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Ius Constitutionale Commune en América Latina

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Das Ius Constitutionale Commune en América Latina oder ICCAL ist ein juristischer Ansatz und eine Arbeitsplattform für Akademiker, Juristen, Nichtregierungsorganisationen, die Zivilgesellschaft, Richter, Beamte und einflussreiche sozial engagierte Persönlichkeiten aus Lateinamerika und anderen Regionen. Es versteht sich daher als vielfältiges, multidisziplinäres Kollektiv, das sozialen Wandel durch das Recht unterstützt. Mit dem Ziel, die zentralen Garantien der nationalen Verfassungen und internationalen Verträge, die in der Region in der zweiten Hälfte des 20. Jh. und zu Beginn des 21. Jh. entstanden sind, zu verwirklichen.

Das ICCAL begreift, ebenso wie der transformative Konstitutionalismus, die Verfassung als sinnvolles Werkzeug, um sowohl den Fortschritt, die Gerechtigkeit und Weiterentwicklung der Gesellschaft[1] als auch die Expansion des Verfassungsrechts in der Region voranzutreiben. Auch wenn der transformative Konstitutionalismus ein globales Phänomen[2] ist, liegt der Fokus des ICCAL auf den regionalen, für Lateinamerika charakteristischen Merkmalen. Zum einen, da diese spezielle Aufmerksamkeit verdienen, und zum anderen, die sie auch in anderen Teilen der Welt als Bezugspunkt dienen können.[3]

Konzeption[Bearbeiten]

Das Ius Constitutionale Commune en América Latina ist ein juristischer Ansatz und ein akademisches Projekt, das im lateinamerikanischen Kontext entstanden ist. Sein Ziel ist es, die Veränderungen des öffentlichen Rechts in Lateinamerika herauszuarbeiten und darzulegen, wie durch diesen Prozess Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in der Region gestärkt werden können.[4] Dabei identifiziert und betont das ICCAL die Gemeinsamkeiten zwischen den Verfassungen der lateinamerikanischen Länder und internationalen Verträgen. Hierfür untersucht es die Öffnungsklauseln und die gemeinsamen Elemente, die die Konsolidierung einer Rechtsgemeinschaft in der Region ermöglichen, hauptsächlich auf der Grundlage dessen, was als Rechtskörper oder Corpus Iuris[5] bekannt ist.

Eine der Hauptaufgaben des ICCAL ist die Analyse der bedeutsamsten Praktiken und Entwicklungen im Hinblick auf die Interaktion zwischen Verfassungs- und Völkerrecht.[6] Auf diese Weise soll es einen Beitrag zur Konstruktion und zur Konsolidierung eines gemeinsamen (commune) Rechts der lateinamerikanischen Staaten leisten. Darüber hinaus soll es als Brücke zwischen Wissenschaft und öffentlichen Institutionen und Anknüpfungspunkt für andere Forschungsprojekte dienen.

Zu den Hauptkooperationspartnern zählen: Das Instituto de Investigaciones Jurídicas de la UNAM (IIJ-UNAM) gemeinsam mit der Universidad Nacional Autonóma de México (UNAM) (Mexiko), die Pontificia Universidad Católica de São Paulo (Brasilien), die Universidad de Buenos Aires (Argentinien), die Universidad Externado und die Universidad de los Andes (Kolumbien), die Universidad de Chile (Chile), die Universidad del País Vasco (Spanien), das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, die Universidad de Bolonia (Italien), die Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer (DHV Speyer), der Direktor des IIJ-UNAM, der Präsident des Iberoamerikanischen Instituts für Verfassungsrecht und das Rechtsstaatsprogramm Lateinamerika der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Derzeit umfasst das ICCAL-Netzwerk über 250 Wissenschaftler. An den gemeinsam koordinierten Konferenzen, Workshops, Sommerkursen und Publikationen wirken auch interamerikanische Organe, nationale Menschenrechtseinrichtungen und nationale Gerichte mit.

