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Politische Stabilität

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Was bedeutet politische Stabilität?[Bearbeiten]

Stabilität ist zunächst ein Zustand der Festigkeit, der Geordnetheit. Die Strukturen des politischen Systems sollen stabil, die politischen und rechtlichen Verfahren verlässlich und die staatlichen Entscheidungen vorhersehbar oder zumindest nachvollziehbar und gut begründet sein. Die wirtschaftliche Stabilität und auch die Stabilität der Währung eines Staates sind von der politischen Stabilität abhängig, denn ohne Vertrauen in die Stabilität der politischen Verhältnisse – und damit implizit in die Sicherheit des materiellen und finanziellen Eigentums – werden Wirtschaftssubjekte kaum Geld investieren oder anlegen oder dauerhaft in einem Staat eine Erwerbstätigkeit suchen, und ohne Sicherheit fehlt ein wesentlicher Ansporn für unternehmerische Leistungen. Sind die politischen Verhältnisse nicht stabil, so sind auch die politischen Prozesse weniger verlässlich und deren Ergebnisse eher volatil. Politische Stabilität umfasst mehr als die Stabilität der Rechtsordnung, denn stabile Rechtsnormen nützen nichts, wenn deren Umsetzung instabil ist, bspw. durch Korruption unterlaufen wird. In der Demokratie sind rechtliche Rahmenbedingungen sowohl die Korridore als auch die Ergebnisse politischer Prozesse.[1]

Politische Stabilität heißt nicht Starrheit[Bearbeiten]

Politische Stabilität heißt freilich nicht Starrheit und Unabänderbarkeit. Ganz im Gegenteil. Sie beinhaltet auch die Fähigkeit des politischen Systems, von innen oder von außen kommende Veränderungen und Störungen – auch abrupte – verarbeiten zu können, ohne dass es instabil wird. Nach einer Veränderung oder außerordentlichen Lage soll eine Rückkehr in den Ausgangszustand oder in einen neuen Zustand der Stabilität erreicht werden können. Dies gilt auch für die Rechtsordnung. Sie muss stabil und verlässlich sein, verlässlich auch in der rechtlichen Verarbeitung neu auftauchender Probleme und Krisen. Das politische System sollte lernfähig sein und seine Strukturen und Verfahren ständig aufgrund der gemachten Erfahrungen verbessern.

Die Stabilität autoritärer Systeme[Bearbeiten]

Auch ein autoritäres System kann stabil sein. Gerade die repressiven Regime gehören zu den stabilsten Systemen.[2] Aber die Stabilität wird oft durch Abgeschlossenheit nach außen und Unterdrückung im Innern erkauft. Autoritäre Systeme verfügen nach innen nicht in gleicher Weise über Anpassungsmechanismen wie die Demokratie, insbesondere hinsichtlich der Anpassung an die Präferenzen der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Demokratien haben einen Feedbackmechanismus.[3] Periodisch stattfindende Wahlen (und Abstimmungen) zwingen die politische Elite zur Flexibilität, Adaption und Innovation. Auch nach außen ist ein autoritäres System weniger berechenbar als eine Demokratie, denn autoritäre Herrscher müssen beim Entscheid über Krieg oder Frieden viel weniger Rücksicht auf den möglichen Verlust von Menschenleben nehmen. Wenn ein autoritäres System die Abgeschlossenheit gegen außen aufgeben muss, wird es höchst instabil: «It must go through a transitional period of dangerous instability.»[4]

Politische Instabilität[Bearbeiten]

Politische Instabilität heißt, dass das politische System nicht (mehr) fähig ist, Störungen oder Krisen zu bewältigen. Es kann sich dabei um außerordentliche Ereignisse wie Epidemien oder Naturkatastrophen, um Krisen auf der Inputseite (Legitimationskrisen) oder um Krisen auf der Outputseite (Steuerungskrisen) handeln. Dies kann sich in Unruhen, gewalttätigen Konflikten, wirtschaftlicher Depression, ausländischer Intervention, Regierungskrisen oder gar dem Zusammenbruch der Rechtsordnung und des Staates manifestieren.

