Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V.
Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V. | |
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Abkürzung | BEL |
Rechtsform | eingetragener Verein |
Gründung | 2017 |
Sitz | Lassan |
Zweck | Eine ökosoziale Transformation der Landbewirtschaftung und Nahrungserzeugung und der Ausstieg aus der Nutzung chemisch-synthetischer Pestizide |
Vorstand | Boris Frank, Antje Tönnis, Johannes Heimrath, Niels Kohlschütter, Stefan Voelkel |
Mitgliederzahl | über 60 Mitglieder (Stand: 2022) |
Website | www.enkeltauglich.bio |
Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e. V. (BEL) ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, zu dem sich Bio-Hersteller, Naturkost-Fachhändler und zivilgesellschaftliche Organisationen zusammengeschlossen haben.[1] Das Bündnis engagiert sich für eine ökosoziale Transformation der Landbewirtschaftung und der Nahrungserzeugung und setzt sich mit der Kampagne „Ackergifte? Nein Danke!“ für einen Ausstieg aus der Nutzung chemisch-synthetischer Pestizide ein.[2]
Arbeitsweise[Bearbeiten]
Das BEL verfolgt seine Ziele durch Forschung, Dialoge mit Politik und allen Beteiligten der Wertschöpfungskette sowie Öffentlichkeitarbeit und Kampagnen, mit denen es auf die Probleme der aktuellen Landbewirtschaftung aufmerksam machen und Einfluss auf die politischen Entscheidungen im Landwirtschaftsbereich nehmen will.[2] Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft ist parteiunabhängig und als gemeinnützig anerkannt. Der Verein finanziert sich vorwiegend aus Beiträgen der Mitgliedsunternehmen.
Gründungsgeschichte[Bearbeiten]
Das BEL wurde 2017 von Johannes Heimrath (Gründer der Bürgerinitiative Landwende) und Stephan Paulke (ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Basic AG) sowie der Schweisfurth Stiftung ins Leben gerufen.[3] Die von der Bürgerinitiative Landwende initiierte „Urinale 2015“, in der über 2000 Urinproben positiv auf Glyphosat getestet wurden, bildete hierbei den Ausgangspunkt für die Arbeit des BEL.[4] Da auch bei Bio-Konsumenten Glyphosat im Urin nachgewiesen wurde, lag die Vermutung nahe, dass Glyphosat und andere chemisch-synthetische Pestizide sich nicht über Lebensmittel, sondern vor allem über die Atmosphäre verbreiten und somit über die Atemluft in den Körper gelangen. Die vom BEL und dem Umweltinstitut München initiierte Studie zur „Pestizid-Belastung der Luft“ bestätigte diese Vermutung.[5] Dies stellt nicht nur eine potenzielle Gefahr für Umwelt und Gesundheit dar. Vielmehr bedroht dieser Ferntransport von Pestiziden auch die wirtschaftliche Existenz der Bio-Bauern und -Bäuerinnen sowie Bio-Unternehmen generell, die ihre Erzeugnisse nicht vor unverschuldeter Kontamination durch chemisch-synthetische Pestizide aus der sogenannten konventionellen Landwirtschaft schützen können.
Um auf diese Problematik im öffentlichen Bewusstsein wie auch in der Politik hinzuweisen, schlossen sich Bio-Unternehmen und gemeinnützige Organisationen zum Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft zusammen.[2][6]
Mitglieder[Bearbeiten]
Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft hat derzeit über 60 Mitglieder, bestehend aus Bio-Herstellern, Bio-Händlern und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Dazu gehören u.a. basic Aktiengesellschaft Lebensmittelhandel, BIO COMPANY SE, Bürgerinitiative Landwende e.V., ebl-naturkost GmbH & Co. KG, GLS Gemeinschaftsbank eG, Neumarkter Lammsbräu Gebr. Ehrnsperger KG, Rapunzel Naturkost GmbH, Schweisfurth Stiftung, Sonnentor Kräuterhandels GmbH, St. Leonhards Quelle GmbH & Co. KG und Voelkel GmbH.
