Frauen in Bewegung
Der Verein Frauen in Bewegung e. V. ist ein Selbstverteidigungs- und Kampfkunstvereine für Frauen in Frankfurt am Main. Er wurde 1985 von der deutsch-amerikanischen Frauenrechtsaktivistin und Taekwondo-Meisterin Sunny Graff gegründet und besteht bis heute (Stand 2020). Der Verein verstand sich von Anfang an als Teil der neuen Frauenbewegung. Zu den feministischen Konzepten gehören Gewaltprävention und im Empowerment von Mädchen und Frauen.
Geschichte und Gründung[Bearbeiten]
Die neue Frauenbewegung hat das Thema Gewalt gegen Frauen in das Zentrum ihrer Gesellschaftskritik gesetzt und erstmals in die öffentliche Debatte getragen. In diesem Zusammenhang wurde der Verein Frauen in Bewegung e. V. 1985 von der US-amerikanischen Taekwondo-Weltmeisterin, Juristin und Frauenrechtsaktivistin Sunny Graff in Frankfurt am Main gemeinsam mit einer Gruppe Frankfurter Aktivistinnen gegründet, Mitinitiatorin war u. a. die afro-deutsche Sozialpädagogin, Autorin und Aktivistin der afro-deutschen Frauenbewegung (ADEFRA) Ika Hügel-Marshall. Unter dem von Sunny Graff entwickelte Ansatz wurden im Verein Selbstverteidigungs- und Gewaltpräventionskurse sowie Taekwondo-Trainings für Frauen und Mädchen angeboten. Die Aktivistinnen etablierten einen Ort, an dem Mädchen und Frauen unter sich unabhängig von Hautfarben, Nationalitäten, Religionen und sexuellen Orientierungen Selbstverteidigung erlernen und Sport treiben können. Mit der Erkenntnis, dass Gewalt gegen Frauen und Mädchen überwiegend im häuslichen und persönlichen Umfeld stattfindet, vermitteln die Empowerment-Selbstverteidigungstechniken sowohl körperliche als auch mentale Kenntnisse und Fähigkeiten, um Bedrohungssituationen wahrzunehmen und Angreifer aktiv abzuwehren und auszuschalten.
Arbeitsfelder und Angebote[Bearbeiten]
In den Anfangsjahren führte der Verein jährlich mehrere Selbstverteidigungskurse und ein fortlaufendes Taekwondo-Training mit rund 40 Teilnehmerinnen und sechs Lehrerinnen durch. Das Konzept der Selbstverteidigung sah ein sogenanntes Konfrontationstraining vor, in Rollenspielen wurden Alltagssituationen von „Anmache“, sexueller Belästigung und dergleichen dargestellt und geeignete aktive Reaktionstechniken eingeübt.[1]
Frauen in Bewegung e.V. Kampfkunst & Bewegung bietet heute (Stand 2020) Trainings von Frauen für Frauen in den Kampfkünsten Taekwonmoodo, Lapunti Arnis de Abanico und Tai Chi Chuan an, die auch in spezifischen Gruppen für ältere Frauen, Mädchen und Berufstätige unterrichtet werden. Weitere Schwerpunkte sind Selbstverteidigungs- und Gewaltpräventionskurse im Verein und extern in Kindergärten, Schulen und Jugendeinrichtungen. Das Programm wurde kontinuierlich erweitert u. a. durch Kursangebote in Funktioneller Basisgymnastik, Hatha Yoga, Schmerzprävention und Meditation.
