Erdoğans Blutrede
{{SLA}} Eindeutige Irrelevanz. --Unscheinbar (Diskussion) 19:26, 19. Jun. 2016 (CEST)
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- Das werte ich als Einwand und wandle meinen SLA in einen LA. --Unscheinbar (Diskussion) 19:29, 19. Jun. 2016 (CEST)
Erdoğans Blutrede war eine politische Äußerung des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan am 4. Juni 2016. Darin beschäftigte er sich mit dem Blut von elf Abgeordneten des Deutschen Bundestags, die für die Resolution zur Verurteilung des türkischen Völkermords an den Armeniern gestimmt haben. Die elf Abgeordneten haben eine Herkunft mit Bezug auf die Türkei. Erdoğan sagte, die Elf hätten mit dem Türkentum nichts zu tun und ihr Blut sei verdorben. Er warf ihnen vor, mit der terroristischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zusammenzuarbeiten. Man solle ihr Blut in einem Labortest auf ihr Türkentum untersuchen. Erdoğan griff vor allem den türkischstämmigen Abgeordneten Cem Özdemir von den Grünen an, kritisierte aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.[1] Einige Tage später behauptete er, der von ihm verwendete Ausdruck bedeute nicht „verdorbenes Blut“, sondern „charakterlos“.[2]
Betroffene[Bearbeiten]
Bei den elf türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten handelt es sich um:[3]
- Sevim Dağdelen (Die Linken)
- Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen)
- Cemile Giousouf (CDU)
- Metin Hakverdi (SPD)
- Cansel Kiziltepe (SPD)
- Özcan Mutlu (Bündnis 90/Die Grünen)
- Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen)
- Mahmut Özdemir (SPD)
- Aydan Özoguz (SPD)
- Azize Tank (Die Linken)
- Gülistan Yüksel (SPD)
Folgen[Bearbeiten]
Zwei Polizeigewerkschaften in der Türkei kündigten eine Klage gegen die Elf an, ebenso wie ein türkischer Juristenverband. Anhand von Artikel 301 des türkischen Strafgesetzbuches könnten die Elf zu Haftstrafen verurteilt werden. Eine Einreise in die Türkei würde im Falle einer Anklage für die Betroffenen sehr gefährlich werden, befürchtete der Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu von den Grünen.[4]
Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen von den Linken berichtete, welche Folgen die „Blutsrede von Erdoğan“ für sie und ihre Familie habe. Die Kampagne des Staatspräsidenten gegen die elf Abgeordneten werde auch von Organisationen in Deutschland geführt, wie der Moschee-Vereinigung DITIB. Durch die von Erdoğan orchestrierte Klagewelle drohten den Elf bis zu drei Jahre Haft in der Türkei. Dagdelen forderte ein deutsches Einreiseverbot gegen Erdoğan sowie seine Minister, Abgeordneten und Bürgermeister, die zur Gewalt gegen Bundestagsabgeordnete aufgerufen hätten. Dazu beklagte sie die fehlende Handlungsbereitschaft der Bundesregierung.[5]
Die Elf erhielten, abgesprochen mit der Bundestagspolizei und dem Bundeskriminalamt, Polizeischutz. Das Auswärtige Amt warnte die Abgeordneten davor, in die Türkei zu reisen. Wegen einer Hetz-Atmosphäre sei ihre Sicherheit in der Türkei in Gefahr. Cem Özdemir bestätigte Anfeindungen aus der Türkei; die Heimatgemeinde seines Vaters habe ihm die Mitbürgerschaft abgesprochen. Er habe zahlreiche Morddrohungen erhalten. Die Abgeordnete Cemile Giousouf von der CDU berichtete von Beleidigungen auch gegen ihre Eltern.[6]
Reaktionen[Bearbeiten]
Bundestagspräsident Norbert Lammert meinte, er hätte solche Angriffe eines demokratisch gewählten Staatsoberhauptes nicht für möglich gehalten. Die Abgeordneten hätten Morddrohungen erhalten. Er solidarisierte sich mit den Elf, denn dabei handele es sich um Angriffe auf das ganze Parlament. Weiterhin kritisierte Lammert Äußerungen weiterer hochrangiger Politiker aus der Türkei. Der Präsident des Europäischen Parlamentes Martin Schulz nannte den Terrorismusvorwurf einen Tabubruch und kündigte einen Brief an den Staatspräsidenten der Türkei an. Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte die frei gewählten Abgeordneten. Das Auswärtige Amt bestellte den türkichen Geschäftsträger in Berlin zu einem Gespräch.[7] Die Bundesregierung hatte bereits umgehend durch Regierungssprecher Seibert sagen lassen, sie könne die behauptete Nähe der Elf zum Terrorismus nicht nachvollziehen. Außerdem sei die PKK auch in Deutschland als terroristische Organisation eingestuft.[8]
Reinhard Müller kommentierte in der FAZ, dass der autoritäre Staatschef Erdoğan sich mit seiner unverschämten Einflussnahme entlarvt habe. Erdoğans Blutbild rückt Müller in die Nähe von „Blut-und-Boden-Maßstäben“. Erdoğan stelle die Türken vor die Wahl: „Kommt ihr mit auf die Zeitreise in die finsterste Vergangenheit – oder bleibt ihr zumindest auf dem Weg in die Moderne? Das menschenverachtende Freund-Feind-Denken des Autokraten sollte die Entscheidung eigentlich leicht machen.“[9]
Auch der Vorsitzende des Verbandes Türkische Gemeinde in Deutschland hat kritisch reagiert: "Morddrohungen und Bluttestforderungen finden wir abscheulich", sagte Gökay Sofuoglu. Seit 1945 habe es aufgehört, dass Menschen nach Blut definiert werden. Die Beschuldigungen in Bezug auf Terrorismus sei etwas, das man mittlerweile über alle Oppositionellen höre.[10]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Erdogan fordert nach Resolution Bluttests von Abgeordneten Erdogan fordert nach Resolution Bluttests von Abgeordneten, derwesten.de, 6. Juni 2016, Aufruf am 19. Juni 2016.
- ↑ Lammert hätte Erdoğans Vorwürfe "nicht für möglich gehalten", ZEIT ONLINE, 9. Juni 2016, Abruf am 9. Juni 2016.
- ↑ Türkischstämmige Abgeordnete im Bundestag, Die Welt 27. September 13, abgerufen am 19. Juni 2016
- ↑ Lammert hätte Erdoğans Vorwürfe "nicht für möglich gehalten", ZEIT ONLINE, 9. Juni 2016, Abruf am 9. Juni 2016.
- ↑ Bundestagsabgeordnete fordert Einreiseverbot für Erdogan, 17. Juni 2016, Abruf am 19. Juni 2016.
- ↑ Türkischstämmige Abgeordnete stehen unter Polizeischutz, ZEIT ONLINE, 11. Juni 2016, Aufruf am 11. Juni 2016.
- ↑ Lammert hätte Erdoğans Vorwürfe "nicht für möglich gehalten", ZEIT ONLINE, 9. Juni 2016, Abruf am 9. Juni 2016.
- ↑ Erdogan fordert nach Resolution Bluttests von Abgeordneten, derwesten.de, 6. Juni 2016, Aufruf am 19. Juni 2016.
- ↑ Reinhard Müller: Erdogans Blutbild, FAZ.net, 6. Juni 2016, Abruf am 19. Juni 2016.
- ↑ Erdogans Bluttest-Forderung ist "abscheulich", t-online.de, Abruf am 20. Juni 2016.
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