Forum-Literaturbüro
Das Forum-Literaturbüro e. V. in Hildesheim ist ein Förderverein für Literatur.
Entstehung des Vereins[Bearbeiten]
Bereits 1991 entstand bei dem Hildesheimer Autor und Kulturvermittler Jo Köhler die erste Idee für ein Literaturbüro in Hildesheim als eine Anlaufstelle für schreibende Menschen, besonders für werdende oder noch unbekannte Autoren. Schon damals interessierten ihn die neuen Wege der Literaturvermittlung und die Frage, wie man die Literatur zu den Menschen bringen kann.
1995 erfolgte die Realisierung der Ideen Köhlers innerhalb der Kulturfabrik Löseke in Hildesheim in Form einer Literaturabteilung, vorerst als offene Anlaufstelle für Autoren und in Form eines Autorenkreises. 1996 wurde die Realisierung erster eigener Projekte möglich und 1999 erfolgte die Gründung des Forum-Literaturbüros als eigenständiger eingetragener Verein. Seitdem setzt das Forum-Literaturbüro zahlreiche Modellprojekte im Bereich der Literaturvermittlung und literarischen Nachwuchsförderung wie den Lyrik-Garten, die Lesezeichen, Lyrik-Installationen, Literatur im öffentlichen Nahverkehr oder Poetry Kids.
Anlaufstelle für Autoren[Bearbeiten]
Bislang unbekannte Autoren werden bei der Suche nach Öffentlichkeit und Kritik unterstützt. Es werden neben Autorenberatung auch Manuskriptbesprechungen angeboten.
Tätigkeitsfelder[Bearbeiten]
Das Forum-Literaturbüro initiiert seit mehr als 20 Jahren Projekte in unterschiedlichen Feldern der Literatur- bzw. Kulturvermittlung. Die Tätigkeitsfelder des Vereines sind:
Wettbewerbe und Veröffentlichungen[Bearbeiten]
Der Verein veranstaltet den Hildesheimer Literaturwettbewerb, an dem Schreibende aus aller Welt sowie aller sozialer Hintergründe und Altersgruppen teilnehmen können und macht bundesweite Ausschreibungen für Projekte und Aktionen. Die Ergebnisse der Preisträger des Wettbewerbes werden u. a. auf Lyrik-Plakaten in Hildesheimer Bussen, Haltestellen der Verkehrsbetriebe und prominenten Orten in der Region veröffentlicht.
Literatur im Gespräch[Bearbeiten]
Mithin ermöglicht der Verein Literaten, sich im Rahmen von Litera-Talk-Veranstaltungen, wie beispielsweise dem Offenen Autorenkreis in Hildesheim, über die Ästhetik des Wortes, Wege und Umwege, Wirkungsweisen und die „fixe“ Idee des Schreibens unter Moderation auszutauschen. Diskutieren über Geschriebenes, über Fragen und Antworten des literarischen Lebens. Seit 1995 waren mehr als 1000 Literaten bei den Veranstaltungen des Forum-Literaturbüros zu Gast und haben von und mit dem Forum-Literaturbüro partizipiert.
Individuelle Förderung[Bearbeiten]
Schreibende Menschen aller Altersgruppen bekommen gezielte Förderungsmöglichkeiten ohne akademische Schranken insbesondere für Autoren, die noch nicht im Literaturbetrieb vorkommen.
Bildungsarbeit[Bearbeiten]
Im Rahmen von außerschulischen und in Kooperation mit Schulen organisierten Projekten, findet Bildungsarbeit durch das Forum-Literaturbüro statt.
Veranstalterberatung[Bearbeiten]
Der Verein bietet Fortbildung und Beratung für Autoreninitiativen, Buchhandel, Bibliotheken, Schulen und Kultureinrichtungen aller Art in Fragen zum Literaturbetrieb und der Veranstaltungsplanung. Schwerpunkte sind dabei Fragen der Organisation, der wirksamen Öffentlichkeitsarbeit und neue Ideen für Präsentationsformen und Veranstaltungskonzepte.
Agenturarbeit[Bearbeiten]
Der Verein bringt Literaten und potentielle Veranstalter zusammen und verfügt über weitreichende Kontakte zu Schriftstellern aller Genres vom Lyriker bis zum Romanautor, vom Märchenerzähler bis zum Aktionskünstler.
Projektarbeit[Bearbeiten]
Der Verein entwickelt spartenübergreifende Kunst- und Literaturprojekte (wie z. B. den Lyrik-Park auf dem Hildesheimer Marienfriedhof). Die Projekte richten sich auch an Menschen, die wenig Berührungspunkte mit Literatur haben.
