You can edit almost every page by Creating an account. Otherwise, see the FAQ.

Rassistischer Mordversuch in Kassel am 21. Juni 2020

Aus EverybodyWiki Bios & Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche

Der rassistische Mordversuch in Kassel am 21. Juni 2020 war ein rechtsradikaler Angriff auf den Taxi-Fahrer Bekir Efe der Firma Mini-Car. Er überlebte die Tat, da er sich direkt nach dem Angriff selbst ins Krankenhaus fahren konnte. Der rechtsradikale Täter ist bis heute nicht gefasst. Die Polizei hat die Suche nach dem Täter eingestellt. Bekir Efe hat bis heute mit den Folgen des Angriffs zu kämpfen. Zum Jahrestag des Mordversuches wird in Kassel regelmäßig an die Tat erinnert.

Tatverlauf[Bearbeiten]

In der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 2020 war der Minicar Fahrer Bekir Efe als Taxifahrer in Kassel unterwegs. Auf der Friedrich-Ebert-Straße (Stadtteil Vorderer Westen, Kassel) in der Höhe eines Clubs, Ecke Westendstraße, stieg der Täter zu Bekir Efe in das Auto. In der Kasseler Nordstadt an der Ecke Frauenhoferstraße / Knutzenstraße stoppte der Täter das Auto. Daraufhin forderte Bekir Efe die Person zur Zahlung auf. In dem Moment beleidigte der Täter Bekir Efe rassistisch mit den Worten „Scheiß-Ausländer, nur Geldfresser“ und stach anschließend Bekir Efe mit einem Messer in den Hals. Dabei verfehlte der Täter die Halsschlagader nur knapp. Nach der Tat flüchtete der Täter umgehend in Richtung der Fiedlerstraße. Bekir Efe fuhr sich anschließend selbst ins Krankenhaus und überlebte nach einer Notfallbehandlung knapp[1]. Die Tat ereignete sich am frühen Morgen des 21. Juni 2020 gegen 5:30 Uhr. Der Täter war zwischen 30 und 35 Jahre alt und sprach akzentfreies deutsch[2].

Betroffene Person[Bearbeiten]

Bekir Efe arbeitete 15 Jahre als Maschinenfahrer bei Continental in Korbach. Danach fuhr er lange Zeit bei Minicar in Kassel Taxis, am liebsten nachts[3]. Bekir Efe überlebte die rassistische Tat, weil er sich nach dem Angriff noch selbst in das Krankenhaus fahren konnte. Für ihn war von Anfang an klar, dass es sich um einen rassistisch motivierten Angriff auf ihn handelte. Als Folge des Angriffs leidet Bekir Efe bis heute unter Angstzuständen. Die langfristigen psychischen Folgen des Angriffs bedeuten, dass er wohl nie wieder Taxi fahren kann[4]. Efe lebt in der Angst, dem Täter erneut zu begegnen, und fürchtet, dass der Täter anderen Menschen etwas antun könnte oder bereits angetan hat[5].

Ermittlungen[Bearbeiten]

Weder die Polizei[6] noch die Lokalzeitung Hessische/Niedersächsische Allgemeine erwähnten in ihren ersten Stellungnahmen und Berichten, dass es sich um einen rassistischen Mordversuch handelte und ignorierten damit die Aussagen des Überlebenden Bekir Efe[7]. Die Nicht-Benennung von Rassismus als Tatmotiv wurde dabei sowohl durch den Minicar-Unternehmer Hasan Cakir im Rahmen der ersten Gedenkdemonstration am 8. Juli 2020 kritisiert[8] als auch durch einen offenen Brief von der Initiative 6. April, Kassel postkolonial sowie weiteren migrantischen Organisationen[9]. In diesem offenen Brief schrieben die verschiedenen Initiativen, dass lange Zeit ein rassistisches Tatmotiv durch die Polizei infrage gestellt wurde. Erst in einer dritten Pressemitteilung der Polizei – 10 Tage nach dem Angriff – wurde von einem „möglicherweisen fremdenfeindlichen Tatmotiv“ gesprochen, obwohl Efe von Anfang an bei der Polizei von einem rassistischen Mordversuch sprach. Die Polizei Kassel wies die Vorwürfe zurück und erklärte, in alle Richtungen zu ermitteln[10].

Am 01.07.2020 veröffentlichte die Polizei eine Pressemitteilung, in der sie zwei Videos veröffentlichte, in dem der Tatverdächtige zu sehen ist. Außerdem veröffentlichte die Polizei eine Beschreibung des Täters: männlich, ca. 30 bis 35 Jahre alt, 1,75 m bis 1,80 m groß, normale bis kräftige Statur, sprach akzentfreies Deutsch, keine Auffälligkeiten wie Brille, Bart oder ähnliches, bekleidet mit dunkelblauer offener Sweatjacke und Bluejeans. Daneben lobte die Polizei eine Belohnung von 2000 Euro aus für sachdienliche Hinweise[11]. Die Videos sowie das Fahndungsplakat sind nicht mehr auf der Internetseite der Polizei Nordhessen zu finden.

