Phasenbezogene Risiken bei M&A-Transaktionen
Mergers & Acquisition (M&A) ist ein Sammelbegriff für Transaktionen im Unternehmensbereich. Diese erfolgen aus verschiedenen Motivationen heraus, wodurch unterschiedliche Erfolgsfaktoren und -indikatoren abgeleitet werden können. Transaktionen können in verschiedene Phasen untergliedert werden. Idealtypisch besteht eine M&A-Transaktion aus den Phasen strategischen Planung & Vorbereitung, Bewertung, Verhandlung & Abschluss und der Integration.[1]
Diesen Phasen können bestimmte Risiken zugeordnet werden, welche den Erfolg einer M&A-Transaktion gefährden. Unter dem Begriff Risiko ist in diesem Zusammenhang die Eventualität eines eintretenden Schadens mit Bezug auf eine (wirtschaftliche) Entscheidung bzw. das Ausbleiben erwarteter Vorteile zu verstehen.[2] Diese gilt es mit Hilfe eines effizienten Risikomanagements zu optimieren. Die internationale Normierungsorganisation (ISO) definiert den Begriff Risikomanagement folgender Maßen: "Koordinierte Aktivitäten zur Steuerung und Kontrolle einer Organisation im Hinblick auf Risiken".[3]
Motive von M&A-Transaktionen[Bearbeiten]
M&A-Transaktionen werden aus unterschiedlichen Motiven heraus durchgeführt. Folgende Aspekte stellen Motive für das Eingehen von M&A-Transaktionen dar:
- Einstellen von Synergieeffekten - Übernahme der Kosten des Akquisitionsprozesses und Auszahlung von Prämien für Aktionäre
- Diversifikation - Erschließung neuer Geschäftsfelder und Steigerung der Profitabilität & Wettbewerbsfähigkeit
- Horizontale Integration - Effiziente Verwaltung und Organisation von Ressourcen (z.B. Mitarbeiter, neue Technologien)
- Vertikale Integration - Optimierung von Wertschöpfungs- und Lieferketten
- Erzielen von Steuergewinnen
- Wahrnehmung von unterausgelasteten und unterbewerteten Vermögenswerten
- Emotionale und psychische Gründe.[4][5]
Prozess einer M&A-Transaktion[Bearbeiten]
Eine M&A-Transaktion besteht typischer Weise aus vier Phasen. Diese sind in der nachfolgenden Abbildung dargestellt und werden anschließend näher erläutert.[6]
Der M&A- Prozess lässt sich neben der idealisierten Phasendarstellung in mehrere Schritte unterteilen, die während dieser Phasen absolviert werden.
Strategische Planung und Vorbereitung[Bearbeiten]
Während der ersten Phase wird zunächst ein Ziel definiert und im Anschluss werden geeignete Methoden zur Zielumsetzung gesucht. Weiterhin wird ein Screening nach einem passenden Zielunternehmen durchgeführt. Dies kann auf zwei Arten erfolgen:
- Screening nach direkten Wettbewerbern (branchenintern)
- Screening mit dem Zweck der Diversifikation (branchenübergreifend).
Hierbei werden entsprechende (betriebswirtschaftliche) Kriterien beachtet (Marktposition, technologischer Vorteil, Geschäftsfelder, Branche, Region). Nach der Identifikation des Zielunternehmens ("Target") werden vorbereitende Tätigkeiten durchgeführt. Dazu gehören das Sammeln von Detailinformationen über das Unternehmen oder bereits das Erwerben von Unternehmensanteilen (Aktienkauf) bei börsennotierten Unternehmen.[7]
Bewertung[Bearbeiten]
Als Konsequenz der durchgeführten Vorbereitungen kommt es anschliessend zu einer Bewertung des Zielunternehmens. Hierbei werden neben den Werten der Unternehmensbilanz unter anderem auch die Werte der erworbenen Mitarbeiter, des erworbenen Marktanteils und/oder der zukünftigen Gewinne berücksichtigt.[8] Das am häufigsten genutzte Bewertungsverfahren stellt die Multiplikatormethode dar, zum Beispiel anhand des EBIT's. Nach eingehender Prüfung und Selektion der Übernahmekandidaten folgt die Kontaktaufnahme, welche in 65 % der Fälle auf direktem Wege erfolgt. Die Durchführung einer Due-Diligence-Prüfung trägt zur Schaffung einer Datenbasis und zur Identifikation potentieller Risken bei. Während hinsichtlich der juristischen ("legal"), steuerlichen ("tax") und finanziellen ("financial") Due-Diligence vorrangig externe Berater unterstützend hinzugezogen werden, erfolgt die kommerzielle ("commercial") und betriebswirtschaftliche ("business") Due-Diligence unternehmensintern. Darauf aufbauend erfolgt der Prozess der Preisfindung. Bezüglich des Unternehmenswertes spielen immaterielle Ressourcen eine signifikante Rolle. Eine Unternehmensbewertung findet dadurch nicht objektiv, sondern subjektiv statt.
