You can edit almost every page by Creating an account. Otherwise, see the FAQ.

Tree Engineering

Aus EverybodyWiki Bios & Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche

Tree Engineering ist eine junge Ingenieurwissenschaft, welche die Biologie und Morphologie des Baumes, sowie die Mechanik, Statik und Dynamik von Bäumen umfasst.

Die primäre Zielsetzung ist die Verankerung von technischen Anlagen in lebendigen und ausreichend tragfähigen Bäumen. Weiterhin verfolgt das Tree Engineering auch Ziele des nachhaltigen Bauens sowie zivil-ökologische Ziele durch die Schaffung oder den Erhalt von Wäldern, bei gleichzeitiger Bereitstellung von Wohnraum und Arbeitsraum. Tree Engineering ist ein Arbeitsgebiet des Bauwesens, da Fächer des Bauingenieurwesens (Versorgungstechnik, Baudynamik, etc.) und der Architektur (Modulbauweise, Tiny House Movement, etc.) angesprochen werden. Dazu gehört auch Planung und Konstruktion der technischen Einrichtung bzw. der technischen Anlage, welche in ausreichend vitalen Bäumen verankert wird. Der so genannte „Tragbaum“ übernimmt im Gesamtsystem hauptsächlich die Funktionen des primären Tragwerks und der Gründung.

Tragbäume übernehmen i.d.R. noch weitere Funktionen, wie z.B. die Verschattung der technischen Anlage im Sommer. Befindet sich die Anlage im Wald, reduzieren die umstehenden Bäume die Windlasten auf das gesamte Tragsystem aus Baum und Anlage.

Eine besondere Rolle spielt im Tree Engineering das Baumgutachten. Hier werden individuelle, statisch relevante Parameter erfasst und interpretiert. Dies bildet jeweils die Grundlage für sämtliche darauf aufbauenden Planungen. In dem Tree Engineering Gutachten wird die Tragfähigkeit des lebenden Baumes (Widerstandseite) mit den zu verzeichnenden Lasteinträgen (Lastseite) rechnerisch verglichen.

Adlerhorst auf dem Wildnispfad im nördlichen Schwarzwald

Insofern spielt Tree Engineering auch eine wichtige Rolle bei der Verkehrssicherungspflicht. Hier geht es darum, die Standsicherheit und Bruchsicherheit eines Baumes im öffentlichen Raum abzuschätzen oder mit Hilfe des Tree Engineering zu berechnen. Auf der Basis mechanischer Betrachtungen können Entscheidungen über weitere Maßnahmen, z.B.  Einkürzung, Kronensicherung, Abstützung, Abspannung, etc. getroffen werden.

Begriff[Bearbeiten]

Der Begriff „Tree Engineering“ taucht seit 2007 im Zusammenhang mit der Erstellung von Hochseilgärten und Baumhäusern auf[1]. Im deutschen Sprachraum ist er als eigenständiger Begriff etabliert. Die wörtliche deutsche Übersetzung „Baumingenieurwesen“ hebt sich zu wenig vom Begriff „Bauingenieurwesen“ ab, so dass die äquivalente deutsche Vokabel in diesem Zusammenhang nicht in Betracht kommt. Im englischen Sprachraum ist der Begriff „Tree Engineering“ allerdings nicht etabliert, so dass es sich um einen Scheinanglizismus handelt.

Aus- und Weiterbildungsangebote[Bearbeiten]

In Deutschland werden Kurse zum Tree Engineering als Fortbildung (Wahlpflichtfach) für Studierende innerhalb der Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Dortmund im Rahmen des Dortmunder Modell Bauwesen angeboten. Als Weiterbildung finden Kurse zum Tree Engineering für bereits fertig ausgebildete Baumkontrolleure und Baumsachverständige statt.

Typische Kursinhalte[Bearbeiten]

Baumschraube

Kurse zum Tree Engineering an der TU Dortmund enthalten:

  • Bäume als lebende Tragwerke
  • Baumanatomie und Wachstumsprinzipien
  • Untersuchung und Beurteilung von Bäumen (Baumansprache)
  • Geräte zur Untersuchung von Bäumen (zerstörungsfreie Prüfung)
  • Labortechnische Untersuchung grüner Hölzer (zerstörende Prüfung)
  • Reaktionsverhalten des Baumes durch statisch relevante Veränderungen
  • Entwicklung von Berechnungsmodellen zur Statik und Dynamik des Primär- und Sekundärtragwerks sowie deren Interaktion
  • Konstruktionselemente zur Anbindung von technischen Anlagen an Bäume
  • Entwurf und Berechnung geeigneter Tragsysteme zur Aufnahme von Wohnkörpern in Bäumen

Historische Entwicklung[Bearbeiten]

