Delivery-Modell
Das Service-Delivery-Modell beschreibt die Art und Weise, wie ein Shared Service Center die Dienstleistungen für seine Kunden erbringt. Die Einführung eines neuen Service-Delivery-Modells bringt meist tiefgreifende Änderungen beim Kundenkontakt und der Spezialisierung der Mitarbeiter mit sich; häufig wird es sogar mit der Gesamtkonzeption eines Shared Service Centers gleichgesetzt.
Die meisten Unternehmen wählen beispielsweise für ein HR Shared Service Center ein Service-Delivery-Modell, das zum einen die Vorteile von Self Services und Mitarbeiterportalen nutzt (Tier 0) und eine weitreichende Spezialisierung der Mitarbeiter im Shared Service Center vorsieht. Mit Hilfe dieses „Trichtermodells“ sollen beispielsweise die Experten von Mitarbeiteranfragen entlastet und diese durch ein qualifiziertes „Call Center“ (Tier 1) beantwortet werden. Im Einzelnen kennzeichnet ein Service-Delivery-Modell:
- Kommunikationskanäle: In der Regel werden Telefon, E-Mail, Telefax und Papierbelege (Briefe, Dokumente etc.) als Kommunikationskanäle definiert und akzeptiert. Ziel ist meist, E-Mail als bevorzugtes Medium zu etablieren; besser noch, den Mitarbeitern ein Self Service zur Verfügung zu stellen, mit dem sie Ihre Anfragen in Form eines „Tickets“ selbst erfassen können. E-Mail (Und Ticket Self Services) erlauben eine asynchrone und damit effizientere Bearbeitung der Anfragen. Telefonische Anfragen können durch ein CTI-System unterstützt werden. Durch diese Computer Telephony Integration ist es möglich, den Anrufenden anhand der Telefonnummer zu erkennen. Telefaxe werden meist direkt in E-Mails mit entsprechendem elektronischem Anhang konvertiert und werden in der Praxis kaum genutzt. Je nach Branche und Reifegrad des Shared Service Centers können jedoch noch weitere Kommunikations- bzw. Eingangskanäle vorgesehen werden, so z. B. auch ein direkter Besuch in einer „Beratungsstelle“, die bereits den Tier 1 darstellt.
- Tier 0: Anfragen von Mitarbeiter oder Führungskräften können am effizientesten über das Mitarbeiterportal oder einen entsprechenden Self Service beantwortet werden, da dies keine direkte Interaktion von Seiten der Mitarbeiter eines SSCs erfordert. Voraussetzung ist ein leicht aufzufindender, zielgruppenspezifischer, umfassender und aktueller Inhalt der angebotenen Informationen im Portal. Für die häufigsten Genehmigungsprozesse sollten Employee Self Services vorhanden sein, die einen Workflow auslösen (Urlaubsantrag, Kursbuchung..) oder Änderungen direkt im Personalinformationssystem durchführen (z. B. Aktualisierung Notfalladresse). Idealerweise ist das Mitarbeiterportal mit der Wissensdatenbank integriert; Unternehmen müssen dafür Sorge tragen, dass die Verantwortlichkeiten zur Aktualisierung des Mitarbeiterportals eindeutig festgelegt sind und verfolgt werden.
- Tier 1: Mitarbeiter im „Tier 1“ bearbeiten die eingehenden Mitarbeiteranfragen und legen für jede Anfrage ein Serviceticket an. Die meisten Unternehmen versuchen, bereits 80 % der Anfragen, die Tier 1 erreichen, dort zu beantworten (qualitativer Tier 1). Mit Hilfe der Wissensdatenbank und speziellen FAQ – Listen für jeden Service werden die Tier 1 – Mitarbeiter in die Lage versetzt, die Anfragen zu bearbeiten. Anfragen, die nicht unmittelbar bearbeitet werden können, werden an Tier 2 weitergeleitet. Die detaillierten Prozesse, wie Anrufer authentifiziert werden, die Entscheidung über die Neuanlage eines Tickets oder die Verwendung eines Bestehenden etc. werden durch die Serviceprozesse im Tier 1 beschrieben. In manchen Fällen ist „Tier 1“ auch zweistufig, um bspw. nochmals zwischen Mitarbeitern zu unterscheiden, die einen Anruf entgegennehmen und ein Ticket eröffnen und höher qualifizierten Mitarbeitern, die die Anfragen inhaltlich bearbeiten. Zentrale Fragestellungen bei der Planung von Tier 1 sind bspw. die zu unterstützenden Sprachen, Servicezeiten, Personalbemessung, Umfang der benötigten Kompetenzen und Verantwortlichkeiten etc.
- Tier 2: Unter „Tier 2“ werden meist die verschiedenen Prozessspezialisten zusammengefasst, die für das „Tagesgeschäft“ und damit die Standardprozesse in den einzelnen Servicebereichen zuständig sind. Häufig sind sie diejenigen, die Daten z. B. in SAP ERP HCM ändern, falls dies durch die Art der Anfrage notwendig ist.
- Tier 3: Die Mitarbeiter in einer Expertenrolle und damit „Tier 3“ im Service Delivery Modell müssen nicht zwangsläufig Mitarbeiter des SSC sein. Sie nehmen die Anfragen, die Tier 2 nicht beantworten konnte, entgegen und ziehen ggf. weitere (interne und externe) Mitarbeiter hinzu.
- Kunden: Grundsätzlich muss geklärt werden, für welche Mitarbeitergruppen die Anfragen in der beschriebenen Art und Weise bearbeitet werden sollen. Meist wird für obere Führungskräfte ein anderer Weg eingeschlagen; auch eignet sich das Modell – zumindest zu Beginn – nicht für alle Führungskräfte für alle Anfragen oder für entsandte Mitarbeiter im Ausland.
Abhängig von den organisatorischen Anforderungen, dem Zentralisierungs- und Reifegrad eines Shared Service Centers kommt es zu Abweichungen von dem beschriebenen Modell. Das Modell hat Auswirkungen auf verschiedenste andere Elemente eines Shared Services, z. B. auf die benötigte Technologie (Wissensdatenbank, Employee Interaction Center..), auf die Definition der Anforderungsprofile und Rollendefinitionen, Service Level Agreement etc.
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