Anschläge in Bottrop und Essen 2019
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Die Anschläge in Bottrop und Essen 2019 bildeten eine Serie mutmaßlich fremdenfeindlich motivierter[1] Angriffe auf Menschen mittels eines Pkw. Der mutmaßliche Täter Andreas N. steuerte sein Fahrzeug in der Silvesternacht 2018/2019 in Bottrop und Essen gezielt auf Fußgänger. Acht[2] Personen wurden verletzt, eine davon schwebte zeitweise in Lebensgefahr. Fünf der Verletzten stammen aus Syrien und zwei aus Afghanistan.[3][4] Der Fahrer konnte zunächst fliehen, wurde aber in der Nacht in Essen festgenommen. Bei seiner Festnahme äußerte sich der Fahrer gegenüber Polizeibeamten in fremdenfeindlicher Weise.[5]
Laut Zeitungsberichten sollen die Behörden die Amokfahrt als terroristischen Anschlag behandeln.[6] Der Fahrer habe laut dem Innenminister von Nordrhein-Westfalen Herbert Reul in Tötungsabsicht gehandelt.[1] Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wollte die Tat vorerst nicht als Terrorakt bezeichnen.[7]
Ermittlungen[Bearbeiten]
Tathergang[Bearbeiten]
In der Silvesternacht 2018/2019 lenkte wenige Minuten nach Mitternacht der mutmaßliche Täter seinen Pkw vom Typ Mercedes-Benz in der Osterfelder Straße in Bottrop gezielt auf einen Fußgänger, um ihn mit dem Fahrzeug zu treffen. Der Mann konnte sich retten.[8][1] Unmittelbar danach fuhr der Tatverdächtige weiter in die Bottroper Innenstadt und lenkte sein Fahrzeug auf dem Berliner Platz in eine Menschengruppe, wobei mehrere Personen verletzt wurden.
Der Fahrer floh mit seinem Fahrzeug Richtung Essen. Dort versuchte er auf der Schlossstraße vergeblich in eine Menschengruppe zu fahren, die an der Bushaltestelle Stensbeckhof wartete. Bei seiner weiteren Flucht konnte er in der Straße Rabenhorst von der Polizei angehalten und festgenommen werden. Bei seiner Festnahme äußerte sich der Tatverdächtige in rassistischer[9] und fremdenfeindlicher Weise.
Die Polizei geht von gezielten Anschlägen auf Ausländer bzw. auf Personen, die der mutmaßliche Täter für Ausländer hielt, an mindestens vier Tatorten aus. Die Sicherheitsbehörden bewerten die Tat aufgrund der Motivlage als terroristischen Angriff. Der mutmaßliche Täter „sei vergleichbar mit radikalisierten Islamisten, die auf eigene Faust handeln“.[10]
Es existiert ein Amateurvideo, das eine der Taten zeigen soll. Der mutmaßliche Täter steuert dabei seinen Pkw zunächst vergleichsweise langsam in eine Menschenmenge, wodurch sich die meisten Menschen noch retten können, ehe das Fahrzeug beschleunigte.[11]
Opfer[Bearbeiten]
Insgesamt wurden bei den Taten acht Personen verletzt, von denen sieben entweder die syrische oder afghanische Staatsangehörigkeit besitzen, darunter eine vierköpfige syrische Familie; die 16 bzw. 27 Jahre alten Töchter sowie der 48-jährige Vater wurden leichtverletzt, die 46-jährige Mutter wurde schwer verletzt, schwebte zeitweise in Lebensgefahr und musste notoperiert werden.[2][11][2] Außerdem wurden zwei Kinder (4 und 10 Jahre) aus Afghanistan und Syrien sowie eine 29-Jährige Frau aus Afghanistan angefahren und verletzt.[12] Die Nationalität und das Alter des achten Opfers ist unbekannt.
Tatverdächtiger[Bearbeiten]
Tatverdächtig ist der 50-jährige Deutsche Andreas N. aus Essen. Die Ermittlungsbehörden gaben an, dass er arbeitslos sei und dass es Hinweise auf eine psychische Erkrankung des mutmaßlichen Täters gebe.[11] Er sei wegen Schizophrenie mindestens einmal in einer geschlossenen Einrichtung gewesen,[13] strafrechtlich aber bisher nicht in Erscheinung getreten.[14] Während der Vernehmung habe er durchgehend rassistisch geredet, aber auch einen wirren Eindruck gemacht.[10] Er soll Ausländerhass als sein Motiv den Beamten gegenüber zudem bestätigt haben; seine Absicht sei gewesen, „Anschlägen durch syrische oder afghanische Flüchtlinge zuvor[zu]kommen“.[15]
Gegen den Tatverdächtigen erging Haftbefehl „wegen mehrfachen versuchten Mordes“.[16]
Reaktionen[Bearbeiten]
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte, dass die Ermittlungen noch am Anfang stünden. Fest stehe bislang, dass es die „klare Absicht des Mannes gab, Ausländer zu töten“.[8] „Persönliche Betroffenheit und Unmut“ hätten beim Tatverdächtigen zu Fremdenhass geführt, so Reul weiter.[17] „Die Ermittlungsbehörden gehen derzeit von einem gezielten Anschlag aus“, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei mit.[18]