In einem breiten Spektrum ist der Verein gleichzeitig in der Fortbildungsarbeit für Führungstrainerinnen und -trainer sowie Selbstverteidigungstrainerinnen und -trainer nach feministischen und antirassistischen Grundsätzen engagiert.[2] Der Verein richtete außerdem Workshops u. a. zum Thema Prävention sexueller Gewalt an Frauen mit körperlichen Einschränkungen, Gruppenführungstrainings für Mädchen sowie Selbstverteidigungskurse für Seniorinnen und Prostituierte des Frankfurter Straßenstrichs aus.[3][4]
Integrationsprojekte, internationale Festivals und Veranstaltungen, Netzwerke und Weiterbildung[Bearbeiten]
Seit 2000 bietet der Verein Trainings für muslimische Mädchen und Frauen an der Tarik-Ben-Ziad-Moschee im Frankfurter Gallusviertel an.[5][6]
Außerdem organisierte der Verein 2009 unter dem Motto Integration durch Sport mehrere Selbstverteidigungskurse zur Gewaltprävention für Migrantinnen. Die Veranstaltungen fanden in Kooperation mit dem Stadtjugendamt und Migrantinnenorganisationen der Stadt Frankfurt am Main statt.[7]
2011 initiierte der Verein das Internationale Frauenkampfkunstfestival in Frankfurt am Main und richtet die Veranstaltung seither alle zwei Jahre aus.[8]
2014 veranstaltete der Verein zum 29-jährigen Bestehen den Audre-Lorde-Film- und Diskussionsabend in der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Präsentiert wurde die Produktion Audre Lorde – Die Berliner Jahre 1984–1992 von Dagmar Schultz (Regie, Produktion), Ika Hügel-Marshall, Ria Cheatom und Aletta von Vietinghoff (Co-Autorinnen Drehbuch) (2012 OCLC[9]). Die Veranstaltung wurde unterstützt vom Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main, dem Autonomen Frauen*Lesbenreferat und dem Autonomen AStA-Schwulenreferat der Universität sowie dem Studentenwerk Frankfurt am Main.[10][11]
Sunny Graff war Projektpartnerin und Deutschlandkoordinatorin der Daphne-Programme der Europäischen Kommission. Darin wurden Voraussetzungen und Möglichkeiten von Selbstverteidigung für Frauen in den EU-Ländern untersucht.[3][12][13]
2012 richtete der Verein eine Taekwondo-Schwarzgürtelprüfung für Schülerinnen und Schüler der koreanischen Kampfkunst aus dem gesamten Bundesgebiet aus. Die Prüfungen nahm der Begründer des Oriental Martial Arts College (OMAC), Joon Pyo Choi, Columbus (Ohio) ab.[14]
Organisation und Haushalt[Bearbeiten]
Die Kampfsportschule wird Stand 2020 von 10 Trainerinnen mit rund 370 Schülerinnen geführt. Der Verein finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und projektbezogene Förderungen u. a durch das Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main. Ab 2020 erhält Frauen in Bewegung institutionelle Förderung durch den Magistrat der Stadt Frankfurt am Main.[15][16][17]
Gründerinnen und Mitarbeiterinnen[Bearbeiten]
Gründerinnen: Sunny Graff, Ika Hügel-Marshall[10]
Mitarbeiterinnen: u. a. Daniele Mattern, Ute Bernbeck,[3] Steph Taibi
Vorstände aktuell: Renate Lenz, Elisa Schwis[18]
Auszeichnungen[Bearbeiten]
2015 wurde Frauen in Bewegung e. V. mit dem 2. Platz des Heinz-Lindner-Preises für Breitensport des Landessportbunds Hessen ausgezeichnet.[19]
2017 wurde der Verein im Wettbewerb Starke Netze gegen Gewalt des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Im Rahmen der Aktion Starke Netze bietet Frauen in Bewegung e. V. Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse für Frauen und Mädchen an.[20][21]
2019 wurde der Verein mit dem Anerkennungspreis des ODDSET Zukunftspreises des hessischen Sports ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich vom Landessportbund Hessen und LOTTO Hessen vergeben.[22]
Literatur[Bearbeiten]
- Denise Caignon, Gail Groves (Hrsg.): Schlagfertige Frauen. Erfolgreich gegen die alltägliche Gewalt. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-596-13876-0.
Weblinks[Bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Selbstdarstellung. In: Eva Brinkmann to Broxten, Claudia Fuchs, Elke Kiltz, Brigitte Schäfer, Brigitte Sellach in Kooperation mit WEIBH e. V. (Hrsg.): Ohne Netz und doppelten Boden: Frauenprojekte & Frauenpolitik in Hessen. Zypresse Druck, Frankfurt am Main 1987, S. 58–59.
