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Wiener Schreibpädagogik

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Die Wiener Schreibpädagogik ist ein von Gerwalt Brandl entwickeltes schreibdidaktisches Konzept, das von den sprachkritischen Verfahren der literarischen Moderne (Surrealismus, Dadaismus, Oulipo, Wiener Gruppe, James Joyce, Gertrude Stein, Arno Schmidt etc.) ausgeht.

Geschichte[Bearbeiten]

Die Methoden der Wiener Schreibpädagogik wurden in den 1980er und 1990er Jahren von Gerwalt Brandl im polycollege Stöbergasse entwickelt[1] und ab 1998 gemeinsam mit Christine (Christa) Brauner zum Lehrgang Wiener Schreibpädagogik erweitert. Das dreisemestrige Curriculum bildet bis heute die Grundlage der schreibpädagogischen Ausbildung - Lehrgang Schreibpädagogik - des Berufsverbands Österreichischer SchreibpädagogInnen (BÖS)[2].

Öffentlich in Erscheinung trat die „Schreibwerkstatt Stöbergasse“ bzw. die „Wiener Schreibpädagogik“ im Rahmen von Lesungen[3]. 2002 erschien die Anthologie „vom wortfall vom sammeln"[4], die Texte von Schreibwerkstatt-TeilnehmerInnen und die zugehörigen Schreibanimationen enthält. Im Vorwort dieser Anthologie nennt Gerwalt Brandl seine Methode erstmals „Wiener Schreibpädagogik“.

Die Methode[Bearbeiten]

Die Wiener Schreibpädagogik geht - in Anlehnung an die Verfahren der literarischen Moderne - nicht von inhaltlichen Vorgaben oder Themen aus. Die literarische Moderne hat das Vertrauen in die Eindeutigkeit der Sprache und in ihre Fähigkeit, die Wirklichkeit nachzubilden, verloren. Die neuen literarischen Verfahren nutzen die Sprache als Material, losgelöst von Inhalten: Sprachexperimente, Auflösung der Grenzen zu anderen Künsten (visuelle Poesie, konkrete Lyrik, Lautgedichte), Hinwendung zum Unbewussten und zum Zufall.

Die Schreibvorschläge (Schreibanimationen) der Wiener Schreibpädagogik leiten dazu an, Ausgangsmaterial durch Sprachspiele, freie Assoziation, automatisches Schreiben (Freewriting), Dekonstruktion des alltäglichen Sprachgebrauchs etc. zu generieren. In einem zweiten Schritt wird dieses Sprachmaterial bearbeitet, neu kombiniert, verfremdet und entweder direkt in einem Text verwendet oder es dient als Grundlage für ein freies Spiel der Fantasie, als Titel oder unausgesprochene Botschaft.

Konkrete Beispiele für Schreibanimationen, wie sie in der Wiener Schreibpädagogik verwendet werden, finden sich in der Anthologie „vom wortfall vom sammeln“[5], in der zweiten Nummer des "Hund im Saturn"[6], der Zeitschrift des nicht mehr existierenden Wiener Instituts für Schreibpädagogik und Schreibtherapie (WISS), und in den von Irene Wondratsch für die Arbeiterkammer zusammengestellten Unterrichtsunterlagen „Achtung Bissige Bytes! Kreatives Schreiben im Unterricht zum Thema Arbeitswelt“[7].

Diese Art des Schreibens, das sich nicht mehr auf ein Objekt bezieht (“Ich schreibe (über) etwas“), sondern nur auf sich selbst („Ich schreibe“), nennt Gerwalt Brandl in Anlehnung an Roland Barthes „intransitives Schreiben“[8].

Damit gewährleistet die Wiener Schreibpädagogik einerseits einen niederschwelligen Zugang zum literarischen Schreiben, was für die Erwachsenenbildung und die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sehr wichtig ist. Der 1998 ins Leben gerufene Ausbildungslehrgang Wiener Schreibpädagogik ging darüber hinaus. Er war zum einen AutorInnen-Ausbildung, andererseits befähigte er die AbsolventInnen, die aus unterschiedlichen Berufsfeldern kamen, durch die ergänzende pädagogische Ausbildung, Schreiben in einer über die Alltagssprache hinaus gehenden Form in öffentlichen und gemeinnützigen Bildungsinstitutionen zu unterrichten.

