Pax Saxonica
Pax Saxonica ist ein Begriff der Geschichtswissenschaft und bezeichnet die Interessen- und Einflusssphäre des Kurfürstentums Sachsen nach Abschluss des Augsburger Religionsfriedens im Reich, für dessen Umsetzung und Einhaltung sich die sächsischen Kurfürsten verantwortlich betrachteten. Die Einflusszone umfasste die Gebiete nördlich von Erzgebirge und Thüringer Wald.[1]
Im Gegensatz dazu spricht man von einer Pax Austriaca[1] für die südliche Einflusszone im Reich, für die Habsburg die Aufrechterhaltung der Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens übernahm.
Entstehung[Bearbeiten]
Sachsen, Zentrum der fürstengetragenen Reformation, war das mächtigste protestantische Fürstentum. Neben den theologischen Grundsatzdebatten ging es in der gesamten Reformation im Wesenskern um die Verteilung der Macht zwischen Fürsten und Kaiser im Reich. Die protestantischen Fürsten hatten durch ihre Machtpolitik ihre eigene Stellung in ihren Territorien gestärkt, die Kirche dort enteignet und deren Besitztümer übernommen. Sie strebten nach weitergehenden Autonomien vom Reich.
Die Zukunftsprognosen der protestantischen norddeutschen Fürsten und der Fortbestand der Reformation waren in Folge der Ergebnisse des Schmalkaldischen Kriegs unsicher geworden. Angesichts des Triumphzugs Karls V. drohte eine stärkere Einbindung des kaiserfernen Nordostens in das von den Habsburgern dominierte Reich. Der Zweikampf zwischen den beiden Staatsorganisationsansätzen – 1. unitarische Zentralgewalt im Reich und 2. dezentrale Fürstenherrschaft in einem losen Bund – schien für den Moment zugunsten der Zentralgewalt unter Führung der Habsburger entschieden zu sein.
In Sachsen war im Ergebnis des Kriegs die Kurwürde von den Ernestinern auf die Albertiner übergegangen, als Siegesprämie für die Unterstützung des Kaisers. Der ehemalige sächsische Herzog und neue sächsische Kurfürst Moritz überwand rasch die Zerfallstendenzen im Territorialstaat. Der noch junge Territorialfürst Moritz war eine energische Herrscherpersönlichkeit und drehte den politischen Kurs im Reich erneut um. Sein entwickeltes politisches Konzept fand Durchsetzung und wurde von seinen Nachfolgern aufrechterhalten. Das Konzept hatte die Tragweite einer völligen politischen Neuordnung im Reich zum Ansatz. Es beließ die Hegemonie Habsburgs über den Süden des Reichs, doch beanspruchte Sachsen die Hegemonie über den Norden des Reichs. Grundlage für diesen Anspruch sollte die eigene staatliche Kraft Sachsens sein.
In der aufgeladenen Zeit der albertinischen Revolution Ende der 1540er Jahre war nicht abzusehen gewesen, dass die Entwicklung am Ende auf eine von den Albertinern diktierte „Pax Saxonica“ hinauslaufen würde.[2]
Der Kompromissfriede von Augsburg 1555 wurde Stabilitätsanker der friedlichen Entwicklung bis 1618 im Reich. Ermöglicht hatte ihn die konsensfähige Dresdner Konzeption. Neben der geografischen Interessensphäre wird auch diese neue Ordnung im Reich mit Pax Saxonica bezeichnet. Der Erhalt dieser Ordnung wurde höchstes Ziel Dresdner Politik. Seit 1562 war Sachsen Motor der Friedenssicherung und in zentraler Verantwortung als politisch tonangebender Reichsstand, was auch außerhalb des Reichs so eingeschätzt wurde.[3]
Die Partnerschaft von Sachsen und Kaiser begann zunächst als Juniorpartnerschaft des Kurfürsten. Doch glichen sich die Verhältnisse mit der Zeit an. Unter Maximilian II. trug Sachsen gleichberechtigt mit dem Kaiser den Friedensverband im Reich. Unter Rudolf II. hatte Sachsen eine dominierende Stellung im Verhältnis inne.
Die ernestinischen Fürsten auf dem heutigen Gebiet Thüringens standen dieser Entwicklung ablehnend gegenüber. Sie hatten im Machtkampf mit dem Brudergeschlecht das Nachsehen gehabt. Dies wirkte sich auch noch zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs aus, in dem die Ernestiner Truppen sammelten, um auf Seiten des Pfalzkönigs für die protestantische Seite und gegen den Kaiser zu kämpfen, mit dem eigentlichen Ziel einer Revision des Pax Saxonica.[4]
Literatur[Bearbeiten]
- Frank-Lothar Kroll: Die Herrscher Sachsens: Markgrafen, Kurfürsten, Könige; 1089–1918, C.H.Beck, 2007, S.119
- Thomas Nicklas: Macht oder Recht: frühneuzeitliche Politik im Obersächsischen Reichskreis, Franz Steiner Verlag, 2002
- Michael Müller: Die Entwicklung des Kurrheinischen Kreises in seiner Verbindung mit dem Oberrheinischen Kreis im 18. Jahrhundert, Peter Lang, 2008, S.248
- Karlheinz Blaschke: Moritz von Sachsen - ein Fürst der Reformationszeit zwischen Territorium und Reich: internationales wissenschaftliches Kolloquium vom 26. bis 28. Juni 2003 in Freiberg (Sachsen), Steiner, 2007, S.329
- Thomas Ott: Präzedenz und Nachbarschaft: das albertinische Sachsen und seine Zuordnung zu Kaiser und Reich im 16. Jahrhundert, Band 217 von Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Institut für Europäische Geschichte Mainz, Vandenhoeck & Ruprecht, 2009, S.5
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ 1,0 1,1 Thomas Nicklas: Macht oder Recht: frühneuzeitliche Politik im Obersächsischen Reichskreis, Franz Steiner Verlag, 2002, S. 76 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- ↑ Blätter für deutsche Landesgeschichte, Bände 145-146, Korrespondenzblatt: Neue Folge, Gesamtverein der Deutschen Geschichts- und Altertumsvereine, Selbstverlag des Gesamtvereins der deutschen Geschichts-und Altertumvereine., 2009, S. 46 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- ↑ Frank-Lothar Kroll: Die Herrscher Sachsens: Markgrafen, Kurfürsten, Könige; 1089 - 1918, C.H.Beck, 2007, S. 119
- ↑ Thomas Nicklas: Macht oder Recht: frühneuzeitliche Politik im Obersächsischen Reichskreis, Franz Steiner Verlag, 2002, S. 200 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
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