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Improved Reading

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Improved Reading ist eine in den 1960er-Jahren in Australien entwickelte Trainingsmethode für schnelles Lesen, bei der die vollständige Texterfassung im Vordergrund steht. Damit unterscheidet sich Improved Reading vom Speed Reading, wie es in den 1970er-Jahren von Tony Buzan entwickelt wurde, das auf Querlesen, Diagonallesen und Slalomlesen abzielt. Improved Reading unterscheidet sich auch vom PhotoReading (fotografischem oder Flächenlesen) nach Paul Scheele, bei dem ganze Textseiten auf einmal erfasst werden sollen.

Die Improved-Reading-Methode basiert auf vier Kerntechniken:

  1. sinnvolle Wortgruppen statt nur Einzelwörter zu erfassen
  2. Blickbewegungen vorwärts ausrichten statt häufiger Regressionen/Rücksprünge
  3. bewusstes Subvokalisieren wichtiger Wörter, während kleinere Wörter (Funktionswörter) ausschließlich visuell erfasst werden

1. Wortgruppen erfassen („Chunken“)[Bearbeiten]

Die erste Kerntechnik von Improved Reading ist das Erfassen von Wortgruppen anstelle von Einzelwörtern („Chunken“, nach englisch „chunk“ = großer Brocken): Damit soll einerseits das Lesetempo gesteigert werden, weil das Auge weniger häufig anhält (fixiert); gleichzeitig wird davon ausgegangen, dass sich auch das Textverständnis erhöht, weil sinnvolle Informationseinheiten statt isolierter Wörter aufgenommen werden. Die grundsätzliche Fähigkeit des Auges, Wortgruppen innerhalb einer Blickspanne von 3–3,5 cm klar erfassen zu können, ist wissenschaftlich belegt. „Sinnvoll erscheint es beispielsweise zu lernen, Wörter gruppenweise zu lesen, etwa ‚das schöne Bild‘ auf einmal statt mit drei oder sogar mehr Fixationen aufzunehmen. Unsinn sind dagegen Übungen zur Blickspannenerweiterung.“[1] Beim „Chunken“ soll nur die natürlich vorhandene Blickspanne, die beim normalen Sehen außerhalb des Lesens ganz selbstverständlich ausgenutzt wird, auch beim Lesen optimal eingesetzt werden. Innerhalb einer Blickspanne können mehrere Wörter parallel verarbeitet werden.

Erfahrene Lesern nutzen nicht nur die optische Blickspanne maximal aus, sondern profitieren von einer durch Übung erworbenen kognitiven Automatisierung der Worterkennung (automatische Mustererfassung), die das Erfassen von Wortgruppen sowie die Nutzung des peripheren Sehbereichs erleichtert.

2. Vorwärtsorientierung (Vermeidung der Regression)[Bearbeiten]

Die zweite Kerntechnik von Improved Reading ist der Verzicht auf unabsichtliche Regressionen (häufiges Zurückspringen im Text). Unabsichtliche Regressionen machen durchschnittlich 10–20 % aller Fixierungen aus. Regressionen bewirken eine Verlangsamung des Leseprozesses und verhindern die Aufnahme der Textbestandteile in einer logischen Reihenfolge. Dadurch beeinträchtigen Regressionen auch das Textverständnis. In Studien von Ralph Radach wurde die Möglichkeit nachgewiesen, Regressionen bewusst zu reduzieren. Durch ein akustisches „Warnsignal“ nach jeder Regression wurde das Lesetempo bei gleichem Verständnis deutlich gesteigert: „Als Ergebnis des Trainings kam es zu drastischen Veränderungen der gemessenen Blickbewegungen, wobei in der Trainingsgruppe eine starke Abnahme der Regressionen die Wirkung des akustischen Feedbacks sehr überzeugend dokumentierte. Das Lesetempo am Ende des Trainings betrug in etwa das Anderthalbfache bis Doppelte der Ausgangswerte. Dabei wurde über die Trainingssitzungen bis zur abschließenden Testung im Durchschnitt das gleiche Niveau im Leseverständnis beibehalten.“

„Geübte LeserInnen unterscheiden sich von Leseanfängern in so gut wie allen Bewegungsaspekten. Leseanfänger benötigen insgesamt mehr Sakkaden [Blicksprünge], längere Fixationspausen und eine höhere Anzahl an Regressionen.“[2]