Verhandlung und Abschluss[Bearbeiten]
Im Anschluss an die Bewertung erfolgt die erste Kontaktaufnahme mit dem Zielunternehmen. Hierbei werden die Eigentümer des Zielunternehmens und dessen Top-Management konsultiert. Beide Parteien unterzeichnen zu Beginn eine Geheimhaltungsvereinbarung ("Non-Disclosure-Agreement"). In der ersten Verhandlungsrunde wird geklärt, ob ein gemeinsames Interesse an einer Übernahme besteht und ob dies zweckmäßig ist. Ist dies nicht der Fall, wird die Verhandlung beendet und Vorbereitungen zur feindlichen Übernahme ("Hostile Takeover") getroffen. Dies erfolgt zum Beispiel bei börsennotierten Unternehmen durch den Erwerb von Unternehmensanteilen am Aktienmarkt.
Erfolgt eine Einigung im Rahmen der ersten Verhandlungsrunde, finden weitere Verhandlungen statt, um die Einzelheiten der Übernahme festzulegen. Die Parteien unterzeichnen eine Absichtserklärung ("Letter of Intent (LoI)" oder "Memorandum of Understanding (MoU)"). Diese Erklärung ist eine gesetzlich nicht bindende Grundsatzvereinbarung, in welcher beide Parteien Ihre Absichten dokumentieren. Das sogenannte "Term Sheet" enthält die wesentlichen Punkte des Kontrakts in bereits ausformulierter Form. Aufgrund der vorherigen Due-Dilligence-Prüfung erfolgt die Strukturierung der Transaktion ("Deal Design"). Im Anschluss an die Preisverhandlungen und der Festlegung des Kaufpreises für das zu erwerbende Unternehmen erfolgt die Vertragsunterzeichnung ("Signing"). Falls es erforderlich ist, muss die Transaktion bei nationalen oder EU-Wettbewerbsbehörden angemeldet werden. Im Anschluss an die Vertragserfüllung ("Closing") können die Unternehmen mit der Integration und Implementierung beginnen.[9]
Integration[Bearbeiten]
Abschliessend sind die Synergien und strategischen Potentiale zu realisieren und die Unternehmen zusammenzuführen. Die Umsetzung erfolgt mit Hilfe eines so genannten Integrationsteams, welches in den vorherigen Phasen nicht einbezogen ist. Eine Unterteilung der Integrationsphase kann in folgende Bereiche vorgenommen werden:
- Strategische Integration - Festlegung künftiger Leitbilder & Ziele, Strategien, Transfer von Ressourcen & Fähigkeiten
- Kulturelle Integration - Zusammenführung der Unternehmenskulturen
- Personelle Integration - Abstimmung des Personalmanagements
- Strukturelle Integration - Eingliederung von Strukturen und Prozessen
- Operative Integration - Abstimmung Leistungserstellung und -verwertung
- Externe Integration - Einbindung von Lieferanten und Kunden.[10]
Während der operative Abschluss der Integration bereits nach eineinhalb Jahren vollzogen ist, dauert die kulturelle Eingliederung bis zu dreieinhalb Jahren. Mit der finalen Eingliederung der kulturellen Aspekte endet der idealtypische M&A-Prozess.
Phasenbezogene Risiken[Bearbeiten]
Den aufgezeigten Phasen können gewisse Risiken zugeordnet werden, welche zum Misserfolg einer Transaktion führen können. In der rechts dargestellten Abbildung sind die signifikantesten Risikofaktoren aufgeführt. Eine einheitliche Meinung hinsichtlich erfolgskritischer Faktoren ist nicht gegeben. Während einige Experten kulturelle Aspekte zu den signifikantesten Risikofaktoren zählen, geben andere fachkundige Dritte an, dass die Unternehmenskultur untergeordneter Bedeutung ist. Diese wird demnach oftmals vernachlässigt.[11]
Risiken bei strategischer Vorbereitung & Planung[Bearbeiten]
Schon in der ersten Phase kommt es zu Risiken, die den ganzen M&A-Prozess begleiten und einen Abschluss des Prozesses gefährden können. Zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren zählen die Aufrechterhaltung der strategischen Klarheit und Fokussierung. Auch eine konsistente Planung trägt zur erfolgreichen Durchführung von M&A-Transaktionen bei. Diese wird unter anderem durch die Reduzierung der Fluktuation der Mitarbeiter im Planungsteam gewährleistet.
