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Lydia Möcklinghoff

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Lydia Möcklinghoff (* 3. Februar 1981 in Wilhelmshaven) ist eine deutsche Zoologin, Tropenökologin, Autorin und Ameisenbärenforscherin. Sie ist die erste Wissenschaftlerin, die das Leben der laut IUCN vom Aussterben bedrohten Großen Ameisenbären länger als ein Jahr beobachtet hat[1] und über das Sozialverhalten des Tieres, Anforderungen an seinen Lebensraum, Gefährdung des Tieres und die für sein Überleben notwendigen Bedingungen forscht.[2]

Leben[Bearbeiten]

Lydia Möcklinghoff wuchs zusammen mit ihrer Schwester in Köln und Heidelberg auf. Ab 2003 studierte sie an der Universität Gießen Biologie und wechselte nach dem Grundstudium 2005 an die Julius-Maximilians-Universität Würzburg, um Tropenökologie und Verhaltensbiologie zu studieren.[3][4] Bis 2008 absolvierte sie dort das Diplomstudium Biologie mit dem Schwerpunkt Tierökologie und Tropenbiologie. Sie studierte unter anderem bei Karl Eduard Linsenmair, Frauke Fischer und Jürgen Tautz und verbrachte von 2005 bis 2008 mehrere Forschungsaufenthalte mit Direktbeobachtungen zu Ökologie und Verhalten Großer Ameisenbären in Boa Vista im nordbrasilienischen Bundesstaat Roraima.[1] Ihre Dissertation schrieb sie über ihre Studien zur Akzeptanz von Großen Ameisenbären (Myrmecophaga tridactyla) gegenüber dem künstlichen Plantagen-Habitat in Nordbrasilien.

Großer Ameisenbär im Pantanal

Gefördert mit einem Promotionsstipendium bis Juni 2013 der Studienstiftung des deutschen Volkes[1] forscht und arbeitet sie seit 2008/2009 als Doktorandin am Zoologischen Forschungsmuseum Koenig (ZFMK) in Bonn, Arbeitsgruppe Tropenökologie mit dem Thema: Conservation relevant research on mammals in the Pantanal wetland in Brazil- implications for a wildlife compatible land use praxis.[5] und kooperiert in Brasilien mit der Staatlichen Universität Mato Grosso.[6] Im Jahr 2009 nahm sie im Team unter Projektleiter Karl-Ludwig Schuchmann an einer Exkursion im brasilianischen Pantanal teil, das mithilfe von Kamerafallen und Direktbeobachtungen die terrestrische Säugetierfauna mit Fokus auf die Erforschung des Großen Ameisenbären erkundete.[7]

Lydia Möcklinghoff ist verantwortlich für das erste und aktuell einzige mehrjährige Forschungsprojekt zu Ökologie und Verhalten des Großen Ameisenbären des Verbandes der Zoologischen Gärten (VdZ). Die deutsch/brasilianischen Kooperation mit Veterinärmedizinern und Biologen wird finanziell und fachlich durch den Zoo Dortmund und Kölner Zoo unterstützt.[6] Sie lebt im Kölner Stadtteil Neustadt-Nord,[3][8] verbringt aber seit 2009 mehrere Monate pro Jahr mit Feldstudien, Säugetier-Kamerafallenstudien und Verhaltensforschung am Großen Ameisenbären im westbrasilianischen Bundesstaat Mato Grosso do Sul auf der 110 Quadratkilometer großen Rinderfarm „Facenda Barranco Alto“ im südlichen Pantanal. Die Farm wird von dem Diplom-Biologen Lucas Leuziger und seiner Frau Marina, einer Agrar-Ökonomion,[9] betrieben, die auf dem Gelände ein Wohnhaus für bis zu acht Wissenschaftler unterschiedlichster Forschungszweige zur Verfügung stellen.[10]

Forschung[Bearbeiten]

