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Fair Cooperation

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Fair Cooperation ist Leitmotiv für eine faire Kooperationskultur zwischen Partnern des ‚Globalen Südens‘ und des ‚Globalen Nordens‘.

Beschreibung[Bearbeiten]

Fair Cooperation wurde von der Kulturwissenschaftlerin Annika Hampel im Jahr 2015 eingeführt. Wolfgang Schneider, der national und international renommierte Kulturwissenschaftler, beschreibt Fair Cooperation als Schlüsselbegriff für den internationalen Kulturaustausch.[1][2][3]

Ausgangspunkt von Fair Cooperation ist das Missverhältnis von Anspruch und Wirklichkeit hinsichtlich internationaler Kooperationen in Kultur und Bildung. In Deutschland wird von der Auswärtigen Kulturpolitik und den Kulturförderinstitutionen ein Dialog auf Augenhöhe zwischen den Partnern des ‚Globalen Südens‘ und des ‚Globalen Nordens‘ gefordert. In der Praxis hingegen entwickeln diese Kooperationen nach wie vor häufig asymmetrische Strukturen und damit Machtverhältnisse.[4]

Das Leitmotiv von Fair Cooperation ermöglicht, faire Strukturen und Prozesse im internationalen Kulturaustausch zu etablieren. Diese Haltung muss Eingang in die Kulturbeziehungen zwischen dem ‚Globalen Norden‘ und dem ‚Globalen Süden‘ finden, sonst geht die von der UNESCO geforderte kulturelle Vielfalt verloren.[5][6]

Während Fair Play im Sportbereich und Fair Trade in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung gelten, wird Fair Cooperation in den internationalen Kulturbeziehungen angewandt.[7][8]

Fair Cooperation in der Praxis[Bearbeiten]

Die Handlungsempfehlungen von Fair Cooperation sind:[9]

1. Partnerschaften müssen sich entfalten, sie können nicht verordnet werden. Das heißt, es muss in Plattformen wie Workshops und Festivals investiert werden, auf denen sich die Akteure kennen lernen können, indem sie ihre Arbeiten präsentieren und in einen ersten Austausch treten. Hierbei muss die begrenzte Mobilität von potenziellen Kooperierenden aus dem ‚Globalen Süden‘ beachtet und erhöht werden.

2. Interessen und Ziele einer Kooperation sowie Rollen und Verantwortungen in einer Partnerschaft müssen zu Beginn von allen beteiligten Akteuren entwickelt und definiert werden. Im Laufe der Zusammenarbeit sollten sie reflektiert und überprüft, ggf. neu verhandelt und angepasst werden. So entstehen Transparenz und Vertrauen, als Basis jedweder Kooperation. Im Falle eines (Macht-)Konfliktes kann auf die gemeinsamen Ziele zurückgegriffen werden.

3. Recherchereisen sind Pflicht einer jeden binationalen Kooperation. Sie ermöglichen, den Partner und den Kontext, in dem er lebt und arbeitet, verstehen zu lernen. Kontextwissen zum politischen und sozialen Rahmen, in dem man sich bewegt, Kenntnisse über lokale Akteure und Infrastrukturen sowie interkulturelle Kompetenz müssen sich die Kooperierenden aneignen. Die Reisen beruhen auf Gegenseitigkeit und sie sind sowohl finanziell als auch zeitlich einzuplanen in das Kooperationsprojekt. Denn sie dienen dem Gelingen einer Kooperation. Auch der Kooperationsprozess, der Arbeitsprozess hinsichtlich eines Ergebnisses, sowie die Präsentation des Kooperationsergebnisses sollten beidseitig verortet sein, um dem anvisierten Dialog Rechnung zu tragen. Zudem können die Kooperationsergebnisse so in mehrere Gesellschaften im Sinne eines vertieften Fremd- und Selbstverstehens hineinwirken.

4. Externe Kooperationsbegleiter können als Vermittler und Übersetzer dienen. Voraussetzung ist, dass sie beide Kulturen und Kontexte, in denen sich die Partner bewegen, kennen und verstehen und dass alle beteiligten Akteure mit der Wahl des Begleiters einverstanden sind. Im Fall von Konflikten können externe Begleiter auch die Rolle des Moderators und Mediators übernehmen. Durch die Neutralität des Begleiters ist gegeben, dass alle Interessen – von den Partnern des ‚Globalen Südens‘ und des ‚Globalen Nordens‘ - gleichermaßen Einfluss in der Kooperation haben.