Bewertungsrisiken[Bearbeiten]
Aus einer Studie geht hervor, dass rund 50% der erwerbenden Unternehmen hinsichtlich der Suche nach geeigneten Übernahmekandidaten zu stark auf Wettbewerber der gleichen Branche fokussiert sind. Zudem wird häufiger nach Kandidaten im internationalen Umfeld ("Cross-Border-Transaktionen") gesucht, was zu rechtlichen, steuerlichen und kulturellen Problemen führen kann. Operative Verhaltensweisen, wie eine oberflächliche als auch eine zu intensive Due-Diligence-Prüfung, erschweren die Identifikation bedeutender Risiken ("Dealbreaker"). Auch bei der Verwendung gewisser Bewertungsverfahren (z.B. Multiplikatormethode) ergeben sich gewisse Nachteile. Diese sind in der Anwendung sehr transparent, allerdings sehr ungenau, weshalb sie lediglich zur groben Abschätzung des Unternehmenswertes genutzt werden sollten.[12]
Risiken bei Verhandlung & Abschluss[Bearbeiten]
Die bereits erwähnten Cross-Border-Deals und die damit einhergehenden Währungsrisiken stellen weiteres Konfliktpotential dar. Des Weiteren wird jede vierte M&A-Transaktionen wird mit Hilfe von Fremdkapital finanziert. Die damit verbundene Involvierung externer Dritter kann zu zusätzlichen Interessenkonflikten führen.
Integrationsrisiken[Bearbeiten]
Die Integrations- und Implementierungsphase (Post Merger Integration) hat den größten Einfluss auf den Erfolg bzw. Misserfolg von Fusionen und Übernahmen.[13] Neben der Umsetzung der geplanten Transaktion hat die Pre-Merger-Phase einen ebenso signifikanten Einfluss, da in dieser Phase Konzepte geplant und erstellt, sowie Tätigkeiten für die Realisierung initiiert werden.[14] In der Praxis wird die Planung der Integrationsphase nur sehr unpräzise durchgeführt, wodurch sich weitere Risken mit der sich anschließenden Umsetzung ergeben. Eine Reduzierung des Risikos kann mittels einer verbesserten Integrationsplanung (Erhöhung des Detailgrades) erfolgen. Eine unzureichende Integration stellt damit das größte Hindernis dar, um den Erfolg einer Transaktion zu gewährleisten. Die Bindung zeitlicher und personeller Ressourcen stellen hierbei weitere Risikofaktoren dar, ebenso wie die Integrations- und der Managementkompetenz des Integrationsteams.
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Reker, J. (2012). Mergers & Acquisitions im Mittelstand. Deloitte (Hrsg.). URL: https://www2.deloitte.com/de/de/pages/mittelstand/contents/M-and-A-im-Mittelstand.html# [25.06.2018]
- ↑ Kamps, U.: „Risiko", unter: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/risiko-44896/version-268200 (Abrufdatum: 04.07.2018
- ↑ DIN ISO 31000: 2009
- ↑ Hitt, M./ Harrison, J./ Ireland, R. (2001). M&A: A guide to creating value for stakeholders. New York: Oxford University Press.
- ↑ Gaughan, P.A. (1996). Mergers, acquisitions, and corporate restructurings. New York: John Wiley & Sons.
- ↑ Reker, J. (2012). Mergers & Acquisitions im Mittelstand. Deloitte (Hrsg.). URL: https://www2.deloitte.com/de/de/pages/mittelstand/contents/M-and-A-im-Mittelstand.html# [25.06.2018]
- ↑ Spiegelfeld, B./ Hlawati, E./ Birkner, A./ Hasenauer, C./ Aehrenthal, J./ Konrad, G./ Trettnak, T. : „Wegweiser M&A", unter: https://extrajournal.net/guides/mergers-acquisitions-ma/1-mergers-acquisitions-ma-einfuhrung// [13.06.2018]
- ↑ Timmreck, C. (2003). Unternehmensbewertung bei Mergers und Acquisitions. In Handbuch Fusionsmanagement. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung
- ↑ Spiegelfeld, B./ Hlawati, E./ Birkner, A./ Hasenauer, C./ Aehrenthal, J./ Konrad, G./ Trettnak, T. : „Wegweiser M&A", unter: https://extrajournal.net/guides/mergers-acquisitions-ma/1-mergers-acquisitions-ma-einfuhrung// [13.06.2018]
- ↑ Unger, M. (2007). Post-Merger-Integration. In: Polster-Grüll/ Zöchling/ Kranebitter (Hrsg.) Handbuch Mergers and Acquisitions. Wien: Linde Verlag.
- ↑ Allocca, S. (2016, 19.Dezember). Top 15 Risk Factors for M&A. URL: http://ww2.cfo.com/ma/2016/12/top-15-risk-factors-ma/ [23.06.2018]
- ↑ Reker, J. (2012). Mergers & Acquisitions im Mittelstand. Deloitte (Hrsg.). URL: https://www2.deloitte.com/de/de/pages/mittelstand/contents/M-and-A-im-Mittelstand.html# [25.06.2018]
- ↑ Zuhairy, H./Taher, A./ Shafei, I. (2015). Post Mergers and Acquisitions: The Motives, Success factors and Key Success Indicators. Eurasian Journal of Business and Management, 3(2), 1-11.
- ↑ Habeck, M./Kroger, F./Tram, M.R. (2000). After the merger: Seven strategies for successful post-merger integration. London: Pearson Education Limited.
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