Stehende-Wellen-Farbtheorie
Die Stehende-Wellen-Analyse (SWA) ist eine These des Augenarztes Jörg Krumeich und des Physikers Alfred Knülle-Wenzel, die diese zur Erklärung des Farbsehens 1992 aufgestellt haben. Anders als die übliche Lehrmeinung, dass Farben von verschiedenen Zapfentypen zerlegt und erkannt werden, beschreibt die SWA die Entstehung von stehenden Wellen innerhalb des Auges. Durch die Lichtreflektion an der Bruch-Membran, der untersten Schicht der Netzhaut, auf der die Rezeptoren liegen, entsteht die stehende Welle innerhalb der Zapfen, die von den dort vorhandenen Scheibchen mit den photosensitiven Molekülen energetisch gemessen wird. Jede einzelne Farbe wird durch ein einzigartiges Energiemuster erkannt, dem Fingerabdruck der Farbe. Das Gehirn erkennt Farben also durch Mustererkennung und nicht durch chemische Reaktion innerhalb des Gewebes, die durch verschiedene Farben ausgelöst werden sollen.
Physik[Bearbeiten]
Entstehung der stehenden Welle innerhalb der Zapfen[Bearbeiten]
Durch die Reflektion des Lichtes an der Bruch-Membran, entsteht direkt vor dieser Membran eine stehende Welle. An dieser Position befinden sich Rezeptoren für das Licht, die Zapfen, die auf die Bruch-Membran gerichtet sind. Die stehende Welle wird durch die Scheibchen in den Zapfen energetisch abgetastet. Während andere Theorien von „einem Fehler der Mutter Natur“ sprechen, erklärt sich die von der Lichtquelle abgewandte Ausrichtung der Rezeptoren dadurch, dass sie genau dort platziert sind, wo die stehende Welle erzeugt wird.
Wellenlänge von Farbe[Bearbeiten]
Verschiedene Farben von Licht haben verschiedene Wellenlängen, die innerhalb ihres Schwingungsweges gemessen und dargestellt werden können. Sichtbares Licht umfasst elektromagnetische Wellen einer Wellenlänge im Bereich von 400nm (violett) bis 750nm (rot).
Berechnung der stehenden Welle[Bearbeiten]
Information zu stehenden Wellen ist im Hauptbeitrag dazu zu finden. Eine mathematische Beschreibung findet sich im englischen Artikel zu Stehende Welle
Farb-Fingerabdrücke[Bearbeiten]
Durch verschiedene Wellenlängen der Farbe entstehen verschiedene energetische Muster. Die Intensitäten der stehenden Wellen an den Orten der Scheibchen erzeugen regelmäßige Muster. Die Scheibchen messen die Intensität der stehenden Welle in gleichmäßigen Intervallen aus. Diese Intensitäten können dargestellt werden und ergeben für jede Farbe des Spektrums ein charakteristisches Muster.
Colorgramme als beispielhafte Darstellung der Farb-Fingerabdrücke[Bearbeiten]
Wenn die Intensitäten in Strichlängen umgesetzt werden, ergibt sich ein ablesbares einzigartiges Muster für jede Farbe in Form der Reihenfolge der Striche. Der Abstand der Scheiben beträgt etwa 55nm, und ist damit genau passend für das sichtbare Licht im Bereich 750 - 400 nm geeignet. Nach dem Nyquist-Shannon-Abtasttheorem sollen Strukturen mit mindestens zwei Messungen pro Periode gemessen werden. Unter Berücksichtigung des Brechungsindexes in der Netzhaut kommt man damit auf einen Maximalwert für den Abstand der Scheiben von ca 70 nm.
Erklärung von Farbfehlsichtigkeit[Bearbeiten]
In der Dreifarbentheorie ist fehlerhaftes Farbsehen durch das Fehlen von bestimmten Farbpigmenten oder durch anormale Absorption erklärt. In SWA wird fehlerhaftes Farbsehen durch ein völlig anderes Konzept erklärt, da die Absorptionskurve der Farbpigmente hier irrelevant ist. Da Farbsehen allein durch Erkenntnis von Mustern angenommen wird, können als Ursache Defekte entweder in der Entstehung der Muster gesehen werden oder es werden gar keine Muster produziert.