3. Visuelles Begreifen (Reduzierung des Subvokalisierens)[Bearbeiten]

Die dritte Kerntechnik von Improved Reading ist die Reduzierung des Subvokalisierens (inneres/mentales Mitsprechen beim Lesen). Im Unterschied zu anderen Schnelllesetechniken soll bei Improved Reading das Subvokalisieren nicht komplett eliminiert werden. Das bewusste Subvokalisieren sinntragender Wörter (Sinnsignale) wird als wichtige Voraussetzung für gutes Textverständnis angesehen. Demgegenüber wird davon ausgegangen, dass sehr häufig vorkommende, kleinere und weniger wichtige Wörter (Funktionswörter) sehr oft ohne inneres Mitsprechen als Schriftbild erfasst werden können, ähnlich wie Verkehrszeichen, Piktogramme, Firmenlogos, etc.

Da der Mensch schneller lesen als hören kann, sind gute Leser in der Lage, mit einer Geschwindigkeit von 600 Wörtern pro Minute bei vollem Verständnis zu lesen. „Seit Jahren erforscht Radach die mentalen Prozesse beim Lesen und ist überzeugt: ‚Man kann deutlich schneller lesen als hören.‘ Gute Leser können durchaus 600 Wörter pro Minute schaffen – bei vollem Verständnis.“[3]

Stanislas Dehaene schreibt in seinem Grundlagenwerk zur Entstehung des Lesens zum Thema „inneres Mitsprechen“: „Mittlerweile zeichnet sich ein Konsens ab: Beim Erwachsenen gibt es beide Lesewege [den phonologischen und den lexikalischen], die simultan aktiviert werden. Wir alle verfügen über einen direkten Zugang zu den Wörtern, was es uns erspart, sie vor dem Verstehen im Geiste auszusprechen. [...] Demnach arbeiten der lexikalische und der phonologische Weg der Wortverarbeitung parallel und unterstützen einander.“[4] Die „lexikalische Wortverarbeitung“ wird bei Improved Reading als  „visuelles Begreifen“ bezeichnet, um diesen Vorgang schon in der Terminologie stärker von dem „phonologischen“ Weg abzugrenzen.  Das innere Mithören gilt bei weniger bekannten Wörtern sogar als unabdingbar. „Wenn es also darum geht, neue Wörter lesen zu lernen, ist allein der phonologische Weg brauchbar.“[5]

Schnelles Lesen nach der Improved-Reading-Methode ist ein Zusammenspiel aus optischer Blickspannenausnutzung und kognitivem Erfahrungswissen, basierend auf jahrelanger Leseerfahrung. In der Anfangsphase des Lesens oder beim Erlernen einer Fremdsprache ist es hingegen zwingend notwendig, die noch wenig vertrauten Wörter zunächst einzeln zu erfassen, gelegentlich zurückzuspringen und möglichst den gesamten Text zu subvokalisieren, um die allmähliche Automatisierung der Worterfassung zu begünstigen.

Bei erfahrenen Lesern wirkt sich schnelles Lesen positiv auf die stark begrenzte Aufnahmekapazität des Kurzzeitgedächtnisses aus, wie die Leseforscher/innen Cornelia Rosebrock und Daniel Nix erläutern.[6] „Ein zu langsamer Leser hat demnach Verstehensprobleme, weil er nicht genügend (detaillierte) Informationen im Arbeitsgedächtnis halten kann. Eine kohärente Vernetzung der verschiedenen Informationen im Zuge der Generierung eines mentalen Modells des gelesenen Satzes oder Textabschnittes ist so nicht möglich.“

4. Flexible Lesestrategien[Bearbeiten]

Weitere Techniken der Improved Reading-Methode sind bewusstes Weglassen, Überfliegen (engl. „Skimming“ = Ausrichtung auf die Hauptgedanken bei vollständiger, dynamischer Texterfassung), Absatzspringen (engl.  „Paragraphing“ = Ausrichtung auf die Hauptgedanken bei selektiver Erfassung der Absatzanfänge) oder fokussierende Suche (engl. „Scanning“ = detaillierte Suche nach Einzelfakten oder nach Antworten auf konkrete Fragestellungen). Darüber hinaus sind auch die effiziente Vorbereitung des Lesens mithilfe einer Vorausschau (engl. „Preview“) und – bei wichtigen Texten – die gründliche Nachbereitung (PQRST-Methode: Preview, Question, Read, Summarize, Test) Bestandteile des Improved Reading-Ansatzes.