5. Kooperation bedeutet im Idealfall, voneinander zu lernen und sich gemeinsam fortzuentwickeln. Wie Erfahrungen und Erkenntnisse, sprich: Resultate aus der Kooperation, in die jeweiligen Kontexte zur Anwendung überführt werden, muss dem Partner, der sich in dem spezifischen Kontext bewegt, überlassen sein. Häufig sind regionale Anpassungen vorzunehmen, damit Kooperationsresultate in unterschiedlichen Kontexten und deren lokalen Bedürfnissen angewandt werden und wirken können. Kontextorientierung ist eine Bedingung, um nicht in neokoloniale Strukturen – europäische Strategien und Konzepte zur Lösung von Herausforderungen für den Rest der Welt – zu verfallen.

6. Die Kooperationsarbeit besteht aus mehreren Phasen: die Vorbereitung (siehe Punkte 1–4), der Kooperationsprozess an sich und die Nachbereitung (siehe Punkte 10–11). Diese Phasen benötigen spezifische Zeitfenster. Die Ressource Zeit kostet Geld. Insbesondere bei der Vorbereitung von Kooperationen als Voraussetzung einer gelingenden Partnerschaft werden häufig Geld und Zeit eingespart. Das führt zum Scheitern von Kooperationen. Zeitintervalle für prozessorientierte Kooperationsarbeit ermöglichen den beteiligten Akteuren hingegen Pausen zur Reflexion ihrer Zusammenarbeit und zur Bearbeitung anderer, über das Kooperationsprojekt hinaus fortlaufender Verpflichtungen.

7. Finanzierungen von Kooperationen sind in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik häufig an Nationalitäten, Sparten und Themen geknüpft. Eine offene und vor allem prozessorientierte Förderung würde der Kooperationsanbahnung und dem Kooperationsprozess in seiner Dynamik weitaus mehr entsprechen.

8. Kooperationsarbeit bewegt sich zwischen Prozess- und Ergebnisorientierung. Meistens wird, in Hinblick auf die begrenzten Ressourcen Zeit und Geld, das Ergebnis fokussiert, zu Gunsten des Prozesses. Doch gute Prozesse, die den Dialog der Partner begründen, sind die Grundlage für erfolgreiche Kooperationen und somit auch für gelungene Kooperationsergebnisse. Demnach ist die Zusammenarbeit während des Entstehungsprozesses mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger als die Zusammenarbeit hinsichtlich des Ergebnisses.

9. Eine Kultur des Experimentierens und des Scheiterns muss durch eine schrittweise Förderung zugelassen werden. Akteuren wird zu Beginn ihrer Zusammenarbeit ein geringer Geldbetrag (‚seed money‘ bzw. Wagniskapital) zugesprochen (damit sind in der Regel einige Tausend Euro gemeint), um ihre Kooperationsidee zu erproben. Nach dieser Phase entscheiden die Kooperierenden gemeinsam mit ihren Förderern, ob die Weiterführung der Partnerschaft sinnvoll ist oder nicht.

10. Internationale Kooperationen sind oftmals projektbasiert, sprich: Sie vermissen eine Kontinuität. Um Kooperationsarbeit zukünftig nachhaltiger wirken zu lassen, geht es folglich darum, dass die Partner die Resultate ihrer Zusammenarbeit in ihre jeweiligen Kontexte überführen (siehe Punkt 5). Dieser kontextorientierte Transfer des Kooperationsresultates – ob Prozess oder Ergebnis – als elementarer Bestandteil der gemeinsamen Arbeit erfordert finanzielle und zeitliche Ressourcen, wenn die Kooperationsarbeiten in ihre Eigenständigkeit und Unabhängigkeit überführt werden sollen. Aus Kooperationsarbeit kann dann ein stabiles und langfristiges Netzwerk entstehen.

11. Eine beständige Reflexion des Kooperationsprozesses ermöglicht den beteiligten Akteuren, fortlaufend auf die Qualität ihrer Zusammenarbeit zu achten und sie über den gesamten Zeitraum der Kooperation hinweg zu entwickeln. Damit wird das Leistungsvermögen der Partnerschaft gestärkt, welches als Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit gilt. Die Erfahrungen aus internationaler Kooperationsarbeit inklusive ihrer Fehl- und Rückschläge können nutzbringend für die zukünftige Planung und Realisierung von weltweiten Kooperationen sein. Deshalb ist es wichtig, diese wertvollen Erkenntnisse zu sammeln. Auf Plattformen wie Workshops können die Kooperierenden ihre Erkenntnisse aus interkulturellen Kooperationen teilen und austauschen sowie ihre Zusammenarbeit analysieren und diskutieren. Denn diese Erfahrungen liefern die relevanten Perspektiven zur Entwicklung einer zukünftigen fairen bzw. faireren Kooperationskultur. Die (selbst-)kritische Reflexion der Kooperationsprojekte setzt voraus, dass die beteiligten Akteure keine Sanktionen befürchten müssen, bspw. indem ihre Förderanträge abgelehnt werden.