Defekte in Musterformation[Bearbeiten]
Eine Möglichkeit für die Entstehung von falschen Mustern ist inkorrekter Abstand zwischen den Scheibchen. Der normale Abstand zwischen den Scheibchen wurde mit 55nm angenommen. Das ist in Übereinstimmung mit elektronenmikroskopischen Messungen der äußeren Segmente der Zapfen.
Colorgramme für das gesamte Spektrum, die mit geändertem Abstand der Scheibchen erstellt werden, ergeben andere Farb-Fingerabdrücke als bei normalem Abstand. Bei doppeltem Abstand der Scheibchen von 110 nm ist zu erkennen, dass spiegelbildlich zur Wellenlänge von 590 nm die Muster in symmetrischer Wiederholung arrangiert sind. Rotes Licht einer Wellenlänge von 620 nm generiert das gleiche Muster wie Grün der Wellenlänge von 560 nm. Ein Rot-Grün Blinder hat danach ungefähr den doppelten Abstand der Scheibchen eines Normalfarbsichtigen. Für ihn haben dann tatsächlich die Kirschen und die umgebenden Blätter denselben Farbton. Colorgramme für Scheibchen, die einen Abstand von der Hälfte der normalen Distanz, also 27,5 nm haben, ergeben, dass die entstehenden Muster über das gesamte Spektrum verteilt sehr ähnlich sind. Die Farben können kaum unterschieden werden, dies ist die typische Wahrnehmung einer vollständig farbenblinden Person.
Farbsehen und skotopisches Sehen[Bearbeiten]
Die Dreifarbentheorie weist Farbsehen den Zapfen zu, die eine typische konische Form aufweisen anders als die Stäbchen, die zylindrisch ausgeprägt sind. Elektronenmikroskopische Untersuchungen der Netzhaut zeigen jedoch ähnliche zylindrische Sensoren, die nicht in zwei verschiedenen typische Gruppen eingeteilt werden können. Die Frage, warum die Zapfen bei größerer Lichtintensität daran gehindert sind, ihre Information an das Gehirn weiterzugeben, bleibt ungeklärt. Es gibt auch keine Tests die zeigen, dass Zapfen sensitiver sind als Stäbchen. Deshalb geht die SWA davon aus, dass die geringe morphologische Differenz zwischen den Zapfen und Stäbchen eine unterschiedliche Funktion nicht begründen kann.
Colorgramme bei geringen Lichtintensitäten[Bearbeiten]
Colorgramme bei Intensitäten von gedämmtem Licht zeigen, dass nur die vorher intensivsten Linien nachvollziehbar sind. Die schwächeren Linien dazwischen verschwinden. Demnach verliert ein charakteristisches Muster der jeweiligen Wellenlänge wichtige Informationen und kann nicht weiter erkannt werden. Die Tafel zeigt nur einige wenige Linien ohne unterscheidbare Muster. Dies erklärt, weshalb bei Nacht Farben schlecht oder gar nicht differenziert werden können.
Colorgramme bei hohen Lichtintensitäten[Bearbeiten]
Colorgramme für hohe Lichtintensitäten zeigen, dass es eine Maximalstimulation gibt, über die hinaus die Intensitäten nicht weiter differenziert werden können. Mit höherer Lichtintensität werden die kürzeren Linien zunehmend lang, bis sie ihre maximale Länge erreicht haben. Als Folge ändert sich ein Muster, dass initial klar war, durch intensives Licht (Flutlicht oder Spotlights) zu einer strukturlosen Formation.
Literatur[Bearbeiten]
- Jörg H. Krumeich, Alfred Knülle-Wenzel: Standing Wave Analysis: A New Vision of Color. Biermann, 1992, ISBN 9783924469795.
- Jörg H. Krumeich, Alfred Knülle-Wenzel: Standing wave analysis for the vision of color. In: Optica Applicata. Vol.32/2002, Nr. 4, S. 641-652
- Eckhard Bendin: Zur Farbenlehre. Studien - Modelle - Texte. Die Verlagsgesellschaft, 2011, ISBN 978-3940418425
- Dr. Jörg H. Krumeich und Dipl.-Phys. Alfred Knülle-Wenzel: Farberkennung und Analyse der stehenden Welle. In: Farbe als Experiment. Deutsches Farbenzentrum e.V. Bergische Universität Wuppertal, abgerufen am 25. September 2014.
- John Harris: Rods and cones as wave detectors. In: Rewiring Neuroscience. Abgerufen am 1. Januar 2014 (english).
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