Wie wird politische Stabilität erreicht?[Bearbeiten]

Ein stabiler Staat ist gemäß Gabriel Almond fähig, drei Güter bereitzustellen: System Goods, Process Goods und Policy Goods.[5]

Aus der Perspektive des Einzelnen ist es ein Systemgut, wenn der Staat insgesamt transparent ist und dessen Handlungen vorhersehbar sind. «Citizens are most free and most able to act purposefully when their environment is stable, transparent, and predictable.»[6] Aus der Sicht des Ganzen ist es ein Systemgut, wenn der Staat sowohl der Systemerhaltung wie der Systemadaption fähig ist. «The political system is characterized by regular, stable and predictable processes domestically and internationally.»[7] Zu den Prozessgütern gehören politische Partizipation, Befolgung der Normen und prozedurale Gerechtigkeit. Ein Prozessgut ganz allgemein ist gute Regierungsführung. Aus der Sicht des Einzelnen heißt das Gleichbehandlung durch den Staat, gerechte Entschädigung für erbrachte Leistungen, gerechte Steuern und Abgaben, Hilfe durch den Staat im Bedarfsfall, effiziente und korruptionsfreie Aufgabenerfüllung durch den Staat. Gemäß einer Publikation der Weltbank ist gute Regierungsführung Voraussetzung für Prosperität – nicht umgekehrt: «Good governance pays a very large development dividend. An improvement in governance of one standard deviation can triple a nation’s per capita income in the long run. Higher income also correlates with better governance, but the causal relationship is mostly from governance to income.»[8] Policy Goods sind die Politikergebnisse: Wohlstand, Lebensqualität, Freiheit, persönliche und soziale Sicherheit.

Politische Anpassungsfähigkeit und Legitimation[Bearbeiten]

Damit ein politisches System stabil ist, muss es also beständig bzw. anpassungsfähig in seiner Struktur, seinen Verfahren und seinen Ergebnissen sein. Es muss über Legitimation (Anerkennungswürdigkeit) sowohl auf der Input- wie auch auf der Outputseite des politischen Prozesses verfügen. Die Inputlegitimation wird in der Demokratie durch Wahlen gewährleistet, in der Schweiz und anderen Staaten, welche direktdemokratische Einrichtungen kennen, auch durch Sachabstimmungen. Die Outputlegitimation ergibt sich durch einen leistungsfähigen Staat, der in der Lage ist, Sicherheit zu gewährleisten, die Infrastruktur bereitzustellen, Interessenkonflikte auszugleichen und den Wohlstand zu fördern. Ein autoritäres System kann stabil sein, wenn es fähig ist, innere Widerstände zu unterdrücken, Legitimation über den Output zu beschaffen sowie wirtschaftliche Eigentumsrechte abzusichern. Inputlegitimation kann es indessen nicht herstellen. Der Zusammenhalt in einem demokratischen Staat beruht auf dem «Willen von unten» und auf der Einsicht, dass es im längerfristigen Interesse aller ist, wenn die Landesregionen und unterschiedlichen sozialen Gruppen zusammenhalten. Ein autoritärer oder gar repressiver Staat indessen wird durch Druck von oben zusammengehalten, und sobald dieser Druck wegfällt, besteht die Gefahr, dass der Staat auseinanderbricht. Musterbeispiele dafür sind der Irak nach dem Sturz von Saddam Hussein 2003 oder Libyen nach der Eliminierung von Muammar al-Gaddafi 2011.