Bottrops Oberbürgermeister Bernd Tischler sagte ein Konzert ab, das die Feiern zum 100. Stadtgeburtstag Bottrops eröffnen sollte: „Heute ist uns nicht zum Feiern zumute.“[4] Die Bundesregierung verurteilte die Tat.[2]
Der Soziologe Matthias Quent ordnet die Tat als Vorurteils- oder Hassverbrechen und Rechtsterrorismus ein. Er warnt davor, den Begriff „Amok“ in diesem Kontext zu verwenden, da dieser „Anschläge ihrer politischen und gesellschaftlichen Bedeutung“ entleere.[19] Der Politikwissenschafter Florian Hartleb sieht hier einen typischen Fall des Einsamen-Wolf-Terrorismus: „Ein Tätertypus, der aus gleichermaßen persönlichen und politischen Motiven alleine zuschlägt. Nach dem Motto: Ich habe persönlich nichts mehr zu verlieren. Und: Ich muss politisch ein Zeichen setzen und will in die Annalen eingehen.“[20] Demgegenüber verweist die Kriminologin Britta Bannenberg darauf, dass die Frage, ob die Tat einen rassistischen Hintergrund habe, „in einem Strafverfahren geklärt werden müsste“. Gutachter müssten prüfen, ob der Täter erkannt hat, was er tut oder ob er so von einem Wahn beeinflusst war, dass er die Realität nicht erkennen konnte. Wenn der Täter tatsächlich schizophren ist, sei es sehr wahrscheinlich, dass sein Wahn ihn zur Tat getrieben hat, so Bannenberg. Unter den erwachsenen Amoktätern leide mehr als ein Drittel an einer Schizophrenie.[21] Auch der Politikwissenschaftler Peter R. Neumann warnt vor einem vorschnellen Urteil. Dass der Täter ein Fremdenfeind war, scheine klar. Doch ob er mit seiner Tat einen terroristischen Zweck verfolgte und ob seine psychischen Vorbelastungen so schwer waren, dass er die Konsequenzen seines eigenen Handels nicht mehr verstand, bedürfe einer genaueren Analyse.[22]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Mann fährt in Fußgänger – Täter wollte Ausländer töten, Tagesschau vom 1. Januar 2019; Zugriff am 2. Januar 2019
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Zahl der Verletzten in Bottrop und Essen erhöht sich, Zeit Online vom 2. Januar 2019; Zugriff am 2. Januar 2019
- ↑ Autofahrer hatte "klare Absicht, Ausländer zu töten", Süddeutsche vom 1. Januar 2019; Zugriff am 2. Januar 2019
- ↑ 4,0 4,1 Autofahrer hatte die "klare Absicht, Ausländer zu töten", Zeit Online vom 1. Januar 2019; Zugriff am 2. Januar 2019
- ↑ NRW-Minister Reul: Autofahrer hatte „klare Absicht, Ausländer zu töten“, FAZ vom 1. Januar 2019; Zugriff am 2. Januar 2019
- ↑ Behörden behandeln Amokfahrt als terroristischen Anschlag, Tagesspiegel vom 1. Januar 2019; Zugriff am 2. Januar 2019
- ↑ Bundesregierung verurteilt Attacken in Amberg und Bottrop, Die Welt vom 2. Januar 2019; Zugriff am 2. Januar 2019
- ↑ 8,0 8,1 50-Jähriger fährt in Bottrop in Menschengruppe. In: wdr.de. 8. Oktober 1981, abgerufen am 1. Januar 2019.
- ↑ Mann fährt gezielt Fußgänger um – möglicherweise Anschlag. In: Spiegel Online. 1. Januar 2019, abgerufen am 1. Januar 2019.
- ↑ 10,0 10,1 Behörden behandeln Amokfahrt als terroristischen Anschlag, auf pnn.de
- ↑ 11,0 11,1 11,2 Mann fährt nach Jahreswechsel in Fußgängergruppe. In: Welt Online. 1. Januar 2019, abgerufen am 1. Januar 2019.
- ↑ Zahl der Verletzten in Bottrop und Essen erhöht sich, auf zeit.de
- ↑ Was über den Täter bekannt ist, auf spiegel.de
- ↑ n-tv Nachrichten: Haftbefehl gegen Amokfahrer erlassen.
- ↑ Bottrop-Attentäter bestätigt Ausländerhass als Motiv, WAZ vom 3. Januar 2019; Zugriff am 4. Januar 2019
- ↑ https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-01/angriff-ruhrgebiet-bottrop-anschlag-auto-verletztenzahl-haftbefehl-taeter Zeit.de: Angriff im Ruhrgebiet: Zahl der Verletzten in Bottrop und Essen erhöht sich]
- ↑ Anschlag von Bottrop und Essen: Warum Innenminister Reul einen fatalen Fehler macht, auf derwesten.de
- ↑ Attacke in Bottrop: Autofahrer hatte die „klare Absicht, Ausländer zu töten“. In: Spiegel Online. 1. Januar 2019, abgerufen am 1. Januar 2019.
- ↑ Rechtsextremismus: "Die Grenzen zwischen Amok und Terror können verwischen", Zeit Online vom 2. Januar 2019; Zugriff am 3. Januar 2019
- ↑ „Meistens handelt es sich um vereinsamte Männer mittleren Alters“, Welt Online vom 3. Januar 2019; Zugriff am 5. Januar 2019
- ↑ Die Gesellschaft liefert Futter für Hassfantasien, Interview auf Zeit online vom 4. Januar 2019
- ↑ Terror, Amok, Hassverbrechen - wovon sprechen wir eigentlich? Gastbeitrag von Peter R. Neumann auf Spiegel online vom 5. Januar 2019
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