Ursprung[Bearbeiten]

Das Ius Constitutionale Commune en América Latina ist aus der Interaktion zwischen europäischen und lateinamerikanischen Wissenschaftlern hervorgegangen, baut allerdings auf dem Fundament einer langen Tradition wissenschaftlicher Arbeiten über öffentliches Recht und vergleichenden Konstitutionalismus in Lateinamerika auf. Als sein Ursprung kann die Gründung des Instituto Iberoamericano de Derecho Constitucional (1974) angesehen werden. Dieses schuf eine Plattform für ein akademisches Projekt zur Analyse der Wechselwirkungen des öffentlichen Rechts in der gesamten Region.[7] Auf diese Weise begannen sich die zentralen Aufgaben des Konstitutionalismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu systematisieren, mit besonderer Betonung auf denjenigen, die sich den Militärdiktaturen, die zwischen den 1960er und 1980er Jahren in der Region errichtet wurden, entgegenstellten.

Da der Fokus des ICCAL auf Lateinamerika liegt, besteht es aus einem Netzwerk von Wissenschaftlern und Institutionen aus verschiedenen Teilen Lateinamerikas, der Karibik und Europas. Es folgt daher der aktuellen Strömung in der Rechtswissenschaft, die Verbindungen und Unterschiede zwischen den Rechtssystemen untersucht. Das ICCAL basiert auf dem lateinamerikanischen „Neokonstitutionalismus“ und teilt dessen großes Engagement für die Einhaltung der Prinzipien und Werte, die den normativen Kern der nationalen Verfassungen bilden, sowie dessen Betonung der verschiedenen hermeneutischen Ansätze der Verfassungsgerichtsbarkeit.[8] Zudem stellt das Ius Constitutionale Commune en América Latina einen spezifisch lateinamerikanischen Ansatz des öffentlichen Rechts dar und steht daher im Dialog mit anderen akademischen Einrichtungen, die das Recht aus einer Perspektives des Globalen Südens[9] interpretieren. Mit anderen Worten: Das ICCAL ist Teil eines neuen Phänomens, das aufzeigt, wie die verschiedenen Rechtssysteme durch einen gemeinsamen Nenner namens transformativer Konstitutionalismus miteinander verbunden sind.

Haupteigenschaften[Bearbeiten]

Das ICCAL ist eine Strömung, die eine bereits auf supranationaler Ebene etablierte Rechtspraxis beschreibt, und seinerseits Dialogräume für Wissenschaft und Praxis schafft. Damit dient es als Bindeglied zwischen interamerikanischen Rechtsinstrumenten, wie der Amerikanischen Menschenrechtskonvention (AMRK), nationalen Verfassungen und dem Völkerrecht. All dies natürlich, ohne die sozialen Prozesse aus den Augen zu verlieren, die die Entwicklung des Rechts immer beeinflussen.

Die drei Merkmale, die das ICCAL definieren, sind seine Analysefunktion, seine normative Position und sein methodologischer Ansatz.

Analysefunktion[Bearbeiten]

Eine der Säulen des ICCALs ist die Überzeugung, dass die rechtliche Analyse auf der Interaktion zwischen Normen, Rechtssystemen und Institutionen basieren soll. Es konzentriert sich daher auf die Interaktionen zwischen nationalen Verfassungen und dem Völkerrecht, die in Lateinamerika unter dem Dach des Interamerikanischen Menschenrechtssystems stattfinden. Folglich untersucht das ICCAL, wie interamerikanische Entwicklungen die internen transformativen Diskurse durchdrungen, mit Informationen versorgt und gestärkt haben. Zudem erforscht das ICCAL die Dynamik des Einflusses des Rechts und dessen Verbreitung in der Region. Dazu identifiziert es gemeinsame Elemente in den nationalen Systemen und untersucht, wie sie auf die internationale Ebene übertragen werden. Daher liegt der Schwerpunkt des ICCAL darin, zu verstehen und zu erklären, wie nationale und interamerikanische Institutionen diese Prinzipien, die zur Entstehung eines Rechts mit eigener Identität und hoher Relevanz für die Definition des Inhalts und der Reichweite des Rechts auf globaler Ebene geführt haben,[10] anwenden.