Baumschrauben und Umreifung am Tragbaum Adlerhorst auf dem Wildnispfad, Plättig bei Baden-Baden, nördlicher Schwarzwald

Im Jahr 2002 veröffentlichte Claus Mattheck das Buch „Mechanik am Baum“, in welchem erstmals Formeln für eine mathematische Berechnung von Spannungen in vollholzigen und hohlen Bäumen vorgestellt wurden. Diese Veröffentlichung bildete die Basis für die Entwicklung von Tree Engineering. 2007 hielt Martin Zeller[2] einen Vorlesung unter dem Titel „Baumhäuser und Kletterwälder“ im Rahmen des VTA-Spezialseminars am damaligen Forschungszentrum der Universität Karlsruhe, heute Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Es wurden die jeweils stark unterschiedlichen charakteristischen Lasteinträge (überwiegend Vertikalkräfte durch Baumhäuser und überwiegend Horizontalkräfte durch Horizontalverseilung) vorgestellt und miteinander verglichen. Martin Zeller stellte anschließend jeweils dem Lasteintrag entsprechende Anschlagtechniken vor und bezeichnete das als „Tree Engineering“. Im Jahr 2008 wurde der Begriff „Tree Engineering“ erstmals als Titel für gemeinsame Seminare von Claus Mattheck und Martin Zeller im Rahmen der Veranstaltungsreihe VTA-Baumbeurteilung (Visual Tree Assessment) gewählt. Zum damaligen Zeitpunkt sprach man offiziell noch von einer mechanischen Abschätzung der statischen Eigenschaften von lebenden Bäumen. Ab 2009 forschte Martin Zeller am Baumzentrum Kaiserstuhl eigenständig weiter und entwickelte ein Berechnungsmodell für lebende Bäume.

Seit 2009 werden auf der Basis der im Tree Engineering Gutachten präsentierten Festigkeitswerte individuelle Konstruktionselemente zur Anbindung an den Baum verwendet, siehe Bilder in diesem Artikel. Die Zielsetzung ist, eine maximale Lasteinleitung in den Tragbaum zu gewährleisten bei gleichzeitig minimalinvasivem Eingriff in die biologische Matrix. Im Jahr 2009 plante der Baumhaus-Architekt Andreas Wenning ein in neuer Technik aufgehängtes Baumhaus, welches noch im selben Jahr in Riehen (Schweiz) erstellt wurde. Bei der Planung wurde weltweit erstmals berücksichtigt, dass die vier beteiligten Tragbäume nicht in ihrer (für das normale Wachstum erforderlichen) Bewegungsfreiheit eingeschränkt wurden. Im Tree Engineering wurden hierfür weit gespreizte Balkenzangen entwickelt, welche mit einem günstigen Abspannwinkel jeweils an 4 Punkten mittels Zeller-Baumschrauben aufgehängt wurden. 2016 erfolgte ein Meilenstein in der jungen Geschichte des Tree Engineering: erstmals wurde eine Aufhängung für eine technische Anlage geplant und realisiert, welche einen Lasteintrag in nur einen Solitärbaum einleitet, welcher deutlich höher ist als das Eigengewicht des Tragbaumes. Es handelte sich um eine doppelte Umreifung für eine Lastaufnahme von 21,3 t, welche an einer Weißtanne mit einem geschätzten Gesamtgewicht in Höhe von 15,6 t zur Aufnahme einer beachtlichen Aussichtsplattform (Adlerhorst im Nationalpark Schwarzwald) im Jahr 2017 realisiert wurde.

Literatur[Bearbeiten]

  • Claus Mattheck: Mechanik am Baum. Forschungszentrum Karlsruhe GmbH 2002, ISBN 3-923704-39-9
  • Claus Mattheck: Tree Mechanics. Forschungszentrum Karlsruhe GmbH 2002, ISBN 3-923704-40-2
  • Claus Mattheck: Warum alles kaputt geht. Forschungszentrum Karlsruhe GmbH 2003, ISBN 3-923704-41-0
  • Claus Mattheck: The Face of Failure. Forschungszentrum Karlsruhe GmbH 2003, ISBN 3-923704-43-7
  • Lothar Wessoly / Martin Erb: Handbuch der Baumstatik und Baumkontrolle. Patzer Verlag, Berlin-Hannover 2014, ISBN 978-3-87617-128-9
  • Aloys Bernatzky: Baumkunde und Baumpflege. Bernhard Thalacker Verlag, Braunschweig 1994, ISBN 3-87815-056-3

Einzelnachweise[Bearbeiten]


Diese artikel "Tree Engineering" ist von Wikipedia The list of its authors can be seen in its historical and/or the page Edithistory:Tree Engineering.



Read or create/edit this page in another language[Bearbeiten]