Großer Ameisenbär mit Jungem im Pantanal

Über das Verhalten der Großen Ameisenbären in freier Wildbahn ist bislang vieles unbekannt,[11] da keine Langzeitbeobachtungen existieren und die wenigen größere Studien über das Verhalten des Großen Ameisenbären teils veraltet sind.[2][6][8] Lydia Möcklinghoff versucht offene Fragen zu klären, wie etwa zur Partnerwahl und zum Paarungsverhalten der Tiere, das nur im Zoo, aber noch nie in freier Wildbahn beobachtet werden konnte, sowie zum Markierverhalten des Tieres.[12]

Sie untersuchte das Verhalten der Tiere in einem künstlichen Plantagen-Habitat in Nordbrasilien. Dort wurden große Teile der nativen Savanne mit Wertholzplantagen aufgeforstet. Sie wies in ihrer Dissertation nach, dass die mit der Akazienart Acacia mangium nachhaltig bewirtschafteten Wertholzplantagen von den Großen Ameisenbären nicht nur als Alternativ-Habitat angenommen, sondern vor dem natürlichen Umfeld der nordbrasilianischen Savanne bevorzugt wurden. Die dort in außergewöhnlicher Dichte auftretenden Tiere hatten entgegen den Werten aus der Literatur sehr kleine, überlappende Streifgebiete, in denen sie Begegnungen mithilfe einer zeitlich organisierten Raumnutzung vermeiden, die eventuell durch Duftmarken an Bäumen koordiniert wird.[5][13] Zusammen mit einem Kollegen beobachtete sie erstmals, dass Ameisenbären die Rinde an Bäumen aufkratzen, diese erklettern und sich in etwa einem Meter Höhe am Stamm reiben, vermutlich um Duftmarken anzubringen, die der sozialen Kommunikation der Tiere untereinander dienen könnten. Dieses Markierverhalten war bislang von Ameisenbären nicht bekannt.[14]

Ihre Forschung im Pantanal dient dem Schutz der Großen Ameisenbären, die in einigen Gegenden bereits ausgestorben sind. Ziel ist die Entwicklung von Schutzkonzepten für die Art und ihren Lebensraum. Dazu werden durch eine Kamerafallenstudie Daten zu Aktivitäts- und Bewegungsmustern gesammelt und ein Fotoregister der Tiere angelegt. Dabei zeigte sich, dass Ameisenbären in freier Wildbahn jährlich Nachwuchs haben. Die Beobachtungen aus dem Norden Brasiliens hinsichtlich stabiler, sich gegenseitig überlappender Streifgebiete konnte auch im Pantanal bestätigt werden, ebenso der Austausch von Informationen durch Duftmarken. Durch die Entwicklung von an den Körperbau der Ameisenbären angepassten Sendehalsbändern können die Bewegungsmuster der Ameisenbären über ein Jahr verfolgt werden.[6]

Veröffentlichungen[Bearbeiten]

In ihrem 2015 erschienenen Buch Ich glaub, mein Puma pfeift! Als Forscherin im reichsten Tierparadies der Welt beschreibt sie ihre Forschungstätigkeit in Brasilien.[11] 2016 veröffentlichte sie mit dem Buch Die Supernasen. Wie Artenschützer Ameisenbär & Co. vor dem Aussterben bewahren einen Überblick über die heutigen Arbeitsfelder von Zoologen und Ökologen und „ein authentisches Bild heutiger Feldforschung […] gespickt mit Informationen zur Kultur des jeweiligen Landes und kleinen Exkursen in die Ökologie und Evolution“.[15][16] Dabei flossen Erfahrungen aus ihren Forschungsaufenthalten ein, wie 2014 die Initiierung einer Kamerafallenstudie im Bergregenwald beim Volk der Naso am Rio Teribe in Panama.[5]