Das ICCAL trägt dazu bei, einen gemeinsamen lateinamerikanischen Rechtsraum zu schaffen und gleichzeitig dessen Merkmale zu beschreiben. Zu diesem Zweck fokussiert es sich zum einen auf verschiedene Rechtstechniken, wie bspw. die Doktrinen des Verfassungsblocks und der Konventionalitätenkontrolle.[11] Und zum anderen betont es die Bedeutung des justiziellen Dialogs, der Inklusion und/oder des Verfassungspluralismus.[12] Eine weitere Säule des ICCAL besteht in seinem globalen Ansatz für das öffentliche Recht, in dem der Rechtsvergleichung große Bedeutung beigemessen und eine auf Prinzipien basierende Argumentation verfolgt wird.

Das ICCAL wurde konzipiert um rechtliche Phänomene, Erfahrungen und Theorien miteinander zu verbinden und vertritt die Auffassung, dass die Interaktion zwischen dem Völkerrecht und den nationalen Rechten zur Entstehung eines Rechtsphänomens geführt hat, das sich durch sein transformatives Potenzial auszeichnet.

Normative Position[Bearbeiten]

Das Ius Constitutionale Commune en América Latina fördert den transformativen Konstitutionalismus. Insbesondere verteidigt es die Achtung der Menschenrechte, die demokratischen Werte und die Rechtsstaatlichkeit. Aus diesem Grund steht der Ausbau der Instrumentenpalette Im Mittelpunkt, mit denen durch das Recht die in Lateinamerika erforderlichen transformativen Praktiken erzeugt werden können.[13]

Die normative Position des ICCAL ergibt sich aus der Notwendigkeit, die mangelnde Wirksamkeit nationaler Verfassungen und internationaler Verträge zu überwinden. Diese als „Umsetzungslücke“[14] bezeichnete Tatsache ist sowohl das Ergebnis institutioneller, als auch sozialer Widerstände, die auf soziale Exklusion und Ungleichheit zurückzuführen sind.

Nach Angaben der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC) ist Lateinamerika die ungleichste Region der Welt. In diesem Kontext setzt sich das Ius Constitutionale Commune en América Latina entschlossen gegen jegliche Ausgrenzung ein, weshalb die Reduzierung von Ungleichheit, Gewalt und sozialer Exklusion sowie die Stärkung der staatlichen Institutionen zu seinen Hauptzielen gehören. Für das ICCAL umfasst das Prinzip der Gleichheit nicht nur das Verbot von Diskriminierung, sondern auch die Anerkennung und Überwindung der häufigsten Formen sozialer Ungleichheit. All dies soll durch das Recht erreicht werden und eine pluralistische Gesellschaft fördern, die indigene Völker und Menschen afrikanischer Abstammung einschließt und respektiert.[15] Demzufolge sind Dialog, Inklusion und Rechtspluralismus einige seiner grundlegenden Merkmale.

Methodologischer Ansatz[Bearbeiten]

Das ICCAL wird von einem vergleichenden Forschungsansatz geleitet, der die Verbindungen zwischen innerstaatlichem und internationalem Recht untersucht. Dies bedeutet, dass es über die traditionellen theoretischen Strömungen hinausgeht und den Wert der Zusammenarbeit zwischen nationalen Gerichten und dem interamerikanischen System hervorhebt. Auch wenn sich die meisten Studien auf die Rolle der Justiz konzentriert haben, ist sich das ICCAL der Bedeutung der Untersuchung anderer Machtbereiche und Kontrollorgane bewusst.

Ein weiterer methodologischer Pfeiler des ICCAL ist die Anerkennung der Vielfalt und des ethnischen und kulturellen Pluralismus und dem damit einhergehenden Engagement gegen jegliche Ausgrenzung. Insbesondere steht im Blickpunkt des Interesses, wie der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte die verschiedenen Formen sozialer und kultureller Rechte, die in Lateinamerika nebeneinander bestehen, berücksichtigt.[16]