In der Ausschreibung des Verbandes Wiener Volksbildung aus dem Jahr 2004 wurden die Ziele des Lehrgangs Wiener Schreibpädagogik folgendermaßen definiert: „Ausbildung und Weiterentwicklung von literarischer, kommunikativer, methodischer und didaktischer Kompetenz“, „die Fähigkeit, Gruppen und Einzelne in ihrem schöpferischen Prozess zu begleiten und zu fördern, Schreibgruppen und Workshops zu leiten“ und langfristig: „Schreibpädagogik als Beruf zu installieren.“[9]

„Wir lehren schreibend zu erfahren, dass Sprache eine Art Organismus ist, der seine eigenen Ansprüche stellt. Innerhalb der Dynamik der Worte und Sätze erfahren die Teilnehmer, was Sprache ist und kann, und wo Sprache Grenzen setzt“[10], sagt die Autorin und Schreibpädagogin Petra Ganglbauer. Sie wirkte wesentlich an der Erweiterung und Umgestaltung des Lehrgangs Wiener Schreibpädagogik mit und übernahm 2008 dessen Leitung von Christa Brauner. Es folgten Sophie Reyer und Barbara Rieger als Lehrgangsleiterinnen. 2020 kehrt Petra Ganglbauer in diese Position zurück.

2018 wurde der Lehrgang Wiener Schreibpädagogik in Lehrgang Schreibpädagogik umbenannt.

Literatur[Bearbeiten]

  • Viktor Billek, Gerwalt Brandl, Christine Brauner et al.: Polycollege „Schreibwerkstatt Stöbergasse“. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Heft 172. 1994, S. 26-28 .(Einzusehen im Österreichischen Volkshochschularchiv: http://archiv.vhs.at/vhsarchiv_suche.html?result=1&id=42923&count=14)
  • Gerwalt Brandl, Chrsita Brauner, Irene Wondratsch (Hg.): vom wortfall vom sammeln. Literarische Arbeiten und Schreibanimationen der Schreibwerkstätten Stöbergasse 1984 - 2000. Edition Volkshochschule. Verband Wiener Volksbildung. Wien 2002, ISBN 3-900700-44-X.
  • Hund im Saturn. Zeitung des WISS - 2, Dezember 1994 (Einzusehen im Literaturhaus Wien, Bibliothek).
  • Marlen Schachinger: Werdegang. AutorInnen zwischen autodidaktischer und institutioneller Ausbildung. Dissertation der Universität Wien. Wien 2012 (Online).
  • Anita C. Schaub: Die Sprache ist ein Organismus, Wiener Zeitung, 28.Juli 2007, Beil. extra. S. 8.
  • Irene Wondratsch: Achtung  bissige Bytes! Kreatives Schreiben im Unterricht zum Thema Arbeitswelt. Hrsg.: AK Wien und AK Steiermark - Arbeitswelt und Schule. Wien 1999, ISBN 3-7063-0390-6.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Viktor Billek, Gerwalt Brandl, Christine Brauner et.al.: Polycollege "Schreibwerkstatt Stöbergasse". Volkshochschule Margareten. In: Verband Österreichischer Volkshochschulen (Hrsg.): Die österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Nr. 172. Wien 1994, S. 26–28 (Einzusehen im Österreichischen Volkshochschularchiv. http://archiv.vhs.at/vhsarchiv_suche.html?result=1&id=42923&count=14).
  2. BÖS. Unsere Geschichte. Abgerufen am 24. Februar 2020.
  3. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20020927_OTS0042/alte-schmiede-anleitungen-zum-schreiben
  4. Gerwalt Brandl, Christa Brauner, Irene Wondratsch (Hrsg.): vom wortfall vom sammeln. Edition Volkshochschule, Wien 2002, ISBN 3-900799-44-X.
  5. Brandl,Brauner,Wondratsch: vom wortfall vom sammeln. a.a.O.
  6. Hund im Saturn. Zeitung des WISS - 2, Dezember 1994. (Einzusehen im Literaturhaus Wien, Bibliothek)
  7. Irene Wondratsch: Achtung  bissige Bytes! Kreatives Schreiben im Unterricht zum Thema Arbeitswelt. Hrsg.: AK Wien und AK Steiermark - Arbeitswelt und Schule. Wien 1999, ISBN 3-7063-0390-6.
  8. Marlen Schachinger: Werdegang. AutorInnen zwischen autodidaktischer und institutioneller Ausbildung. Dissertation der Universität Wien. Wien 2012, S. 473.
  9. Volksbildungshaus Wiener Urania, Kursprogramm 2004: https://adulteducation.at/de/weiterbildung/1266
  10. Anita C. Schaub: Die Sprache ist ein Organismus. In: Wiener Zeitung. Beilage extra, 28. Juli 2007, S. 8.


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