Studie "Pestizid-Belastung der Luft"[Bearbeiten]
Gemeinsam mit dem Umweltinstitut München beauftragte das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft 2019 das wissenschaftliche Institut TIEM mit der Durchführung der Studie „Pestizid-Belastung der Luft“.[7] Hierzu wurden im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts 116 Standorte in der gesamten Bundesrepublik während des Jahres 2019 untersucht.[8] Folgende Sammelmethoden wurden eingesetzt: technische Passivsammler (49 Standorte), Filtermatten aus Be- und Entlüftungsanlagen (20 Standorte), Bienenbrot der Honigbiene (41 Standorte) und Rindenproben (6 Standorte). Analysiert wurden die Proben mittels Multi-Analytik auf über 500 Wirkstoffe, darunter Glyphosat, Glufosinat und AMPA (Aminomethylphosphonsäure, Abbauprodukt des Glyphosats). In die Untersuchung floss zudem eine – ebenfalls vom BEL initiierte – Vor-Untersuchung an Baumrinden aus den Jahren 2014 bis 2018 ein (47 Standorte).[9] An den 163 Untersuchungsstandorten wurden insgesamt 138 Pestizide gefunden.[10] Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass sich Pestizide bis zu 1.000 km von ihrer potentiellen Quelle über die Luft verbreiten können. Die am häufigsten und am weitesten von den Ursprungs-Äckern entfernt gefundenen Pestizid-Wirkstoffe waren Glyphosat, Pendimethalin, Prosulfocarb und Terbuthylazin.[8] Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft fordert deshalb eine sofortige Anwendungsbeschränkung dieser vier Pestizide (siehe Forderungen).[11] Die Studie wurde 2021 im Fachmagazin Environmental Science Europe publiziert und ist das bisher umfassendste deutschlandweite Monitoring des Ferntransports von Pestizid-Wirkstoffen über die Luft.
Ziele[Bearbeiten]
Hauptanliegen des BEL ist es, die Lebensgrundlagen der kommenden Generationen zu schützen, zu erhalten und - wo nötig - wieder aufzubauen.[2] Insbesondere beschäftigt sich das Bündnis damit, auf die Problematik des chemisch-synthetischen Pestizid-Einsatzes aufmerksam zu machen und so die ökologische Agrarwende mit voranzutreiben.
Dazu initiiert das Bündnis Forschung, informiert Politik und Zivilgesellschaft und sucht den Dialog mit den Menschen, die in allen an der Landwirtschaft beteiligten Wirtschaftszweigen Verantwortung tragen.
Forderungen[Bearbeiten]
Anlässlich der Bundestagswahl 2021 veröffentlichte das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft gemeinsam mit 100 Bio-Unternehmen, Umweltorganisationen, Wasserwirtschaftsverbänden und Wissenschaftler am 24. August 2021 einen gemeinsamen offenen Brief an die neue Bundesregierung.[12]
Darin forderte das BEL den Einsatz für eine Beschlussfassung auf nationaler und EU-Ebene für den schrittweisen Ausstieg aus der Anwendung von chemisch-synthetischen Pestiziden bis zum Jahr 2035 sowie für ein Verbot der für Gesundheit und Umwelt besorgniserregendsten Pestizide in den nächsten fünf Jahren.[13][11]
Als konkrete Schritte zur Umsetzung dieser Forderungen sieht das BEL:
- Eine Verbesserung des Pestizid-Zulassungsverfahrens, das das Verhalten aller Pestizid-Wirkstoffe und Mittel unter realen Praxisbedingungen im Bereich von 20 m bis 1.000 km ab der potenziellen Quelle untersucht und bei der Zulassung berücksichtigt.
- Eine sofortige Anwendungsbeschränkung der Pestizide Glyphosat, Pendimethalin, Prosulfocarb und Terbuthylazin, da sie in der Studie „Pestizid-Belastung der Luft“ am häufigsten und zugleich weit entfernt von den Ursprungs-Äckern gefunden wurden.
- Die Durchführung eines jährlichen, umfassenden Pestizid-Monitorings ab 2022, in welchem Luft, Böden, Vegetation und Wasser auf Pestizid-Rückstände untersucht werden, sowie die Einrichtung eines öffentlich einsehbaren Registers, das Datum, Ort und Wirkstoffe der von den Landwirte ausgebrachten chemisch-synthetischen Pestizide verzeichnet.
