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Negativzinswirtschaft

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Negativzinswirtschaft (NZW) ist ein vom amerikanischen Autor Charles Eisenstein geprägter Begriff für eine Volkswirtschaft, welche auf dem Prinzip negativer Zinsen für Spareinlagen und Kredite beruht.

Anhand eines kleinen Modells[1] beschreibt Charles Eisenstein in seinem Buch Die Ökonomie der Verbundenheit, Wie das Geld die Welt an den Abgrund führte - und sie dennoch jetzt retten kann. (2013) die technische Realisierung des Kreditwesens einer Negativzinswirtschaft. Die Negativzinswirtschaft ist Zins-komplementär zum Kapitalismus in dem die Zinsen überwiegend positiv sind. Eine Einordnung in die Literatur Karl Marx', Silvio Gesells und Joseph Schumpeters sowie die Berücksichtigung des Niveaus der Leitzinsen in 2015 offenbart, dass es sich bei dem Wort Negativzinswirtschaft um einen Rahmenbegriff handelt unter dem auch die Wirtschafts- und Gesellschaftsformen Sozialismus und Kommunismus zusammengefasst werden können.

In 2015 befinden sich die Schweiz, Dänemark und Schweden in der Wirtschaftsform Negativzinswirtschaft[2].

Entstehung[Bearbeiten]

Geld ist in einer Volkswirtschaft ein universelles Tauschgut. Geld, wie auch andere Kapitalgüter werden im Kapitalismus gegen Zins verliehen, wodurch sich die private Geldmenge exponentiell vermehrt. Kapitalleihnehmer sind häufig Unternehmensgründer welche die Mittel des täglichen Bedarfs herstellen. Wenn der Kapitalleihvertrag eingehalten wird, ist ein Unternehmen entstanden, welches der Gesellschaft Mittel zur Bedürfnisstillung herstellt. Ein Teil der Gewinnmarge des Unternehmers in der Phase der Gründung des Unternehmens ist der Gewinn des Leihgeber in Form des Zinses.

Die Grundregeln des Kapitalismus lauten:

  1. Es existiert eine gesellschaftlich weitgehend anerkannte Verteilung von privaten Kapitalien (Kapital). Die Kapitalgüter sind also einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft (den Kapitalseignern) zuordenbar (Eigentum). Das Eigentum wird geschützt.
  2. Kapital ist gegen Zins (letztendlich wieder Kapital) ver- und ausleihbar. Der von Leihnehmer und Leihgeber verhandelte Zins regelt den Kapitalfluss zwischen der Leihnehmer- und der Leihgeberklasse. Der Zins ist positiv.
  3. Verträge sind einzuhalten (pacta sunt servanda).

Im Zeitraum 1995–2015 sind mehrere der größten Volkswirtschaften des Planeten aufgrund der hohen Staatsverschuldung in die volkswirtschaftliche Situation von Leitzinsen nahe 0 geraten[3]. So sind die Leitzinsen der USA, Japans, Staaten der EU und Israels auf einem historisch niedrigen Stand. Im elektronischen Handel sanken die Renditen kurzfristiger Staatsanleihen Anfang 2015 in den negativen Bereich[4], siehe auch Abschnitt über Beipiele für das Auftreten negativer Zinsen.

Als logische Fortführung der Geld-Politik der Zentral- und Notenbanken der Niedrigzins-Ökonomien entwickelt sich in 2015 eine Wirtschaftsform, bei der der Zins auf Kapital negativ ist. So haben bereits die Schweiz, Dänemark und Schweden in 2015 negative Zinsen auf Einlagen[5].

Die Grundregeln der Negativzinswirtschaft sind (analog zu obiger Definition des Kapitalismus) folgende:

  1. Es existiert eine gesellschaftlich weitgehend anerkannte Verteilung von privaten Kapitalien (Kapital). Die Kapitalgüter sind also einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft (den Kapitalseignern) zuordenbar (Eigentum). Das Eigentum wird überwacht.
  2. Kapital ist gegen Zins (letztendlich wieder Kapital) ver- und ausleihbar. Der von Leihnehmer und Leihgeber verhandelte Zins regelt den Kapitalfluss zwischen der Leihnehmer- und der Leihgeberklasse. Der Zins ist negativ.
  3. Verträge sind einzuhalten (pacta sunt servanda).