- ↑ Lu Röder-Preis für Anja Wolf-Blanke und Sunny Graff. In: Mein Südhessen. Landessportbund Hessen, 21. Mai 2012, abgerufen am 19. Oktober 2020.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Ute Bernbeck: Laudatio für Sunny Graff zur Verleihung des Tony-Sender-Preises 2019. Frauenreferat der Stadt Frankfurt am Main, 29. November 2019, abgerufen am 19. Oktober 2020.
- ↑ Sabine Hockling: „Wenn man plötzlich merkt, wie stark man ist“. Interview mit Sunny Graff. In: Die Zeit. 30. November 2016, abgerufen am 19. Oktober 2020.
- ↑ Sabine Schramek: Ausgezeichnete Sportlerinnen. Gegen Anmache und Gewalt. Verein „FraueninBewegung“ erhält Preis für sein in jeder Weise stärkendes Training. In: Frankfurter Neue Presse. 27. November 2017, S. 17.
- ↑ Mareike Katerkamp: Kampfkunst im Gebetsraum. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 3. April 2016, abgerufen am 19. Oktober 2020.
- ↑ Christian Stör: In der Ruhe liegt die Kraft. In: Frankfurter Rundschau. 30. November 2009, S. H 6.
- ↑ Laura Wagner: Wand als Waffe. In: Frankfurter Rundschau. 11. April 2011, S. F 9.
- ↑ Audre Lorde die Berliner Jahre 1984-1992, auf worldcat.org
- ↑ 10,0 10,1 Unsere 29 Jahr Feier mit Audre Lorde Filmabend. In: https://fraueninbewegung.de/. Frauen in Bewegung e. V., 22. Mai 2014, abgerufen am 19. Oktober 2020.
- ↑ Dagmar Schultz: Audre Lorde – Die Berliner Jahre 1984 bis 1992. Abgerufen am 19. Oktober 2020.
- ↑ Daphne III Funding Programme. Europäische Kommission, 24. November 2016, abgerufen am 19. Oktober 2020 (english).
- ↑ Weitere Informationen zum EU-Förderprogramm Daphne finden sich hier und hier.
- ↑ Alicia Lindhoff: Der Großmeister zu Gast. In: Frankfurter Rundschau. 17. September 2012, S. F 9.
- ↑ Bericht des Magistrats an die Stadtverordnetenversammlung. Frankfurt am Main 07.09.2020 Dezernat: X Umwelt und Frauen
- ↑ Grüne Woche 39/2019. Bündnis 90/Die Grünen Frankfurt am Main, 28. November 2019, abgerufen am 19. Oktober 2020.
- ↑ Sonja Thelen: Eine wehrhafte Frau. Sunny Graff erhält Tony-Sender-Preis. In: Senioren Zeitschrift. Nr. 1, 2020, S. 35.
- ↑ Impressum. In: Frauen in Bewegung e. V. Abgerufen am 20. Oktober 2020.
- ↑ 2. Platz für „Frauen in Bewegung e. V.“ beim Heinz Lindner Preis 2010. In: Frauen in Bewegung e. V. Abgerufen am 20. Oktober 2020.
- ↑ Ausgezeichnete Sportlerinnen. Gegen Anmache und Gewalt – Verein „Frauen in Bewegung“ erhält Preis für sein in jeder Weise stärkendes Training. In: Frankfurter Neue Presse. 27. November 2017, S. 17.
- ↑ Kursangebote der Aktion „Starke Netze gegen Gewalt“. Deutscher Olympischer Sportbund e. V., abgerufen am 20. Oktober 2020.
- ↑ „Frauen in Bewegung – Kampfkunst und Bewegung“ mit Anerkennungspreis ausgezeichnet. Landessportbund Hessen e. V., 23. Oktober 2019, abgerufen am 20. Oktober 2020.
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