In Reaktion auf eine Plakataktion unter dem Motto „Warum ist der Täter immer noch nicht gefunden?“ im Jahr 2022 sprach die HNA am 17.03.2022 mit dem Oberstaatsanwalt Stephan Schwirzer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Kassel, und erfuhr, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde, da alle Ermittlungsansätze ausgeschöpft gewesen wären[12]. Das Ermittlungsverfahren kann aber wieder aufgenommen werden, falls es neue sachdienliche Hinweise gibt.

Reaktionen & Folgen[Bearbeiten]

Gedenken[Bearbeiten]

In Folge des rassistischen Angriffs fanden in Kassel am 8. Juli 2020 – zwei Wochen nach der Tat – eine Fahrraddemonstration und ein Autokorso unter dem Motto „Solidarität mit Efe“ statt. An dieser Demonstration beteiligten sich zivilgesellschaftliche Akteure und verschiedene Parteien wie die SPD[13] sowie DIELINKE [14]. An der Demonstration nahmen über 200 Menschen teil: 150 Radfahrer:innen und 80 Autos, darunter zahlreiche andere Mini-Car-Fahrer[15].

Zum gleichen Zeitpunkt wurde eine Spendenkampagne auf „betterplace“ gestartet, da absehbar war, dass Bekir Efe in naher Zukunft nicht als Minicar Fahrer arbeiten könnte. Die Ersteller der Spendenkampagne schreiben, dass ein finanziell einigermaßen gesichertes Leben wichtig zur Bearbeitung der Folgen des Angriffes sei[16].

In Erinnerung an den rassistischen Mordversuch und die anschließende Gedenkdemonstration wurde im Rahmen des alternativen Rundgangs der Kunsthochschule Kassel im Zeitraum vom 17.07. bis 26.07.2020 ein antirassistisches Kunstwerk gestaltet. Auf dem Plakat war in großer Schrift zu lesen: Solidarität mit Efe! Findet den Täter! Gegen Rassismus. Die zentrale Botschaft war dabei „Eine Stadt ist dann schön, wenn es keine Rassisten hier gibt“. Dabei wurde auch an Halit Yozgat sowie Walter Lübcke erinnert. Dieses Bild wurde in der Nacht vom 23. auf den 24. Juli 2020 mutwillig aus rassistischen Motiven zerstört. Dabei wurde der Schriftzug an einigen Stellen beschmiert, wodurch die Botschaft unkenntlich gemacht wurde. Die Kunsthochschule erstellte Strafanzeige gegen Unbekannt. Das Plakat wurde im Anschluss daran erneuert[17].

Am 21. Juni 2021 fand unter dem Motto „1 Jahr später- Warum ist immer noch kein Täter gefunden?“ eine weiterer Fahrrad- und Autokorso durch Kassel statt. Parallel gab es einen Livestream mit Hintergrundinformationen zur Tat beim Freien Radio Kassel[18].

Am 16. März 2022 wurde durch eine Plakataktion in der Stadt Kassel erneut auf den rassistisch motivierten Mordversuch an Efe Bekir hingewiesen. Dabei waren an vielen Orten in der Stadt Plakate zu sehen, welche die Frage aufwarfen, warum der Täter immer noch nicht gefunden wurde. Auf dem Plakat war ein Bild sowie ein Steckbrief des Täters zu finden. Ebenso wurde auf die weiterhin erfolglose Tätersuche verwiesen. Dabei machte das Plakat auch auf die Kontinuitäten rechter Gewalt in Kassel aufmerksam: So reiht sich die Tat in die lange Geschichte rechter Gewalt in Kassel neben u.a. dem Mord an Halit Yozgat (2006), den rassistischen Mordversuch an Ahmed I. (2016) und den Mord an Walter Lübcke (2020) ein[19]. Auch bei Ahmed I. konnte der Täter nicht gefasst werden, bis Jahre später bei dem Mörder von Walter Lübcke ein Messer mit DNA-Spuren von Ahmed I. im Keller gefunden wurde[20].

Am 21.06.2022 gab es anlässlich des zweiten Jahrestages des rassistischen Angriffs eine weitere Gedenkdemonstration mit Fahrrad- und Autokorso[21].

Reaktionen der Stadt[Bearbeiten]

In Folge des rassistischen Anschlages auf Bekir Efe hatte sich kein Vertreter der Stadt bei Bekir Efe gemeldet wie Kamil Saygin, der Vorsitzende des Ausländerbeirats, kritisierte[22].