Politische Stabilität im internationalen Vergleich[Bearbeiten]

Wenn man politische Stabilität quantifizieren möchte, braucht es dafür Indikatoren, die messbar sind. Aus verschiedenen Indikatoren wird ein Index konstruiert. Es gibt Rankings – die Staaten werden entsprechend ihrem Messergebnis in eine Reihenfolge eingeteilt – und es gibt Ratings – die Staaten bekommen «Noten». Wenngleich diese Noten immer von der Datenqualität, der Definition der Indikatoren und der Konstruktion des Index abhängen, geben sie doch einen Hinweis darauf, welche Staaten über länger Zeit stabil sind und welche nicht.

Gemäß dem «Political Instability Index» des «Economist» gehören Norwegen, Dänemark, Kanada, Finnland, Schweden und die Schweiz zu den Staaten mit der geringsten Instabilität. Die instabilsten Staaten sind Zimbabwe, Tschad, Demokratische Republik Kongo, Kambodscha, Sudan, Irak und Afghanistan. Nach dem Ranking von «TheGlobalEconomy» sind Island, Liechtenstein, Andorra, Monaco, Singapur und Neuseeland die stabilsten Staaten; Somalia, Irak, Libyen, Afghanistan, Syrien und Jemen die instabilsten. Gemäß den «Worldwide Governance Indicators (WGI)» der Weltbank waren 2019 Grönland, Island, Liechtenstein, Andorra, Monaco und Singapur die stabilsten Staaten. Die Schlusslichter bildeten Jemen, Syrien, Afghanistan, Libyen, Iraq und der Südsudan. Wenn man beim Indikator «Political Stability and Absence of Violence/Terrorism» auf «single map view» klickt, wird eine Weltkarte generiert.

Politische Stabilität und internationales Umfeld[Bearbeiten]

Ein Staat ist nicht nur auf Stabilität im eigenen Land angewiesen, sondern auch auf Stabilität in seinem Umfeld, denn nur in einem stabilen internationalen Umfeld sind dauerhafte, verlässliche Außenwirtschaftsbeziehungen möglich. Dies gilt insbesondere im Verhältnis von kleineren Staaten zu «größeren» Nachbarstaaten. Westeuropa ist heute stabil; andere Weltregionen sind es nicht. Mit zunehmender Intensität der Globalisierung schlagen Instabilitäten in einzelnen Staaten auch schneller und stärker auf andere Staaten durch. Es liegt im vitalen Interesse der Staatengemeinschaft, weltweit zur Vermeidung und Minderung von Instabilität beizutragen, denn wenn die stabilen Staaten die Stabilität nicht zu den instabilen Staaten bringen, schwappt deren Instabilität auf die stabilen Staaten über.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. In Anlehnung an: SILVANO MOECKLI (2007), Politische Stabilität als Rahmenbedingung für den Wirtschaftsstandort Schweiz. In: Rechtswissenschaftliche Abteilung der Universität St. Gallen (HSG) (Ed.), Rechtliche Rahmenbedingungen des Wirtschaftsstandortes Schweiz. Festschrift 25 Jahre juristische Abschlüsse an der Universität St. Gallen, Zürich 2007, S. 7 – 15. ISBN 978-3-03751-061-2.
  2. IAN BREMMER, The J Curve. A New Way to Understand Why Nations Rise and Fall, New York 2006, S. 22.
  3. WOLFGANG MERKEL, Systemtransformation, 2. A. Wiesbaden 2020, S. 57
  4. IAN BREMMER, The J Curve. A New Way to Understand Why Nations Rise and Fall, New York 2006, S. 5.
  5. GABRIEL ABRAHAM ALMOND et al (Ed.), Comparative Politics Today. A World View, 8th ed., New York 2004, S. 148 f.
  6. GABRIEL ABRAHAM ALMOND et al (Ed.), Comparative Politics Today. A World View, 8th ed., New York 2004, S. 148
  7. GABRIEL ABRAHAM ALMOND et al (Ed.), Comparative Politics Today. A World View, 8th ed., New York 2004, S. 150
  8. THE WORLD BANK, Governance Matters 2006. Worldwide Governance Indicators, Washington D.C. 2006, S. 2.


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