Angebote für ältere Menschen[Bearbeiten]
Außerdem gibt es Angebote für ältere Menschen, die ihre Lebenserinnerungen oder einzelne Ereignisse, die sie besonders bewegt haben, in Worte fassen und schreibend aufarbeiten wollen.
Projekte[Bearbeiten]
Landesweit bekannt wurde der Verein durch zahlreiche Modellprojekte:
- Offener Autorenkreis (seit 1995): Autoren können sich hier über Geschriebenes und das Schreiben auszutauschen. Aus dem Autorenkreis resultiert u.a. Lesungen an verschiedensten Orten wie der Justizvollzugsanstalt Hildesheim, dem Drogentherapiezentrum Schloss Düsterntal und verschiedenen Schulen.
- Lyrik-Garten rund um die Villa Dyes in Hildesheim (1996, 1998): Installationen, Rezitationen, Lesungen und Performance zum Thema: „Fremd im eigenen Land“ (Europa-Heimat-Identität). Die Aktion stellte im Großraum Hildesheim zum ersten Mal ein künstlerisches Gesamtprojekt dar, in dem die Kunst des Wortes nicht nur Begleitprogramm zu einer Ausstellung bildete, sondern interdisziplinär und spartenübergreifend das Gemeinsame an Darstellungsmöglichkeiten herausarbeitete. Das Projekt stand unter der Schirmherrschaft der damaligen Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Antje Vollmer.
- Literatur im öffentlichen Nahverkehr - LiteraTour (seit 1996): Lesungen im Nahverkehr durch lokale und internationale Autoren sowie und Plakate mit literarischen Werken an Haltestellen und in Stadtbussen
- Schulprojekte, beispielsweise „Der Club der kleinen Dichter“ (seit 2004): Erfahrene Schriftsteller und Pädagogen animieren die Schüler, literarisch schöpferisch zu werden und unterstützen und begleiten sie durch den kreativen Prozess. In den Schulprojekten gehen Schüler auf die Suche nach den Geschichten in sich und finden in unterschiedlichen Projekten einem Ort zum Schreiben und kreativ Sein. Erfahrene Schriftsteller und Pädagogen animieren die Schüler, literarisch schöpferisch zu werden und unterstützen und begleiten sie durch den kreativen Prozess. In dem Projekt „Club der kleinen Dichter“ beispielsweise werden Phasen des eigenen Schreibens mit Literaturwerkstätten verbunden, in denen über das Geschriebene gesprochen wird und an den Texten weitergebastelt wird. Die Schüler erfahren mehr über die unterschiedlichsten Formen des Schreibens und können dies auch gleich ausprobieren. In einem anderen Projekt erzählen junge Schreiber ab der 2. Klasse eigene Geschichten, setzen Schwerpunkte und beschäftigen sich mit dem Schreiben. Was dabei herauskommt, sieht wenig später auch die ganze Stadt, da einige der entstandenen Werke in den Hildesheimer Stadtbussen und Bushaltestellen ausgestellt werden.
- Literaturwettbewerbe (regelmäßig seit 1997): Hildesheimer Literaturwettbewerbe ziehen Autoren aus aller Welt und in jedem Alter an. Unter wechselnden Themen wie „Zwischen den Zeilen“ oder „Was mir heilig ist“ reichen hunderte Schreibende ihre Texte ein, aus denen eine Fachjury aus Mitgliedern des Literaturbetriebes die Besten auswählt. Gemeinsam werden die über tausend Einreichungen diskutiert und eine Mischung gefunden, bei der es nicht um den kleinsten gemeinsamen Nenner geht, sondern vielmehr um eine Vielfalt an Themen und literarischen Formen. Im Anschluss an den Wettbewerb werden die Werke der Preisträger in Form von Plakaten und Bannern im Stadtraum und im Nahverkehr sowie einer Broschüre veröffentlicht.
- „Ei der tausend Wünsche…“ (1999/2000): Ein über 1000 Kilo schweres Lyrik-Objekt aus Marmor, das mit Wünschen, Erwartungen und Hoffnungen gefüllt wurde. Das Projekt entstand in Reaktion auf die Unsicherheiten um die Jahrtausendwende (1999/2000). Aktuell steht das Ei im Garten des Forum-Literaturbüro e.V. in Hildesheim.