Grundlegend für ein Lesen nach der Improved-Reading-Methode ist neben der Steigerung der Lesegeschwindigkeit die Variation und bewusste Steuerung von Lesegeschwindigkeit und ‑intensität. Diese Herangehensweise wird auch von den Leseforschern Cornelia Rosebrock und Daniel Nix empfohlen: „Die Unverzichtbarkeit von Lesegeschwindigkeit für das Textverstehen sollte aber nicht dazu verleiten, ein absolut hohes Lesetempo anzustreben […]. Vielmehr sollte eine flexible grundlegende Lesegeschwindigkeit erworben werden, mit der der Leser situativ auf die jeweiligen Textgegebenheiten reagieren kann.“

Literatur[Bearbeiten]

  • Dehaene, Stanislas: Lesen. Die größte Erfindung der Menschheit und was dabei in unseren Köpfen passiert, München 2012.
  • Eberhart, Bernd: Beschleunigte Buchstaben, in: Süddeutsche Zeitung vom 5.9.2014, S. 16.
  • Garbe, Christine / Holle, Karl / Jesch, Tatjana: Texte lesen. Lesekompetenz – Textverstehen – Lesedidaktik – Lesesozialisation, Paderborn ²2010.
  • Heller, Dieter / Radach, Ralph: Leseforschung im Spannungsfeld zwischen experimentellem Anspruch und ökologischer Validität, in: Bernd Kersten (Hg.): Praxisfelder der Wahrnehmungspsychologie, Bern 2005, S. 133– 151.
  • Radach, Ralph: Blickbewegungen beim Lesen, (Internationale Hochschulschriften Bd. 216) Münster, New York 1996.
  • Radach, Ralph / Hofmann, Markus J.: Graphematische Verarbeitung beim Lesen von Wörtern. In: U. Domahs / B. Primus (Hrsg.): Handbuch Laut, Gebärde, Buchstabe (Band 2), Berlin 2016, S. 455–473.
  • Radach, Ralph / Pontes, Ulrich: „Ich warne davor, einen Roman mit Spritz zu lesen“. Interview mit Ralph Radach, in: das gehirn.info (1.7.2014)
  • https://www.dasgehirn.info/denken/gedaechtnis/Schnelllesen-mit-der-Speedreading-App-Spritz-Interview-ueber-Lesegeschwindigkeit-Informationsverarbeitung-712 (zuletzt aufgerufen am 4.4.2018)
  • Radach, Ralph / Günther, Thomas / Huestegge, Lynn: Blickbewegungen beim Lesen, Leseentwicklung und Legasthenie, in: Lernen und Lernstörungen, Jg.1, H. 3, Sept. 2012, S. 185–204.
  • Radach, Ralph / Vorstius, Christian / Fürth, Sebastian: Speed Reading – Die Vision vom schnellen Verstehen, in: OUTPUT. Wissenschaftliche Zeitschrift der Bergischen Universität Wuppertal, Nr. 15 (2016), 18–23.
  • Rosebrock, Cornelia / Nix, Daniel: Forschungsüberblick: Leseflüssigkeit (Fluency) in der amerikanischen Leseforschung und -didaktik, in: Didaktik Deutsch, 20, 2006, S. 90–112.+

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Ralph Radach (Bergische Universität Wuppertal) in einem Interview, 27.6.2014: https://www.dasgehirn.info/denken/gedaechtnis/ich-warne-davor-einen-roman-mit-spritz-zu-lesen
  2. Garbe, Christine / Holle, Karl / Jesch, Tatjana: Texte lesen. Lesekompetenz – Textverstehen – Lesedidaktik – Lesesozialisation, Paderborn 2010
  3. Leseforscher Radach im Interview mit Bernd Eberhart („Beschleunigte Buchstaben“, Süddeutsche Zeitung vom 5.9.2014, S. 16)
  4. Dehaene, Stanislas: Lesen. Die größte Erfindung der Menschheit und was dabei in unseren Köpfen passiert, München 2012, S. 39
  5. Dehaene, Stanislas: Lesen. Die größte Erfindung der Menschheit und was dabei in unseren Köpfen passiert, München 2012, S. 39
  6. [1]


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