You can edit almost every page by Creating an account. Otherwise, see the FAQ.

Petermann-Training mit aggressiven Kindern

Aus EverybodyWiki Bios & Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche

Das Petermann-Training mit aggressiven Kindern ist ein von den Psychologen Franz und Ulrike Petermann im Jahr 1978 entwickeltes Trainingsprogramm, welches Kinder mit einer Aggressionsproblematik unterstützt Maßnahmen zur Selbstregulation zu erlernen. Das Training bedient sich vieler bekannter und bewährter Methoden, wie der klientenzentrierten Gesprächsführung, dem Autogenem Training, der Kinderverhaltenstherapie und einer besonders strukturierten Elternberatung. Die Besonderheit dieses Trainings ist der klar strukturierte Aufbau mit Hinblick auf eine spezifische Fragestellung. Im Jahr 2012 erschien das Werk in der 13. Auflage.[1]

Ziele des Trainings[Bearbeiten]

Aggressives Verhalten hat negative Folgen für die Entwicklung von Kindern, häufig leiden sie an Defiziten im Bereich des sozial kompetenten Verhaltens und es fällt ihnen schwer, Kontakte aufzubauen. Um diese Isolation zu bekämpfen, ist das Ziel des Trainings nicht nur der Aggressionsabbau, sondern das gleichzeitige Aufzeigen von Verhaltensalternativen. Denn „die Erweiterung sozial kompetenten Verhaltens macht aggressives Verhalten zunehmend überflüssig“[2]. Kinder mit einer Aggressionsproblematik werden geschult, sich selbst zu beobachten und während des Trainings erlernte Verhaltensweisen auf den Alltag zu übertragen. Außerdem sollen sie durch Entspannungsmethoden lernen ihre Erregung abzubauen sowie den Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und daraus resultierenden Konsequenzen zu verstehen.[3]

Aufbau und zeitlicher Ablauf des Trainings[Bearbeiten]

Ein Erstkontakt geschieht immer mit den Eltern des betroffenen Kindes. Ziel dieses Termins ist das gegenseitige Kennenlernen und das Anfertigen einer Verhaltensanalyse, in welcher die Ursachen für das aggressive Verhalten des Kindes festgehalten werden. Außerdem wird festgestellt, ob das Training eine geeignete Interventionsmaßnahme darstellt. Dies ist der Fall, wenn die Abklärung ergibt, dass bei dem Kind eine Hyperkinetische Störung des Sozialverhalten, eine Störung des Sozialverhaltens oder eine kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen nach ICD-10 vorliegen. Zuletzt werden gemeinsam vorläufige Therapieziele definiert.

Das Training mit dem Kind beginnt mit drei Erstkontaktsitzungen, die je 50 Minuten dauern. Auch hier stehen ein gegenseitiges Kennenlernen, sowie die Diagnostik der Problematik im Vordergrund. Im letzten Erstkontakt werden dem Kind der Ablauf des Trainings und die Grundelemente erläutert. Es wird ein Trainingsvertrag abgeschlossen.[3]

Darauf folgen 500 Minuten in Einzelsitzungen mit dem Kind, die in 5 Sitzungen a 100 Minuten oder 10 Sitzungen a 50 Minuten aufgeteilt sein können. Die nächste Phase stellt das Gruppentraining dar. Hier werden 3 bis 4 Kinder gemeinsam insgesamt 700 Minuten lang trainiert. Auch hier kann die Aufteilung wieder in 7 Sitzungen a 100 Minuten oder 14 Sitzungen a 50 Minuten sein. Die Sitzungslänge wird bestimmt durch das Alter des Kindes, die individuellen kognitiven Voraussetzungen, sowie den Schweregrad des aggressiven Verhaltens. Parallel zum Einzel- und Gruppentraining finden mindestens 4 Kontakte a 100 Minuten mit den Eltern in der trainingsbegleitenden Eltern- und Familienberatung statt. Lehrerkontakte stellen noch eine dritte, jedoch wenig ausgearbeitete Ebene des Trainings dar. Falls die Schule zur Kooperation bereit ist, werden Lehrer in der Anfangs- und Endphase des Trainings informiert und zu ihren Beobachtungen befragt. 8 Wochen nach Abschluss des Trainings findet nochmal eine Nachkontrolle mit Kind und Familie statt.[4]

Im Durchschnitt dauert das Training sechs bis acht Monate, je nach Problemlage des Kindes kann sich die gesamte Dauer jedoch auf bis zu zehn Monate verlängern.[4]

Grundelemente des Trainings[Bearbeiten]

Als wesentliche Elemente des Trainings werden der Beziehungsaufbau, die Verhaltensmodifikation des Kindes, sowie die Eltern- und Familienberatung genannt. Das Ziel ist aggressives Verhalten in alternatives, nicht-aggressives Verhalten umzuwandeln. Dabei wird sich auf die Theorie des sozialen Lernens von Bandura berufen.[5] Jede Trainingssitzung enthält folgende Elemente:

Tokenprogramm[Bearbeiten]

Hierdurch soll das Kind motiviert werden, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Von Kind und Therapeut wird gemeinsam festgelegt, welches Verhalten das Kind während der Sitzung zeigen soll. Beim prompten Feedback notiert sich der Therapeut immer, wenn das vereinbarte Verhalten erfolgreich gezeigt wurde. Die gesammelten Punkte können am Ende der Sitzung vom Kind in Spielminuten eingelöst werden. Als Alternative zum prompten Feedback kann auch die Selbst- und Fremdeinschätzung genutzt werden. Hierzu wird die Arbeitsphase mehrfach unterbrochen, um das Kind nach einer Verhaltenseinschätzung zu befragen. Es kann sich selbst Null, Einen oder Zwei Punkte geben und die Einschätzung mit Beispielen begründen. Auch der Therapeut vergibt Punkte und begründet die Wahl. Entweder einigen sich Kind und Therapeut auf eine Punktzahl, oder die Punkte werden getrennt aufgeschrieben, am Ender addiert und schließlich halbiert. Welche Methode des Tokenprogramms verwendet wird hängt immer von der individuellen Problematik des Kindes ab.[6]

Detektivbogen[Bearbeiten]

Mit dem Detektivbogen wird dem Kind eine Art Hausaufgabe mitgegeben. Er enthält ein bis zwei Aufgaben zur Verhaltensübung oder zur Selbstbeobachtung. Das Kind kann die Aufgaben allein oder gemeinsam mit dem Therapeuten festlegen und soll während der Woche kontrollieren, ob und wie gut die Aufgaben erfüllt wurden. Zu Beginn der nächsten Trainingseinheit wird der Detektivbogen besprochen, das Kind kann über eigene Beobachtungen und Schwierigkeiten berichten. Dadurch bietet sich die Möglichkeit, sowohl das eigene Verhalten zu reflektieren, als auch über die Geschehnisse der Woche zu berichten. Dies ist sowohl für den Beziehungsaufbau als auch für die Informationsweitergabe an den Therapeuten relevant.[7]

Ruhe- und Entspannungsverfahren[Bearbeiten]

Hierdurch sollen Anspannung und motorische Unruhe des Kindes reduziert werden. Das Kind wird für die folgende Arbeitsphase aufnahmebereiter. Die eigens für dieses Training von Petermann und Petermann entwickelten Kapitän-Nemo-Geschichten sind ein imaginatives Entspannungsverfahren speziell für Kinder. Sie enthalten Elemente aus dem Autogenen Training wie Schwere- und Wärmeübungen.[8]

Rollenspiele[Bearbeiten]

Rollenspiele stellen eine Methode des Gruppentrainings dar. Durch sie werden ein angemessenes Sozialverhalten sowie die Konfliktlösung eingeübt. Nachdem die Situation von den Kindern gespielt wurde, wird gemeinsam mit dem Therapeuten reflektiert. Die Rollenspielsituation wird auf den Alltag der Kinder übertragen, indem sie ähnliche Situationen aus ihrer Lebenswelt erkennen. Durch die Übung in der Gruppe können die Kinder das gewünschte Verhalten auf den Alltag übertragen.[9]

Das Einzeltraining[Bearbeiten]

Jede Trainingssitzung folgt demselben Ablauf und enthält die Grundelemente. Zunächst wird gemeinsam von Therapeut und Kind der Detektivbogen ausgewertet und die vergangene Woche reflektiert. Darauf folgt das Entspannungsverfahren in Form eine Kapitän-Nemo-Geschichte. Danach wird in die Arbeitsphase übergegangen, die zentrale Phase des Trainings. Mit zahlreichen Materialien und Methoden werden die Modulspezifischen Ziele erarbeitet und eingeübt. Die letzte Phase stellt das Eintauschen der gesammelten Tokens in Spielminuten dar.[3]

Erstes Modul: Ziel ist es, dass sich das Kind bewusst mit aggressivem Verhalten auseinandersetzt. Das Kind wird anhand eines Videos mit aggressivem Verhalten konfrontiert und muss anschließend angemessenes und unangemessenes Verhalten bewerten.

Zweites Modul: Das Kind soll lernen, angemessen mit sich selbst zu sprechen. Mit Hilfe von kindgerechten Geschichten wird es an Selbstverbalisationstechniken herangeführt und mit Selbstinstruktionen vertraut gemacht.

Drittes Modul: Ziel in diesem Modul ist, dass das Kind lernt Konsequenzen seines Handelns vorherzusehen und sich so im Alltag für angemessen Konfliktlösungsstrategien zu entscheiden.

Viertes Modul: Anhand einer Bildgeschichte soll das Einfühlen in andere trainiert werden. Dabei werden verschieden Konfliktlösungen erkannt und die Selbstverbalisation geschult

Fünftes Modul: Das Kind lernt, sich selbst kritisch einzuschätzen und wie es mit verschieden Konsequenzen umgehen soll. Ziel ist es, zwischen gerechtfertigten und ungerechtfertigten Konsequenzen zu unterscheiden.

