Postliberalismus
Postliberalismus bezeichnet eine politische Haltung, die Wirtschaftsliberalismus und Individualismus ablehnt. Stattdessen befürwortet der Postliberalismus eine kommunitaristische Gesellschaft, die gegenseitige Unterstützung, brüderliche Bindungen und wirtschaftliche Solidarität vorsieht.[1] Die aktuelle postliberale Situation ist durch eine Reihe gravierender Probleme gekennzeichnet, wie die Bankenkrise, die Volatilität der Finanzmärkte oder die Haushaltsdefizite in der Europäischen Union.[2]
Im Gegensatz zum Postliberalismus bezeichnet der Neoliberalismus eine Neufassung wirtschaftsliberaler Ideen im 20. Jahrhundert.
Der Begriff Postliberalismus wird international nicht einheitlich verwendet: Das „postliberale Zeitalter“ in den Geschichtswissenschaften – die nachliberale Vorkriegsepoche von 1890 bis 1914, die "postliberale Theologie" in der evangelischen Theologie, das "postliberalen Statebuilding" im Rahmen globaler Friedenspolitik. Außerdem wird der Begriff für reaktionäre und rechtsgerichtete politische Strömungen in Europa verwendet, die durch antiliberale Grundhaltungen und Ideologien gekennzeichnet sind.[3]
Die postliberale politische Philosophie steht im engen Zusammenhang mit John Rawls Utilitarismus. Sie beantwortet unter anderem Fragen wie die Bedeutung von Freiheit, Gleichheit und Macht. Mit diesen Fragen knüpft die postliberale Liberalismuskritik an die Liberalismuskritik von Karl Marx an, kommt zum Teil jedoch zu anderen Schlußfolgerungen.[4] Unterstützer des Postliberalismus finden sich sowohl innerhalb der politischen Linken als auch Rechten[5][6][7]. Prominente Anhänger des Postliberalismus sind u.a. John N. Gray[8], John Milbank[9], Patrick J. Deneen[6] und Adrian Pabst[1]. In seinem 2023 erschienen Werk Regime Change: Towards a Postliberal Future argumentiert Deneen, dass der Liberalismus durch einen postliberalen Konservativismus zur Wahrung des Gemeinnutzes ersetzt werden sollte.[10]
Literatur[Bearbeiten]
- Felix Böttger: Postliberalismus. Zur Liberalismuskritik der politischen Philosophie der Gegenwart. Campus-Verl., Frankfurt am Main, New York 2014, ISBN 978-3-593-50206-9 (Zugleich Dissertation, Bergische Universität Wuppertal 2013).
- Ludger Heidbrink: Postliberalismus. Zum Wandel liberaler Gesellschaften und demokratischer Politik. In: Renate Martinsen (Hrsg.): Ordnungsbildung und Entgrenzung: Demokratie im Wandel (= Politologische Aufklärung – konstruktivistische Perspektiven). Springer VS, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-02717-9, S. 87–103.
- Hannes Koch: Der Postliberalismus kommt. In: Die Tageszeitung: taz. 27. November 2001, ISSN 0931-9085, S. 12 (taz.de [abgerufen am 2. Oktober 2023]).
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ 1,0 1,1 Adrian Pabst: Postliberalism: The New Centre Ground of British Politics. Nr. 88, 2 May 2017, S. 500-509.
- ↑ Ludger Heidbrink: Ordnungsbildung und Entgrenzung: Demokratie im Wandel (= Politologische Aufklärung : konstruktivistische Perspektiven). Springer Verlag, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-02717-9, S. 89.
- ↑ Ludger Heidbrink: Ordnungsbildung und Entgrenzung: Demokratie im Wandel (= Politologische Aufklärung : konstruktivistische Perspektiven). Springer Verlag, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-02717-9, S. 88.
- ↑ Felix Böttger: Postliberalismus. Zur Liberalismuskritik der politischen Philosophie der Gegenwart. Campus-Verl., Frankfurt am Main, New York 2014, ISBN 978-3-593-50206-9, S. 300.
- ↑ Danny Kruger: The future of postliberalism (en) 25. August 2021.
- ↑ 6,0 6,1 Opinion | What Does the ‘Post-Liberal Right’ Actually Want? (Published 2022) (en). 13. Mai 2022.
- ↑ Kurt Hofer: Meeting the Postliberal Left (en-US) 21. Januar 2022.
- ↑ John Gray: Post-Liberalism Studies in Political Thought (en). Routledge, London 1996.
- ↑ The post-liberal views shaping our political landscape (en)
- ↑ When ‘Regime Change’ Means Returning America to an Idealized Past (en). In: The New York Times, 7. Juni 2023.
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