Das ICCAL unterstützt den juristischen Dialog bzw. ein dialogisches Modell, das die Justiz als einen fundamentalen Akteur zur Förderung des demokratischen Dialogs in der Gesellschaft versteht. Auf diese Art wird gewährleistet, dass Entscheidungen öffentlicher Stellen begründet und nachvollziehbar sind, alle Betroffenen einbezogen werden und Dialogräume für die Behandlung von Fragen der Verfassungsmäßigkeit geschaffen werden.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Karl E Klare: Legal Culture and Transformative Constitutionalism. In: South African Journal on Human Rights. Band 14, Nr. 1, Januar 1998, ISSN 0258-7203, S. 146–188, doi:10.1080/02587203.1998.11834974.
  2. Michaela Hailbronner: Transformative Constitutionalism: Not Only in the Global South. In: The American Journal of Comparative Law. Band 65, Nr. 3, 13. November 2017, ISSN 0002-919X, S. 527–565, doi:10.1093/ajcl/avx016 (oup.com [abgerufen am 3. Februar 2021]).
  3. Bogdandy, Armin von; Ferrer Mac-Gregor, Eduardo; Morales Antoniazzi, Mariela; Piovesan, Flávia (Hrsg.): Transformative constitutionalism in Latin America : the emergence of a New Ius Commune. First ed. Oxford University Press, Oxford, United Kingdom 2017, ISBN 978-0-19-879591-9.
  4. Bogdandy, Armin von: Ius Constitutionale Commune en América Latina: una mirada a un constitucionalismo transformador. In: Revista Derecho del Estado. Band 34, 2015, S. 3–50.
  5. Morales Antoniazzi, Mariela; Fix-Fierro, H; Bogdandy, Armin von: El Estado Abierto Como Objetivo Del Ius Constitutionale Commune. Aproximación Desde El Impacto de La Corte Interamericana de Derechos Humanos. In: Ius Constitutionale Commune En América Latina. Rasgos, Potencialidades y Desafíos. D.F.: UNAM, México 2014, S. 265–299.
  6. Acosta Alvarado, Paola Andrea: Diálogo judicial y constitucionalismo multinivel: el caso interamericano. Hrsg.: Universidad Externado de Colombia. Bogotá 2015.
  7. Restrepo Piedrahita, Carlos: Tres ideas constitucionales. Hrsg.: Universidad Externado de Colombia. Band 137. Bogotá 1978.
  8. Carbonell, Miguel; García Jaramillo, Leonardo: El Canon Neoconstitucional. Editorial Trotta, Madrid 2010.
  9. Bonilla Maldonado, Daniel: Constitutionalism of the Global South: The Activist Tribunals of India, South Africa, and Colombia. Cambridge University Press, Cambridge, UK 2013.
  10. Gongora Mera, Manuel: El Constitucionalismo Interamericano y La Fragmentación Del Derecho Internacional: Posicionando Al ICCAL En El Debate Sobre Colisiones Entre Regímenes Normativos (Inter-American Constitutionalism and Fragmentation of International Law: Situating ICCAL in the Debate on Regime Collisions). In: Social Science Research Network SSRN Scholarly Paper. Rochester 29. Oktober 2018 (ssrn.com).
  11. Ferrer Mac-Gregor, Eduardo: El Control de Convencionalidad Como Un Vehículo Para El Diálogo Judicial Entre La Corte Interamericana de Derechos Humanos y Los Tribunales de América. In: Anuario de Derecho Constitucional Latinoamericano. Band 337, 2016.
  12. Alvarado, Acosta: Diálogo judicial y constitucionalismo multinivel. 2015.
  13. Cepeda Espinosa, Manuel José; Landau, David: Colombian Constitutional Law. Leading Cases. Oxford 2017.
  14. Bogdandy, Armin von: The Idea and Thrust of Ius Constitutionale Commune en América Latina. In: Armin von Bogdandy et al. (Hrsg.): Transformative Constitutionalism in Latin America: The Emergence of a New Ius Commune. Oxford University Press, Oxford 2017, S. 3–23.
  15. Herrera, J.C.: Judicial Dialogue and Transformative Constitutionalism in Latin America: The Case of Indigenous Peoples and Afro-descendants. In: Universidad Externado de Colombia (Hrsg.): Revista Derecho del Estado. Band 43, 2019, S. 191–233.
  16. Bogdandy, Armin von: Ius Constitutionale Commune en América Latina Observations on Transformative Constitutionalism. In: Armin von Bogdandy et al. (Hrsg.): Transformative Constitutionalism in Latin America: The Emergence of a New Ius Commune. Oxford University Press, Oxford 2017, S. 27–48.


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