Maladaptives Tagträumen
Maladaptives Tagträumen (MT; Englisch: Maladaptive Daydreaming (MD)) oder Tagträumerische Störung ist ein psychologisches Konzept, das 2002 von Eli Somer eingeführt wurde, um eine zeitaufwendige Absorption in der Phantasie zu beschreiben, die Not und / oder Beeinträchtigung in sozialen, akademischen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen verursachen kann. MT ist noch keine anerkannte Diagnose und wird daher noch nicht im DSM oder der ICD-10 beschrieben.
Definition[Bearbeiten]
MT ist eine "Störung, bei der ein Individuum übermäßig in einer inneren Fantasiewelt in einer Weise absorbiert wird, die klinisch signifikante Belastung oder Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen verursacht"[1]
"Individuen mit MT entwickeln hoch strukturierte interne Welten mit vielen verschiedenen Charakteren, die interagieren wie in einem Spiel oder Roman... Das Tagträumen hat oft eine süchtig machende oder zwanghafte Qualität, aber das Individuum weiß, dass es eine innere Fantasiewelt ist und nicht wahnhaft . MT kann von stereotypen Bewegungen begleitet sein und hat mehrere potentielle Auslöser wie Musik, Langeweile oder soziale Isolation."[2]
Symptome[Bearbeiten]
Die von Eli Somer vorgeschlagenen diagnostischen Kriterien lauten wie folgt:
A. Anhaltendes und wiederauftretendes Phantasieren, das lebhaft und überzogen ist, gekennzeichnet durch das Auftreten von 2 (oder mehr) der folgenden Punkten beim Individuum über einen Zeitraum von sechs Monaten.
- Während des Tagträumens, wird eine tiefe Absorption/Versunkenheit erfahren, welche visuelle, auditive oder affektive Eigenschaften beinhaltet.
- Tagträumen wird ausgelöst, aufrechterhalten und verstärkt durch Einfluss von Musik.
- Tagträumen wird ausgelöst, aufrechterhalten und verstärkt durch Einfluss von stereotypischen Bewegungen (z.B. auf und ab Schreiten, Schaukeln, Handbewegungen).
- Häufiges Tagträumen wenn besorgt oder gelangweilt.
- Intensität und Länge der Tagträume nehmen zu bei Abwesenheit von anderen (z.B. häufigeres Tagträumen wenn alleine).
- Ist gereizt wenn es unmöglich ist zu Tagträumen, oder wenn das Tagträumen unterbrochen oder eingeschränkt ist.
- Würde lieber Tagträumen als sich mit alltäglichen Pflichten, gesellschaftlichen, akademischen oder beruflichen Tätigkeiten zu beschäftigen.
- Hat wiederholt erfolglose Versuche unternommen, das Tagträumen zu kontrollieren, einzuschränken oder zu stoppen.
B. Die Beeinträchtigungen verursachen klinisch signifikantes Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen, oder anderer wichtiger Funktionsgebieten.
C. Die Beeinträchtigungen sind nicht zurückzuführen auf direkte physiologische Effekte von Substanzen (z.B. Drogenmissbrauch oder Medikamente) oder einen medizinischer Allgemeinzustand (z.B. Demenz) und sind nicht besser erklärbar durch eine andere Diagnose, z.B. Autismus-Spektrum Störungen, Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung, Schizophrenie-Spektrum Störungen, Bipolare affektive Störung, Zwangs- und verwandte Störungen, Dissoziative Identitäts Störung, Substanz bezogene und suchterzeugende Störungen, eine organische Störung oder Gesundheitszustand.
Bestimmung des aktuellen Schweregrades:
- Leicht: Erlebt vorwiegend Stress, keine offensichtliche funktionelle Beeinträchtigung.
- Mittel: Ein Funktionsbereich ist betroffen (z.B. Beruf).
- Schwer: Mehr als ein Funktionsbereich ist betroffen (z.B. Arbeit, Schule oder soziales Leben). [3]
Komorbidität[Bearbeiten]
Forschungsergebnisse deuten auf eine Beziehung zwischen MT und dissoziative Absorption, ADHS, OCD, Depressionen und Angstzuständen. Hinweise legen nahe, dass MT der Beschreibung einer Verhaltenssucht passen könnte.
"Wir haben hohe Komorbiditätsraten festgestellt: 74,4% erfüllten Kriterien für mehr als drei zusätzliche Störungen, und 41,1% erfüllten die Kriterien für mehr als vier. Die häufigste komorbide Störung war Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung ( 76,9% ); 71,8% erfüllten die Kriterien für eine Angststörung, 66,7% für eine depressive Störung, und 53,9% für Zwangsstörungen oder verwandte Störungen. 28,2% unternahmen Suizidversuche.
Personen, die Kriterien für MT erfüllen, haben eine komplexe psychiatrische Probleme, die eine Reihe von DSM-5-Störungen umfassen. Diese Feststellung liefert Beweise, dass MT anders ist als normales Tagträumen und das diese Individuen erhebliche Not und Beeinträchtigungen erfahren."[2]
Ursachen[Bearbeiten]
Studien zeigen, dass eine Untergruppe von Individuen mit MT negativen Kindheitserlebnissen wie emotionaler Vernachlässigung oder Missbrauch oder sozialer Angst und Isolation ausgesetzt war, was auf eine mögliche Rolle der emotionalen Regulation bei MT hindeutet.
Forschung[Bearbeiten]
2017 wurde das The Maladaptive Daydreaming Research Laboratory an der Faculty of Social Welfare & Health Sciences an der Universität von Haifa gegründet, um die Bekanntheit von MT in der Fachwelt zu steigern und die Forschung heranzutreiben. Für eine im September 2018 geplante Onlinestudie werden von MT betroffene Teilnehmer gesucht.[4]
Weblinks[Bearbeiten]
- Alle bisherigen wissenschaftlichen Texte werden auf der Webseite des The Maladaptive Daydreaming Research Laboratory gelistet.
- Rebecca Kamm: Wenn Tagträume zu einer psychischen Krankheit werden. Broadly. 3. Februar 2017, abgerufen am 24. Februar 2018.
- Deutschsprachiges Forum für Betroffene. Abgerufen am 24. Februar 2018.
Literatur[Bearbeiten]
- Meta Regis: Daydreams and the Function of Fantasy. Palgrave Macmillan, 2013, ISBN 978-1-137-30076-8 (english).
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Eli Somer: Maladaptive daydreaming: A qualitative inquiry. Hrsg.: Journal of Contemporary Psychotherapy. Band 32, Nr. 2, 2002, S. 195–210.
- ↑ 2,0 2,1 Eli Somer, Nirit Soffer-Dudek, Colin A. Ross: The comorbidity of daydreaming disorder (Maladaptive Daydreaming). Hrsg.: Journal of Nervous and Mental Disease. Band 205, Nr. 7, 2017, S. 525–530.
- ↑ Eli Somer, Nirit Soffer-Dudek, Colin A. Ross, Naomi Halpern: Maladaptive daydreaming: Proposed diagnostic criteria and their assessment with a structured clinical interview. Hrsg.: Psychology of Consciousness: Theory, Research, and Practice. Band 4, Nr. 2, 2017, S. 176–189.
- ↑ The Maladaptive Daydreaming Research Laboratory. Abgerufen am 10. Februar 2018 (english).
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