Ursachen der Entstehung der Negativzinswirtschaft[Bearbeiten]

Während des Zweiten Weltkrieges beschrieb Joseph Schumpeters in Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie (1942) die fortschreitende Selbstzerstörung des Kapitalismus'. Begrifflich erfasste Schumpeter das Phänomen der Zersetzung der Lebensgrundlage im fortschreitenden Kapitalismus mit der Wortprägung Schöpferische Zerstörung und beschrieb den Sozialismus als natürliche Übergangserscheinung von der Klassengesellschaft des Kapitalismus zum Kommunismus. Marx umriss den Kommunismus als eine klassenlose Gesellschaft, die sich seiner Theorie zufolge anhand konkreter gesellschaftlicher Entwicklungen und Widersprüche zeigen würde.

Gesellschaftliche Widersprüche werden in 2015 unter dem Begriff Ungleichheit der Vermögen geführt. So besaß in Deutschland 2007 das obere Zehntel in der Vermögensverteilung in etwa 61% des Nettovermögens[6]

Über sämtliche Ursachen der Schere sind sich Ökonomen allerdings immer noch uneins[7]. Die naheliegendste Ursache der Schere ist jedoch der Zins, wenn der Leihnehmer in der Vermögensverteilung im Mittel unvermögender ist als der Leihgeber.

Der Ökonom Thomas Piketty beschreibt in seinem 2013 erschienenen Buch Das Kapital im 21. Jahrhundert den Hauptmechanismus des Kapitalismus mit der Formel

dass also die Vermögens-gewichtete Rendite die einfach gemittelte Rendite , also das Wachstum der Volkswirtschaft übersteigt.

Auswirkungen[Bearbeiten]

Vom Standpunkt der Naturwissenschaften aus betrachtet, ist die Negativzinswirtschaft eine natürliche Wirtschaftsform, welche die Menschen in der Vergangenheit immer wieder vereinbarten. Natürliche (physikalische) Tauschgüter (z. B. Salz, Edelmetalle, Saatgut) haben aufgrund der Energie- und Massenerhaltung und der Thermodynamik (Entropieänderung ist stets größer oder gleich null, es gibt keine abgeschlossenen Systeme) einen negativen Zins oder höchstens einen Zins von 0 (z. B. Gold).

Geschichtlich dokumentiert sind Experimente mit negativ verzinsten Regionalwährungen welche einen spektakulären Verlauf nahmen. Zu nennen sind hier unter anderem das sogenannte "Wunder von Wörgl". Ideengebend war im Wörgler Experiment das Prinzip des umlaufgesicherten Geldes der Freiwirtschaftstheorie Silvio Gesells.

Seit dem Beginn der Phase historisch niedriger Leitzinsen in den USA 2009 wurde in der Fachwelt sehr konkret über die Auswirkungen und Form einer Negativzinswirtschaft diskutiert[8].

Maßnahmen an der Null-Zins-Grenze[Bearbeiten]

Die Negativzinswirtschaft[9] ist daher Zins-komplementär zum Kapitalismus. Eine postkapitalistische Negativzinswirtschaft kann nicht ohne spezielle Reformen des Bankensystems durchgeführt werden, weil das Absenken des Einlagezinsen in den negativen Bereich zu einer Kreditklemme führen würde. Die im schlimmsten Fall daraus resultierende Liquiditätsfalle (Paul Krugman)[10] ist durch die Installation einer Umlaufsicherung beherrschbar. Die Umlaufsicherung wird benötigt um die Liquidität des Bankennetzes und eine Kontinuität der Versorgung der Wirtschaft mit Krediten sicher zu stellen. Da Bargeldhaltung bei negativen Zinsen eine unmittelbare Abzinsung der Vermögen verhindern kann, wird teils heftig[11] über ein Bargeldverbot diskutiert[12][13]. Begründet werden könnte ein solches Verbot allerdings auch mit dem Hinweis auf die praktizierte Geldwäsche.

Als Lösung zur Erhaltung des Bargelds wird eine Bargeldsteuer in die Diskussion eingebracht[14][15].

Als Maßnahme zur Sicherstellung der Banken-Liquidität dient die quantitative Lockerung, bei der die Bilanz der Zentralbank z.B. durch den Aufkauf von Staatsanleihen verlängert wird. Unmittelbare Auswirkung des Programms ist ein Absinken des Zinsniveaus.

