Bullshit-Job
Ein Bullshit-Job ist, lt. der Definition von David Graeber, eine Form der bezahlten Anstellung, die so vollkommen sinnlos, unnötig oder gefährlich ist, dass selbst derjenige, der sie ausführt, ihre Existenz nicht rechtfertigen kann, obwohl er sich im Rahmen der Beschäftigungsbedingungen verpflichtet fühlt, so zu tun, als sei dies nicht der Fall.[1] Graeber unterscheidet zwischen ausschließlichen Bullshit-Jobs und vorwiegend Bullshit-Jobs mit einem Bullshit-Anteil von ca. 50 %. Er geht von einer Bullshittierung von 37 bis 40 % aller Tätigkeiten aus. Bei grundsätzlich nicht sinnlosen Bürotätigkeiten nimmt er an, dass auch hier ein Bullshit-Anteil von 50 % vorliegt. Insgesamt könnte nach seiner Ansicht die Hälfte aller in unserer Gesellschaft geleisteten Arbeit ausgemerzt werden, ohne dass es echte Folgen hätte.[1]
Grundsätzliche Kategorien für Bullshit-Jobs[1][Bearbeiten]
Lakaientätigkeit[Bearbeiten]
Sie dient ausschließlich oder überwiegend zu dem Zweck, dass jemand anderes wichtig zu sein scheint oder sich wichtig vorkommt. Während der gesamten Menschheitsgeschichte neigten mächtige Personen dazu, sich mit Dienern, Anhängern, Schmeichlern und Günstlingen zu umgeben. Heutzutage werden Lakaien oftmals kleinere Tätigkeiten übertragen, um deren Existenz zu rechtfertigen. Typische Lakaien sind Rezeptionisten, Pförtner, Concierge und Portfoliomanager.
Schlägertätigkeit (Manipulation und Aggression)[Bearbeiten]
Ihr Beruf dient zwar dem Arbeitgeber, die Existenz ihres Berufes ist jedoch für die Menschheit insgesamt schädlich. Aus diesen Kreisen hört man häufig die Formulierung: „Ich bin (z. B.) Firmenanwalt. Ich trage nichts zu dieser Welt bei und fühle mich ständig vollkommen elend.“ Auch Callcenter Jobs, die das Ziel haben, Dinge oder Dienstleistungen zu verkaufen bzw. aufzuschwatzen, die Leute eigentlich nicht wollen oder brauchen, gehören in diese Kategorie, ebenso wie die Durchführung von nutzloser Marktforschung. Auch die staatliche Streitkräfte, Lobbyisten, PR-Spezialisten, Telefonwerber, Unternehmensanwälte zählt David Graeber dazu.
Flickschustertätigkeit[Bearbeiten]
Bei dieser Tätigkeit, werden Probleme gelöst, es gar nicht geben sollte, die jedoch wegen einer Panne oder Fehlers in der Organisation oder durch die Inkompetenz bzw. Faulheit der Vorgesetzten entstanden sind. In diese Kategorie gehört auch die von Sigmund Freud beschriebene „Hausfrauenneurose“, die bei der Hausfrau entsteht, wenn die Familienmitglieder ihr oberstes Ziel, Ordnung und Sauberkeit, geringschätzen und sie ständig hinterher putzen und aufräumen muss.[2]
Tätigkeit als Kästchenankreuzer[Bearbeiten]
Hier werden beispielsweise Formulare ausgefüllt und abgelegt, die niemals wieder benötigt werden. Oder es werden für Vorgesetzte PowerPoint-Präsentationen erstellt, die mangels Zeit nie vorgeführt werden. In anderen Fällen erstellen Mitarbeite Berichte oder Anlagen zu diesen Berichten, die in voller Länge keinen interessieren. In anderen Fällen werden nach einem Skandal oder Verbrechen Untersuchungskommissionen gebildet, um der Bevölkerung zu signalisieren, dass etwas getan bzw. aufgeklärt wird, obwohl in Wirklichkeit nichts von Relevanz geschieht. In einer Schule wurde vor vielen Jahren QmbS (Qualitätsmanagement) eingerichtet. Die Mitglieder trafen sich regelmäßig und erstellten viele Protokolle, die in Ordnern abgelegt wurden. Außerdem konnte die Schulleitung an die Schulaufsicht die Existenz von QmbS melden. Auswirkungen auf die Schulqualität konnten nicht festgestellt werden.
Tätigkeit als Aufgabenverwalter[Bearbeiten]
Beim Typ 1 verteilt eine Person Aufgaben, obwohl ihr klar ist, dass die Untergebenen auch ohne ihre Anweisungen in der Lage sind, allein weiterzuarbeiten. Diese Person ist ein unnötiger Vorgesetzter, aber darüber hinaus richtet er mit Einschränkungen keinen Schaden an. Werden Menschen angewiesen Aufgaben durchzuführen, die sie auch ohne Anweisung erledigt hätten, und werden sie dann auch noch ständig beaufsichtigt, obwohl sie keiner Aufsicht bedürfen, dann verlieren diese das Gefühl der Autonomie und der Selbstwirksamkeit, wodurch wiederum deren Motivation sinkt. Dies bestätigt den Vorgesetzten, noch stärker in die Aufgabenverteilung und Kontrolle einzugreifen. Da dies ihn schnell überlastet, beauftragt er weitere Personen, diese Controlling-Aufgaben durchzuführen. Und damit wird er zum Typ 2, der eine Managementebene geschaffen hat, die es gar nicht braucht. Natürlich muss der Mitarbeiter auf dieser mittleren Managementebene an Vorgesetzten berichten und wird dadurch auch noch zum Kästchenankreuzer. Somit richtet der Aufgabenverteiler vom Typ 2 richtigen Schaden an, indem er Bullshit-Aufgaben verteilt, diese beaufsichtigt und neue Bullshit-Jobs schafft.
Kombinationen[1][Bearbeiten]
Lakaie + Flickschuster = Blitzableiter[Bearbeiten]
Sie nehmen oftmals berechtigte Beschwerden von Kunden entgegen, spielen diese Rolle jedoch nur, weil sie keinerlei Befugnis haben, irgendetwas zu ändern.
Notwendigkeit von Bullshit-Jobs[1][Bearbeiten]
Im Unternehmensumfeld ist es schwierig, einen Untergebenen wegen Unfähigkeit zu entlassen, wenn dieser Untergebene ältere Rechte und eine Vergangenheit mit guten Leistungsbeurteilungen hat. Im öffentlichen Dienst ist bei Beamten eine Entlassung, auch wenn offensichtliche Unfähigkeit vorliegt, unmöglich. Es bleiben nur Möglichkeiten Beförderung (Wegloben) oder Abschieben auf einen Bullshit-Job, wodurch der Schaden des unfähigen Beamten begrenzt werden kann.
Um einen Bullshit-Job zu schaffen, sind umfangreiche Bullshit-Erzählungen notwendig, in welchen die Funktionen der neuen Stelle und die dafür benötigten Qualifikationen dokumentiert werden.
Gegensätzliche Konzepte[Bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten]
- David Graeber: Bullshit-Jobs – Vom wahren Sinn der Arbeit Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-608-98108-7
Einzelnachweise[Bearbeiten]
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