Mikroaggression
Mikroaggression (englisch microaggression) ist ein sozialpsychologischer Begriff, der 1970 von Chester Pierce geprägt wurde, um winzige übergriffige Äußerungen in der alltäglichen Kommunikation zu beschreiben. Darunter werden kurze, alltägliche Äußerungen verstanden, die an die andere Person abwertende Botschaften senden, welche sich auf deren Gruppenzugehörigkeit beziehen.[1]
Erscheinungsformen[Bearbeiten]
Mikroaggressionen können in verschiedenen Formen auftreten:[2][3]
- Mikroangriffe (microassaults)
- Mikrobeleidigungen (microinsults)
- Mikroentwertungen (microinvalidations)
Betroffene[Bearbeiten]
Von Mikroaggression betroffen sind oft Angehörige marginalisierter gesellschaftlicher Gruppen: People Of Color, Menschen mit Migrationshintergrund, Homosexuelle oder Menschen mit Behinderungen. So zeigt sich etwa ein deutscher Schulleiter am ersten Schultag erstaunt, dass eine dunkelhäutige Schülerin fließend Deutsch spricht.[3] Im Umkehrschluss bedeutet dies: Menschen mit anderer Hautfarbe können nicht ordentlich Deutsch reden. Ein anderes Beispiel kommt von einem männlichen bosnischstämmigen muslimischen Jugendlichen, dem eine Lehrerin riet, seinen Vornamen Muhamed ändern zu lassen, weil dieser wegen seines Namens „doch später bestimmt Probleme haben“[3] würde. Damit wurde der Name, das wohl stärkste Identifikationsmerkmal eines Menschen, herabgewürdigt.[3]
Verursacher[Bearbeiten]
In den meisten Fällen nehmen die Verursacher von Mikroaggression sich selbst als wohlwollend und unvoreingenommen wahr.[4] Werden sie von der angegriffenen Person oder einem außenstehenden Beobachter darauf angesprochen, verteidigen die Verursacher sich damit, es sei ein Missverständnis oder ein Scherz gewesen, oder man solle doch nicht „aus der Mücke einen Elefanten machen“.[5]
Kritik[Bearbeiten]
Der Journalist Paul Rowan Brian wendet gegen die Theorie der Mikroaggression ein, dass diese triviale und zu vernachlässigende rassistische Äußerungen mit wirklichem Rassismus vermenge.[6] Ähnlich überlegt Amitai Etzioni in The Atlantic, dass die Beschäftigung mit Mikroaggression eine Ablenkung von schwererwiegenden Handlungen darstellen könnte.[7]
Siehe auch[Bearbeiten]
Weblinks[Bearbeiten]
- Jonathan Haidt: Jetzt kommt die Sprachpolizei. Redner werden ausgeladen, Wörter verbannt, Ideen unterdrückt: An amerikanischen Universitäten grassiert eine neue Form von politischer Korrektheit. Tagesanzeiger, Zürich 18. August 2015.
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Michele A. Paludi: Managing Diversity in Today’s Workplace: Strategies for Employees and Employers. Praeger, 2012, ISBN 0313393176.
- ↑ Derald Wing Sue et al.: Racial Microaggressions in Everyday Life: Implications for Clinical Practice. In: American Psychologist. 62 (2007) 4, S. 271–286.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 Toan Quoc Nguyen: „Es gibt halt sowas wie einen Marionettentäter.“ Schulisch-institutionelle Rassismuserfahrungen, kindliche Vulnerabilität und Mikroaggression. In: ZEP – Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik. 36 (2013) 2, S. 20–24.
- ↑ Stephanie Y. Evans: African Americans and Community Engagement in Higher Education: Community Service, Service-learning, and Community-based Research. State University of New York Press, 2009, S. 126 f., ISBN 143842874X.
- ↑ Katie Lynn Love: An Emancipatory Study with African-American Women in Predominantly White Nursing Schools. Proquest, 2009, S. 221.
- ↑ Paul Rowan Brian: Unmasking The Mustachioed Menace Of Microaggression. In: The Federalist. 16. Dezember 2013, aufgerufen am 30. August 2015.
- ↑ Amitai Etzioni: Don't Sweat the Microaggressions. The old pitfalls of new sensitivities in political speech. In: The Atlantic. 8. April 2014, aufgerufen am 30. August 2015.
Diese artikel "Mikroaggression" ist von Wikipedia The list of its authors can be seen in its historical.
This page exists already on Wikipedia. |