- Die Einführung einer Pestizid-Abgabe nach dem Modell der Studie der Helmholtz-Gesellschaft (2021), deren Erlöse sowohl für den ökologischen Umbau der Landwirtschaft als auch für die Entschädigung von Biolandwirte, deren Ernte von chemisch-synthetischen Pestiziden aus Abdrift und Ferntransport verunreinigt wurden, eingesetzt werden sollen.
Kampagne "Ackergifte? Nein Danke"[Bearbeiten]
Die Kampagne „Ackergifte? Nein Danke!“ wurde 2012 von der Bürgerinitiative Landwende initiiert und später vom Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft weitergeführt. Die Kampagne fordert die Beendigung jeglichen Einsatzes von chemisch-synthetischen Pestiziden, die sie als „Ackergifte“ bezeichnet, insbesondere des weltweit meisteingesetzten Herbizidwirkstoffs Glyphosat. Das Kampagnen-Logo ähnelt bewusst dem „Atomkraft? Nein danke“-Logo und zeigt eine Biene auf grünem Hintergrund. Seit 2018 wird es offiziell von namhaften Bio-Unternehmen mitgetragen und verbreitet.[14] Das Logo gilt als Zeichen der Bewegung für eine enkeltaugliche Landwirtschaft. Die Nutzungsrechte für das »Ackergifte? Nein danke!«-Logo liegen bei der AGND Anmeldegesellschaft GbR, deren Gesellschafter die Bürgerinitiative Landwende e.V. und das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft zu gleichen Teilen sind.[14]
Weblinks[Bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Über uns. In: Enkeltauglich Bio. Abgerufen am 16. März 2022 (deutsch).
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Über uns. In: Enkeltauglich Bio. Abgerufen am 16. März 2022 (deutsch).
- ↑ Lebensbogen – Johannes Heimrath. Abgerufen am 16. März 2022 (deutsch).
- ↑ Das Wichtigste in Kürze. In: Urinale. Abgerufen am 16. März 2022 (deutsch).
- ↑ Studien. In: Enkeltauglich Bio. Abgerufen am 12. April 2022 (deutsch).
- ↑ tagesschau.de: Studie: Nahezu kein Ort mehr frei von Pestiziden. Abgerufen am 13. April 2022.
- ↑ Pestizide verbreiten sich kilometerweit durch die Luft. ZEIT ONLINE, 29. September 2020, abgerufen am 16. März 2022: „Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft und das Umweltinstitut München gaben Messungen an 163 Standorten in Deutschland in Auftrag“
- ↑ 8,0 8,1 Studien. In: Enkeltauglich Bio. Abgerufen am 16. März 2022 (deutsch).
- ↑ Maren Kruse-Plaß, Ulrich Schlechtriemen, Werner Wosniok: Zusammenfassung der Pestizid-Belastung der Luft Studie. In: Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft auf enkeltauglich.bio. 29. September 2020, abgerufen am 16. März 2022.
- ↑ Studie zu Pestiziden belegt: Glyphosat ist überall. In: Frankfurter Rundschau. Abgerufen am 13. April 2022.
- ↑ 11,0 11,1 Breites Bündnis fordert Einstieg in den Ausstieg aus der Anwendung von chemisch-synthetischen Pestiziden! In: Enkeltauglich Bio. Abgerufen am 16. März 2022 (deutsch).
- ↑ Rüdiger Soldt, Stuttgart: Arten- und Insektenschutz: Schluss mit den Pestiziden. In: FAZ.NET. 23. August 2021, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 16. März 2022]): „Dem „Bündnis für enkeltaugliche Landwirtschaft“ gehen die Maßnahmen zum Arten- und Insektenschutz nicht weit genug. In einem Brief an die Bundestagskandidaten fordern sie ein Ende der Verwendung von Pestiziden bis zum Jahr 2035.“
- ↑ Verbot von Pestiziden: „Das Insektenschutzgesetz reicht nicht aus“. Abgerufen am 13. April 2022.
- ↑ 14,0 14,1 Aktiv werden. In: Enkeltauglich Bio. Abgerufen am 16. März 2022 (deutsch).
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