Ablauf des Gruppentrainings[Bearbeiten]

Die Gruppensitzungen folgen demselben Aufbau der Einzelsitzungen mit den Grundelementen Detektivbogen, Entspannungsverfahren und Tokeneinlösung. In der zentralen Arbeitsphase werden die Trainings in der Gruppe durch Rollenspiele verschiedener Situationen erweitert. Auch das Gruppentraining ist in verschiedene Module mit spezifischen Zielen gegliedert.

Erstes Modul: Zunächst sollen sich die Kinder kennenlernen und über ihre bisherigen Fortschritte reflektieren

Zweites Modul: Die Gruppe erstellt gemeinsam Regeln für den Ablauf der Sitzungen. Zum einen werden Gesprächsregeln für die Zusammenarbeit aufgestellt, zum anderen Regeln, die während der Rollenspiele gelten.

Drittes Modul: Im Fokus dieser Sitzung steht das Üben von Einfühlungsvermögen. Die Kinder lernen, die Gefühle und Gedanken anderer zu erkennen, dabei besonders auf Aussagen, Gestik und Mimik zu achten.

Viertes Modul: Verschiedene Gründe von Wut werden anhand einer Geschichte aufgezeigt. In Rollenspielen üben die Kinder, ihre Wut angemessen auszudrücken. Die Kinder werden nach Erfahrungen mit diesem Thema gefragt und ein Alltagstransfer findet statt.

Fünftes Modul: Mit Hilfe eines Spiels erfahren die Kinder Lob, Nichtbeachtung und Tadel. Sie lernen positive Rückmeldungen zu geben und erhöhen ihre Frustrationstoleranz bei negativer Kritik, indem sie lernen, ihre Gefühle angemessen zu steuern.

Sechstes Modul: In diesem Modul muss die Gruppe eigenständig eine nicht aggressive Konfliktlösung in einem Rollenspiel darstellen, welche gefilmt wird. In der anschließenden Selbstbeobachtung im Video lernen die Kinder sich differenziert wahrzunehmen und ihr Verhalten zu reflektieren.

Siebtes Modul: Durch die Reflexion von positiven Erfahrungen mit angemessener Konfliktbewältigung aus dem Alltag der Kinder und weiteren Rollenspielen zu nicht-aggressiven Konfliktlösungen wird dieses Verhalten stabilisiert.

Tainingsbegleitende Eltern- und Familienberatung[Bearbeiten]

Die begleitende Eltern- und Familienberatung ist ein notwendiger und verpflichtender Teil des Trainings. Damit das Kind die erlernten positiven Verhaltensänderungen auch auf den Alltag übertragen kann, muss es von den Eltern unterstützt werden. Auch für Eltern kann es vonnöten sein, neues Verhalten in der Erziehung einzuüben. Darüber hinaus soll die Familie gefördert werden Probleme in Zukunft eigenständig zu lösen.[10]

Der Aufbau der Sitzungen ist immer gleich strukturiert und beginnt mit einem Bericht des Therapeuten über den Trainingsverlauf mit dem Kind. Anschließend berichten die Eltern über ihre Beobachtungen und besondere Ereignisse. In der Arbeitsphase werden bestimmte Themen behandelt, die Eltern im Familienalltag unterstützen sollen. Themen beinhalten, die Ursachen aggressiven Verhaltens, die Wechselwirkungen zwischen Familie und Umwelt und die Auswirkungen der Erziehung. Eltern muss hierbei auch bewusst gemacht werden, dass durch ungünstiges Erziehungs- oder Kommunikationsverhalten Aggressionen verstärkt werden können.[11]

Nachkontrolle[Bearbeiten]

Die Nachkontrolle erfolgt acht Wochen nach Beendigung des Trainings mit der gesamten Familie. Sie dient dazu, den Erfolg des Trainings bezüglich des Verhaltens der Familie und des Kindes zu überprüfen.[12]

Literatur[Bearbeiten]

Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern.13., überarb. Auflage. Beltz, Weinheim 2012.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1.
  2. Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1, S. 73.
  3. 3,0 3,1 3,2 Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1, S. 108–110.
  4. 4,0 4,1 Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1, S. 98.
  5. Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1, S. 66.
  6. Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1, S. 114–118.
  7. Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern ; mit Online-Materialien. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1, S. 118–120.
  8. Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1, S. 121 f.
  9. Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1, S. 182–184.
  10. Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1, S. 214.
  11. Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1, S. 225, 235, 244, 247.
  12. Petermann, Franz; Petermann, Ulrike: Training mit aggressiven Kindern. 13., überarb. Aufl. Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27817-1, S. 258.


Diese artikel "Petermann-Training mit aggressiven Kindern" ist von Wikipedia The list of its authors can be seen in its historical and/or the page Edithistory:Petermann-Training mit aggressiven Kindern.



Read or create/edit this page in another language[Bearbeiten]