Grundrechte[Bearbeiten]

Der Zins greift in das Gleichgewicht der fundamentalen Rechtsgüter Privatautonomie ( Artikel 2, GG) und Kontrahierungsrecht bzw. -pflicht (Verträge sind einzuhalten) ein. Dies ist wie folgt nachvollziehbar:

Liegen bei einer Bank Sparguthaben ein, so führt eine Anhebung des Leitzinses auf einen positiven Wert zu einem Kontrahierungszwang bei den angeschlossenen Geschäftsbanken. Da Privatautonomie und Kontrahierungsrecht bzw. -pflicht komplementäre Rechtsgüter sind, ist ein Kontrahierungszwang gleichbedeutend mit einer Einschränkung der Privatautonomie der Geschäftsbank. Diese Autonomieeinschränkung äußert sich darin, dass die Geschäftsbank höhere Kreditzinsen aus ihren Kreditverträgen erwirtschaften muss, sofern sie die Sparzinsen bedienen will. Eine Anhebung der Leitzinsen führt also über die Autonomieeinschränkung indirekt zu einer Anhebung der Kreditzinsen und somit ebenfalls zu einem Eingriff in die Privatautonomie der der Bank zugeordneten Kreditnehmer. Banken erwirtschaften ihre Gewinne jedoch aus der Differenz zwischen Kreditzinsen und Sparzinsen, wodurch bei einer Absenkung des Leitzinses auf 0 die Gewinnmarge der Banken vollständig verschwindet. Aus diesem Grund müssen die Banken in der Niedrigzinsphase mit Maßnahmen der Zentralbank gestützt werden.

Während bei einer Geldpolitik mit positiven Zinsen die Autonomie der Kreditnehmer gegenüber der Autonomie der Sparer eingeschränkt ist, verhält es sich in einer Negativzinswirtschaft genau umgekehrt: Die Autonomie des Sparers ist eingeschränkt und die Autonomie des Kreditnehmers überwiegt. In der Wahrung seiner Privatautonomie kann der Sparer in einer Negativzinswirtschaft versuchen, einen Kreditnehmer zu finden, der einen höheren Zins zahlt, als der Einlagezins der Bank beträgt, somit kann er zumindest versuchen, seine Sparguthaben zu erhalten. Alternativen zu festverzinslichen Anlagen sind demnach variable verzinsliche Geldanlagen wie Unternehmensbeteiligungen in Form von Aktien. Die Wirkung von negativ verzinstem Geld auf die Vermögensverteilung ist eine Umverteilung von "reich zu arm".

Zeitentwicklung von Vermögen[Bearbeiten]

Zu den am einfachsten nachvollziehbaren Veränderungen in einer Negativzinswirtschaft gehört die Entwicklung von Vermögen. Um diese Entwicklung zu skizzieren, sei ein konstantes Jahreseinkommen und fest stehender Zins vorausgesetzt. Die zugrundeliegende Differenzialgleichung der Vermögensentwicklung lautet:

Der Vermögenszuwachs ist also die Summe aus Einkommen und Kapitalerträgen . Ist der Zins positiv , so wächst das Vermögen unbeschränkt.

Ist jedoch der (Einlagen-) Zins negativ , so erreicht das Vermögen ein Maximum , denn die Änderung des Einkommens kann dann verschwinden:

Daraus erhält man ein Sättigunswert für das Vermögen

Erreicht eine einkommensträchtige Unternehmung die Sättigungsgrenze , so geht der Gewinn über die Banken komplett an Unternehmensgründer. Die Entwicklung entspricht also der Wirkung einer progressiven Einkommenssteuer.

Um die Zeitentwicklung zu berechnen, kann man sich der Methode der Trennung der Variablen bedienen. Hierzu wird die obige Differenzialgleichung integriert und die Veränderlichen durch das Gleichheitszeichen getrennt:

Nach Substitution folgt:

Daraus ergibt sich

bzw.

Nach Resubstitution von und erhält man das Ergebnis:

Diese Modellergebnisse zeigen, dass

  1. positiver Zins exponentielles Vermögenswachstum verursacht,
  2. ein Zins von 0% lineares Vermögenswachstum und
  3. negativer Zins beschränktes Vermögenswachstum.

Eine Zeitentwicklung mit einem Anfangsvermögen von 0 nähert sich dem Sättigungsvermögen von unten, während ein Anfangsvermögen oberhalb des Sättigungsvermögens sich diesem exponentiell zerfallend von oben nähert. Der Sättigungswert ist proportional zum Einkommen weswegen ein Vermögen ohne Einkommen auf 0 zerfällt. Der "Berufsstand" des Rentiers oder auch Privatiers wird also systemisch unmöglich ohne Aufzehr der aufgebauten Kapitalien. Die Zeitentwicklung spiegelt also genau die von Piketty geforderte progressive Einkommenssteuer. Außerdem fügt sich die Vermögensentwicklung auf natürliche Art und Weise in einen beschränkten Lebensraum ein.

Es ist anzumerken, dass diese Modellergebnisse nur auf Situationen mit konstanten Vermögenszuwächsen und konstanten Zinsen übertragbar sind. Mit einigen einfachen Modifikationen kann die Rechnung bei einer Projektion der Zins- und Vermögensentwicklung exakt an reale Situationen angepasst werden.

Einzelnachweise[Bearbeiten]


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