  • Die Supernasen. Wie Artenschützer Ameisenbär & Co. vor dem Aussterben bewahren. Mit Illustrationen von Lydia Möcklinghoff. Carl Hanser Verlag, 2016, ISBN 978-3446448742[9]
  • Ich glaub mein Puma pfeift! Als Forscherin im reichsten Tierparadies der Welt. Bastei Lübbe, 2015, ISBN 978-3-404-60861-4[17]
  • The Giant Anteater (Myrmecophaga tridactyla) – Influence of natural and anthropogenic changes in habitat on the ecology of giant anteaters in the southern Pantanal, Mato Grosso do Sul, Brazil. Dissertation, 2011[18]
  • Social Organization and Habitat Use of the Giant Anteater (Myrmecophaga tridactyla) in Timber Plantations in Northern Brazil. Diplomarbeit, 2008[13]
  • Erbsenhirnparalleluniversumsforschung am Beispiel des Großen Ameisenbären. In: Ein Science-Slam-Buch. Hrsg. André Lampe, Lektora Verlag, 2017, ISBN 978-3-95461-095-2
  • Lydia Möcklinghoff, Karl-Ludwig Schuchmann, Kathrin Burs, Ricarda Wistuba, Marinêz I. Marques, Olaf Jahn, Todor Ganchev, Josiel M. de Figueiredo, Filipe Ferreira de Deus: Descobrindo a vida secreta dos mamíferos do Pantanal. In: Sociedade Brasileira de Zoologia, Nr. 108, April 2014, S. 7–8[19]

Öffentliche Auftritte (Auswahl)[Bearbeiten]

In ihren Büchern, Lesungen, Vorträgen, Science-Slams, Radio- und Fernsehbeiträgen informiert sie über Artenschutz, ihre Forschungen und das Leben des Großen Ameisenbären.[2] TV und Radio

Science Slams, Lesungen, Vorträge

  • Science Slam, Universität Gießen, 3. November 2017[29]
  • Vortrag Bergzoo Halle, 25. April 2017[30]
  • Lesung Tiergarten Straubing, 24. März 2017[31]
  • Vortrag Kölner Zoo, 13. Dezember 2016[32]
  • Frankfurter Science-Slam des Physikalischen Vereins, 19. November 2016[33]
  • Science Slam Halle, 18. November 2016
  • Science Slam, Oktober 2015[34]
  • Science Slam Dortmund, 27. Mai 2013[35]
  • Science Slam Karlsruhe, 24. April 2013[36]

