You can edit almost every page by Creating an account. Otherwise, see the FAQ.

Childismus

Aus EverybodyWiki Bios & Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche



Unter Childismus kann eine Gruppe an Ansätzen verstanden werden, die darauf abzielen, wissenschaftliche und soziale Normen mit Blick auf die Perspektiven von Kindern als politisch marginalisierte Gruppe zu kritisieren und zu rekonstruieren.[1] Somit soll Childismus wie Feminsmus für Kinder sein.[2] In Anlehnung an die dritte Welle des Feminismus stellt Childismus eine kritische Linse für die Dekonstruktion von Adultismus und Patriarchalismus dar.[3] Damit soll ein Beitrag zu kindergerechten Forschung und Interessenvertretung geleistet werden.[3]

"Childismus ist wie Feminismus, aber für Kinder. Childismus ist in der akademischen Literatur als Begriff entstanden, um Bemühungen zu beschreiben, die auf die gelebte Erfahrung von dem Drittel der Menschheit, die Kinder sind, mit der radikalen, systemischen Kritik von akademischen, sozialen und politischen Normen antworten möchten.“[4]

Ziele[Bearbeiten]

Childismus zielt somit nicht nur auf die aktive Inklusion von jungen Menschen ab. Gleichzeitig werden die systemischen Wurzeln von Exklusionen in der historischen Zentrierung von Perspektiven von Erwachsenen analysiert und herausgefordert.[5]

"[Beim Childismus] geht es zum einen um die aktive Einbeziehung der Stimmen der Kinder sowie deren gesellschaftliche und politische Teilhabe und Handlungsmacht. Vor allem aber soll mit den Ausdrücken childistisch/Childismus die stets stillschweigend und mehr oder weniger unreflektiert übernommene Bezugsnorm der Erwachsenenperspektive bzw. der Erwachsenheit (adulthood) dekonstruiert werden."[6]

Neben Feminismus bestehen also gemeinsamen Agenden mit antirassistischen, postkolonialen, dekolonialen oder ableismuskritischen Perspektiven, die das männliche, erwachsene, weiße Subjekt dezentrieren. Childismus betont dabei unter anderem durch den (intersektionalen) Fokus auf Adultismus die "Fundamentalität" von Unterdrückungsverhältnissen.[7]

Hintergrund[Bearbeiten]

In dieser Form wurde der Begriff „Childismus“ erstmals Anfang der 2000er Jahre von John Wall geprägt.[8] Childismus ist damit ein transformatives Programm, das aus der kritischen Kindheitsforschung hervorgeht. Von der kritischen Kindheitsforschung wird ein Fokus auf die Konstruktion von Kindheiten und der Versuch der Dekonstruktion von Erwachsenen-Kinder-Dualismen übernommen.[1] Zudem geht Childismus aber über diese Ansätze hinaus und strebt eine transformative Rekonstruktionen gesellschaftlicher Realitäten an.[1] Somit steht Adultismus auch in Verbindung mit kürzlichen Versuchen einer Neuorientierung von Kindheitsforschung.[9][10] Childismus baut auch eng auf anderen Innovationen der kritischen Kindheitsforschung auf,[11] wie Hanne Warmings “childprism research”[12], Erika Burmans “child as method” Ansatz[13] oder Leena Alanens Konzept der "generationalen Ordnung".[14] Allerdings ist Childismus nicht auf die Forschung zu Kindheiten im engeren Sinne beschränkt, sondern wird auch in anderen Feldern angewandt.[11]

Vor der von Wall stammenden, nun etablierten Verwendungsweise wurde das Wort „childism“ im englischsprachigen Diskurs auch auf zwei gegenläufige Weisen verwendet.[1] Elisabeth Young-Bruehl bezeichnete damit Erwachsenenzentriertheit und Diskriminierung gegen Kinder, das was heute gemeinhin als Adultismus theoretisiert wird.[15] Peter Hunt plädierte in der Literaturwissenschaft für eine childistische Lesart, also „wie ein Kind zu lesen“[16] – was eine essentialisierende Vorstellung eines Kindes zugrundelegt. Mittlerweile hat sich die von Wall etablierte Verwendungsweise etabliert.

Gegenwärtige Orientierung[Bearbeiten]

Während childistische Momente auch in verschiedenen Ansätzen gefunden werden können, die dieses Wort nicht explizit mobilisieren, beziehen sich seit Mitte der 2010er-Jahre immer mehr Forschung auch explizit auf den Begriff. Literatur findet sich unter anderem zu globaler Gerechtigkeit,[17] politischer Partizipation,[18] Mädchenwissenschaften,[19] Bildung und Klimawissenschaften[20]. Auf diese Weise wenden sich Forschern den gelebten Erfahrungen von Kindern zu, nicht nur, weil diese für sich genommen relevant sind, sondern auch weil sie dazu dienen, über gesellschaftliche Systeme und Debatten über den Bereich von Kindheit nachzudeken. Ein Überblick über solche Literatur und angrenzende wird vom „Childism Institute“ gepflegt.[11]