Rassismus bei Taxi-Fahrern[Bearbeiten]

Der rassistische Mordversuch an Bekir Efe führte zu einer verstärkten Debatte über Rassismus bei Taxifahrern, welche künstlerisch-politisch in der documenta fifteen verarbeitet wurde. Gemeinsam entwickelte die *FoundationClass* Collectives mit Mini-Car Kassel, dem Unternehmen bei dem Bekir Efe angestellt war, eine Soundinstallation in allen Kasseler Minicars[23] . Dort sind zehn Toncollagen entstanden, die denen u.a. Halit Yozgat, die Rüstungsindustrie in Kassel und Lieblingsmusik thematisiert werden. In einem Track kommt Bekir Efe zu Wort und berichtet über die Folgen des rassistischen Angriffes. Auch andere Mini-Car Fahrer erzählen über die Auswirkungen dieses Mordversuches, der u.a. zu Angst bei den Taxifahrern während ihrer Arbeitszeit führte[24].

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Christoph Hepp: Rassistischer Mordversuch in Kassel. In: die dezentrale. 25. Juni 2020, abgerufen am 1. Dezember 2022 (deutsch).
  2. POL-KS: Unbekannter Fahrgast versetzt Minicar-Fahrer Stich in den Hals: Ermittlungen wegen versuchten Tötungsdelikts; Zeugen gesucht. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  3. Mit dem Minicar durch Kassel: So geht es nachts zwischen Hot Legs und A7 zu. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  4. Solidarität mit Efe. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  5. Ein Jahr nach Anschlag auf Minicar-Fahrer: „Die Angst ist immer da“. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  6. POL-KS: Unbekannter Fahrgast versetzt Minicar-Fahrer Stich in den Hals: Ermittlungen wegen versuchten Tötungsdelikts; Zeugen gesucht. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  7. Christoph Hepp: Rassistischer Mordversuch in Kassel. In: die dezentrale. 25. Juni 2020, abgerufen am 1. Dezember 2022 (deutsch).
  8. Nach Stich in den Hals - Solidarität mit Minicar-Fahrer ist riesig. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  9. Offener Brief an die Kasseler Polizei (Stand 06.07.2020) – kassel postkolonial. Abgerufen am 1. Dezember 2022 (deutsch).
  10. https://www.trtdeutsch.com/news-inland/kassel-soli-demo-fur-minicar-fahrer-nach-rassistischem-angriff-2207702:+Kassel: Soli-Demo für Minicar-Fahrer nach rassistischem Angriff. Abgerufen am 1. Dezember 2022 (deutsch).
  11. POL-KS: Folgemeldung zum versuchten Tötungsdelikt: Fahndung mit Videos nach Tatverdächtigem; Staatsanwaltschaft lobt 2.000 Euro Belohnung aus. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  12. Plakat erinnert an Mordversuch: Angreifer des Minicar-Fahrers Efe ist bis heute nicht bekannt. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  13. Solidarität mit Efe! Findet den Täter! Gegen Rassismus! – SPD Kassel. Abgerufen am 1. Dezember 2022 (deutsch).
  14. Solidarität mit Efe! Findet den Täter! Gegen Rassismus! Abgerufen am 1. Dezember 2022 (deutsch).
  15. Karl Wind: Findet den Täter! Autokorso gegen Rassismus. In: die dezentrale. 8. Juli 2020, abgerufen am 1. Dezember 2022 (deutsch).
  16. Solidarität mit Efe - Gegen Rassismus. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  17. KHK: KUNSTHOCHSCHULE KASSEL - Stellungnahme: Antirassistisches Kunstwerk zerstört. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  18. Ein Jahr nach Anschlag auf Minicar-Fahrer: „Die Angst ist immer da“. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  19. Solidarität nach rassistischem Angriff in Kassel. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  20. NSUwatch: "Die Gerechtigkeit ist so greifbar, sie liegt vor meinen Augen, aber ich komme nicht dran." - Statement von Ahmed I. zur Urteilsverkündung im Prozess zum Mord an Walter Lübcke und zum Angriff auf Ahmed I. In: NSU Watch. 29. Januar 2021, abgerufen am 1. Dezember 2022 (deutsch).
  21. Initiative 6. April: Zwei Jahre später – Wir vergessen nicht! Findet den Täter! Solidarität mit Efe! In: Initiative 6. April. 10. Juni 2022, abgerufen am 1. Dezember 2022 (deutsch).
  22. Nach Stich in den Hals - Solidarität mit Minicar-Fahrer ist riesig. Abgerufen am 1. Dezember 2022.
  23. *foundationClass*­collective. Abgerufen am 1. Dezember 2022 (deutsch).
  24. Documenta-Werk in Kasseler Minicars: Kunst von der Straße. Abgerufen am 1. Dezember 2022.


Diese artikel "Rassistischer Mordversuch in Kassel am 21. Juni 2020" ist von Wikipedia The list of its authors can be seen in its historical and/or the page Edithistory:Rassistischer Mordversuch in Kassel am 21. Juni 2020.



Read or create/edit this page in another language[Bearbeiten]