- Lyrik-Park auf dem Marienfriedhof (2008, 2010, 2012): Der Lyrikpark ist ein interdisziplinäres Festival, das durch die Lyrik zusammengebracht wird. Internationale Kunstschaffende aus allen Sparten kommen über mehrere Tage an einem Ort zusammen und arbeiten das Gemeinsame an ihrem Schaffen heraus. Künstler aus Literatur, Kunst, Tanz, Film, Musik und Schauspiel treten in einen gemeinsamen Kunstdialog, in dem sie den Prozess des Schöpferischen darstellen und ihre Kunst in unterschiedlichen Projekten in die Stadt tragen. Das Projekt wurde zum Großwettbewerb "Deutschland - Land der Ideen" von der Stadt Hildesheim nominiert.
- Stadtlyrik (seit 2000): Hierzu gehören die 2,5 Meter hohen Lyrik-Säulen, welche Gedichte verschiedenster Autoren wie Mostafa Arki oder Reinhold Messner zeigen oder Poets-Corner-Leseaktionen, die Betrachter zum Verweilen einladen und in ihrer Konzeption und ihrer Platzierung im Stadtraum überraschen sollen.
- Lesezeichen (regelmäßig seit 2009): Das Projekt bringt Lyrik direkt in den Stadtraum und ermöglicht Hildesheimern und Touristen Begegnungen mit Literatur. Seit 2009 gibt es regelmäßig die „Lesezeichen“ in Hildesheim, das heißt, dass es für mehrere Monate riesige Banner mit Gedichten und Prosatexte an den prägnantesten Plätzen der Stadt gibt. In der Fußgängerzone, an Bushaltestellen, Einkaufszentren oder neben Kirchen, die Literatur steht direkt im Alltag der Bürger. Das Projekt möchte die Betrachter für die Kunst des Wortes begeistern und zeigen, wie zeitgenössische Dichtung aussieht.
- Seniorenprojekte wie „Lebenserinnerungen“ (2009): Um an den wichtigen Erinnerungen unserer Leben festhalten zu können, werden verschiedene Projekten des biografischen Schreibens umgesetzt. Lebenserinnerungen werden niedergeschrieben und mit anderen Schreibenden in Literaturwerkstätten besprochen. Ziel ist es eine eigene Sprache für die eigene Geschichte zu finden, längst Vergangenes aufzuarbeiten und an die nächste Generation weiterzugeben. Daher wurden für das Projekt „Lebenserinnerungen“ auch besonders Senioren dazu eingeladen, über ihre Leben zu schreiben.
- Poetry Kids (seit 2013 alle zwei Jahre): Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene lernen Literatur in experimentellen, interdisziplinären Konzepten kennen und suchen ihren Platz in der eigenen Sprache. Die Literatur bleibt dabei aber nicht alleine, sondern wird unter anderem mit Tanz, Musik und Bewegung verbunden. Teilnehmer probieren sich selbst aus und tasten sich in der eigenen Sprache schöpferisch umher. Die Workshops werden von den Interessen und Lebenswelten der Teilnehmer gelenkt und durch Kulturvermittler, Pädagogen und Studierende unterstützt.
- die Literatur-Apotheke (seit 2016): Die Literatur-Apotheke ist ein Online-Forum für den Austausch über die Wirksamkeit von Literatur, das versucht eine „demokratische“ Form der Literaturbewertung zu etablieren. Die Apotheke möchte die Grenzen des Literaturbetriebes öffnen, in dem sie für jeden offensteht. Autoren können ihre Werke auf einer eigens eingerichteten Internetseite veröffentlichen und über ihre Motivationen zum Schreiben reflektieren. Die Apotheke basiert auf dem Glauben an die heilende Wirkung von Literatur, die man sowohl beim Schreiben, als auch beim Lesen spüren kann, denn hier ist Literatur das Trostpflaster und Balsam für das Herz. Die Seite ermöglicht den Austausch über Literatur, über Erfahrungen mit ihr, über Schreibpraxen, aber vor allem über die Gefühle und Wirkungen beim Lesen und Schreiben.
- "Über Grenzen", ein Literatur-Projekt für Zugewanderte und Vertriebene (2016): Mit dem Projekt initiierten das Forum-Literaturbüro in Zusammenarbeit mit dem TPZ-Theaterpädagogischen Zentrum, der Bahnhofsmission Hildesheim, Asyl e.V. und der Walter-Gropius-Schule Angebote zur kreativen Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenssituation. Lebenswelten und Realitäten der Flüchtlinge und Zuwanderer wurden dabei besonders ernst genommen, indem sie zum Ausgangspunkt der künstlerischen Beschäftigung wurden.