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 1,2 Sebastian Lerche: Ameisenbären sind ihre Passion. In: Rhein-Neckar-Zeitung vom 28. Juli 2012. Abgerufen am 29. Oktober 2017
  2. 2,0 2,1 2,2 Christian Endt: Zu Gast im Erbsenhirn-Paralleluniversum. In: Zeit online vom 31. Mai 2013. Abgerufen am 27. Oktober 2017
  3. 3,0 3,1 Lydia Möcklinghoff: Ameisenbären-Forscherin in Brasilien. In: Der Spiegel vom 25. Juni 2013. Abgerufen am 27. Oktober 2017
  4. Leute, SWR1: Lydia Möcklinghoff in SWR1 Leute, vom 26. November 2012, min. 00.03.30
  5. 5,0 5,1 5,2 Website von Lydia Möcklinghoff: Kurzbiografie. Abgerufen am 27. Oktober 2017
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 Verband der Zoologischen Gärten (VdZ): Feldprojekte in Süd- und Mittelamerika: Großer Ameisenbär vom 14. Dezember 2016. Abgerufen am 30. Oktober 2017
  7. Zoologisches Forschungsmuseum Koenig: Lydia Möcklinghoff Projekte. Abgerufen am 29. Oktober 2017
  8. 8,0 8,1 Claudia Hauser: Lydia Möcklinghoff Ameisenbärenforscherin pendelt zwischen Köln und Nordbrasilien. In: Kölner Stadt-Anzeiger vom 24. Januar 2016. Abgerufen am 28. Oktober 2017
  9. 9,0 9,1 eingeschränkte Buchvorschau von Die Supernasen. Abgerufen am 29. Oktober 2017
  10. Rolf Kremming: Wer A sagt ... muss auch Meisenbär sagen!. In: Berliner Kurier vom 25. Mai 2015. Abgerufen am 27. Oktober 2017
  11. 11,0 11,1 Titus Arnu: Die Supernasen. In: Süddeutsche Zeitung vom 25. November 2015. Abgerufen am 27. Oktober 2017
  12. Leute, SWR1: Lydia Möcklinghoff in SWR1 Leute, vom 26. November 2012, min. 00.02.30
  13. 13,0 13,1 Universität Würzburg/Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie: Social Organization and Habitat Use of the Giant Anteater (Myrmecophaga tridactyla) in Timber Plantations in Northern Brazil. (Diplomarbeit) 2008. Abgerufen am 26. Oktober 2017
  14. Leute, SWR1: Lydia Möcklinghoff in SWR1 Leute, vom 26. November 2012, min. 00.11.20
  15. Franziska Müschenich: Buchrezension. In: Spektrum der Wissenschaft vom 11. Januar 2017. Abgerufen am 27. Oktober 2017
  16. Simone Guski: Forschung mit Kamerafalle und GPS-Transpondern. In: Humanistischer Pressedienst vom 2. März 2017. Abgerufen am 27. Oktober 2017
  17. eingeschränkte Buchvorschau von Ich glaub mein Puma pfeift!. Abgerufen am 29. Oktober 2017
  18. Zoologisches Forschungsmuseum Koenig: Jahresbericht 2011, S. 74. Abgerufen am 29. Oktober 2017
  19. Descobrindo a vida secreta dos mamíferos do Pantanal. In: Sociedade Brasileira de Zoologia, Nr. 108, April 2014,S. 7–8
  20. Im Gespräch, Deutschlandfunk Kultur: Pionierin in Sachen Ameisenbär. Interview von Britta Bürger vom 31. Juli 2017
  21. SWR2 Wissen: Aula, SWR2: Porträt eines eigenwilligen Säugetieres, Download-Manuskript der Sendung. Feature von Charlotte Grieser vom 20. Juni 2017
  22. West ART, WDR: Liebeserklärung an Supernasen: die Zoologin Lydia Möcklinghoff, vom 10. April 2017
  23. Resonanzen, WDR 3 Live Radio, Interview vom 10. April 2017
  24. Sonntagsfragen, WDR 2: Forschungsgebiet: Supernasen und Erbsenhirne, vom 5. Februar 2017
  25. Planet Wissen, WDR/SWR: Lydia Möcklinghoff kämpft für den Ameisenbär, Wer rettet den Ameisenbären?, 1 Minute mit Lydia Möcklinghoff, Biologin, Ameisenbären sind Spezialisten, vom 1. Februar 2017
  26. 3 nach 9, Radio Bremen TV: Lydia Möcklinghoff, Ameisenbären-Forscherin in der ARD-Mediathek, Lydia Möcklinghoff, Ameisenbären-Forscherin auf Youtube, vom 2. Dezember 2016
  27. Lesart, Deutschlandfunk Kultur: Liebeserklärung an den König der Monotasker, vom 22. November 2016
  28. Leute, SWR1: Lydia Möcklinghoff in SWR1 Leute, vom 26. November 2012
  29. Science Slam Affentheater, Universität Gießen, vom 3. November 2017
  30. Bergzoo Halle: Zuhause bei den Ameisenbären - Eine Forschungsreise ins brasilianische Pantanal, vom 25. April 2017
  31. Lesung Tiergarten Straubing: Die Supernasen. Wie Artenschützer Ameisenbär und Co. vor dem Aussterben bewahren, vom 24. März 2017
  32. Vortrag Kölner Zoo: 1 Fluss, 1 Volk, 10 Kamerafallen - Dokumentation der Artenvielfalt am Rio Teribe beim Volk der Naso, vom 13. Dezember 2016
  33. Frankfurter Science-Slam des Physikalischen Vereins: Erbsenhirnparalleluniversumsforschung, vom 19. November 2016
  34. Science Slam: Ameisenbärforschung im Pantanal, von Oktober 2015
  35. Science Slam Dortmund: Lydia Möcklinghoff: Erbsenhirnparalleluniversumsforschung, vom 27. Mai 2013
  36. Science Slam Karlsruhe: Erbsenhirnparalleluniversumsforschung am Beispiel des großen Ameisenbären, vom 24. April 2013


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