Das „Childism Institute“ wurde im Jahre 2020 an der Rutgers Universität gegründet. Es ist ein globales Netzwerk von Forschern und Praktikern, die gemeinsam childistische Theoriebildung und sozialen Wandel katalysieren wollen.[2] Zentrale Organisationseinheit bildet ein internationaler Beirat, zu dem neben Wall auch u.a. auch Hanne Warming, Fikile Nxumalo und die mit der Universität Bayreuth affiliierte Bildungsphilosophin Tanu Biswas gehören. Zusätzlich zur Pflege einer Datenbank und dem Betreiben eines Blogs werden regelmäßige internationale Kolloquien abgehalten. Die ersten zwei Sitzungen - "Exploring Childism Across Disciplines" und "Racism and Casteism in Light of Childhoods" – von Anfang 2021 legen eine Anbindung an dekoloniale und antirassistische Diskurse nahe. Im deutschen Kontext gehört neben Tanu Biswas auch Britta Saal zu den frühen Adaptoren des Childismuskonzepts. Außerdem hat sich seit 2020 hier auch ein informeller Stammtisch mit Forschern verschiedener Universitäten gebildet.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 John Wall: From childhood studies to childism: reconstructing the scholarly and social imaginations. In: Children's Geographies. 25. September 2019, ISSN 1473-3285, S. 1–14, doi:10.1080/14733285.2019.1668912 (tandfonline.com [abgerufen am 16. Mai 2021]).
  2. 2,0 2,1 Childism Institute. Abgerufen am 16. Mai 2021 (english).
  3. 3,0 3,1 Philosophie.ch - Childismus. Abgerufen am 16. Mai 2021.
  4. Childism Institute. Abgerufen am 16. Mai 2021 (english).
  5. Childism Institute. Abgerufen am 16. Mai 2021 (english).
  6. Britta Saal: Ort, Raum, Welt: Interkulturelles Philosophieren und Philosophieren mit Kindern als polylogisches Statt-Finden. In: InterCultural Philosophy. Nr. 1, 12. November 2020, ISSN 2367-3109, S. 221–239 (uni-heidelberg.de [abgerufen am 16. Mai 2021]).
  7. Childism Institute: The Promise of Childism for Imagining Transformation: Reimagining the Future of Activism. 10. Mai 2021, abgerufen am 16. Mai 2021 (english).
  8. John Wall: Childhood Studies, Hermeneutics, and Theological Ethics. In: The Journal of Religion. Band 86, Nr. 4, 2006, ISSN 0022-4189, S. 523–548, doi:10.1086/505893 (uchicago.edu [abgerufen am 16. Mai 2021]).
  9. Spyros Spyrou, Rachel Rosen, Daniel Thomas Cook: Reimagining childhood studies. London 2019, ISBN 1-350-01921-6.
  10. Marek Tesar, Sonja Arndt: Theorising posthuman childhood studies. Singapore 2020, ISBN 978-981-15-8175-5.
  11. 11,0 11,1 11,2 Resources. Abgerufen am 16. Mai 2021 (english).
  12. Hanne Warming: Childhood prism research: an approach for enabling unique childhood studies contributions within the wider scholarly field. In: Children's Geographies. 3. Juli 2020, ISSN 1473-3285, S. 1–13, doi:10.1080/14733285.2020.1787952 (tandfonline.com [abgerufen am 16. Mai 2021]).
  13. Erica Burman: Child as method: implications for decolonising educational research. In: International Studies in Sociology of Education. Band 28, Nr. 1, 2. Januar 2019, ISSN 0962-0214, S. 4–26, doi:10.1080/09620214.2017.1412266 (tandfonline.com [abgerufen am 16. Mai 2021]).
  14. Leena Alanen: ‘Intersectionality’ and other challenges to theorizing childhood. In: Childhood. Band 23, Nr. 2, ISSN 0907-5682, S. 157–161, doi:10.1177/0907568216631055.
  15. Elisabeth Young-Bruehl: Childism : Confronting Prejudice Against Children. Yale University Press, New Haven 2012, ISBN 978-0-300-17850-0.
  16. Peter Hunt: Criticism, theory, and children's literature. B. Blackwell, Oxford, UK 1991, ISBN 0-631-16229-1.
  17. Jonathan Josefsson: Non-citizen children and the right to stay – a discourse ethical approach. In: Ethics & Global Politics. Band 12, Nr. 3, 29. November 2019, ISSN 1654-4951, S. 32–49, doi:10.1080/16544951.2019.1678800 (tandfonline.com [abgerufen am 16. Mai 2021]).
  18. Jeanette Sundhall: A Political Space for Children? The Age Order and Children’s Right to Participation. In: Social Inclusion. Band 5, Nr. 3, 26. September 2017, ISSN 2183-2803, S. 164–171, doi:10.17645/si.v5i3.969 (cogitatiopress.com [abgerufen am 16. Mai 2021]).
  19. April Mandrona: Ethical Practice and the Study of Girlhood. Guest editor: April Mandrona. In: Girlhood Studies. Band 9, Nr. 3, 1. Januar 2016, ISSN 1938-8209, doi:10.3167/ghs.2016.090302 (berghahnjournals.com [abgerufen am 16. Mai 2021]).
  20. Tanu Biswas: Letting Teach: Gen Z as Socio-Political Educators in an Overheated World. In: Frontiers in Political Science. Band 3, 28. April 2021, ISSN 2673-3145, S. 641609, doi:10.3389/fpos.2021.641609 (frontiersin.org [abgerufen am 16. Mai 2021]).


Diese artikel "Childismus" ist von Wikipedia The list of its authors can be seen in its historical and/or the page Edithistory:Childismus.



Read or create/edit this page in another language[Bearbeiten]