- "Welche Heimat": lebensbiografisches Erzählprojekt (2018): Mit dem Projekt „Welche Heimat“ hat sich das Forum-Literaturbüro an Menschen mit und ohne Migrationshintergrund gewandt, um sich die Frage zu stellen, wie individuelle Verständnisse von Heimat aussehen.
- "Junge Hildesheimer Schreibschule" (seit 2020), ein Projekt für die Vernetzung junger schreibender Menschen. Die „Junge Hildesheimer Schreibschule“ findet online statt. Experten aus den Bereichen Literatur, Journalismus und Verlagswesen stehen den Schülern mit Rat und Tat zur Seite und gestalten Themenwochen zu den Bereichen Inspiration, Lektorieren, Genre, Veröffentlichen u. v. m. Es gibt die Möglichkeit, selbst Texte zu schreiben und zu besprechen und für den gemeinsamen Erfahrungsaustausch, der den Prozess des Schreibens an sich in den Blick nimmt. Ziel des Projektes ist es, junge Menschen im Raum Hildesheim, die sich für kreatives Schreiben interessieren, zu vernetzen und zu motivieren, ihre Fähigkeiten selbstständig weiterzuentwickeln.
- Literapedia (seit 2020), ein Archiv für freie Literaturarbeit
- Lesungen, sowohl mit unbekannten, werdenden Autoren als auch mit etablierten Autoren wie Dr. Umeswaran Arunagirinathan, Sina Trinkwalder und Seyran Ateş
Fotos[Bearbeiten]
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Das Ei der tausend Wünsche (1999/2000)
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Installation von Alexandra Vigh beim Lyrik-Park 2008 auf dem Marienfriedhof in Hildesheim
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Lesezeichen an der Andreaskirche in Hildesheim, 2009
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Lesezeichen an einer Bushaltestelle mitten in Hildesheim, 2009
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Eine physische Realisierung der „Literatur-Apotheke“ beim Magdalenenfest 2016 im Magdalenengarten in Hildesheim
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Lesezeichen am Hildesheimer Hauptbahnhof, 2017
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Jo Köhler bei der Präsentation der künstlerischen Werke, die im Rahmen der Poetry Kids Workshops 2015 entstanden sind
Mitarbeitende Künstler[Bearbeiten]
- Dr. Umeswaran Arunagirinathan (Herzchirurg und Autor)
- Sina Trinkwalder (Unternehmerin und Autorin)
- Asal Dardan (Bloggerin und Autorin)
- Seyran Ateş (Frauenrechtlerin und Autorin)
- Hamed Abdel-Samad (Politikwissenschaftler und Publizist)
- Christian Prenzler (Bildhauer)
- Manfred Hausin (Dichter)
- Roger Willemsen (Hamburg, Schriftsteller)
- Renan Demirkan (Schauspielerin und Autorin)
- Elias O. Dunu (Nigeria, Dichter und Märchenerzähler)
- Wjatscheslaw Kuprijanow (Moskau, Lyriker)
- Irith Gabriely (Klezmer-Königin)
- Hans-Jürgen Lenhart (Frankfurt, Soundpoet)
- Gerhard Kreuzer (Liedermacher)
- Christian Zatloukal (Geräusch- und Weltmusiker)
- Karola Mittelstaedt (Holzdesignerin)
- Lars H. Beuse und Christine S. Thon (Gewächshaus der Erinnerung, Köln, Medienkünstler)
- Michael Mahla (Worms, Typokinetiker)
- Ingo Cesaro (Dichter und Druckerwerkstatt)
- Michael Martin (München, Wüstenfotograf und Forschungsreisender)
- Jean Györy (Brüssel, Literat aus der Gruppe 47)
- Imre Maté (Budapest, Dichter und Philosoph im ungarischen Widerstand)
- Anita Lasker-Wallfisch (London, Cellistin im Auschwitz-Orchester)
- Prof. Dr. Paul U. Unschuld (Medizinhistoriker)
- Dieter Hildebrandt (Kabarettist)
- Zhang Hai’ou (Peking, Pianist)
- Uwe Steimle (Dresden, Schauspieler und Kabarettist)
- Julian Dawson (London, Rockpoet)
Auszeichnungen[Bearbeiten]
Der Verein wurde im Jahr 1997 von der Stiftung Lesen in Mainz unter Schirmherrschaft von Bundespräsident Roman Herzog mit der AusLese 1997 als einer der Preisträger des Leseförderungspreises der Stiftung Lesen ausgezeichnet in Nachfolge von Ulrich Wickert.[1]
Das Projekt Lyrik-Park wurde für den Großwettbewerb "Deutschland - Land der Ideen" nominiert.
Weblinks[Bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
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