12. Die Dominanz des Partners aus dem ‚Globalen Norden‘ gegenüber seinem Partner aus Afrika, Lateinamerika oder Asien ist nach wie vor existent. Ursprung hierfür ist der ungleichgewichtige Ressourceneinsatz. Der Partner aus dem ‚Globalen Norden‘ bringt häufig den Großteil der finanziellen Ressourcen in die Kooperation ein. Das erzeugt eine Hierarchisierung der Akteure und damit Machtverhältnisse. Die Gleichberechtigung unter den Partnern wäre hergestellt, wenn alle beteiligten Akteure einen gleich hohen Geldbetrag in die Partnerschaft investieren. Partner aus Afrika, Asien und Lateinamerika verfügen aber (noch) nicht über die entsprechenden finanziellen Förderstrukturen. Eine kontinuierliche Debatte über die Grenzen von Gleichstellung und Gleichberechtigung der Partner ist der erste Schritt hin zu einer fairen Kooperation. Ein zweiter Schritt ist, die Verwaltung und Kontrolle der Finanzen – unabhängig von ihrer Quelle – auf alle beteiligten Akteure gleichmäßig zu verteilen. Die gemeinsame Verantwortung für die Verwendung der Gelder macht die Kooperation fairer.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Wolfgang Schneider: Diversität? Eine Herausforderung! In: IXYPSILONZETT 01/2018, Heft 05/2018. Theater der Zeit GmbH, 2018, abgerufen am 16. Oktober 2019 (deutsch).
  2. Wolfgang Schneider: Zur Konzeption internationaler Kulturbeziehungen. Was kommt nach "Auswärtiger Kulturpolitik", "Cultural Diplomacy" und "Soft Power"? In: Institut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft (Hrsg.): Jahrbuch für Kulturpolitik 2017/18. Band 16. transcript Verlag, Bielefeld 2018, ISBN 978-3-8376-4252-0, S. 307–309.
  3. Wolfgang Schneider: Vom langen Atem, Augenhöhe möglich zu machen. In: Goethe-Institut China. 1. August 2018, abgerufen am 3. Oktober 2019.
  4. Jens Adam: Zwischen Selbstdarstellung und "Arbeit an der Weltvernunft": Wohin treibt die deutsche Auswärtige Kulturpolitik? In: Aus Politik und Zeitgeschichte (APUZ 20-22/2016) Kulturpolitik. Bundeszentrale für politische Bildung, 13. Mai 2016, abgerufen am 16. Oktober 2019 (deutsch).
  5. Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur / UNESCO (Hrsg.): Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. Paris 2005.
  6. Österreichische UNESCO-Kommission, Deutsche UNESCO-Kommission, Schweizerische UNESCO-Kommission, Luxemburgische UNESCO-Kommission (Hrsg.): Kulturpolitik Neu/Gestalten. Kreativität fördern, Entwicklung voranbringen. Konvention 2005. Weltbericht. Zusammenfassung. Wien 2018.
  7. Johannes Crückeberg: Andauernde Grenzüberschreitungen. Künstlerresidenzen im Kontext von „Fair Cooperation“ und „Freedeom of Expression“. In: Wolfgang Schneider (Hrsg.): Kultur. Politik. Diskurs. Nr. 19/2019. Hildesheim 2019, S. 58–59.
  8. Bruno Fischli, Annika Hampel, Hans-Georg Knopp, Wolfgang Schneider, Anna Kaitinnis: Kulturarbeit in Transformationsprozessen. Innenansichten zur ‚Außenpolitik‘ des Goethe-Instituts. Fair Cooperation: Austausch auf Augenhöhe. Hrsg.: Anna Kaitinnis und Wolfgang Schneider. Auswärtige Kulturpolitik, Nr. 5. Springer Verlag, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-13258-3, S. 147–182.
  9. Annika Hampel: Fair Cooperation. Partnerschaftliche Zusammenarbeit in der Auswärtigen Kulturpolitik. Springer Verlag, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-07592-7.


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